OGH 3Ob199/23w

OGH3Ob199/23w28.2.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, *, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei V* S.L., *, Spanien, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichtvom 25. August 2023, GZ 33 R 56/23g‑25, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31. Jänner 2023, GZ 43 Cg 99/21p‑20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00199.23W.0228.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Klauselentscheidungen

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.672,16 EUR (hierin enthalten 445,36 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist ein gemäß § 29 Abs 1 KSchG klagebefugter Verband. Die in Spanien ansässige Beklagte betreibt Online‑Handelsplattformen, auf denen sie als unabhängige Vermittlerin Flüge, Städtereisen, Pauschalreisen, Bahnreisen, Übernachtungen in Hotels und Mietwagen anbietet. Die Websites der Beklagten sind insbesondere in Deutschland, Österreich, Frankreich, der Schweiz und Australien verfügbar. Zu den Websites der Beklagten zählen www.o*.de und www.o*.at. Auch in Österreich ansässige Verbraucher können auf www.o*.de Abschlüsse tätigen und eine „O* Prime‑Mitgliedschaft“ erwerben. Auf der Website www.o*.at ist O* Prime nicht verfügbar.

[2] Während des Bestellvorgangs auf www.o*.de wird dem Kunden der Normalpreis der Leistung abzüglich eines Prime‑Rabatts angeboten und anschließend als Gesamtpreis jener Betrag ausgeworfen, der sich nach Abzug des Prime‑Rabatts vom Normalpreis ergibt. Entscheidet sich der Kunde für den „ermäßigten Prime‑Tarif“, indem er dort anklickt, und gibt er dann nach Betätigung der Schaltfläche „Weiter zur Zahlung“ seine Zahlungsdaten ein, erscheint abschließend nach Eingabe der Zahlungsdaten eine Schaltfläche mit der Aufschrift „Jetzt kaufen“, über deren Betätigung er dann den Vertrag für die von der Beklagten vermittelte Reiseleistung eines Dritten zu dem um den Prime‑Rabatt reduzierten Preis verbindlich abschließt.

[3] Die ausdrückliche Annahme des Beginns von O* Prime erfolgt gleichzeitig durch eine Buchung zu einem Prime‑Tarif. Der Kunde schließt also gleichzeitig ein kostenloses 30‑Tage‑Prime‑Probeabo mit der Beklagten ab, ohne dass er dafür eine gesonderte Schaltfläche anklicken muss.

[4] Die Klägerin begehrt die Unterlassung einer unzulässigen Geschäftspraktik gemäß § 28a KSchG und der Verwendung von unter Berufung auf näher bezeichnete Klauseln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten in Bezug auf O* Prime.

[5] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es bejahte seine internationale Zuständigkeit, kam zum Ergebnis, dass österreichisches Sachrecht anzuwenden sei, und erachtete sämtliche bekämpfte Klauseln für unzulässig. Auch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 28a KSchG sei berechtigt.

[6] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Das Erstgericht habe seine internationale Zuständigkeit zu Recht bejaht. Es sei auch zutreffend von der Anwendbarkeit österreichischen Rechts ausgegangen, weil die Beklagte ihre Tätigkeit auch auf Österreich ausrichte. Der auf § 28a KSchG gestützte Unterlassungsanspruch sei berechtigt, weil gemäß § 8 Abs 1 FAGG die relevanten Informationen unmittelbar vor der Bestellung durch den Kunden eingeblendet werden müssten. Bestelle ein Kunde auf der Website der Beklagten zum Prime‑Tarif, schließe er mit der Betätigung des Buttons „Jetzt kaufen“ gleichzeitig ein O* Prime‑Abo ab, ohne dass er hiezu unmittelbar vor der Vertragserklärung und in unmittelbarer Nähe zur Schaltfläche, deren Anklicken zur Abgabe der Vertragserklärung führe, die Informationen nach § 8 Abs 1 FAGG erhalte. Im Lauf des Bestellvorgangs ergebe sich für den Kunden daher nicht, dass er mit einem Klick zwei Vertragsverhältnisse, darunter ein entgeltliches Dauerschuld-verhältnis zur Beklagten, eingehe. Auch die von der Klägerin beanstandeten Klauseln habe das Erstgericht zu Recht als unzulässig erkannt. Das Veröffentlichungsbegehren sei ebenfalls zur Gänze berechtigt.

[7] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil der Oberste Gerichtshof vergleichbare Klauseln und Geschäftspraktiken, die für eine größere Anzahl an Verbrauchern relevant sein könnten, noch nicht zu beurteilen gehabt habe.

[8] Mit ihrer Revision strebt die Beklagte die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens an.

