OGH 7Ob206/22b

OGH7Ob206/22b21.2.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1060 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch die Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei D* e.V. *, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 30.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.500 EUR), über die Revisionen der klagenden (Revisionsinteresse 5.143 EUR) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse 30.857 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. September 2022, GZ 2 R 49/22y‑16, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. Jänner 2022, GZ 17 Cg 6/21w‑10, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00206.22B.0221.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Klauselentscheidungen

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.051,12 EUR (darin enthalten 508,52 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 3.225,73 EUR (darin enthalten 410,62 EUR an Umsatzsteuer und 762 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger ist ein zur Verbandsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband.

[2] Der Beklagte ist ein (Sport‑)Verein nach deutschem Recht. Sein Vereinszweck ist die nachhaltige Förderung des Sports unter angemessener Berücksichtigung von Umweltfragen. Er hat einen Gruppenversicherungsvertrag mit drei in Deutschland ansässigen Versicherungsunternehmen geschlossen. Der Beklagte bietet unterschiedliche Formen der Mitgliedschaft an. Es gibt eine Mitgliedschaft ohne Versicherungsschutz und eine solchemit (unterschiedlichem Ausmaß an) Versicherungsschutz; im letzteren Fall bestimmt der Umfang des Versicherungsschutzes die Höhe des Mitgliedsbeitrags. Er bietet alle Formen der Mitgliedschaft auch in österreichischen Sportartikelgeschäften und in auf den österreichischen Markt ausgerichteten Onlineshops an.

[3] Der Beklagte verwendet gegenüber Verbrauchern ein Vertragsformblatt, das unter anderem folgende Klauseln beinhaltet:

„1. Die Mitgliedschaft und der Versicherungsschutz gelten ab dem Tag des Abschlusses für ein Jahr und verlängern sich nach Ablauf um ein Jahr und weiter von Jahr zu Jahr, wenn sie nicht mit einer Frist von drei Monaten zum jeweiligen Ablauf schriftlich gekündigt werden.

2. Nur fristgerechte Beitragszahlung gewährleistet Versicherungsschutz ohne Unterbrechung.

3. Der Versicherungsschutz regelt sich ausschließlich nach den Bestimmungen des Gruppenversicherungsvertrages, der zwischen den Vertragsgesellschaften und D* vereinbart ist.

4. Werden Leistungen oder Beiträge auch für bestehende Versicherungen zum jeweiligen Beginn eines Beitrags-/Versicherungsjahres geändert, so gelten diese als anerkannt, wenn der fällige Beitrag nach Bekanntgabe der Änderung gezahlt wird.

5. Sämtliche Schadensfälle sind unverzüglich zu melden.

6. Ein Diebstahl muss zusätzlich unverzüglich auch der zuständigen Polizeidienststelle angezeigt werden.

7. Für die Abwicklung von Beschädigung- und Diebstahlfällen benötigen Sie den Originalkaufbeleg.“

[4] Der Kläger begehrt den Beklagten schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die dieser von ihm geschlossenen Verträgen zugrundelegt und/oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern sieben näher bezeichnete oder sinngleiche Klauseln zu verwenden oder sich darauf zu berufen, weil diese gegen bestimmte gesetzliche Verbote (§§ 864a, 879 Abs 3 ABGB, §§ 6, 9 KSchG) verstoßen. Darüber hinaus stellt er ein Veröffentlichungsbegehren.

[5] Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er schließe keine Versicherungsverträge ab, sondern sei Gruppenversicherungsnehmer, der seinen Vereinsmitgliedern den Beitritt zu einem Gruppenversicherungsvertrag ermögliche, weshalb gemäß Art 1 Abs 2 lit f Rom I‑VO deutsches Recht anzuwenden sei. Mangels gewerblicher Tätigkeit des Beklagten komme auch Art 6 Rom I‑VO nicht zur Anwendung. Da der Beklagte weder Unternehmer im Sinn von § 1 Abs 2 KSchG sei noch § 1 Abs 5 KSchG anzuwenden sei, und zwischen ihm und seinen Mitgliedern kein Versicherungsvertrag bestehe, sei weder das KSchG noch das VersVG anzuwenden. Im Übrigen seien die Klauseln ausreichend klar formuliert und stünden mit dem Gesetz und den guten Sitten in Einklang. Anstelle der begehrten Urteilsveröffentlichung in einer bundesweiten Samstags-Ausgabe der Kronen Zeitung genüge als Veröffentlichungsmedium seine Homepage.

