OGH 3Ob94/24f

OGH3Ob94/24f3.7.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*, vertreten durch Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei V* AG, *, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 12.649,50 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 21. März 2024, GZ 2 R 59/24p‑32, womit das Urteil des Bezirksgerichts Steyr vom 5. Februar 2024, GZ 13 C 314/21a‑25, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00094.24F.0703.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 498,51 EUR (hierin enthalten 79,59 EUR an 19%-iger USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger hat im April 2012 von einem Fahrzeughändler ein von der Beklagten hergestelltes, unstrittig vom „Abgasskandal“ betroffenes (Neu-)Fahrzeug mit einem Dieselmotor des Typs EA189 erworben. Er begehrt von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes 30 % des Kaufpreises.

[2] Das Erstgericht sprach dem Kläger 10 % des Kaufpreises zu und wies das Mehrbegehren ab.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass zur Frage des Verschuldens hinsichtlich eines möglichen Rechtsirrtums, zur Arglist der Beklagten in Zusammenhang mit der Umschaltlogik sowie zu den Sachmängeln der Höhenschaltung und Taxifunktion noch keine gesicherte Rechtsprechung vorliege, weshalb insbesondere vor dem Hintergrund der Vielzahl an Parallelfällen, die aktuell bei österreichischen Gerichten anhängig seien, eine Klarstellung der Rechtslage im Interesse der Rechtseinheit und Rechtsentwicklung erforderlich sei.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Revision des Klägers, mit der er einen Zuspruch im Ausmaß von insgesamt 15 % des Kaufpreises anstrebt, ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

[5] 1. Ob § 273 ZPO anzuwenden ist, ist eine rein verfahrensrechtliche Frage. Wurde die Anwendbarkeit des § 273 ZPO zu Unrecht bejaht, muss dies mit Mängelrüge bekämpft werden (RS0040282). Das Berufungsgericht hat die Vorgangsweise des Erstgerichts, den begehrten Schadenersatz innerhalb der vom Sachverständigen vorgegebenen Bandbreite nach § 273 ZPO festzusetzen, ausdrücklich gebilligt und damit die vom Kläger insoweit (wenn auch nicht explizit) erhobene Mängelrüge verworfen. Ein vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmangel kann aber in dritter Instanz nicht mehr erfolgversprechend geltend gemacht werden (RS0042963).

[6] 2. Dem Gericht kommt bei Anwendung des § 273 ZPO die Befugnis zu, die Höhe des Anspruchs nach freier Überzeugung festzusetzen (vgl RS0040459). Für die Ausübung des richterlichen Ermessens sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich (vgl RS0040494; RS0121220). Es können daher nur gravierende, an die Grenzen des Missbrauchs gehende Fehler der Ermessensentscheidung auch noch in dritter Instanz an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RS0007104). Einen solchen Fehler zeigt die Revision nicht auf.

[7] 2.1. Entgegen der Behauptung des Klägers hat der Sachverständige den Schaden keineswegs in einem Rahmen von 15 bis 50 % bewertet, sondern in einem Bereich zwischen 5 und 15 %; eine Wertreduktion des Fahrzeugs auf rund 50 % des Kaufpreises hat er nur für den – hier aber gerade nicht vorliegenden – Fall angenommen, dass das Fahrzeug im Kaufzeitpunkt über keine Typengenehmigung verfügt und daher nur als Ersatzteillager verwendet werden kann.

[8] 2.2. Ob die „Obergrenze“ von 15 % bei Arglist nicht gilt, kann hier offen bleiben, weil der Kläger in dritter Instanz ohnehin nur noch 15 % des Kaufpreises begehrt.

[9] 2.3. Insgesamt ist es daher nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen den begehrten Schadenersatz in der Mitte der von der Judikatur vorgegebenen Bandbreite von 5 bis 15 % (vgl dazu jüngst 5 Ob 33/24z mwN) ausmittelten.

[10] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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