[9] Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[10] Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zur internationalen Zuständigkeit:

[11] Soweit die Beklagte auch in dritter Instanz auf dem Standpunkt steht, das Erstgericht sei international nicht zuständig, übersieht sie, dass sich die Vorinstanzen mit dieser Prozesseinrede – zwar nicht im Spruch, jedoch in den Entscheidungsgründen – ausdrücklich befasst und das Vorliegen dieses Prozesshindernisses übereinstimmend verneint haben. Die Bindungswirkung gemäß § 42 Abs 3 JN setzt nicht die ausdrückliche Bejahung der maßgebenden Prozessvoraussetzung im Spruch eines Beschlusses voraus (RS0114196 [T1]). Damit steht aber einer neuerlichen Prüfung des Prozesshindernisses nach ständiger Rechtsprechung die Bindungswirkung der Entscheidungen der Vorinstanzen entgegen (RS0114196 [T6]).

2. Zum anwendbaren materiellen Recht:

[12] 2.1. Bei Unterlassungsklagen eines Verbraucherschutzverbands wie der Klägerin ist zwischen der Anknüpfung des Unterlassungsanspruchs einerseits und der Beurteilung der Zulässigkeit der Klauseln andererseits zu unterscheiden: Der Unterlassungsanspruch ist deliktsrechtlich zu qualifizieren, sodass das auf diesen Anspruch selbst anwendbare Recht nach Art 6 Abs 1 Rom II‑VO zu ermitteln ist, was im vorliegenden Fall zur Anwendung österreichischen Rechts führt. Der Beurteilungsmaßstab ist dagegen ein vertragsrechtlicher, weshalb sich das maßgebende Recht für die Beurteilung der Zulässigkeit der Klauseln nach der Rom I‑VO richtet (7 Ob 206/22b mwN).

[13] 2.2. Gemäß Art 6 Abs 1 Rom I‑VO unterliegt ein Vertrag, den eine natürliche Person zu einem Zweck, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann („Verbraucher“), mit einer anderen Person geschlossen hat, die in Ausübung ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt („Unternehmer“), dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer a) seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Staat ausübt, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder b) eine solche Tätigkeit auf irgendeine Weise auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet, und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

[14] 2.3. Die Beklagte bestreitet auch in dritter Instanz, dass sie ihre Tätigkeit (auch) auf Österreich ausrichte; vielmehr sei der Zugang österreichischer Verbraucher auf die Website www.o*.de allein der Geoblocking‑VO geschuldet. Dem kann nicht gefolgt werden:

[15] 2.3.1. Die Vorschrift des Art 6 Abs 1 Rom I‑VO dient dem Schutz der Verbraucher. Fehlt es an einer Rechtswahl, führt Art 6 Rom I‑VO zur vollständigen Anwendung des Rechts jenes Staats, in dem die Verbraucher ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieses Sachrecht verbraucherfreundlicher ist als das Recht jenes Staats, in dem der Unternehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ziel der Anknüpfung ist es vielmehr, Verbraucher vor der Anwendung eines ihnen typischerweise weniger vertrauten Rechts zu bewahren, was einen regelmäßig vorliegenden Informations- und Wissensnachteil gegenüber dem Unternehmer ausgleichen soll (vgl Heindler in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 Art 6 Rom I‑VO Rz 2 mwN).

[16] 2.3.2. Unter „Ausrichten“ fallen Willensbekundungen eines Unternehmers, die in aller Regel mit entsprechenden Vertriebsmaßnahmen einhergehen, Leistungen gegenüber Verbrauchern mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem bestimmten Staat zu erbringen. Solche Willensbekundungen können explizit ausgesprochen oder konkludent fassbar sein. Sie können beispielsweise durch gezielte Online‑Werbung in einem Staat erfolgen, müssen vom Unternehmer jedoch auch tatsächlich befolgt werden. Die Werbung durch Influencer, die den Vertrieb in bestimmten Staaten stärken soll, gilt ebenfalls als Ausrichten. Dabei ist ein Vertriebsweg im Fernabsatz nicht Voraussetzung; auch eine Inseratenkampagne für die Erbringung von Dienstleistungen im Ausland begründet ein Ausrichten. Maßgeblich ist, dass erkennbar Publikum im Ausland angesprochen werden soll (Heindler in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 Art 6 Rom I‑VO Rz 43 mwN). Die bloße Abrufbarkeit einer Website in einem Staat ist hingegen weder ein Indiz noch ein Nachweis für eine ausgerichtete Tätigkeit (Heindler in Rummel/Lukas/ Geroldinger, ABGB4 Art 6 Rom I‑VO Rz 49).