[6] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Der Ausschluss nach Art 1 Abs 2 lit f Rom I‑VO betreffend Fragen des Vereinsrechts gelange nicht zur Anwendung, weil der Verbraucher im vorliegenden Fall primär als Versicherter und nicht als Vereinsmitglied geworben werde. Es sei gemäß Art 7 Abs 3 letzter Satz Rom I‑VO österreichisches Recht anzuwenden, weil in der vorliegenden Konstellation der grenzüberschreitenden Gruppenversicherung der Ort der Risikobelegenheit der Wohnsitz der Verbraucher in Österreich sei. Die Klauseln seien am Maßstab des KSchG und des VersVG zu messen, weil einerseits zwischen Vereinsmitgliedschaft und Versicherung kein untrennbarer Zusammenhang bestehe, sodass § 1 Abs 5 KSchG nicht greife und andererseits die Klauseln Details des Versicherungsvertrags regeln würden. Da alle Klauseln unzulässig seien, bestehe das Unterlassungsbegehren zurecht. Die Veröffentlichung in der auflagenstärksten österreichischen Zeitung sei in Anbetracht des breit gestreuten Vertriebs der Mitgliedschaft mit Skiversicherung über stationären und Onlinehandel an Kunden in ganz Österreich als Veröffentlichungsmedium angemessen, um den gewünschten Effekt der Verbraucheraufklärung zu erreichen.

[7] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung in Bezug auf die Klauseln 1, 2 sowie 4 bis 7. Hinsichtlich Klausel 3 änderte es das Ersturteil im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens ab. Das Erstgericht habe zutreffend erkannt, dass die Ausnahme gemäß Art 1 Abs 2 lit f Rom I‑VO nicht anwendbar sei. Im Übrigen sei zwischen jenen AGB, die die Gruppenspitze (Beklagter) gegenüber dem Verbraucher verwende, um dessen Beitritt zum Gruppenversicherungsvertrag herbeizuführen („Beitritts-AGB“), und jenen Bedingungen, die der jeweilige Versicherer zur Determinierung des Versicherungsvertrags verwende („Versicherungs-AGB“), zu unterscheiden. Gegenstand der vorliegenden Klauselprüfung seien nur die „Beitritts-AGB“ mit den darin befindlichen angefochtenen sieben Klauseln. Im Verhältnis zwischen dem Beklagten als Gruppenspitze und den im Wege der Vereinsmitgliedschaft beitretenden Verbrauchern bestehe kein Versicherungsvertrag; zwischen diesen komme es vielmehr zu einem „Beitrittsvertrag“. Bei diesem handle es sich um einen Verbrauchervertrag nach Art 6 Rom I‑VO. Da der Beklagte auch gewerblich bzw beruflich tätig sei, führe dies zur Klauselprüfung nach österreichischem Recht. Aufgrund der unternehmerischen Tätigkeit des Beklagten komme das KSchG schon gemäß dessen § 1 Abs 1 und 2 zur Anwendung, sodass es auf § 1 Abs 5 KSchG nicht ankomme. Mit Ausnahme der Klausel 3 seien alle Klauseln unzulässig. Da die Verbraucher in ihrer Gesamtheit aufzuklären seien, sei auch die Veröffentlichung in dem vom Kläger begehrten Medium nicht zu beanstanden.

[8] Gegen den abweisenden Teil der Entscheidung [Klausel 3] richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des dem Klagebegehren stattgebenden Ersturteils.

[9] Gegen den stattgebenden Teil der Entscheidung [Klauseln 1, 2 und 4 bis 7] richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Abweisung der Klagebegehren; hilfsweise stellt der Beklagte einen Aufhebungsantrag.

[10] In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien wechselseitig, die Revision der Gegenseite zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die Revisionen sind zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, jene des Klägers ist auch berechtigt.

1. Zum Mangel des Berufungsverfahrens

[12] Der vom Beklagten behauptete Mangel des Berufungsverfahrens wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

2.  Zum anwendbaren Recht

[13] 2.1. Bei Unterlassungsklagen eines Verbraucherschutzverbands ist zwischen der Anknüpfung des Unterlassungsanspruchs einerseits und der Beurteilung der Zulässigkeit der Klauseln andererseits zu unterscheiden: Der Unterlassungsanspruch ist deliktsrechtlich zu qualifizieren, sodass das auf diesen Anspruch selbst anwendbare Recht nach Art 6 Abs 1 Rom II‑VO zu ermitteln ist, was im vorliegenden Fall unstrittig zur Anwendung österreichischen Rechts führt. Der Beurteilungsmaßstab ist dagegen ein vertragsrechtlicher, weshalb sich das maßgebende Recht für die Beurteilung der Zulässigkeit der Klauseln nach der Rom I‑VO richtet (EuGH C-191/15 , VKI; Musger in KBB6 Art 6 Rom I‑VO Rz 2; Mankowski, Verbandsklagen, AGB-Recht und Rechtswahlklauseln in Verbraucherverträgen, NJW 2016, 2705; vgl auch BGH Xa ZR 19/08 = NJW 2009, 3371).

