Das Vorliegen einer erheblichen Härte ist eine der kumulativen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung (VwGH 21.2.1989, 88/15/0045;
VwGH 18.6.1993, 91/17/0041).
Der deutlichste Fall einer "erheblichen Härte" ist die wirtschaftliche Notlage oder finanzielle Bedrängnis des Abgabepflichtigen (
VwGH 18.6.1993, 91/17/0041). Das Tatbestandsmerkmal der erheblichen Härte ist schon dann anzunehmen, wenn die sofortige Entrichtung dem Abgabepflichtigen, gemessen an seinen sonstigen Verbindlichkeiten und unter Berücksichtigung seiner anzuerkennenden berechtigten Interessen an der Erhaltung und am Bestand der ihm zur Verfügung stehenden Erwerbsquellen, nicht zugemutet werden kann (
VwGH 18.6.1993, 91/17/0041;
VwGH 20.9.2001, 2001/15/0056). Das Vorhandensein ausreichender flüssiger Mittel (VwGH 5.4.1957, 0975/55) oder auch nur veräußerbaren oder belastungsfähigen Vermögens kann zur Verneinung der "erheblichen Härte" führen. Dieses Ergebnis wird selbst dann vertreten, wenn Zinsverluste zu endgültigen Vermögenseinbußen führen. Eine Verschleuderung des Vermögens darf nicht verlangt werden (
VwGH 18.6.1993, 91/17/0041;
VwGH 4.9.2008, 2007/17/0118).
Musste ein Abgabepflichtiger mit dem Zufließen von Einkünften erkennen, dass die zu erwartende Abgabenvorschreibung die Vorauszahlungen übersteigen wird, so trifft ihn die Verpflichtung, für die Erfüllung der vorhersehbaren Abgabenschulden zeitgerecht und ausreichend vorzusorgen. Unterlässt er eine solche Vorsorge oder verwendet er den für die Nachzahlung bereitgestellten Betrag anderweitig, ohne auf anzuerkennende berechtigte Interessen verweisen zu können, dann kann - sofern eine wirtschaftliche Notlage oder finanzielle Bedrängnis konkret nicht vorliegt - eine erhebliche Härte, die mit der sofortigen oder mit der sofortigen vollen Entrichtung der Abgabe verbunden wäre, nicht erkannt werden (VwGH 4.6.1986, 84/13/0290).
Die wirtschaftliche Notlage als Begründung für ein Ansuchen um Zahlungserleichterung kann nur dann zum Erfolg führen, wenn gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass die Einbringlichkeit der Abgabe weder gefährdet ist noch durch die Zahlungserleichterung gefährdet wäre (VwGH 8.2.1989, 88/13/0100).
Die erhebliche Härte hat für den Abgabepflichtigen im Einzelfall mit der zeitgerechten Entrichtung verbunden zu sein; sie muss sohin in den besonderen Umständen der konkreten Besteuerungsangelegenheit, nicht in allgemein wirkenden Normen ihren Grund haben (VwGH 21.9.1981, 81/17/0069).
Die Tatsache der Anfechtung einer Abgabenvorschreibung (mit Wiederaufnahmeantrag) begründet für sich allein noch keinen Härtefall. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn die Vorschreibung klar und eindeutig unrichtig wäre, der Bescheid also offenkundige, klare Fehler enthielte, deren Beseitigung im Rechtsweg zu gewärtigen wäre, und die Einziehung zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen würde. Auch der Hinweis auf die angeblichen Erfolgsaussichten eines eingebrachten Nachsichtsansuchens rechtfertigt keine Stundung (
VwGH 26.2.2001, 2000/17/0252;
VwGH 18.9.2003, 2000/16/0576).
Wird - ungeachtet der allfälligen Möglichkeit einer Antragstellung gemäß
§ 212a BAO - die Bewilligung einer Zahlungserleichterung, insbesondere einer Stundung, lediglich im Hinblick auf ein eingebrachtes Rechtsmittel beantragt, so sind die Aussichten des Rechtsmittels zu prüfen. Die sofortige Entrichtung und allenfalls die zwangsweise Einbringung einer noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Abgabenschuld bedeutet unter dem Gesichtspunkt eines unerledigten Rechtsmittels nur dann eine Härte, wenn der angefochtene Bescheid offenkundig klare Fehler enthält, deren Beseitigung im Rechtsmittelverfahren zu erwarten ist (VwGH 17.2.1986, 84/15/0201,
VwGH 5.5.1992, 92/14/0053). Die Bewilligung einer Stundung ausschließlich auf Grund einer Bescheidbeschwerde hätte nämlich zur Folge, dass
§ 254 BAO überflüssig und inhaltslos wäre. Die Tatsache der Anfechtung einer Abgabenvorschreibung begründet für sich allein noch keinen Härtefall (
VwGH 18.6.1993, 91/17/0041). Ebenso wie bei Bescheidbeschwerden kommt bei Beschwerden an den VfGH oder Revisionen an den VwGH eine Zahlungserleichterung in Betracht, wenn der angefochtene Bescheid klare Fehler enthält, deren Beseitigung im Beschwerdeverfahren (bzw. im Revisionsverfahren) zu gewärtigen ist.