[17] 2.3.3. Dass die Beklagte ihre Tätigkeit grundsätzlich auch auf Österreich ausrichtet, ergibt sich bereits daraus, dass sie die Website www.o*.at betreibt. Auf dieser Website können Verbraucher zwar nur Leistungen zum Normaltarif abschließen; entscheiden sie sich für einen auch auf dieser Website angebotenen „Prime-Tarif“, werden sie allerdings automatisch auf die Website www.o*.de weitergeleitet. Hätte die Beklagte ihre Tätigkeit in Bezug auf O* Prime tatsächlich nicht auch auf Österreich ausrichten wollen, wäre zu erwarten, dass sie auf der Website www.o*.at anstelle der tatsächlich praktizierten Weiterleitung darauf hinweist, dass Leistungen zum Prime‑Tarif ausschließlich auf www.o*.de verfügbar sind.

3. Zum Unterlassungsanspruch nach § 28a KSchG:

[18] 3.1. Die Verbände des § 29 KSchG sind zur Klage nach § 28a KSchG aktivlegitimiert, wenn die Beklagte im Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag Informations-pflichten verletzt oder gegen ein gesetzliches Ge‑ oder Verbot verstößt. Dafür ist nicht erforderlich, dass ein Abschluss eines Verbrauchervertrags bereits erfolgt ist, vielmehr können auch Verstöße bei der Anbahnung von Verbrauchergeschäften Gegenstand einer Verbandsklage sein (4 Ob 74/22v = RS0134538). § 28a Abs 1 KSchG dient der Umsetzung der Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen. Zweck der Verbandsklage nach § 28a KSchG ist es, Verhaltensweisen zu unterbinden, die im Widerspruch zum geltenden innerstaatlichen Recht stehen (10 Ob 13/17k mwN). Die beanstandete Verhaltensweise muss für eine Vielzahl von Verträgen oder außervertraglichen Rechtsverhältnissen von Bedeutung sein, was vor allem bei gesetzwidrigen Verhaltensweisen im Massengeschäft der Fall ist (RS0121961). Diese Voraussetzung ist hier unzweifelhaft erfüllt.

[19] 3.2. Gemäß § 8 Abs 1 FAGG hat der Unternehmer den Verbraucher beim elektronischen Abschluss eines Fernabsatzvertrags, der den Verbraucher zu einer Zahlung verpflichtet, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt, klar und in hervorgehobener Weise auf die in § 4 Abs 1 Z 1, 4, 5, 14 und 15 FAGG genannten Informationen hinzuweisen. Der Unternehmer hat gemäß § 8 Abs 2 FAGG dafür zu sorgen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder die Betätigung einer ähnlichen Funktion erfordert, muss diese Schaltfläche oder Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer gleichartigen, eindeutigen Formulierung gekennzeichnet sein, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist.

[20] 3.3. Die Informationspflicht des § 8 Abs 1 FAGG wird entscheidend durch die dort angeordnete „Unmittelbarkeit“ geprägt. Diese weist dabei eine zeitliche und eine räumliche Komponente auf. Der Unternehmer muss unmittelbar vor der Vertragserklärung (zeitliche Unmittelbarkeit), also im letzten Bestellschritt, auf die in § 8 Abs 1 FAGG genannten Informationen klar und in hervorgehobener Weise hinweisen. Die Regelung soll auch sicherstellen, dass diese Vertragsbestandteile in unmittelbarer Nähe der für die Abgabe der Bestellung erforderlichen Bestätigung angezeigt werden (4 Ob 5/18s = RS0131944). § 8 FAGG verlangt zwar keine umfassende Darstellung aller Eigenschaften einer Ware oder der Dienstleistung. Allerdings muss es dem Verbraucher unmittelbar vor Abgabe einer Vertragserklärung ermöglicht werden, die wesentlichen Punkte mit einem Blick zu erfassen. Die Pflicht des § 8 Abs 1 FAGG führt daher zu einer nochmaligen Information (vgl 4 Ob 5/18s = RS0131943).

[21] 3.4. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass auf der Website der Beklagten bei vorhergehender Auswahl der Option „ermäßigter Prime‑Tarif“ durch den Kunden gleichzeitig ein von der Beklagten vermittelter Reisevertrag mit einem Dritten und ein Vertrag mit der Beklagten über ein O* Prime‑Abo zustande kommen, ohne dass der Kunde unmittelbar vor Betätigung des Buttons „jetzt kaufen“ nochmals iSd § 8 Abs 1 FAGG auf die Vertragsbedingungen für das Prime-Abo, insbesondere dessen Kostenpflichtigkeit nach dem 30‑tägigen Probezeitraum und dem Erfordernis, dieses gegebenenfalls rechtzeitig zu kündigen, hingewiesen wird. Dieser Verstoß gegen § 8 Abs 1 iVm § 4 FAGG begründet die Unterlassungsverpflichtung nach § 28a Abs 1 KSchG.

4. Zu den einzelnen Klauseln:

4.1. Klausel 1:

[22] O* behält sich vor, die zusätzlichen Vorteile jederzeit zu ändern, zu erweitern oder zu erneuern. (Punkt 1.2.)