[14] 2.2. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Ausnahmetatbestand gemäß Art 1 Abs 2 lit f Rom I‑VO nicht zur Anwendung kommt, zieht der Beklagte in der Revision zurecht nicht mehr in Zweifel (RS0043338; vgl auch EuGH C‑25/18 , Kerr, Rz 33 f). Es stellt sich daher die Frage, welche konkrete Kollisionsnorm der Rom I‑VO im vorliegenden Fall anzuwenden ist:

[15] 2.3. Bei der Gruppenversicherung wird durch einen Vertrag einer Mehrzahl versicherter Personen für eine diese gemeinsam treffende Gefahr Versicherungsschutz gewährt (Perner, Privatversicherungsrecht Rz 6.34; Fritz/Dreher, Die D&O-Versicherung als Gruppenversicherung, VersR 2021, 220). Schließt der Versicherungsnehmer (Beklagter) – wie hier – den Versicherungsvertrag zu Gunsten der Gruppenmitglieder (hier Vereinsmitglieder mit Versicherungsschutz), wird dies als „echte Gruppenversicherung“ bezeichnet. Diese stellt eine besondere Form der Versicherung für fremde Rechnung dar (7 Ob 17/94; Perner, Privatversicherungsrecht Rz 6.34; Wieser, Gruppenversicherungen 83 mwN; Laimer/Kronthaler in Fenyves/Perner/Riedler³ § 178m VersVG Rz 9). Bei der Versicherung für fremde Rechnung liegt aber zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem kein Versicherungsvertrag vor, sodass Art 7 Rom I‑VO auf dieses Rechtsverhältnis schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar ist. Vielmehr ist das Recht maßgeblich, das auf den zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem bestehenden Vertrag oder auf das sonst zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältnis anwendbar ist (vgl auch Looschelders in MünchKommVVG2 30. Internationales Versicherungs-vertragsrecht Rn 164). Die Anwendbarkeit des Art 7 Rom I‑VO auf das Verhältnis zwischen dem Beklagten als Gruppenversicherungsnehmer (Gruppenspitze) und seinen versicherten Mitgliedern ist daher unzweifelhaft zu verneinen.

[16] 2.4.1. Gemäß Art 6 Abs 1 Rom I‑VO unterliegt ein Vertrag, den eine natürliche Person zu einem Zweck, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann („Verbraucher“), mit einer anderen Person geschlossen hat, die in Ausübung ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt („Unternehmer“), dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer

a) seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Staat ausübt, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder

b) eine solche Tätigkeit auf irgendeiner Weise auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet

und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

[17] 2.4.2. Der sachliche Anwendungsbereich des Art 6 Rom I‑VO ist weit gefasst. Grundsätzlich werden alle für Verbraucher denkbaren Vertragstypen erfasst (Staudinger in Ferrari/Kieninger/Mankowski ua, Internationales Vertragsrecht3 Art 6 Rom I‑VO Rz 25; Spickhoff in BeckOKBGB64 Art 6 Rom I‑VO Rz 9; Martiny in MünchKommBGB8 Art 6 Rom I‑VO Rz 20). Der Vertrag muss auch keine synallagmatischen Verpflichtungen begründen; vielmehr werden auch einseitige Verpflichtungen erfasst, wenn diese ihren Urheber wie ein Vertrag binden (Heiderhoff in Rauscher, EuZVR/EuIPR4 Art 6 Rom I‑VO Rz 41; vgl auch EuGH C‑180/06 , Ilsinger, Rz 51 f; Simotta in Fasching/Konecny 3 Art 17 EuGVVO 2012 Rz 76; Geimer in Geimer/Schütze, EuZVR4 Art 17 EuGVVO Rz 66). Lediglich negativ werden in Art 6 Abs 4, Art 5 und Art 7 Rom I‑VO bestimmte – hier nicht relevante – Vertragstypen bzw Fallgruppen vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen. Soweit der Beklagte behauptet, die bloße Mitgliedschaft in einem Verein sei nicht als Vertrag im Sinn von Art 6 Abs 1 Rom I‑VO zu werten, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt, geht es doch hier um die Mitgliedschaftsform mit Versicherungsschutz, bei der gegen Zahlung eines (zusätzlichen) Entgelts Versicherungsschutz in Form des Beitritts zu einem Gruppenversicherungsvertrag gewährt wird. Dabei handelt es sich ohne Zweifel um einen Vertrag im Sinn von Art 6 Abs 1 Rom I‑VO.

[18] 2.4.3. Art 6 Abs 1 Rom I‑VO verlangt weiters, dass der Vertragspartner des Verbrauchers in Ausübung seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt, also unternehmerisch tätig ist. Entscheidend ist dabei die professionelle Tätigkeit (vgl auch die französische Fassung des Art 6: „activité professionelle“), die in der Regel erfordert, dass eine Mehrzahl von Geschäften geschlossen werden (vgl Magnus in Staudinger, BGB Art 6 Rom I‑VO Rz 52). Die Ausübung eines Gewerbes im Sinn der Gewerbeordnung ist ebenso wenig erforderlich wie die Absicht, mit der Tätigkeit einen Gewinn zu erzielen (Rühl in BeckOGK [1. 7. 2019] Art 6 Rom I‑VO Rz 64; vgl auch Heiderhoff in Rauscher, EuZVR/EuIPR4 Art 6 Rom I‑VO Rz 27). Auch die Unentgeltlichkeit des Vertrags schließt nicht aus, dass er gleichwohl der gewerblichen bzw beruflichen Sphäre zuzurechnen ist (Magnus in Staudinger, BGB Art 6 Rom I‑VO Rz 53). Nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union erfasst etwa der Begriff des Unternehmers im Sinne von Art 12 der Richtlinie 90/425/EWG auch einen gemeinnützigen Verein, der herrenlose Hunde von einem Mitgliedstaat in einen anderen transportiert, um sie Personen anzuvertrauen, die sich verpflichtet haben, sie gegen Zahlung eines Betrags aufzunehmen, der grundsätzlich die dem Verein hierdurch entstandenen Kosten deckt (EuGH C‑301/14 , Pfotenhilfe‑Ungarn/Schleswig‑Holstein). Schließlich ist bei der Auslegung der Unternehmereigenschaft der Zweck des Art 6 Rom I‑VO zu berücksichtigen, für einen angemessenen Schutz des Verbrauchers als desjenigen Vertragspartners zu sorgen, der gegenüber seinem beruflich oder gewerblich handelnden Kontrahenten als wirtschaftlich schwächer und rechtlich weniger erfahren angesehen wird (EuGH C‑464/01 , Gruber, Rz 34; EuGH C‑27/02 , Engler, Rz 39).

