European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00159.19D.1024.000
Spruch:
A.
1. Das durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der beklagten Partei DI C***** R***** am 12. Juli 2018 unterbrochene Verfahren wird betreffend das Unterlassungsbegehren aufgenommen. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird wie im Urteilskopf ersichtlich berichtigt.
2. Der Aufnahmeantrag der klagenden Partei wird betreffend das Beseitigungsbegehren und das Feststellungsbegehren zurückgewiesen.
B.
Die Revision betreffend das Unterlassungsbegehren wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.332,54 EUR (darin enthalten 222,09 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Begründung:
B***** L***** (im Folgenden: „Autor“) verfasste über die Klägerin einen Artikel, der im August 2014 auf drei Homepages veröffentlicht wurde. Im Provisorialverfahren in diesem Verfahren (6 Ob 92/16x) sowie im gegen den Autor und die Domaininhaberin als gleichzeitige „Admin-C“ (sowie deren Geschäftsführerin) wegen desselben Artikels von der Klägerin angestrengten Verfahren (6 Ob 112/18s) kamen die Vorinstanzen zum Ergebnis, die beanstandeten Äußerungen, die im Wesentlichen die Lebensgemeinschaft der Klägerin, ihr Sexualleben sowie jenes ihres verstorbenen Lebensgefährten und die Vaterschaft zu ihrem Sohn betreffen, seien nicht durch eine Debatte von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse oder die berufliche Position der Klägerin gerechtfertigte Eingriffe in ihren höchstpersönlichen Lebensbereich. Der erkennende Senat hielt diese Beurteilung für nicht korrekturbedürftig (6 Ob 112/18s, ErwGr 5).
Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin den Schuldner als vormaligen Beklagten auf 1. Unterlassung der Behauptungen und/oder Verbreitung diverser im Artikel gemachter Aussagen, 2. Beseitigung bzw Löschung des Artikels und 3. Feststellung der Haftung für künftige Schäden aus der Behauptung und Verbreitung der inkriminierten Äußerungen in Anspruch. Von den Eigenschaften, die die Klägerin in diesem Zusammenhang dem vormals Beklagten zuschreibt, konnte nur festgestellt werden, dass er „Tech-C“ bzw technischer Administrator bzw Ansprechpartner und Zonenverwalter für die Domains war und – ohne sein Wissen – als einer von mehreren „directors“ dreier im englischen Unternehmensregister eingetragenen Gesellschaften eingetragen war. Diese schienen vormals als „Betreiber der Website, Medieninhaber und Herausgeber“ im Impressum der Homepages auf.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Haftung des sogenannten „Tech-C“ und des „Admin-C“ für Rechtsverletzungen auf Websites vorliege.
Zu A.:
Die Vorinstanzen legten die Akten mit der Revision der Klägerin und der Revisionsbeantwortung des Beklagten dem Obersten Gerichtshof vor.
Danach eröffnete das Handelsgericht Wien mit Beschluss vom 11. 7. 2018, AZ *****, das Konkursverfahren über das Vermögen des Beklagten ohne Eigenverwaltung des Schuldners als Hauptverfahren im Sinn der EuInsVO und bestellte die im Urteilskopf genannte Rechtsanwältin zur Masseverwalterin.
Mit Beschluss vom 27. 2. 2019 verfügte der erkennende Senat die Zurückstellung der Akten an das Erstgericht. Er begründete dies damit, der Anmeldung im Insolvenzverfahren unterlägen auch Forderungen, die nicht in einer Geldleistung bestünden, aber zufolge § 14 IO in eine solche verwandelt werden könnten. Dies betreffe von einem schadenersatzrechtlichen Feststellungsbegehren umfasste künftige Geldersatzansprüche. Feststellungsansprüche betreffend künftige Schäden unterlägen somit der Prozesssperre, weshalb das Verfahren betreffend das geltend gemachte Feststellungsbegehren gemäß § 7 Abs 1 IO unterbrochen sei. Ob die geltend gemachten Unterlassungs- und Beseitigungs- bzw Löschungansprüche das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen beträfen, sei für die Frage der Unterbrechung des Verfahrens nicht erheblich: Es seien auch Prozesse, die die Insolvenzmasse nur teilweise beträfen, vom Insolvenzverwalter zu führen. Eine Teilunterbrechung und Teilfortsetzung des Verfahrens komme nicht in Betracht, sondern das gesamte Verfahren werde durch die Insolvenzeröffnung unterbrochen und sei sodann vom/gegen den Insolvenzverwalter fortzusetzen (6 Ob 111/18v).