[23] 4.1.1. Die Klägerin erblickt in dieser Klausel einen nach § 6 Abs 2 Z 3 KSchG unzulässigen Leistungsänderungsvorbehalt und hält sie überdies für intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.

[24] Die Beklagte wendete ein, der Kunde habe mit maximal einer Änderung pro Jahr (bei Beginn einer neuen Mitgliedschaftsperiode) zu rechnen.

[25] Die Vorinstanzen bejahten einen Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 und Abs 3 KSchG.

[26] 4.1.2. Der von der Beklagten in der Revision wiederholte Einwand, die in Geltung stehenden AGB und der darin beschriebene Leistungsumfang von O* Prime sei auf der Website www.o*.de jederzeit abrufbar und öffentlich zugänglich, sodass sich der Verbraucher stets und wiederholt informieren könne, geht an der Sache vorbei. Entscheidend ist nämlich, dass die Klausel intransparent ist, weil der Verbraucher anhand ihrer Formulierung nicht erkennen kann, welche Änderungen des Vertrags davon betroffen sein können, und dass sie völlig offen lässt, in welchen Bereichen und in welchem Umfang eine Änderung möglich sein soll. Im Sinn der im Klauselprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (RS0016590 ua) muss davon ausgegangen werden, dass auch nicht bloß geringfügige und sachlich gerechtfertigte Änderungen, die dem Verbraucher zumutbar wären, darunter fallen.

4.2. Klausel 2:

Wenn Sie eine Suche auf unserer Website oder in unserer App durchführen, werden zwei Tarife angezeigt, der Primetarif und der Normaltarif. Wenn Sie den Normal-Tarif auswählen und die Reise weiterhin mit dem gewählten Tarif buchen, erwerben Sie O* Prime zur Probe für einen 30 (dreißig) Tage dauernden Zeitraum („Probezeitraum“) und nehmen den Normaltarif wie oben definiert in Anspruch. IHNEN WIRD IHRE PRIME‑GEBÜHR FÜR DIE VERLÄNGERUNGSDAUER NACH ABLAUF IHRES PROBEZEITRAUMS (Bedingungen wie unten definiert) IN RECHNUNG GESTELLT. (Punkt 2.1.)

[27] 4.2.1. Die Klägerin hält diese Klausel für sowohl gemäß § 864a als auch gemäß § 879 Abs 3 ABGB für unzulässig, weil es für den Kunden überraschend und nachteilig sei, dass er auch dann O* Prime‑Mitglied werde und dafür nach Ablauf des Probezeitraums die Prime‑Gebühr zahlen solle, wenn er bei der Buchung nicht den Prime‑Tarif, sondern den Normal‑Tarif gewählt habe.

[28] Die Beklagte brachte vor, sie habe diese Angabe, bei der es sich um einen offenkundigen Tippfehler gehandelt habe, bereits korrigiert.

[29] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als gemäß §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB für unzulässig, weil sie nach wie vor nach außen trete und von Verbrauchern gelesen werden könne.

[30] 4.2.2. In ihrer Revision verweist die Beklagte lediglich erneut darauf, dass es sich um einen schlichten Tippfehler gehandelt habe. Im Verbandsverfahren kann jedoch weder auf die praktische Handhabung noch auf individuelle Erklärungen oder Vereinbarungen Rücksicht genommen werden (RS0121726 [T4]). Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Verbraucher aufgrund des „Tippfehlers“ keine klare und verlässliche Auskunft über seine Rechtsposition erhielt.

4.3. Klausel 3:

Wenn Sie nach Vornahme der Reservierung aus irgendeinem Grund nicht mehr reisen können und Ihren Teil der Reservierung stornieren oder ändern müssen, gilt der Prime-Preis nicht mehr. Unter diesen Umständen wird die Differenz zwischen dem Prime‑Preis und dem Preis fällig, der für Nicht‑Prime-Kunden zum Zeitpunkt der Änderung der Reservierung gilt. (Punkt 2.1.)

[31] 4.3.1. Die Klägerin machte geltend, die Klausel sei für den Kunden überraschend und nachteilig und werde daher gemäß § 864a ABGB nicht Vertragsinhalt. Außerdem sei sie gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB, weil die Preisreduktion aufgrund des Prime-Preises im Gegenzug für die entgeltliche Prime‑Mitgliedschaft gewährt werde.

[32] Die Beklagte wendete ein, der im Fall einer Stornierung oder Änderung der Bestellung anfallende Differenzbetrag sei als Gebühr für den Aufwand der Beklagten zu qualifizieren und sei daher sachlich gerechtfertigt.

[33] Die Vorinstanzen erachteten die Klausel als nach § 6 Abs 3 KSchG intransparent und nach §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB unzulässig.