[19] Im vorliegenden Fall liegt allein in der professionellen Akquise einer Vielzahl von (Ski-)Versicherungsbeitritten durch Verbraucher ohne Zweifel eine gewerbliche bzw berufliche Tätigkeit des Beklagten, zumal der Beklagte durch das Versicherungsangebot gegenüber Verbrauchern offenkundig seine Attraktivität steigern will, um dadurch erhöhten Zulauf und Mehreinnahmen durch Mitgliedsbeiträge zu lukrieren. Die zentrale Bedeutung des Versicherungsanbots erhellt schon aus dem vorgelegten Ausdruck der Website des Beklagten (Beilage ./B; RS0121557 [T3]), wo in der Kopfzeile die Skiversicherung mindestens gleich prominent wie der Mitgliederservice offeriert wird. Der Beklagte kann auch gar nicht schlüssig darlegen, warum eine derartige Tätigkeit typisch für einen gemeinnützigen Idealverein (Geselligkeitsverein) und daher nicht gewerblich bzw beruflich im Sinn von Art 6 Rom I‑VO sein soll. Es ist somit auch nicht relevant, ob der Beklagte im Fall der Mitgliedschaft mit Versicherungsschutz den „Mehrbetrag“ (Versicherungsprämie) dem Versicherer bloß „weiterleitet“ und auch sonst kein Entgelt vom Versicherer für diese Vermittlungstätigkeit erhält. Insoweit liegt auch kein sekundärer Feststellungsmangel vor.

[20] 2.4.4. Da die weiteren Voraussetzungen des Art 6 Abs 1 Rom I‑VO (insbesondere das Ausrichten der Tätigkeit auf Österreich) vom Beklagten nicht bestritten werden, hat die Prüfung der Klauseln auf Basis österreichischen Rechts zu erfolgen.

[21] 2.4.5. Die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist nicht erforderlich, weil keine Auslegungszweifel im Sinn der Rechtsprechung des EuGH (vgl insb Rs 283/81 , CILFIT) vorliegen.

3. Zur Anwendung des KSchG

[22] 3.1. Das KSchG gilt für Rechtsgeschäfte, an denen 1. einerseits jemand, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört, und 2. andererseits jemand, für den dies nicht zutrifft, beteiligt sind (§ 1 Abs 1 KSchG). Ein Unternehmen im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 KSchG ist jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein (§ 1 Abs 2 Satz 1 KSchG; vgl auch den inhaltlich identen § 1 Abs 2 UGB).

[23] 3.2. Eine auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit liegt vor, wenn planmäßig unter zweckdienlichem Einsatz materieller und immaterieller Mittel, in der Regel unter Mitwirkung einer arbeitsteilig kooperierenden Personengruppe, auf einem Markt laufend wirtschaftlich werthafte Leistungen gegen Entgelt angeboten und erbracht werden (RV HaRÄG 1058 BlgNR 22. GP  19). Auch ideelle Vereine treten als Unternehmer in diesem Sinn auf, wenn sie auf einem Markt wirtschaftlich relevante Tätigkeiten tatsächlich entfalten und hiefür auf Dauer organisatorisch eingerichtet sind; dabei schadet es nicht, dass die unternehmerische Tätigkeit dem (ideellen) Vereinszweck untergeordnet ist (vgl RS0122900).

