European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00003.23V.0925.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Der Oberste Gerichtshof hat zum Grenzüberbau bei Liegenschaften, die verschiedenen Eigentümern gehören, bereits wiederholt Stellung genommen und einen „außerbücherlichen“ Eigentumserwerb eines unredlichen Bauführers verneint (3 Ob 216/15h [ErwGr 1.]; 6 Ob 167/10t = RS0108464 [T2]; 1 Ob 239/08s [ErwGr 2.]; 9 Ob 32/02z; 1 Ob 68/99b; vgl auch 7 Ob 8/07p) sowie ausgesprochen, dass dem Eigentümer der überbauten Grundfläche grundsätzlich ein Beseitigungsanspruch zukommt (3 Ob 216/15h [ErwGr 2.]; 9 Ob 32/02z; 1 Ob 265/01d; vgl 6 Ob 167/10t; 1 Ob 239/08s; RS0115858). Er hat sich dabei auch mit den auf Jabornegg (Der Grenzüberbau im österreichischen Recht, in FS Eichler, [1977] 287 ff) und Mader (Der Grenzüberbau in der neueren Judikatur, bbl 1998, 111) zurückgehenden gegenteiligen Ansichten der Literatur auseinandergesetzt und diese abgelehnt (6 Ob 167/10t; 9 Ob 32/02z; vgl 1 Ob 265/01d).
[2] 2. Die Klägerin ließ an der Grenze ihrer Liegenschaft eine Einfriedungsmauer errichten, ohne dass die beklagten Eigentümer der Nachbarliegenschaft einer Grenzüberbauung zugestimmt hatten. Nachträglich stellte sich heraus, dass sich Teile der Mauer auf der Liegenschaft der Beklagten befanden. Nach den (teilweise disloziert in der rechtlichen Beurteilung) getroffenen Feststellungen war der Klägerin bewusst, dass es durch die Bauführung zu Überschreitungen der Grundgrenze kommen kann und auch wird.
[3] 3. Das Berufungsgericht war der Auffassung, die Klägerin könne sich nicht erfolgreich auf einen originären Eigentumserwerb der schlechtgläubig überbauten Flächen stützen. Diese Beurteilung findet Deckung in den erörterten Rechtsprechungsgrundsätzen. Mit dem Hinweis auf die erwähnten gegenteiligen Literaturansichten zeigt die Revision keine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts auf. Selbst die von ihr angeführtenAutoren gehen überdies überwiegend von einem Beseitigungsanspruch des Grundeigentümers jedenfalls bei grober Fahrlässigkeit des Bauführers aus (etwa Müller in Schwimann/Kodek, ABGB PK5 § 418 Rz 15; Karner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 418 Rz 3 und Rz 9; vgl Holzner, Beseitigungsanspruch gegen den unredlichen Bauführer bei geringfügigem Grenzüberbau JBl 2011, 379).
[4] 4. Ob nach den im Einzelfall gegebenen Umständen Wiederholungsgefahr besteht, ist keine erhebliche Rechtsfrage (RS0042818). Als Indiz für das Vorhandensein einer Wiederholungsgefahr ist es zu werten, wenn der Beklagte – wie auch hier – im Prozess seine Unterlassungspflicht bestreitet und keine Gewähr dafür besteht, dass er Eingriffe in das Eigentum des Klägers in absehbarer Zeit unterlässt (RS0012055).
[5] Auch die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin halte ihren Rechtsstandpunkt aufrecht, Eigentümerin der überbauten Grundfläche geworden zu sein, weshalb die Beklagten die Bebauung zu dulden hätten, die Klägerin habe damit gerade keine Erklärung abgegeben, die zu einer Verneinung der Wiederholungsgefahr führen könnte, bedarf daher keiner Korrektur.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)