[34] 4.3.2. Die Revisionswerberin steht auf dem Standpunkt, das Berufungsgericht übersehe, dass die Klausel nachvollziehbar sei, weil ihr ein administrativer und damit personeller Mehraufwand durch Stornierungen oder Änderungen der Reservierung entstehe. Die Klausel habe auch keinen ungewöhnlichen Inhalt, weil der Kunde schließlich die AGB bei Abschluss akzeptiert habe, und sei auch nicht intransparent. Dem ist zu entgegnen, dass die Klausel jedenfalls gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB ist, weil dem Kunden der einzige Vorteil, der für ihn mit dem Prime‑Abo verbunden ist, nämlich die Preisreduktion, genommen wird, obwohl er weiterhin Abonnent bleibt, und dass die Klausel auch Fälle umfasst, in denen der Kunde die Reise berechtigt storniert oder umbucht.

4.4. Klausel 4:

Die ausdrückliche Annahme des Beginns von O* Prime erfolgt durch eine Buchung zu einem Primetarif. (Punkt 2.1.)

[35] 4.4.1. Die Klägerin macht geltend, die in der Klausel enthaltene Erklärungsfiktion sei gröblich benachteiligend und gemäß § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 1 Z 2 KSchG unzulässig.

[36] Die Beklagte wendete ein, es würden zwei miteinander verbundene Verträge abgeschlossen. Der Abschluss der Prime‑Mitgliedschaft sei aufschiebend bedingt durch den Abschluss des Kaufvertrags über die Reise, der erst im nächsten Schritt erfolge.

[37] Die Vorinstanzen erachteten die Klausel als gemäß § 6 Abs 1 Z 2 KSchG unwirksam.

[38] 4.4.2. Die Revisionswerberin macht geltend, es handle sich um keine bloße Erklärungsfiktion iSd § 6 Abs 1 Z 2 KSchG, weil der Kunde seinen Willen zum Erwerb von O* Prime im Rahmen des Buchungsprozesses ausdrücklich erkläre und sogleich mit der Buchung zum günstigeren Preis einen Vorteil daraus ziehe. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Abschluss des Prime‑Abos im Zuge des Kaufs der Reise vom Drittanbieter erfolgt und gerade nicht durch eine separate Willenserklärung des Verbrauchers, weil der Klick auf den Kauf‑Button bei Abschluss des Reisevertrags gleichzeitig als Abgabe einer Willenserklärung bezüglich des Abschlusses eines Prime‑Abos gewertet wird, ohne dass der Kunde darauf hingewiesen wird.

4.5. Klausel 5:

O* hat das Recht, diese AGB nach eigenem Ermessen jederzeit zu ändern. (Punkt 2.4.)

[39] 4.5.1. Die Klägerin macht geltend, diese Klausel sei gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und sittenwidrig gemäß § 879 Abs 1 ABGB, weil die darin enthaltene einseitige Änderungsbefugnis auch für bereits abgeschlossene Verträge gelte.

[40] Die Beklagte wendete ein, die aktuell geltenden AGB seien jederzeit verfügbar.

[41] Die Vorinstanzen erkannten einen Verstoß der Klausel gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG. Das Berufungsgericht hielt die Klausel auch als gemäß § 879 Abs 3 ABGB unzulässig.

[42] 4.5.2. Die Beklagte wiederholt in dritter Instanz bloß ihren Standpunkt, die geltenden AGB seien auf ihrer Website jederzeit abrufbar und öffentlich zugänglich, weshalb sich der Verbraucher stets und wiederholt informieren könne. Damit zieht sie die zutreffende Rechtsansicht des Berufungsgerichts gar nicht in Zweifel, wonach die Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB verstößt, weil sie eine einseitige Änderung der AGB ohne jegliche inhaltliche Einschränkungen ermöglichen soll.

4.6. Klausel 6:

Die anwendbaren AGB sind die (i), die zum Zeitpunkt Ihres Erwerbs von O* Prime in Kraft sind, oder (ii) im Falle einer Verlängerung von O* Prime die AGB, die zum Zeitpunkt Ihrer letzten Verlängerung in Kraft sind. (Punkt 2.4.)

[43] 4.6.1. Die Klägerin macht geltend, die Klausel sei gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil sie für die Geltung der AGB auf ihr In‑Kraft‑Sein und nicht auf eine Vereinbarung ihrer Geltung abstelle. Außerdem sei sie intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil unklar bleibe, was unter „In‑Kraft‑Sein“ der AGB zu verstehen sei.

[44] Die Beklagte wendete ein, die Klausel enthalte eine Klarstellung zum Vorteil des Kunden, weil die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder der Vertragsverlängerung aktuellen AGB gelten sollten.

[45] Die Vorinstanzen erachteten die Klausel als intransparent und gröblich benachteiligend.