[24] 3.3. Wird eine Leistung nur den Vereinsmitgliedern aufgrund ihrer Mitgliedschaft angeboten, so wird dadurch mangels Außenauftritts (Marktauftritts) grundsätzlich keine Unternehmereigenschaft begründet (Dehn, Der Unternehmer nach den §§ 1 ff UGB ÖJZ 2006, 44 [47]; Artmann/Herda in Artmann³ § 1 UGB Rz 40). Anderes gilt allerdings in dem Fall, dass der Verein ein Massenverein mit entsprechender Vertriebsorganisation ist und die Mitglieder im Wesentlichen nur deshalb beitreten, weil sie an den angebotenen Leistungen, nicht aber an der Teilnahme am Vereinsleben interessiert sind. In diesem Fall entwickelt sich innerhalb des Vereins ein eigener Markt, auf dem die Mitglieder angesichts ihrer Anzahl als Marktgegenseite auftreten und für den in der Regel eine eigene Vertriebsorganisation erforderlich ist. Dann handelt es sich nicht mehr um einen typischen Idealverein, sondern um einenunternehmerisch tätigen Rechtsträger (Krejci/Haberer in Zib/Dellinger § 1 UGB Rz 80; Dehn in Krejci, RK UGB § 1 Rz 28, 58; Artmann/Herda in Artmann³ § 1 UGB Rz 40; Straube/Ratka/Jost in Straube/Ratka/Rauter 4 § 1 UGB Rz 62; vgl auch JAB 1078 BlgNR 22. GP  4).

[25] 3.4. Beim Beklagten handelt es sich nicht um einen typischen Idealverein (Geselligkeitsverein), sondern um einen professionell auftretenden Marktteilnehmer, der seinen Mitgliedern unterschiedliche Dienstleistungen, wie insbesondere den Beitritt zu Gruppenversicherungsverträgen, anbietet. Dabei ist auch in diesem Zusammenhang unerheblich, ob der Beklagte für seine Vermittlungstätigkeit ein zusätzliches Entgelt vom Vereinsmitglied oder eine Provision vom Gruppenversicherer erhält, weil seine wirtschaftliche Tätigkeit schon in der professionellen Akquise einer Vielzahl von (Ski-)Versicherungsbeitritten durch Verbraucher und in der damit verbundenen offenkundigen Zielsetzung besteht, durch das Versicherungsangebot erhöhten Zulauf und damit Mehreinnahmen durch Mitgliedsbeiträge zu lukrieren.

[26] 3.5. Die Vorinstanzen haben daher zutreffend erkannt, dass die vom Beklagten verwendeten Klauseln auch am Maßstab des KSchG zu prüfen sind.

4. Zur Klauselkontrolle

[27] 4.1. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall dient (RS0014676). Bei der Abweichung einer Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften liegt gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners schon dann vor, wenn sie unangemessen ist (RS0016914; RS0014676 [T21]). Maßgeblich ist, ob es für die Abweichung eine sachliche Rechtfertigung gibt (vgl RS0016914 [T2, T3]; RS0014676 [T21]). Eine gröbliche Benachteiligung ist jedenfalls stets dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in auffallendem Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (RS0014676 [T21]; RS0016914 [T4]).

[28] 4.2. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das Transparenzgebot soll es dem Kunden ermöglichen, sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T41]). Es soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden. Das setzt die Verwendung von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig ist oder von ihm jedenfalls festgestellt werden kann. Das können naturgemäß auch Fachbegriffe sein, nicht aber Begriffe, die so unbestimmt sind, dass sich ihr Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht. Der durch ihre Verwendung geschaffene weite Beurteilungsspielraum schließt es aus, dass der Verbraucher Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen kann (RS0115217 [T3]). Das Transparenzgebot begnügt sich nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher „durchschaubar“ sind (RS0122169). Mit dem Verbandsprozess soll nicht nur das Verbot von gesetzwidrigen Klauseln erreicht, sondern es sollen auch jene Klauseln beseitigt werden, die dem Verbraucher ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position oder ein unrichtiges Bild der Rechtslage vermitteln (RS0115219 [T14, T21]; RS0121951 [T4]). Einzelwirkungen des Transparenzgebots sind das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot, und das Gebot der Vollständigkeit (RS0115219 [T22]).

[29] 4.3. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen (RS0016590). Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Klausel kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine geltungserhaltende Reduktion im Verbandsprozess nicht möglich ist (RS0038205 [insb T20]).

5. Zu den einzelnen Klauseln

5.1. Klausel 1

„Die Mitgliedschaft und der Versicherungsschutz gelten ab dem Tag des Abschlusses für ein Jahr und verlängern sich nach Ablauf um ein Jahr und weiter von Jahr zu Jahr, wenn sie nicht mit einer Frist von drei Monaten zum jeweiligen Ablauf schriftlich gekündigt werden.“

[30] 5.1.1. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als unzulässig. Sie beziehe sich ihrem Wortlaut nach sowohl auf die Mitgliedschaft als auch auf den Versicherungsschutz. Für die Wirksamkeit einer Verlängerungsfiktion sei es erforderlich, dass die in § 6 Abs 1 Z 2 KSchG vorgesehene Hinweispflicht des Verwenders in die AGB selbst aufgenommen werde. Da die Klausel diese Verpflichtungserklärung des Unternehmers nicht enthält, verstoße sie gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG.

[31] Das Berufungsgericht bestätigte die Unzulässigkeit der Klausel.

[32] In seiner Revision argumentiert der Beklagte nunmehr damit, dass die Klausel bei Anwendbarkeit deutschen Rechts zulässig sei.

