OGH 2Ob175/18a

OGH2Ob175/18a28.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. T* L*, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren des M* S*, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und andere Rechtsanwälte in Gmunden, gegen die beklagte Partei N* S*, vertreten durch Dr. Günter Geusau, Rechtsanwalt in Wels, wegen 25.387,12 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 24.639,50 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. Juni 2018, GZ 2 R 69/18g‑15, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 23. April 2018, GZ 2 Cg 128/17a‑11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E124888

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge geben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden, soweit nicht in der Abweisung eines Begehrens von 747,62 EUR samt Zinsen Rechtskraft eingetreten ist, aufgehoben, und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der Kläger ist Masseverwalter in einem am 13. Mai 2013 eröffneten Schuldenregulierungsverfahren. Der Schuldner war bei Eröffnung des Verfahrens zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft mit fünf vermieteten Wohnungen, die andere Hälfte gehörte dem Beklagten. Die Mietzinse flossen bis März 2016 auf ein Konto bei einer Sparkasse, das ursprünglich auf beide Eigentümer „gelautet“ hatte. Im Jahr 2008 hatte die Sparkasse dem Schuldner die „Zeichnungsberechtigung“ entzogen, worauf das Konto nur mehr auf den Beklagten „lautete“. Von diesem Konto wurden die Aufwendungen auf die Liegenschaft gezahlt.

Der Schuldner und der Beklagte hafteten solidarisch für Kredite bei der kontoführenden Sparkasse und einer Bausparkasse. Die Kreditraten wurden auch nach der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens vom Mietenkonto gezahlt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts gab es für die Mietzinse „Einzelzessionsverträge“ zugunsten der Sparkasse. Diese Zessionen wurden nicht offen gelegt, die Mieter wurden nicht verständigt.

Am 1. April 2015 beantragte die Bausparkasse die Zwangsversteigerung der Liegenschaft. Exekutionstitel waren ein mit dem Insolvenzverwalter geschlossener prätorischer Vergleich und ein Versäumungsurteil gegen den Beklagten. Die Liegenschaft wurde am 18. März 2016 versteigert. Aus dem Meistbot wurde im ersten Buchrang die Forderung der Bausparkasse zur Gänze berichtigt (199.045,22 EUR). Der kontoführenden Sparkasse wurde aufgrund einer angemeldeten Forderung von 274.502,95 EUR der gesamte Betrag der im zweiten Rang einverleibten Höchstbetragshypothek von 100.000 EUR zugewiesen. Der Meistbotrest von 12.929,68 EUR wurde zur Hälfte aufgrund eines nur auf dem Anteil des Schuldners einverleibten Zwangspfandrechts dem insofern betreibenden Gläubiger zugewiesen, die andere Hälfte fiel mangels weiterer bücherlicher Belastung als Hyperocha an den Beklagten.

Der Kläger begehrte 25.387,12 EUR samt Zinsen. Obwohl der Beklagte nur Hälfteeigentümer gewesen sei, seien die Mietzinse auch nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens zur Gänze auf sein Konto überwiesen worden. Nach Abzug der Betriebskosten errechne sich von 15. Mai 2013 bis 30. März 2016 ein Überschuss von 50.774,25 EUR. Davon stehe dem Kläger aufgrund des Hälfteeigentums des Schuldners die Hälfte zu. Mit der Zahlung der Kreditraten habe der Beklagte nur seine eigenen Verbindlichkeiten aus den Kreditverträgen verringert. Hätte er die Zahlungen nicht geleistet, wäre die Forderung der Bausparkasse höher gewesen, und er hätte keine Hyperocha erhalten. Der Kläger hätte wegen der zahlreichen Pfandrechte ohnehin keine Hyperocha bekommen. Die Zahlungen seien somit ausschließlich dem Beklagten zugute gekommen, weshalb er aus bereicherungsrechtlichen Gründen zur Rückzahlung verpflichtet sei. Diesen Anspruch habe der Kläger gegen den Beklagten mehrfach geltend gemacht; die Klage sei nur deswegen erst nach der Verwertung erfolgt, weil er eine „Endabrechnung“ beabsichtigt habe. Eine behauptete Zession der Mietzinsforderungen an die kontoführende Sparkasse sei nicht wirksam, weil kein Publizitätsakt gesetzt worden sei. Als bereicherungsrechtliche Ansprüche unterlägen jene des Klägers der 30‑jährigen Verjährungsfrist.