Am 13. August 2019 beantragte die Klägerin die Fortsetzung des Verfahrens unter Hinweis auf die stattgefundene Prüfungstagsatzung vom 3. September 2018.
Daraufhin legte das Erstgericht die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Aufnahmeantrag vor.
In der Folge machte die beklagte Masseverwalterin geltend, die Klägerin habe im Konkursverfahren keine Forderung angemeldet. Durch eine Insolvenzeröffnung unterbrochene Prozesse über Insolvenzforderungen könnten aber erst dann fortgesetzt werden, wenn die Forderung angemeldet und der Prüfung unterzogen worden sei. Andererseits gehöre ein auf § 1330 ABGB Abs 2 gestützter Unterlassungsanspruch zu den Persönlichkeitsrechten iSd § 16 ABGB und daher nicht in die Insolvenzmasse, sodass ein anhängiger Rechtsstreit grundsätzlich nicht durch die Insolvenzeröffnung unterbrochen werde.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu wurde erwogen:
1. Unterlassungsbegehren
Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf die §§ 16, 1328a, 1330 Abs 1 und 2 ABGB, § 111 StGB, § 7 MedienG und § 1 Abs 1 DSG.
Unterlassungsansprüche nach dem UWG sind zwar Konkursforderungen im Konkurs der Beklagten, unterliegen aber nicht der Anmeldepflicht (RS0064093 [T1]). Prozesse darüber können daher auf entsprechenden Antrag ohne die Voraussetzungen des § 7 Abs 3 IO sofort wieder aufgenommen werden (vgl RS0064093 [T6]).
Diese sofortige Aufnahmemöglichkeit gilt auch für einen auf die genannten Normen gestützten Unterlassungsanspruch gegen einen beklagten Schuldner.
2. Beseitigungsbegehren
Der Anmeldung zum Konkurs unterliegen auch Forderungen, die nicht in einer Geldleistung bestehen – wie etwa solche auf eine vertretbare Handlung –, aber zufolge § 14 IO in eine solche verwandelt werden können (RS0064079). Ansprüche auf Beseitigung und Wiederherstellung des vorigen Zustands fallen unter § 14 Abs 1 IO (RS0064079 [T3]). Dasselbe gilt auch für einen Anspruch auf Lastenfreistellung im Grundbuch als gemäß § 353 EO (Exekution vertretbarer Handlungen) zu vollstreckender Anspruch (RS0064079 [T1] = RS0110288).
3. Feststellungsanspruch
Dazu kann auf den schon erwähnten Beschluss des Senats vom 27. 2. 2019, 6 Ob 111/18v, verwiesen werden, wonach dieser der Anmeldung im Insolvenzverfahren unterliegt.
4. Folgerungen
4.1. Nach der unwidersprochenen Behauptung der Masseverwalterin, die durch das von ihr vorgelegte Anmeldungsverzeichnis unterstützt wird, hat die Klägerin im Konkurs des Schuldners keine Forderung angemeldet. Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Aufnahme des Verfahrens nach § 7 Abs 3 IO voraus, dass der Anspruch im Konkurs angemeldet und der Prüfung unterzogen wurde. Eine Wiederaufnahme des unterbrochenen Verfahrens ist ausgeschlossen, solange eine Anmeldung der Forderung im Konkurs nicht erfolgt ist (RS0109861).
4.2. Betreffend das Beseitigungs‑ und das Feststellungsbegehren kann die Klägerin daher mangels Anmeldung dieser Forderungen im Konkurs des Schuldners die Aufnahme des Verfahrens nicht erreichen, weshalb ihr Aufnahmeantrag insoweit zurückzuweisen war (vgl 7 Ob 402/97m).