[46] 4.6.2. Der Einwand der Revisionswerberin, die Klausel diene lediglich der Klarstellung zum Vorteil, nämlich der Information des Kunden, geht an der Sache vorbei. Die Klausel ist schon deshalb gemäß § 879 Abs 3 ABGB nichtig, weil bei kundenfeindlichster Interpretation die AGB schon dadurch gegenüber dem Verbraucher in Kraft gesetzt werden, dass sie zum Zeitpunkt seines Vertragsabschlusses „in Kraft stehen“, ohne dass ihre Geltung überhaupt vereinbart worden wäre.

4.7. Klauseln 7 und 8:

O* Prime beginnt mit dem Datum des Inkrafttretens und ist gültig für Buchungen, die in dem Probezeitraum von Ihnen getätigt werden. WENN SIE IHR O* PRIME NICHT VOR DEM ENDE DIESES ZEITRAUMS KÜNDIGEN, VERLÄNGERT ES SICH AM ENDE DES ZEITRAUMS AUTOMATISCH FÜR EINE ZUSÄTZLICHE ZEIT VON 12 (ZWÖLF) MONATEN (SOFERN NICHT VON UNS GEKÜNDIGT ODER ANDERWEITIG IN DIESEN AGB ANGEGEBEN). O* PRIME VERLÄNGERT SICH AM ENDE JEDES VERLÄNGERUNGSZEITRAUMS („VERLÄNGERUNGSDATUM“) AUTOMATISCH UM WEITERE 12 MONATE, SOFERN SIE NICHT KÜNDIGEN. Jeder zwölfmonatige Verlängerungszeitraum (ein „Verlängerungszeitraum“) und der Testzeitraum werden getrennt und zusammen als „Prime‑Zeitraum“ bezeichnet. (Punkt 3.1.)

BEIDE PARTEIEN KÖNNEN O* PRIME KÜNDIGEN, INDEM SIE MINDESTENS 72 STUNDEN VOR ABLAUF DES JEWEILIGEN PRIME‑ZEITRAUMS MITTEILEN, DASS SIE IHRE MITGLIEDSCHAFT KÜNDIGEN MÖCHTEN ODER DASS DIESE SICH NICHT AUTOMATISCH VERLÄNGERN SOLL. … Sofern also nichts unternommen wird, verlängert sich O* Prime automatisch und Sie berechtigten uns, sofern rechtlich zulässig, die Prime‑Gebühr erneut einzuziehen und dafür Ihre bei uns vorhandenen Zahlungsdaten wie folgend beschrieben zu benutzen. (Punkt 3.3.)

[47] 4.7.1. Die Klägerin macht geltend, diese Klauseln verstießen gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG.

[48] Die Beklagte wendete ein, der Kunde werde mehrfach und unter Hervorhebung durch Großbuchstaben auf die Regelungen zur Vertragsverlängerung und seine vorherige Kündigungsmöglichkeit hingewiesen.

[49] Die Vorinstanzen erachteten die Klauseln für mit § 6 Abs 1 Z 2 KSchG unvereinbar.

[50] 4.7.2. Dass der Verbraucher mehrfach auf sein Kündigungsrecht und die dafür einzuhaltende Frist hingewiesen wird, kann nichts daran ändern, dass die vertragliche Erklärungsfiktion, wonach sich der Vertrag bei Untätigbleiben des Verbrauchers automatisch verlängere, nur dann mit § 6 Abs 1 Z 2 KSchG vereinbar wäre, wenn der Unternehmer dem Verbraucher für die Abgabe seiner Erklärung eine angemessene Frist setzt und ihn bei Beginn dieser Frist auch auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hinweist, um ihm die Bedeutung seines Verhaltens (Untätigbleibens) zeitnah nochmals vor Augen zu führen. Diese Voraussetzungen erfüllen die Klauseln jedoch nicht.

4.8. Klausel 9:

Sie können die Teilnahme an O* Prime vor Ablauf der jeweiligen Teilnahmedauer zudem jederzeit kündigen. Eine Rückerstattung des Mitgliedsbeitrags kann im Fall einer Kündigung jedoch nicht erfolgen (es sei denn, Sie üben Ihr Widerrufsrecht gemäß Art 4 der Nutzungsbedingungen aus). (Punkt 3.6.)

[51] 4.8.1. Die Klägerin hält es für sachlich nicht gerechtfertigt und daher gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, dass das als Jahresgebühr ausgestaltete Entgelt für O* Prime im Fall der vertraglich vereinbarten Kündigung vor Ablauf der Teilnahmedauer nicht aliquot rückerstattet werde.

[52] Die Beklagte wendete ein, die sachliche Rechtfertigung ergebe sich aus dem Verwaltungsaufwand, den sie mit Abschluss und Auflösung des Mitgliedschaftsverhältnisses habe.

[53] Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als sachlich nicht gerechtfertigt und daher gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB.