Der Beklagte wendet ein, das Konto habe nur als Abwicklungskonto für die gemeinsame Liegenschaft gedient und sei wirtschaftlich beiden Eigentümern zuzuordnen gewesen. Der Kläger habe alle Kontobewegungen gekannt. Die Rückzahlung der Kreditraten sei für beide Eigentümer erfolgt. Ein Gewinn sei dem Beklagten nicht entstanden und nicht zugekommen. Die Mietzinsforderungen seien zudem anfechtungsfest an die kontoführende Sparkasse zediert gewesen. Darüber hinaus sei die Forderung des Klägers verjährt. Der Beklagte sei nicht passiv legitimiert; Anspruchsgegner seien die einzahlenden Mieter oder die Pfandgläubiger. Der Kläger habe von den Zahlungen gewusst und sie geduldet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Konto sei als Abwicklungskonto für die gemeinsame Liegenschaft verwendet worden. Die Mietzinsforderungen seien an die Sparkasse zediert gewesen. Durch die Zahlung der Kreditraten hätten sich die Schulden beider Eigentümer verringert, sodass der Beklagte nicht bereichert sei. Das Konto selbst habe als reines Abwicklungskonto keinen aufzuteilenden Gewinn ausgewiesen.

Das im Umfang der Abweisung eines Teilbegehrens von 24.639,50 EUR samt Zinsen angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision zu.

Es bejahte in den Gründen die amtswegig geprüfte Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs: § 838a ABGB sei nicht anwendbar, weil sich der Kläger auf Bereicherungsrecht (§ 1041 ABGB) stütze. Inhaltlich sei ein solcher Anspruch aber ausgeschlossen, wenn die Vermögensverschiebung gerechtfertigt sei. Diese sei hier in zweifacher Weise gegeben. Zum einen habe die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zum Erlöschen der Forderungen aus den Kreditverträgen geführt. Hätten Absonderungsgläubiger auch eine persönliche Forderung gegen den Schuldner, stehe ihnen diese Forderung bis zur Befriedigung aus der Pfandsache in voller Höhe zu. Zum anderen finde die Bedienung der Hypothekarkredite ihre Rechtfertigung in der gemeinschaftlichen Verwaltung der im Miteigentum stehenden Liegenschaft. Der Beklagte sei als Verwalter der Liegenschaft nicht verpflichtet gewesen, Rückzahlungen des Hypothekarkredits zu stoppen oder aus eigenen Mitteln vorzunehmen. Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, inwieweit die Gemeinschaft des Eigentums und daraus resultierende Ansprüche Bereicherungsansprüchen entgegenstünden.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Klägers ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu Ansprüchen des Insolvenzverwalters gegen den faktischen Verwalter einer im Miteigentum des Insolvenzschuldners stehenden Liegenschaft fehlt. Sie ist im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Der Beklagte war grundsätzlich verpflichtet, die auf den Anteil des Insolvenzschuldners entfallenden Mieten an den Kläger herauszugeben.

1.1. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Beklagte als alleiniger Kontoinhaber mit Zustimmung des (späteren) Insolvenzschuldners die gesamten Mieteingänge entgegennahm und darüber durch Bezahlung der Betriebskosten und von Kreditraten verfügte. Damit war er jedenfalls insofern Machthaber des (späteren) Insolvenzschuldners. Ob er darüber hinaus auch Verwalter der Liegenschaft iSv § 837 ABGB war, kann offen bleiben.

1.2. Die insofern bestehende Vollmacht erlosch nach § 1024 ABGB mit Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens (P. Bydlinski in KBB5 § 1024 Rz 1; Apathy in Schwimann/Kodek 4 § 1024 Rz 1). Gleiches galt nach § 26 Abs 1 IO für einen im Innenverhältnis bestehenden Auftrag. Damit war der Beklagte weder im Innen- noch im Außenverhältnis befugt, den auf den Schuldner entfallenden Teil der Miete entgegenzunehmen und damit Zahlungen zu leisten. Er war den Mietern gegenüber daher bloßer Scheingläubiger.

1.3. Den Mietern war diese Rechtsfolge offenkundig nicht bekannt. Ihr Vertrauen auf die bestehende Vollmacht ist nach § 1026 ABGB geschützt, wenn ihnen deren Wegfall „ohne Verschulden“ unbekannt war. Diese Bestimmung ist auch im Fall des § 1024 ABGB anwendbar; sie ist gegenüber § 3 Abs 2 IO die speziellere Norm (4 Ob 276/97k SZ 70/224; RS0108795). Für die Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs kann allerdings die Rechtsprechung zur letztgenannten Bestimmung herangezogen werden. Während dieser Maßstab für Unternehmen, insbesondere Banken, streng ist (9 Ob 2009/96y, 4 Ob 65/01i SZ 74/64; vgl auch 2 Ob 4/11v), darf er bei Nichtunternehmern nicht überspannt werden (4 Ob 276/97k). Auf dieser Grundlage kann den Mietern im vorliegenden Fall nicht vorgeworfen werden, dass ihnen – selbst wenn sie vom Schuldenregulierungsverfahren gewusst haben sollten – die Rechtsfolge des § 1024 ABGB unbekannt war. Die Mieter haben daher schuldbefreiend geleistet.

1.4. Auf dieser Grundlage war der Beklagte verpflichtet, die auf den Anteil des Gemeinschuldners entfallenden Mieten dem Kläger herauszugeben. Grundlage ist § 1041 ABGB: Wegen des Erlöschens der Vollmacht gab es keinen Rechtsgrund für die Zahlung dieses Anteils an den Mieten auf sein Konto. Schon durch das Einziehen dieser Mietanteile war der Beklagte daher bereichert (5 Ob 525/94 SZ 67/79; RS0019960). Dabei kann offen bleiben, ob der Gläubiger im Allgemeinen die Zahlung des Schuldners (hier der Mieter) an den Scheingläubiger (hier an den Beklagten) genehmigen muss, um gegen diesen den Anspruch nach § 1041 ABGB geltend machen zu können (2 Ob 207/12y ÖBA 2014/2014 [Apathy] mwN). Denn die Tilgungswirkung dieser Zahlung ergibt sich, wie oben dargestellt, schon aus § 1026 ABGB.

1.5. Der Bereicherungsanspruch nach § 1041 ABGB verjährt in 30 Jahren, sofern – wie im vorliegenden Fall – keine Leistung oder Lieferung im geschäftlichen Betrieb vorliegt (RS0020167 [T14]; zuletzt etwa 2 Ob 102/18s).

2. Der Kläger begehrt nicht die gesamten anteiligen Mieten, sondern zieht die vom Beklagten gezahlten Betriebskosten anteilig ab. Das ist folgerichtig, hat der Beklagte damit doch Masseforderungen getilgt, die sonst in gleicher Weise vom Kläger zu erfüllen gewesen wären. Insofern hat der Beklagte daher ohne Auftrag Geschäfte zum Nutzen des Klägers geführt, was – soweit nicht ohnehin eine Genehmigung der Rückzahlungen vorliegt (unten Punkt 3.) – einen Anspruch nach § 1037 ABGB begründete. Das Nichtgeltendmachen dieser Beträge kann als außergerichtliche Aufrechnung des Klägers gegen die Aufwandersatzforderung des Beklagten verstanden werden.

3. Aus dem Verhalten des Klägers könnte eine Genehmigung auch der Kreditrückzahlung abgeleitet werden. Ob das zutrifft, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden.

3.1. Der Beklagte hat behauptet, dass der Kläger von Anfang an Kenntnis vom Konto und von den davon geleisteten Zahlungen hatte. Das liegt durchaus nahe, musste der Kläger als Masseverwalter doch wissen, dass die Wohnungen der gemeinsamen Liegenschaft vermietet waren. Hätte der Kläger die Zahlungen dennoch geduldet, wäre nach §§ 1019, 863 ABGB von einer konkludenten Genehmigung auszugehen. Da der Kläger als Masseverwalter verpflichtet war, sich um die ordnungsgemäße Verwendung der in die Masse fallenden Mietzinsanteile zu kümmern, hätte der Beklagte aus einer solchen Duldung zweifellos das Einverständnis des Klägers mit seinem Vorgehen ableiten können.

3.2. Der Kläger hat allerdings behauptet, dass er den Beklagten mehrfach zur Herausgabe der Mietzinse aufgefordert habe. In diesem Fall hätte der Beklagte nicht auf die Zustimmung des Klägers vertrauen dürfen. Die Vorinstanzen haben dazu – aufgrund ihrer vom Senat nicht geteilten Auffassung, dass der Anspruch des Klägers von vornherein nicht bestehe – keine Feststellungen getroffen. Das führt, soweit noch nicht Rechtskraft eingetreten ist, zur Aufhebung in die erste Instanz. Sollte der Beklagte dort einen Sachverhalt beweisen können, aufgrund dessen er auf eine Zustimmung des Klägers zur Mittelverwendung vertrauen durfte, wäre die Klage abzuweisen.

4. Ansonsten wäre der Klage stattzugeben. Denn auf die Rückführung der Kredite als solche kann sich der Beklagte aus folgenden Gründen nicht berufen.

4.1. Voraussetzung für einen insofern bestehenden Anspruch nach § 1037 ABGB wäre der klare und überwiegende Nutzen des Klägers. Bei der Beurteilung dieser Frage ist ein strenger Maßstab anzulegen (RS0019869); dem Geschäftsherrn dürfen nicht Vorteile aufgedrängt werden, die er nach seinen persönlichen Verhältnissen als Nachteil empfindet (3 Ob 135/99w); eine Bereicherung muss bei vernünftiger Beurteilung dem erkennbaren (mutmaßlichen) Willen des Geschäftsherrn und seinen Interessen entsprechen (7 Ob 24/87 SZ 60/100; RS0019862).

4.2. Ein solcher Fall liegt zwar vor, wenn der Geschäftsführer eine Schuld tilgt, die der Geschäftsherr in gleicher Weise hätte tilgen müssen. Das trifft hier, wie bereits erörtert, bei den Betriebskosten zu (oben 3.). Hingegen ist der klare Nutzen der Kreditrückzahlungen als solcher nicht zu erkennen. Das Pfandrecht der Gläubiger erstreckt sich nicht auf die Zivilfrüchte, insbesondere nicht auf Mietzinse (RS0112604; 2 Ob 142/07g SZ 2008/72; zuletzt etwa 7 Ob 59/12w). Der Kläger hätte die Mietzinse daher nicht zur Befriedigung der Absonderungsgläubiger verwenden dürfen, sondern in die allgemeine Masse einbeziehen müssen. Damit entsprach die Vorgangsweise des Beklagten nicht den – durch die Rechtsordnung vorgegebenen – Interessen des Klägers. Ein Aufwandersatzanspruch nach § 1037 ABGB ist unter diesen Umständen zu verneinen. Ein konkretes Vorbringen zu einer Bereicherung (auch) der allgemeinen Masse (§ 1042 ABGB) hat der Beklagte nicht erstattet.

4.3. Das gilt umso mehr bei der Rückzahlung der Forderung der kontoführenden Sparkasse. Denn hier führte die Zahlung nicht zur Befriedigung eines Absonderungsrechts, da die offene Forderung den pfandrechtlich sichergestellten Höchstbetrag weit überschritt. Die kontoführende Sparkasse war daher insofern als bloße Insolvenzgläubigerin zu behandeln. Daher greift § 18 Abs 1 IO: Haften dem Gläubiger mehrere Personen für dieselbe Forderung zur ungeteilten Hand, so kann der Gläubiger bis zu seiner vollen Befriedigung gegen jeden Schuldner, der sich im Insolvenzverfahren befindet, den ganzen Betrag der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch ausständigen Forderung geltend machen. Bloße Teilzahlungen des Solidarschuldners ändern daher nichts daran, dass im Insolvenzverfahren bis zur vollen Befriedigung die gesamte bei Insolvenzeröffnung offene Forderung maßgebend ist (Gamerith in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht I4 [2000] § 18 KO Rz 2 f; RS0064200). Die Sparkasse konnte daher trotz der Teilzahlungen die gesamte bei Insolvenzeröffnung fällige Forderung anmelden. Ein durch die Teilzahlungen entstandener Nutzen des Klägers ist insofern in keiner Weise zu erkennen.

4.4. Die Zessionen an die kontoführende Sparkasse waren Sicherungszessionen, die mangels Publizitätsakts unwirksam sind.

(a) Die Vollzession unterscheidet sich von der Sicherungszession dadurch, dass letztere nur im Außenverhältnis ein Vollrecht begründet. Im Innenverhältnis ist der Zessionar verpflichtet, über die Forderung nur nach Maßgabe der Sicherungsabrede zu verfügen. Er erwirbt also die Forderung unter der obligatorischen Bindung, sie nur bei Zahlungsverzug seines Schuldners einzuziehen und sich aus dem Erlös zu befriedigen (Neumayr in KBB5 § 1392 Rz 7; Heidinger in Schwimann/Kodek 4 § 1392 Rz 38 f; 3 Ob 246/09m SZ 2010/25 = ÖBA 2010/1669 [Bollenberger] mwN). Das kann auch dann zutreffen, wenn die Zession an einen Kreditgeber zahlungshalber erfolgt, der Zessionar also befugt ist, eingehende Zahlungen unmittelbar zur Kredittilgung zu verwenden (1 Ob 406/97f SZ 71/154; 7 Ob 13/09a). In diesem Fall ist entscheidend, ob der Sicherungszweck gegenüber dem Zahlungszweck im Vordergrund steht (3 Ob 246/09m).

(b) Bei einer nicht offen gelegten Abtretung von Mietzinszahlungen an das kontoführende Kreditinstitut wird ein Überwiegen des Sicherungszwecks jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn – wie hier – aus den Mietzinsen auch andere Kreditforderungen zu begleichen sind. Denn in diesem Fall ist offenkundig, dass die Kreditrückführung in erster Linie Sache des Kontoinhabers (Zedenten) ist und nicht eine unmittelbare Schuldtilgung erfolgen soll. Damit dient die Zession aber in erster Linie der Sicherung des Kredits, nicht der Tilgung konkreter Darlehensraten; die Mieter zahlen an den Vermieter, nicht an dessen Kreditgeber.

(c) Die Zession wäre daher jedenfalls nur dann wirksam gewesen, wenn ein Publizitätsakt – Buchvermerk oder Verständigung des Drittschuldners – gesetzt wurde (6 Ob 116/05k SZ 2006/180 = ÖBA 2007/1433 [Riedler]; RS0032643). Eine Verständigung der Mieter unterblieb. Dass Buchvermerke gesetzt worden wären, hat der Beklagte nicht behauptet; zudem ist aus der Feststellung, dass die Zessionen „nicht offen gelegt“ wurden, abzuleiten, dass keine solchen Vermerke erfolgten. Damit sind die Zessionen unwirksam. Es kann daher offen bleiben, ob die Mietobjekte nicht ohnehin in den Vollanwendungsbereich des MRG fallen, sodass sich die Unwirksamkeit einer Abtretung auch aus § 42 Abs 2 MRG ergäbe, und ob eine allenfalls wirksame Sicherungszession – im Sinn der jüngeren Rechtsprechung (6 Ob 116/05k; 10 Ob 29/07y; zuletzt 9 Ob 9/18s) – auch Forderungen erfasste, die schon vor Insolvenzeröffnung grundgelegt waren, aber erst danach aufgrund einer Leistung durch die Masse (hier durch die Gebrauchsüberlassung aufgrund des Mietvertrags) fällig und werthaltig wurden (vgl dazu die kritische Anmerkung von Weber‑Wilfert, ZIK 2019/6).

5. Im fortgesetzten Verfahren ist daher ausschließlich die Frage der (konkludenten) Genehmigung der Vorgangweise des Beklagten zu prüfen (oben 3.). Wird sie verneint, wäre der Klage stattzugeben.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 Satz 3 ZPO.

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