4.3. Anderes gilt für das Unterlassungsbegehren, das nicht der Anmeldung im Konkurs unterliegt: Warum bei Rechtsstreitigkeiten über mehrere Ansprüche, die der Anmeldung im Konkurs zum Teil unterliegen und zum Teil nicht unterliegen, eine Aufnahme des Verfahrens wegen der letzteren auch erst nach Abschluss der Prüfungstagsatzung zulässig sein sollte, ist nicht zu sehen. Dem Wortlaut des § 7 Abs 3 IO ist das Verbot einer derartigen „Teilfortsetzung“ nicht zu entnehmen; diese Bestimmung regelt nur ganz allgemein die Voraussetzungen der Verfahrensaufnahme bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die der Anmeldung im Konkurs unterliegen. Das Problem der Anspruchshäufung „gemischter“ Ansprüche wird im Gesetz nicht geregelt. Da es bei den der Anmeldung unterliegenden Ansprüchen im Fall der Anerkennung durch den Masseverwalter zu keiner Verfahrensfortsetzung mehr kommt, besteht kein Grund, den Gläubiger bezüglich der nicht der Anmeldung im Konkurs unterliegenden Ansprüche mit der Verfahrensfortsetzung auf den Abschluss der Prüfungstagsatzung zu verweisen (RS0064071).
Im Sinn dieser Rechtsprechung steht der Aufnahme des Verfahrens betreffend das Unterlassungsbegehren gegen die Masseverwalterin (4 Ob 122/90; 9 ObA 164/92 = RS0064053) nichts im Weg.
Zu B.:
Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig:
1. Die Klägerin hat nicht behauptet und es ist auch im Verfahren nicht hervorgekommen, dass der Schuldner selbst die inkriminierten Behauptungen des Autors aufgestellt oder – abgesehen vom Unterlassen des ihm seinerzeit möglich gewesenen Herunterfahrens aller drei Websites (als Ganzes) – verbreitet hat.
Der Autor hat im Parallelverfahren 6 Ob 112/18s, in dem die Klägerin inhaltlich dieselben Ansprüche wie hier geltend gemacht hat, keine Klagebeantwortung erstattet und gegen sich ein Versäumungsurteil ergehen lassen, das rechtskräftig wurde und vollstreckbar ist.
Der Erstrichter im vorliegenden Verfahren hat im Ersturteil disloziert und unbekämpft festgestellt, dass der Artikel mit den inkriminierten Behauptungen zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt nach Erlassung der einstweiligen Verfügung gelöscht wurde.
Bei diesen Umständen ist aber die für das Bestehen der Unterlassungsverpflichtung nötige Wiederholungsgefahr (vgl RS0010467; RS0012064) weggefallen: Es ist unter keinen Umständen zu befürchten, der Schuldner werde die inkriminierten Behauptungen (aktiv) äußern (was ihm die Klägerin gar nicht vorwirft) oder – nach Löschung der Artikel auf den Homepages – entweder durch aktive Handlungen (was die Klägerin dem Schuldner ebenfalls nicht vorwirft) oder durch Unterlassung der (bereits erfolgten) Löschung weiterverbreiten, zumal nach der Aktenlage der Schuldner mittlerweile keine unternehmerische Tätigkeit mehr ausübt (RS0079522).
2. Da somit schon aufgrund des Wegfalls der Wiederholungsgefahr das Unterlassungsbegehren nicht zu Recht besteht, kommt es auf die Beantwortung der vom Berufungsgericht für erheblich bezeichneten Rechtsfrage nicht an. Davon ausgehend zeigt die Revisionswerberin auch keine sonstige erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb die Revision betreffend das Unterlassungsbegehren zurückzuweisen war.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 Abs 2, 50 ZPO. Der Schuldner hat in der Revisionsbeantwortung zwar nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Da er im Parallelprozess (6 Ob 112/18s) nicht Partei war und daher dort keine Akteneinsicht hatte, konnte er aber die tragenden Gründe, warum vorliegend keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (Wegfall der Wiederholungsgefahr), nicht geltend machen. Auch wenn in der Sache nur über das Unterlassungsbegehren abgesprochen wurde, ist aufgrund der von der Klägerin vorgenommenen Bewertung (Unterlassung 19.000 EUR, Gesamtstreitwert 19.400 EUR) schon jetzt von einem weit überwiegenden Obsiegen der Beklagten iSd § 43 Abs 2 Satz 1 ZPO auszugehen und sind somit der Klägerin die gesamten Kosten der Revisionsbeantwortung aufzuerlegen.
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