[54] 4.8.2. Die Revisionswerberin wiederholt ihr Vorbringen, wonach nicht einzusehen sei, warum es im Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung durch den Verbraucher einer Rückerstattung bedürfe, ohne sich auch nur ansatzweise mit der zutreffenden Argumentation des Berufungsgerichts auseinanderzusetzen, wonach die Klausel vom dispositiven Recht (§ 1435 ABGB) abweiche und die Beklagte nicht dargelegt habe, worin der konkrete Verwaltungsaufwand bestehe, der eine solche Regelung rechtfertigen könnte.

4.9. Klausel 10:

O* Prime und andere Funktionen der Website oder der App werden ohne jegliche Haftung für Mängel und ohne ausdrückliche oder stillschweigende Garantien bereitgestellt, einschließlich, aber nicht eingeschränkt auf Garantien für Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Marktüblichkeit, Eignung für einen bestimmten Zweck und die Nichtverletzung von Rechten Dritter. Wir garantieren nicht, dass die Funktionen ununterbrochen oder fehlerfrei zur Verfügung stehen, dass Fehler korrigiert werden oder dass die Website, die App oder der Server frei von Viren oder anderen schädlichen Elementen sind. Das anwendbare Recht erlaubt möglicherweise den Ausschluss stillschweigender Gewährleistung nicht, sodass der obige Ausschluss möglicherweise nicht auf Sie zutrifft. (Punkt 6.)

[55] 4.9.1. Die Klägerin brachte vor, der vorgesehene Ausschluss der Mängelhaftung sei mit § 6 Abs 1 Z 9 und § 9 KSchG unvereinbar. Soweit der Haftungsausschluss durch den Hinweis auf das anwendbare Recht eingeschränkt werde, sei die Klausel intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG, weil für den Verbraucher unklar sei, wie weit der vorgesehene Haftungsausschluss rechtlich zulässig und wirksam sei.

[56] Die Beklagte wendete ein, die Klausel sehe keinen gänzlichen Ausschluss der Mängelhaftung vor und ziele nicht darauf ab, dass die Beklagte vom Verbraucher eine Haftungsfreizeichnung für mangelhafte Erbringung der vertraglichen Hauptleistung verlange. Sie sei auch nicht so formuliert, dass ein grob schuldhaftes vertrags‑ oder rechtswidriges Verhalten davon erfasst wäre.

[57] Die Vorinstanzen erachteten die Klausel als intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG und als unzulässig gemäß § 6 Abs 1 Z 9 und § 9 KSchG.

[58] 4.9.2. Die Revisionswerberin macht geltend, es sei kaum denkbar, dass bei O* Prime Mängel bestehen könnten. Die Klausel beziehe sich nicht auf die angebotenen Hauptleistungen, sondern solle „mitunter“ Fälle abdecken, in denen die gesamte Website nicht einwandfrei und zuverlässig verfügbar sei, wie etwa bei einem Stromausfall, einem Hacker-Angriff etc. Dem ist jedoch zu erwidern, dass die Klausel jedenfalls intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG ist, weil sich der von der Beklagten ihrem Vorbringen zufolge intendierte Umfang der Haftungsbeschränkung daraus gerade nicht ergibt.

4.10. Klausel 11:

Anwendbares Recht: Das zwischen Ihnen und O* abgeschlossene Vertragsverhältnis unterliegt deutschem Recht. (Punkt 6.)

[59] 4.10.1. Die Klägerin macht geltend, ein österreichischer Verbraucher dürfe sich nach Art 6 Abs 2 Rom I‑VO auf den Schutz der zwingenden Bestimmungen des österreichischen Rechts berufen. Da die Rechtswahlklausel nicht auf diese Einschränkung der Geltung des deutschen Rechts hinweise, sei sie intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG.

[60] Die Beklagte wendete ein, die Buchungsplattform www.o*.de sei nicht auf Österreich ausgerichtet. Im Übrigen seien die deutschen Verbraucherschutzbestimmungen nahezu ident mit den österreichischen, weshalb auch einem österreichischen Kunden daraus kein Nachteil erwachse.

[61] Die Vorinstanzen erachteten die Klausel als intransparent, weil sie nicht auf die von Art 6 Abs 2 Rom I‑VO ausgehende Einschränkung der Geltung des deutschen Rechts ausgehe.

[62] 4.10.2. Die Revisionswerberin beharrt auf ihrem Standpunkt, sie richte ihre Tätigkeit für das Produkt O* Prime gerade nicht auf Österreich aus, weshalb es auch keiner Einschränkung der Geltung deutschen Rechts bedürfe. Dem ist zu entgegnen, dass, wie bereits ausgeführt, grundsätzlich von der Anwendbarkeit österreichischen Rechts auszugehen ist. Art 6 Abs 2 Rom I‑VO ermöglicht zwar auch in Verbraucherverträgen eine Rechtswahl, diese darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen jenes Rechts gewährt wird, das ohne Rechtswahl anwendbar wäre. Weist eine in AGB enthaltene Rechtswahlklausel den Verbraucher nicht darauf hin, dass er sich nach Art 6 Abs 2 Rom I‑VO auf den Schutz der zwingenden Bestimmungen des im Staat seines gewöhnlichen Aufenthalts geltenden Rechts berufen kann, ist die Rechtswahlklausel nach ständiger Rechtsprechung wegen Intransparenz missbräuchlich iSd § 6 Abs 3 KSchG (vgl RS0131887).