[33] 5.1.2. Die Revisionsausführungen zur angeblichen Zulässigkeit der Klausel nach deutschem Recht gehen ins Leere, weil österreichisches Recht zur Anwendung gelangt (siehe Punkt 2. der Entscheidung). Eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vermag der Beklagte dadurch nicht aufzuzeigen.

5.2. Klausel 2

„Nur fristgerechte Beitragszahlung gewährleistet Versicherungsschutz ohne Unterbrechung.“

[34] 5.2.1. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG. Die Klausel regle sowohl den Mitgliedsbeitrag als auch die Versicherungsprämie, ohne auf die Schutzbestimmungen des VersVG Rücksicht zu nehmen. Damit gewinne der Verbraucher den Eindruck, er verliere den Versicherungsschutz bei jedem Zahlungsrückstand. Dies verschleiere ihm die wahre Rechtslage und führe zur Intransparenz nach § 6 Abs 3 KSchG.

[35] Das Berufungsgericht begründete die Unzulässigkeit der Klausel damit, dass Näheres zum Verzug und der dadurch herbeigeführten Unterbrechung völlig im Dunkeln bliebe, so etwa welche Zahlungsfrist einzuhalten sei. Somit sei schon nicht erkennbar, ob bzw wann eine Unterbrechung überhaupt eintrete. Da die Rechtslage jedenfalls unvollständig dargestellt werde, sei die Klausel intransparent.

[36] In seiner Revision argumentiert der Beklagte nunmehr, dass die Klausel die Vereinsmitglieder lediglich über Punkte aufkläre, die ihr Verhältnis zum Versicherer betreffen. Sie enthalte damit keinen Rechtsfolgewillen und könne objektiv nur als Wissenserklärung verstanden werden. Als solche sei sie aber nicht Gegenstand eines Unterlassungsanspruchs nach § 28 KSchG.

[37] 5.2.2. Der Unterlassungsanspruch des § 28 Abs 1 KSchG bezieht sich auf gesetz- oder sittenwidrige Vertragsbedingungen, worunter im Kern die Kontrolle von Willenserklärungen zu verstehen ist. Dient ein Satz bloß der Aufklärung des Verbrauchers, ist er grundsätzlich unbedenklich (RS0131601). Entgegen der Ansicht des Beklagten dient diese Klausel keineswegs nur der Aufklärung, sondern ordnet bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung an, dass bei nicht fristgerechter Beitragszahlung kein Versicherungsschutz besteht. Gegen die vom Berufungsgericht angenommene Intransparenz wendet sich der Beklagte in seiner Revision nicht.

5.3. Klausel 3

„Der Versicherungsschutz regelt sich ausschließlich nach den Bestimmungen des Gruppenversicherungsvertrages, der zwischen den Vertragsgesellschaften und D* vereinbart ist.“

[38] 5.3.1. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als nichtig gemäß § 879 Abs 3 ABGB. Sie verweise auf einen Vertrag des Beklagten mit Dritten, der dem Verbraucher erst offengelegt werde, nachdem er seine Willenserklärung zum Vertragsschluss bereits abgegeben habe. Eine derartige „Blanco“-Zustimmung benachteilige den Verbraucher gröblich.

[39] Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als zulässig. Der Kläger habe eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB in erster Instanz gar nicht geltend gemacht; eine solche sei daher nicht Verfahrensgegenstand. Im Übrigen möge es zwar wünschenswert sein, dass das Klauselwerk die komplexen Rechtsverhältnisse im Zusammenhang mit Gruppenversicherungsverträgen ausführlicher darstelle. Bei der gebotenen Betrachtung der Urkunde in ihrer Gesamtheit könne aber nicht erkannt werden, was an der Klausel intransparent oder gesetzwidrig sein solle.

[40] In seiner Revision argumentiert der Kläger, dass Klauseln auch im Verbandsprozess von Amts wegen unter jedem rechtlichen Aspekt auf ihre Unzulässigkeit und damit Unwirksamkeit zu prüfen seien. Das Erstgericht habe daher zutreffend einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB bejaht. Im Übrigen verstoße die Klausel aber auch gegen § 6 Abs 3 KSchG, da sie auf einen Drittvertrag verweise, ohne sicherzustellen, dass dessen Inhalt dem Verbraucher offengelegt werde; damit bleibe die Klausel aber unverständlich und intransparent. Des Weiteren verstoße die Klausel auch gegen § 6 Abs 1 Z 11 und § 9 KSchG.

[41] 5.3.2. Die Klausel ist – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – intransparent. In ihr wird auf den Inhalt des Gruppenversicherungsvertrags verwiesen, obwohl dem Verbraucher dieser bei Abgabe der Willenserklärung nicht bekannt ist. Vielmehr erhält der Verbraucher nach dem Vorbringen des Beklagten erst nach Vertragsabschluss die Versicherungsbedingungen und ein „Merkblatt“, sodass er sich erst zu diesem Zeitpunkt von Inhalt und Umfang des Versicherungsschutzes Kenntnis verschaffen kann. Selbst wenn das „Merkblatt“ online auf der Website des Beklagten abrufbar wäre und somit die (theoretische) Möglichkeit bestünde, dass der Verbraucher sich darüber auch schon vor Abgabe seiner zum Vertragsabschluss führenden Willenserklärung informieren könnte, vermag dies die Klausel nicht transparent zu machen. Der Verbraucher wäre damit nämlich gezwungen, sich die notwendigen Informationen aus den vom Beklagten verwendeten Vertragsformblättern und dem im Internet abrufbaren „Merkblatt“ zusammenzusuchen, um vor der Abgabe seiner Willenserklärung hinreichende Informationen zur „Mitgliedschaft einschließlich Versicherungsschutz“ zu bekommen; auch dies widerspricht jedoch dem Transparenzgebot (vgl RS0122040 [T16]).

5.4. Klausel 4

„Werden Leistungen oder Beiträge auch für bestehende Versicherungen zum jeweiligen Beginn eines Beitrags-/Versicherungsjahres geändert, so gelten diese als anerkannt, wenn der fällige Beitrag nach Bekanntgabe der Änderung gezahlt wird.“

[42] 5.4.1. Das Erstgericht qualifizierte die Klausel als nichtig nach § 6 Abs 1 Z 2 KSchG: Die Klausel sehe eine Erklärungsfiktion vor, wonach ein faktisches Verhalten, nämlich die Zahlung, als Zustimmung gelten solle. Eine solche sei aber nur zulässig, wenn der Verbraucher bei Beginn der dafür vorgesehenen Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hingewiesen werde und zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist zur Verfügung habe. Auf diese gesetzlichen Erfordernisse nehme die Klausel keine Rücksicht.

[43] Das Berufungsgericht schloss sich dieser Beurteilung ausdrücklich an; ergänzend führte es aus, dass die Zahlung allein keineswegs als im Sinn des § 863 ABGB schlüssige Zustimmung zu werten sei, könne sie doch vorerst aus unterschiedlichsten Gründen erfolgt sein.

[44] In seiner Revision hält der Beklagte an seiner Auffassung fest, dass in der Klausel nur eine schlüssige Willenserklärung nach § 863 ABGB beschrieben werde und sie demnach keine Erklärungsfiktion nach § 6 Abs 1 Z 2 KSchG sei.

[45] 5.4.2. Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen rechtsgeschäftlichen Willen legt § 863 ABGB einen strengen Maßstab an (RS0014146). Eine konkludente Handlung darf nur angenommen werden, wenn sie nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer bestimmten Richtung zu verstehen ist. Es darf kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, dass der Wille, eine Rechtsfolge in einer bestimmten Richtung herbeizuführen, vorliegt (RS0013947 [T1]; RS0014150). § 6 Abs 1 Z 2 KSchG beschränkt die Zulässigkeit von Vereinbarungen, wonach ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als Erklärung gilt.

[46] Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel anerkennt der Verbraucher allein durch einmalige Zahlung den geänderten Mitgliedsbeitrag, was dem strengen Maßstab des § 863 ABGB widerspricht. Die Klausel ist daher als Erklärungsfiktion im Sinn von § 6 Abs 1 Z 2 KSchG zu werten. Dass die dort geforderten Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt wären, behauptet der Beklagte nicht.

5.5. Klauseln 5 und 6

„Sämtliche Schadensfälle sind unverzüglich zu melden.“

„Ein Diebstahl muss zusätzlich unverzüglich auch der zuständigen Polizeidienststelle angezeigt werden.“

[47] 5.5.1. Das Erstgericht beurteilte die Klauseln als intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Sie lassen den Verbraucher über die Rechtsfolgen eines Verstoßes im Unklaren. Bei kundenfeindlichster Auslegung entstehe der Eindruck, ein Verstoß hätte in jedem Fall die Leistungsfreiheit des Versicherers zur Folge. Das Fehlen einer Darstellung der Rechtsfolgen verschleiere die wahre Rechtslage, was zu einer Intransparenz nach § 6 Abs 3 KSchG führe.

[48] Das Berufungsgericht qualifizierte die Klauseln ebenfalls als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Es führte in diesem Zusammenhang neuerlich aus, dass das hier zu beurteilende Klauselwerk an sich ein solches zum „Beitritts-Verhältnis“ sei, die Klauseln 5 und 6 aber inhaltlich solche von Versicherungs‑AGB zu sein scheinen. Es sei unklar und damit intransparent, ob der Beklagte mit diesen Klauseln das ohnehin im Gruppenversicherungsvertrag Geregelte – wenn auch teils nur fragmentarisch und mit anderer Diktion – nochmals wiedergeben wolle, oder ob es sich um ein weiteres ähnliches Klauselwerk allein betreffend das „Beitritts-Verhältnis“ – mit diesfalls völlig unklaren Rechtsfolgen – handeln solle.

[49] In seiner Revision argumentiert der Beklagte, dass die Klauseln zum einen nur das gesetzlich Vorgesehene, zum anderen nur das ohnehin im Gruppenversicherungsvertrag Geregelte wiedergeben und damit in keiner Weise das Vertragsverhältnis zu den einzelnen Vereinsmitgliedern regeln oder gestalten würden. Sie hätten daher vom Erklärungsempfänger objektiv nur als Wissenserklärung verstanden werden können und seien damit nicht Gegenstand eines Unterlassungsanspruchs nach § 28 KSchG.

[50] 5.5.2. Wie bereits dargelegt ist eine Formulierung grundsätzlich unbedenklich, wenn sie keine Willenserklärung des Verbrauchers enthält, sondern bloß dessen Aufklärung dient (RS0131601 [T3]). Dies gilt aber nicht, wenn die Klausel dahin verstanden werden kann, dass der Verbraucher – wie hier – über eine Regelung (Meldepflicht) nicht bloß informiert wird, sondern ihr – durch Akzeptieren der AGB – auch zustimmt (vgl RS0131601 [T4]; 7 Ob 112/22d). Zunächst ist schon völlig unklar, warum derartige Regelungen, die nach dem Vorbringen des Beklagten ohnehin Inhalt des Gruppenversicherungsvertrags bzw des VersVG sind, zusätzlich in das Vertragsverhältnis zwischen dem Beklagten und seinen Mitgliedern – das ja gerade kein Versicherungsvertrag ist – Eingang finden. Hinzukommt, dass der Verbraucher über die Rechtsfolgen bei Verletzung dieser Meldepflichten im Unklaren gelassen wird (vgl 1 Ob 105/14v [Klausel 6]; Kathrein/Schoditsch in KBB6 § 6 KSchG Rz 32). Beide Klauseln sind daher wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 3 KSchG unzulässig.

6. Klausel 7

„Für die Abwicklung von Beschädigung- und Diebstahlfällen benötigen Sie den Originalkaufbeleg.“

[51] 6.1. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als unzulässig, weil die Vereinbarung einer pauschalen Beschränkung auf Originale unsachlich und überraschend sei. Im Übrigen benachteilige sie den Verbraucher gröblich.

[52] Das Berufungsgericht schloss sich dieser Auffassung an. Darüber hinaus sei die Klausel aber auch – aus denselben Gründen wie die Klauseln 5 und 6 – als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG zu qualifizieren.

[53] In seiner Revision führt der Beklagte aus, auch Klausel 7 gebe das österreichische Versicherungsvertragsrecht zutreffend wieder. So seien nach völlig herrschender Ansicht auf Aufforderung des Versicherers Belege im Original zu übergeben; genau darüber kläre die Klausel auf.

[54] 6.2. Soweit der Beklagte vorbringt, auch Klausel 7 sei lediglich eine nicht kontrollunterworfene Wissenserklärung, ist er auf die Ausführungen zu den Klauseln 5 und 6 zu verweisen. Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung schließt die Klausel die Geltendmachung von Ansprüchen bei Beschädigung und Diebstahl gänzlich aus, wenn der Verbraucher über keinen Originalbeleg verfügt. Dass dies sachlich nicht gerechtfertigt ist, ist evident. Die Klausel ist daher gemäß § 879 Abs 3 ABGB nichtig.

7. Zur Leistungsfrist für das Unterlassungsbegehren

[55] Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Verpflichtung, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu ändern, keine reine Unterlassung, sodass das Gericht gemäß § 409 Abs 2 ZPO eine angemessene Leistungsfrist zu setzen hat (RS0041265 [T3]). Das Erstgericht hat in Spruchpunkt I. seines Urteils (Unterlassung und Sich-Berufen) keine Leistungsfrist angeordnet. Da der Beklagte diesen Verstoß gegen § 409 Abs 2 ZPO in der Berufung nicht als Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht hat (vgl Fucik in Fasching/Konecny 3 § 409 ZPO Rz 8), ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, diesen im Revisionsverfahren aufzugreifen.

8. Zum Veröffentlichungsbegehren

[56] 8.1. Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RS0121963). Durch die Aufklärung wird die Aufmerksamkeit der Verbraucher für die Unzulässigkeit von Vertragsbestandteilen geschärft und es wird ihnen damit erleichtert, ihre Rechte gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen (RS0121963 [T5]). In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RS0121963 [T9]). Dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung wird die Bereitstellung der einzelnen Informationen auf der Website des Beklagten nicht gerecht (RS0121963 [T10, T15]), dies auch dann, wenn der Fokus der Geschäftstätigkeit des beklagten Unternehmens im Internet liegt (RS0121963 [T13]; 1 Ob 201/20w).

[57] 8.2. Der Oberste Gerichtshof hat in vielen Entscheidungen eine österreichweite Veröffentlichung in einer Samstags-Ausgabe der „Neuen Kronen Zeitung“ für notwendig und angemessen erachtet (vgl die zahlreichen Nachweise in 6 Ob 242/15d). Es ist angesichts dessen, dass der Beklagte nach den getroffenen Feststellungen seine Leistungen im gesamten Bundesgebiet anbietet, nicht ersichtlich, aus welchen Gründen hier eine eingeschränkte oder andere Veröffentlichung ausreichend sachgerecht sein sollte.

9. Ergebnis und Kosten

[58] 9.1. Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt. Der Revision des Klägers ist hingegen Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

[59] 9.2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

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