Die Erhebung einer Revision an den VwGH allein ist keine taugliche Begründung für ein Zahlungserleichterungsansuchen (
VwGH 22.2.2001, 95/15/0058).
Aussetzungsanträge gemäß
§ 212a BAO sind frühestens gleichzeitig mit der Bescheidbeschwerde einzubringen. Wird die Beschwerdefrist erst durch die Bekanntgabe der fehlenden Begründung (
§ 245 Abs. 1 BAO) in Lauf gesetzt oder wird wegen eines Begründungsmangels ein Antrag auf Mitteilung der dem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung gemäß
§ 245 Abs. 2 BAO gestellt, so wird in diesen Fällen ein Rechtsmittel und folglich auch ein Aussetzungsantrag in aller Regel erst nach Eintritt der Fälligkeit eingebracht werden. Zur Überbrückung kommt eine Stundung der Abgaben grundsätzlich in Betracht, da davon ausgegangen werden kann, dass diesfalls die sofortige volle Entrichtung der Abgabe für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Gründe, die den Abgabepflichtigen an der Einbringung einer Bescheidbeschwerde vor Fälligkeit der Abgabe und somit auch an einer Antragstellung gemäß
§ 212a BAO zunächst hindern, von der Abgabenbehörde zu vertreten sind (siehe auch Ausführungen zu
§ 212a Abs. 1 und
2 BAO). Gleiches gilt, wenn die Frist für den Vorlageantrag erst durch Bekanntgabe der fehlenden Begründung der Beschwerdevorentscheidung in Lauf gesetzt wird (
§ 264 Abs. 4 lit. a iVm
§ 245 Abs. 1 zweiter Satz BAO) oder wenn wegen eines Begründungsmangels ein Antrag auf Mitteilung der der Beschwerdevorentscheidung ganz oder teilweise fehlenden Begründung gestellt wird (
§ 264 Abs. 4 lit. a iVm
§ 245 Abs. 2 BAO).
Besteht bereits eine Gefährdung der Einbringlichkeit, dann ist für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung ebenso kein Raum, wie wenn die Einbringlichkeit erst durch die Zahlungserleichterung selbst gefährdet würde (
VwGH 20.9.2001, 2001/15/0056;
VwGH 22.4.2004, 2003/15/0112).
Für die Annahme einer Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben braucht es noch nicht zu einem Abgabenausfall gekommen zu sein. Es reicht aus, wenn das Aufkommen in Gefahr gerät (
VwGH 18.9.2000, 2000/17/0094). Bei einer Gefährdung handelt es sich um das Vorstadium eines Abgabenausfalles, in dem eine Tendenz erkennbar ist, dass die Abgabe nicht bezahlt werden wird. Für diese Gefährdung muss es Anhaltspunkte tatsächlicher Art geben, sie darf nicht nur vermutet werden (VwGH 26.1.1989, 88/16/0015). Schlechte Einkommens- und Vermögensverhältnisse, voraussehbar geringes künftiges Einkommen, Vermögenslosigkeit oder Vorbelastungen sind Gegebenheiten, die es im Allgemeinen rechtfertigen, eine Gefährdung der Einbringlichkeit anzunehmen (
VwGH 18.9.2000, 2000/17/0094). Mit dem Vorbringen im Antrag um Zahlungserleichterung, der Abgabepflichtige könne die Abgabe aus eigenen Mitteln nicht bezahlen und eine Kreditfinanzierung komme nicht in Frage, wird eine Gefährdung der Einbringung dargetan (
VwGH 20.9.2001, 2001/15/0056).
Zur Beseitigung einer Gefährdung der Einbringlichkeit können vom Abgabepflichtigen entsprechende Sicherheitsleistungen angeboten werden, damit eine Zahlungserleichterungsbewilligung zulässig wird. In einem solchen Fall hat die Sicherheitsleistung vor der (letztinstanzlichen) Entscheidung über das Zahlungserleichterungsansuchen zu erfolgen, weil im Zeitpunkt der Entscheidung die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des
§ 212 BAO erfüllt sein müssen. Wenn die Behörde die in einem Verfahren betreffend Zahlungserleichterung angebotenen Sicherheitsleistungen nicht zulässt, hat sie dies in dem das Zahlungserleichterungsansuchen abweisenden Bescheid zu begründen (
VwGH 17.12.1996, 96/14/0037).
Bietet der Abgabepflichtige im Zusammenhang mit einem Ansuchen um Zahlungserleichterung eine Bankgarantie an, so kann damit gegebenenfalls die einer Zahlungserleichterungsbewilligung ansonsten entgegenstehende Gefährdung der Einbringlichkeit beseitigt werden.
Die Bankgarantie ist im Gegensatz zur Bürgschaft nicht akzessorisch, dh. vom Grundverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner unabhängig. Das die Bankgarantie einräumende Kreditinstitut kann deshalb dem Begünstigten weder Einwendungen und Einreden aus dem Grundgeschäft noch aus dem Rechtsverhältnis zum Garantieauftraggeber entgegensetzen. Der Begünstigte wird schon durch seine bloße Behauptung, der Garantiefall sei eingetreten, vom Kreditinstitut ohne weitere Prüfung schadlos gestellt (
VwGH 21.5.1990, 90/15/0029 mwN).
Soll eine Zahlungserleichterung erwirkt werden und wird dem Finanzamt, um dem Gefährdungselement zu begegnen, eine Bankgarantie angeboten, so ist die Bewilligung der Zahlungserleichterung mit längstens zwei Wochen vor Ablauf der Bankgarantie zu befristen.
Eine Gefährdung darstellende Umstände können insbesondere bei drohendem Insolvenzverfahren sowie nach der Lage des Falles bei einer Überschuldung des Abgabepflichtigen gegeben sein.
Mit der Zustellung eines wegen drohender Einbringungsgefährdung oder -erschwerung erlassenen Vollstreckungsbescheides tritt eine Zahlungserleichterung außer Kraft (siehe Rz 1459).
Bei Ermessensentscheidungen ist unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände (
§ 20 BAO) sowohl auf Erwägungen der Billigkeit (berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen) als auch auf solche der Zweckmäßigkeit (öffentliches Interesse insbesondere an der zeitnahen Abstattung der Abgaben) Bedacht zu nehmen; die Gründe, warum im Einzelfall Erwägungen der Zweckmäßigkeit oder solchen der Billigkeit Vorrang eingeräumt wird, sind in der Bescheidbegründung entsprechend darzustellen, es sei denn, dass dem Ansuchen vollinhaltlich entsprochen wird.
Wurden Vorauszahlungen auf Antrag des Abgabepflichtigen herabgesetzt, so ist bei Erledigung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung für die dadurch beeinflusste Abschlusszahlung ein restriktiver Maßstab anzulegen.
Ebenso ist zB bei einer Zahlungserleichterungsbewilligung für die Entrichtung der Umsatzsteuer ein strenger Maßstab anzulegen. Insbesondere wird in Fällen, in denen die Umsatzsteuer bereits vereinnahmt wurde (Ist-System), die Bewilligung einer Zahlungserleichterung meist nicht in Betracht kommen. Dies gilt auch für Abgabepflichtige, die zwar die Umsätze nach dem Soll-System versteuern, bei denen jedoch nach den branchenspezifischen Gegebenheiten eine sofortige Vereinnahmung der Entgelte anzunehmen ist (zB Diskonter).
Bei von Arbeitgebern eingebrachten Ansuchen um Zahlungserleichterung für Lohnsteuer ist bei der Ermessensübung auf
§ 78 Abs. 3 EStG 1988 Bedacht zu nehmen, wonach der Arbeitgeber die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen. Wurden Nettolöhne voll ausbezahlt, obwohl die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel für den vollen vereinbarten Arbeitslohn nicht ausreichten, wird eine Zahlungserleichterung nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht kommen.
Ein von einem Parteianbringen abhängiger Verwaltungsakt ist zwar grundsätzlich rechtswidrig, wenn er ohne einen entsprechenden Parteiantrag erlassen wird (
VwGH 17.6.1992, 91/13/0243) oder über das Parteibegehren hinausgeht, doch können im Gegensatz dazu dem
§ 212 Abs. 1 letzter Satz BAO zufolge in die Bewilligung der Zahlungserleichterung über den Gegenstand des diesbezüglichen Ansuchens hinaus Abgaben einbezogen werden, deren Gebarung mit der Gebarung jener Abgaben, die den Gegenstand des Ansuchens bilden, zusammengefasst verbucht wird (
§ 213 BAO). Diese Vorgangsweise erscheint zweckmäßig, weil ein möglichst umfassender übersichtlicher Tilgungsplan einerseits vom Abgabepflichtigen leichter eingehalten und andererseits von der Abgabenbehörde besser überwacht werden kann.
Von den Fällen des
§ 212 Abs. 1 letzter Satz BAO abgesehen darf eine Zahlungserleichterungsbewilligung nicht über das Ansuchen des Abgabepflichtigen hinausgehen. Es darf somit grundsätzlich weder hinsichtlich des zeitlichen Rahmens noch bezüglich der Art der Zahlungserleichterung (Stundung, Raten) das Ansuchen des Abgabepflichtigen überschritten werden. Auf Abänderungs- oder Erweiterungsanbringen zu einem bereits eingebrachten Ansuchen ist jedoch Bedacht zu nehmen.
Wenn die Einhebung einer Abgabe gemäß
§ 212a BAO ausgesetzt wurde, kommt insoweit eine Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht in Betracht (VwGH 30.11.1989, 88/13/0213). Dies gilt auch für jene Abgaben, für die einer Beschwerde an den VfGH oder einer Revision an den VwGH (gemäß
§ 85 VfGG bzw. gemäß
§ 30 VwGG) aufschiebende Wirkung zuerkannt ist.