5. Zur Wiederholungsgefahr:

[63] 5.1. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Wiederholungsgefahr nur durch vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gemäß § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung beseitigt werden (RS0111637 [T7]).

[64] 5.2. Die Beklagte hat dem Kläger zwar einen Unterlassungsvergleich angeboten, dieser beinhaltete allerdings nicht auch die Klausel 4. Schon aus diesem Grund ist die Wiederholungsgefahr nicht weggefallen.

6. Zum Veröffentlichungsbegehren:

[65] 6.1. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, wenn überhaupt, bedürfe es nur einer Information der österreichischen Verbraucher. Da O* auch in Österreich, und das mit eigener Website, verfügbar sei, sei eine Veröffentlichung auf dieser Website wesentlich zielführender und für das avisierte Zielpublikum sinnvoller. Es sei nämlich wesentlich naheliegender, dass ein österreichischer Verbraucher die österreichische Website aufrufe, um sich zu informieren, und nicht die deutsche. Die zusätzliche Veröffentlichung in einer Samstagsausgabe der Kronen Zeitung sei auch nicht erforderlich, zumal deren Reichweite mittlerweile so beschränkt sei, dass davon gerade nicht zu erwarten sei, dass die beteiligten Verkehrskreise Kenntnis vom Urteil erlangten. Es wäre weitaus zielführender, wenn nur jene österreichischen Verbraucher, die O* Prime erworben hätten, direkt informiert würden.

[66] 6.2. Gemäß § 30 KSchG iVm § 25 Abs 3 UWG hat das Gericht der erfolgreich auf Unterlassung klagenden Partei, wenn diese daran ein berechtigtes Interesse hat, auf Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen. Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein. An diesen Zwecken gemessen ist die begehrte Veröffentlichung der zu unterlassenden Klauseln zweckmäßig und angemessen (RS0121963).

[67] 6.3. In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RS0121963 [T9]). Das berechtigte Interesse an der Urteilsveröffentlichung liegt bei der Verbandsklage nach dem KSchG darin, dass der Rechtsverkehr bzw die Verbraucher als Gesamtheit das Recht haben, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz‑ oder sittenwidrig sind (RS0121963 [T7]). Eine Aufklärung des Publikums kann wohl gerade auf der Internet‑Homepage des Unternehmers am besten erreicht werden. Dass dieser „nur in der Online‑Welt aktiv ist“, schließt allerdings nicht zwingend ein zusätzliches Bedürfnis nach einer allgemeinen Aufklärung des Publikums mithilfe einer Tageszeitung aus (RS0121963 [T13]). Im Gegenteil würde die Urteilsveröffentlichung nur auf der Website der Beklagten dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung nicht gerecht (vgl RS0121963 [T15]), wird doch dort ein durchschnittlicher Verbraucher besagte Veröffentlichung weder erwarten noch danach suchen. Vielmehr entspricht die Veröffentlichung (auch) in der bundesweit erscheinenden Samstagsausgabe der Kronen Zeitung der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (3 Ob 32/23m mwN).

[68] 6.4. Soweit die Beklagte meint, eine Veröffentlichung hätte richtigerweise nur auf ihrer österreichischen Website zu erfolgen, weil das Unterlassungsurteil nur österreichische Kunden tangiere, übergeht sie, dass das Klauselverfahren nur O* Prime betrifft, das ihre österreichischen Kunden aber gerade nicht über die Website www.o*.at abschließen können, sondern nur über www.o*.de.

[69] 6.5. Der weitere Einwand der Beklagten, wonach eine unmittelbare Verständigung aller ihrer österreichischen Prime‑Kunden am treffsichersten wäre, trifft zwar grundsätzlich zu. Allerdings liegt es auf der Hand, dass es, würde der Beklagten ein solcher Auftrag erteilt, unüberprüfbar wäre, ob sie ihm tatsächlich vollständig entspricht.

[70] 7. Soweit die Beklagte „sicherheitshalber“ neuerlich eine bereits in der Berufung gerügte, dem Erstgericht (vermeintlich) unterlaufene Aktenwidrigkeit rügt, genügt der Hinweis, dass die Verneinung der Aktenwidrigkeit der erstgerichtlichen Entscheidung durch das Berufungsgericht auf einem im Rahmen des Verfahrens dritter Instanz unüberprüfbaren Beweiswürdigungsvorgang des Berufungsgerichts beruht (vgl RS0043401).

[71] 8. Die Revision muss daher erfolglos bleiben.

[72] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte