OGH 7Ob130/18w

OGH7Ob130/18w20.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. D***** T*****, vertreten durch Dr. Robert Mogy, Rechtsanwalt in Klagenfurt, und dessen Nebenintervenientin A***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Hannes Arneitz und Mag. Eva Dohr Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei Z***** AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen 20.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 12. April 2018, GZ 4 R 7/18h‑38, mit dem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. November 2017, GZ 27 Cg 58/15f‑32, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00130.18W.0320.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die I***** ist ein Zusammenschluss von ca 100 Maklerunternehmen. Teilnehmende Makler-unternehmen, wie die Nebenintervenientin, bekommen aufgrund dieser Teilnahme von den kooperierenden Versicherern, wie der Beklagten, Sondervereinbarungen, Sonderbedingungen und Sonderklauseln.

Die Nebenintervenientin hat mit der Beklagten einen Kooperationsvertrag abgeschlossen, der die Zusammenarbeit und die Provision regelt. Die Nebenintervenientin ist von der Beklagten zur Vermittlung von Versicherungen ermächtigt; die Annahme des jeweiligen Versicherungsvertrags obliegt der Beklagten. Die Kooperationsvereinbarung beinhaltet keine Verpflichtung für den Makler, eine Versicherung bei der Beklagten abzuschließen und sie enthält auch kein bestimmtes Umsatzvolumen. Die Beklagte ist eine der großen Kooperationspartner der Nebenintervenientin mit etwa 10 bis 20 % am gesamten Provisionsumsatz.

Im Zuge des Abschlusses der Rahmenvereinbarung wird zur inhaltlichen Gestaltung des Offerts und des Antragsformulars vom Makler einmal ein Vorschlag erstellt und die Versicherung erklärt, ob dieser in Ordnung oder eine Änderung erforderlich ist. Anhand dessen werden dann die Formulare erstellt und vom Makler verwendet. Auf den Antragsformularen (mit dem Logo des I*****) ist für Produkte der Beklagten auch deren Logo aufgedruckt. Die Fragen im Versicherungsantrag werden vom Versicherer vorgegeben.

Die Nebenintervenientin lässt sich vom jeweiligen Versicherungsnehmer eine Vollmacht geben und kann dann in dessen Auftrag Versicherungsverträge abschließen. Der Kläger hat der Nebenintervenientin am 7. 1. 2009 eine Vollmacht erteilt und zwar „im Rahmen der Gewerbeberechtigung für Versicherungsmakler“ zur „alleinigen Vertretung in sämtlichen Versicherungs-angelegenheiten“. Aufgrund dieser Vollmacht war dem Kläger, er ist Steuerberater, klar, dass die Nebenintervenientin eine Versicherungsmaklerin ist. Den Kontakt zum Kläger pflegte der Versicherungsmakler R***** W***** (fortan: Betreuer), ein Kooperationspartner der Nebenintervenientin, der den Kläger seit 2009 auch im Kontakt mit anderen Versicherern betreute.

Der Kläger ist seit 2004 Eigentümer einer Liegenschaft samt Altbau in K*****, die bei einem anderen Versicherer versichert war. Sein Betreuer sprach den Kläger im Sommer 2013 auf einen Versicherungswechsel an und besichtigte im Juli 2013 auch die Liegenschaft. Damals schien dem Betreuer die Beklagte die besten Konditionen zu bieten, weshalb er dem Kläger ein Offert (mit Logo des I***** und der Beklagten) mit dem Produkt der Beklagten „I***** Immobilienschutz“ vorlegte, in dem (ua) eine Feuerversicherung enthalten war. Der Kläger war mit diesem Produkt einverstanden. Der Betreuer fragte seinerzeit den Kläger auch, ob das Objekt bewohnt sei, was dieser damals– den Tatsachen entsprechend – bejahte.

Am 19. 11. 2013 wurden die seinerzeitigen Bewohner des Objekts des Klägers delogiert. Seither stand das Gebäude leer. Im Dezember 2013 fand ein Einbruchsdiebstahl statt, den der Kläger bei der Polizei und seinem Betreuer anzeigte. Der Kläger nahm seinen Betreuer an Ort und Stelle mit, wo für diesen augenscheinlich und klar war, dass das Haus damals unbewohnt war.

Der Betreuer des Klägers wartete die nächste Möglichkeit der Kündigung der früheren Gebäudeversicherung ab, weshalb er den Versicherungsantrag an die Beklagte erst am 12. 2. 2014 übermittelte. Bis dahin hat der Betreuer beim Kläger nicht rückgefragt, ob sich hinsichtlich seiner früheren Angaben zur Versicherung etwas geändert habe. Das Antragsformular füllte der Betreuer alleine aus, wozu er die Daten des Vorvertrags verwendete. Unter dem Punkt „Risikodaten“ kreuzte er zur Frage „Das/die versicherte(n) Gebäude ist (sind) ständig bewohnt?“ „Ja“ an. Der Versicherungsantrag (mit dem Logo I***** und jenem der Beklagten) enthält den Hinweis: „Die Versicherungsmaklerin/der Versicherungsmakler agiert primär als Ihr Vertreter und ist verpflichtet, ihren Aufträgen nachzukommen und dabei Ihre Interessen zu wahren.“ Der Betreuer unterfertigte den Antrag mit der Firmenstampiglie der Nebenintervenientin zweifach als „Berater“ sowie für den „Versicherungsnehmer“ und übermittelte den Antrag samt der vom Kläger der Nebenintervenientin erteilten Vollmacht und dem Offert an die Beklagte.

Die Beklagte nahm den Antrag an und stellte am 3. 3. 2014 die Versicherungspolizze aus, die (ua) die Sparte Feuerversicherung umfasst. Die Polizze enthält den Hinweis: „Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre Betreuerin/Ihren Betreuer bzw. an Ihre Kundenservicestelle.“ Vertragsgrundlagen, die auch bereits im Offert ausgewiesen waren, sind (ua):

Besondere Bedingung 850‑2

Maklerklausel

Der gesamte Geschäftsverkehr im Zusammenhang mit gegenständlichem Vertrag wird mit der (Nebenintervenientin) abgewickelt. Anzeigen und Erklärungen des Versicherungsnehmers gelten dem Versicherer als zugegangen, wenn diese bei der (Nebenintervenientin) eingelangt sind. Der Makler ist zu deren unverzüglicher Weiterleitung an den Versicherer verpflichtet. Versicherungsanträge sowie Anzeigen oder Willenserklärungen des Versicherungsnehmers, die ein Versicherungsverhältnis begründen oder den Deckungsumfang eines bestehenden Versicherungsverhältnisses erweitern sollen, gelten jedoch erst mit ihrem tatsächlichen Eingang beim Versicherer als diesem zugegangen.“

„Besondere Bedingung 853‑1

Anerkennung

Der Versicherer erkennt an, dass ihm beim Abschluss des Vertrages alle Umstände bekannt waren, die für die Beurteilung des Risikos erheblich sind, es sei denn, dass irgendwelche Umstände arglistig verschwiegen wurden. Die Verpflichtung des Versicherungsnehmers, nachträglich eintretende Gefahrenerhöhungen gemäß § 23 und § 27 VersVG anzuzeigen, bleibt unberührt.“

„Besondere Bedingung 854‑1

Gefahrenerhöhung (Versehensklausel) – Anzeige von Gefahrenerhöhungen bei Bestehen einer Versicherungsabteilung

1. Der Versicherungsnehmer wird sein Aufsichtspersonal zur laufenden Überprüfung der Gefahrenumstände auf dem Versicherungsgrundstück verpflichten und Gefahrenerhöhungen nach Art 2 ABS rechtzeitig anzeigen. Dies gilt auch für Gefahrenerhöhungen, die sich aus der Änderung bestehender oder der Aufnahme neuer Betriebszweige ergeben. (...)

2. Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht, so bleibt gleichwohl die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung bestehen, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Bleibt seine Verpflichtung hiernach bestehen, so gebührt ihm rückwirkend vom Tage der Gefahrenerhöhung an, die etwa erforderliche höhere Prämie. […].“

„Bei der Beklagten gibt es keine unterschiedlichen Bedingungen, ob das Gebäude leerstehend oder ob es bewohnt ist. Es steht nicht fest, dass die Beklagte den Versicherungsantrag abgelehnt hätte, wenn darin die Frage nach der Bewohnung des Gebäudes mit 'Nein' beantwortet und das Objekt als leerstehend angegeben worden wäre.“

Der Kläger und dessen Vater kontrollierten die versicherte Liegenschaft regelmäßig im Schnitt zwei Mal pro Monat. Nach der Delogierung und seit der Polizzierung der Versicherung durch die Beklagte war es zwei bis drei Mal der Fall, dass Personen in das Haus eindrangen. Sobald der Kläger davon erfuhr, versperrte er das Haus wieder und entfernte zurückgelassene Kleidung und Matratzen. Über solche Vorfälle hat der Kläger immer wieder mit seinem Betreuer gesprochen, der dann auch vor Ort war und sich die Situation ansah.

Am 16. 4. 2015 kam es im versicherten Objekt zu einem Brand, wodurch das Wohnhaus im Dachstuhlbereich schwer beschädigt wurde und das Nebengebäude abbrannte. Aufgrund der Verwendung von Brandbeschleunigern ging die Staatsanwaltschaft von Brandstiftung aus.

Die Beklagte erklärte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag mit dem Hinweis, sie habe davon Kenntnis erlangt, dass das Objekt entgegen der Angabe im Versicherungsantrag nicht ständig bewohnt gewesen sei.

Der Kläger hat für die Sanierung des Objekts 25.000 bis 30.000 EUR aufgewendet.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von 20.000 EUR sA und hilfsweise die Feststellung, dass der Rücktritt der Beklagten nicht zu Recht erfolgt sei. Er brachte vor, dass er alle Obliegenheiten erfüllt habe. Ob das Gebäude bewohnt sei oder nicht, sei nicht risikorelevant. Die Beklagte biete Versicherungen für bewohnte und unbewohnte Gebäude zu denselben Bedingungen an. Die Beklagte belasse den Mitgliedern des I***** im Rahmen des Formularwesens ihr Logo und weise in der Polizze die Nebenintervenientin als Betreuerin aus. Der Betreuer sei daher der Beklagten als Quasi-Makler zuzurechnen und deshalb sei deren Rücktritt unberechtigt. Die Beklagte anerkenne zudem ausdrücklich, dass ihr alle Umstände bekannt seien, die für die Beurteilung des Risikos maßgeblich seien. Eine Gefahrenerhöhung habe der Kläger nicht vorgenommen und der Umstand, dass das Objekt unbewohnt gewesen sei, sei für die Entstehung des Brandes nicht ursächlich gewesen.

Die Nebenintervenientin des Klägers brachte vor, dass sie sämtliche Erklärungen zur Nutzung des Objekts vom Kläger übernommen habe. Einen allenfalls berechtigten Vertragsrücktritt der Beklagten habe die Nebenintervenientin nicht zu vertreten. Sämtliche Risikodaten hätten ungeachtet, ob diese mit „Ja“ oder „Nein“ angekreuzt werden, keinen Einfluss auf die Annahme des Versicherungsantrags. Eine allfällige Gefahrenerhöhung habe den Schaden nicht beeinflusst und den Kläger treffe daran kein Verschulden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren und wandte ein, dass der Kläger seine vorvertragliche Anzeigeobliegenheit verletzt habe, indem er wahrheitswidrig angegeben habe, das Objekt sei bewohnt. Der Kläger müsse sich die Äußerungen seines Versicherungsmaklers zurechnen lassen. Die branchenübliche Anerkennungsklausel diene nicht dazu, ausdrücklich unrichtige Angaben nach konkret erfragten Umständen sanktionslos zu stellen. Von der Klausel seien nur nicht erfragte und damit unvollständig gebliebene Umstände umfasst. Ein leerstehendes Objekt versichere die Beklagte in der Regel nicht, weil die Leerstehung die Gefahr des Eindringens fremder Personen und der Brandstiftung erhöhe. Da der Kläger die Beklagte auch nach Abschluss des Versicherungsvertrags nicht davon informiert habe, dass das Nebengebäude über einen längeren Zeitraum unversperrt gewesen sei und unbekannte Personen das Objekt benützt hätten, habe der Kläger eine Gefahrenerhöhung geschaffen.

Das Erstgericht gab – auf der Grundlage des eingangs zusammengefassten Sachverhalts – dem Hauptbegehren statt und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 20.000 EUR sA. Es führte rechtlich aus, dass der Kläger gegenüber dem als (Anscheins‑)Agenten zu qualifizierenden Betreuer nichts verschwiegen oder verheimlicht habe. Zum Zeitpunkt der Einreichung des Versicherungsantrags sei der im Hinblick auf die Maklerklausel der Beklagten zuzurechnende Betreuer über den maßgeblichen Sachverhalt informiert gewesen. Überdies habe die Beklagte mit der Anerkennungsklausel die alleinige Umschreibung des Risikos übernommen und daher den Kläger von allen Risikoangaben (ausgenommen arglistig verschwiegene Umstände) befreit, sodass dem Kläger keine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflichten zur Last gelegt werden könne. Zu einer Gefahrenerhöhung nach Abschluss des Versicherungsvertrags sei es nicht gekommen und über seither eingetretene Umstände sei der Betreuer informiert gewesen. Der Rücktritt der Beklagten sei somit nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, dass sich die Beklagte durch die Anerkennungsklausel der Möglichkeit begeben habe, eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht einzuwenden, soweit nicht Arglist des Versicherungsnehmers vorliege, wofür sich jedoch keine Anhaltspunkte ergeben hätten. Die Frage, ob der Betreuer bei Antragstellung als (Wissens‑)Erklärungsvertreter des Klägers oder des Versicherers anzusehen sei, könne daher dahingestellt bleiben. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei das Objekt bereits unbewohnt gewesen und insoweit keine Gefahrenerhöhung erfolgt. Jedenfalls ab Zusendung der Polizze sei der Betreuer im Verhältnis zum Kläger zumindest als Anscheinsagent zu behandeln und auch aus der Maklerklausel ergebe sich, dass der Kenntnisstand des Betreuers ab Vertragsabschluss der Beklagten zuzurechnen sei. Der Kläger habe jedenfalls nicht grob fahrlässig gehandelt. Die Stattgebung des Zahlungsbegehrens sei demnach zutreffend.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Auslegung einer Anerkennungsklausel für den Fall, dass die Versicherung dennoch konkrete Fragen zum Risiko stelle, sowie gegebenenfalls zur Frage der Wissenszurechung eines Anscheinsagenten, der den Versicherungsantrag als Vertreter des Versicherungsnehmers unterfertige, noch keine hinreichende höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise stellt die Beklagte auch einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger und dessen Nebenintervenientin erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung jeweils mit den Anträgen, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise dieser keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und in ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

A. Auslegung

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 ff ABGB) auszulegen. Die Auslegung hat sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (RIS‑Justiz RS0050063). Die einzelnen Klauseln der Versicherungsbedingungen sind, wenn – wie hier – über ihren Inhalt nicht näher gesprochen wurde, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RIS‑Justiz RS0008901).

B. Anerkennungsklausel

1. Der Fachsenat hat in 7 Ob 301/02v zu einer sinngleichen Klausel ausgeführt, dass damit der Versicherer die alleinige Umschreibung des Risikos übernimmt, sodass der Versicherungsnehmer von allen Angaben dazu (ausgenommen arglistig verschwiegene Umstände) befreit ist.

2.  Zu 7 Ob 34/16z (= ecolex 2017/179 [ Ertl ]) hatte die übliche Anerkennungsklausel den zusätzlichen Inhalt: „Unbeabsichtigte Fehler beim Abschluss des Versicherungsvertrages, etwa versehentlich unterbliebene Anzeigen oder Anmeldungen, beeinträchtigen die Ersatzpflicht nicht, sie sind jedoch nach Bekanntwerden unverzüglich zu berichtigen.“ Dort galt es die fragliche Arglist eines nicht bekannt gegebenen, aber auch nicht nachgefragten Gefahrenumstands zu prüfen.

3. Es kann hier dahingestellt bleiben, in welchem Umfang die der Umschreibung des Risikos dienende Anerkennungsklausel die spontane Anzeigeobliegenheit im Sinn des § 16 Abs 1 VersVG einschränkt, weil hier die Beklagte unter „Risikodaten“ ausdrücklich nachgefragt hat, ob das versicherte Gebäude ständig bewohnt ist. Diese Frage war im Versicherungsantrag mit „Ja“ beantwortet, obwohl dies zum Zeitpunkt der Übermittlung des Antrags an die Beklagte unstrittig nicht (mehr) der Fall war. Es lag somit– bezogen auf den Antragszeitpunkt – eine falsche Anzeige eines Umstands vor, nach dem der Versicherer ausdrücklich und genau umschrieben gefragt hat.

4. Zunächst wird schon aufgrund der Einschränkung der Anerkennungsklausel für den Fall der arglistigen Verschweigung deutlich, dass die Klausel vom Versicherungsnehmer nicht bekannt gegebene (arg: „verschwiegen“), nicht aber von vornherein auch ausdrücklich nachgefragte Umstände betrifft. In dem der Versicherer ausdrücklich und genau umschrieben bestimmte Gefahrenumstände erfragt, macht er gerade deutlich, dass ihm diese nicht bekannt sind, er sie aber für risikorelevant hält und deshalb deren Bekanntgabe anstrebt. Die Anerkennungsklausel kann dann schon nach ihrem Wortlaut und dem für einen verständigen Versicherungsnehmer erkennbaren Sinn jedenfalls nicht so verstanden werden, dass sie auch die falsche Beantwortung von ausdrücklichen und genau umschriebenen Fragen, die eine unzweifelhafte und klare Beantwortung erlauben, wie jene nach dem Bewohnen eines Objekts, abdeckt. Bei einer Anerkennungsklausel mit dem vorliegenden Inhalt bleibt es daher für solcherart nachgefragte Gefahrenumstände jedenfalls bei der gesetzlichen Regelung: Wenn – wie hier – ausdrücklich und ausreichend genau umschrieben gefragt wurde, dann tritt nicht die Rechtsfolge des § 18 VersVG (Rücktritt nur im Fall arglistiger Verschweigung) ein; vielmehr bleibt es bei der allgemeinen Rücktrittsregelung des § 16 VersVG (7 Ob 117/18h; 7 Ob 209/16k).

5. Als Zwischenergebnis folgt daraus, dass allein die Anerkennungsklausel keine Grundlage dafür bietet, wegen der falschen Beantwortung der Frage, ob das versicherte Gebäude ständig bewohnt ist, der Beklagten die Berufung auf ihre Leistungsfreiheit zu versagen.

C. Nebenintervenientin als Anscheinsagent

1. Das Erstgericht, der Kläger und die Nebenintervenientin gehen davon aus, dass das Wissen des Betreuers (der Nebenintervenientin) wegen seiner angeblichen Eigenschaft als Anscheinsagent bereits vor Zustandekommen des Versicherungsvertrags der Beklagten zuzurechnen sei. Für diese Rechtsansicht wird insbesondere die Entscheidung des Fachsenats zu 7 Ob 58/09v (= EvBl 2009/122) ins Treffen geführt.

2. In der Entscheidung 7 Ob 58/09v war das Vorliegen des Wahlgerichtsstands des § 48 Abs 1 VersVG zu klären. Der Fachsenat hat dort im Zusammenhang mit der Entscheidung des BGH IV ZR 15/99 (= VersR 1999, 1481 = NVersZ 2000, 124) ausdrücklich betont, dass das gewonnene Ergebnis für eine Zuständigkeitsfrage nicht mit einem Fall vergleichbar sei, in dem es – wie hier – um die Frage der Wissenszurechnung bei einem Versicherungsmakler gehe. Aus besagter Vorentscheidung lassen sich daher für den vorliegenden Fall keine Schlussfolgerungen für die Qualifikation der Nebenintervenientin als Anscheinsagentin ziehen.

3. Es mag nun zutreffen, dass auch ein Versicherungsmakler nicht nur Vertreter des Versicherungsnehmers, sondern auch Versicherungsagent im Sinn des § 43 Abs 1 VersVG aF (RIS‑Justiz RS0080382) oder ein Pseudomakler nach § 43a VersVG aF (7 Ob 58/09v) sein kann. Daraus allein folgt aber noch nicht, dass dessen Wissen (jedenfalls) dem Versicherer zuzurechnen ist. Entscheidend ist in diesem Kontext, in welcher Funktion der Versicherungsmakler aufgetreten ist. Die Kenntnisse des Versicherungsmaklers sind nämlich dann nicht dem Versicherer zuzurechnen, wenn der Versicherungsmakler gerade in seiner Funktion als Vertreter des Versicherungsnehmers auftritt, also gleichsam im Lager des Antragstellers und nicht in dem des Versicherers steht (BGH IV ZR 15/99 = VersR 1999, 1481 = NVersZ 2000, 124; BGH IV ZR 235/00 = VersR 2001, 1498; BGH IV ZR 330/06; Dörner in Prösls/Martin 30 § 70 VVG Rn 4). Gerade eine solche Konstellation lag hier vor:

4. Der Kläger hat seinem Betreuer (der Nebenintervenientin) in dessen (deren) Funktion als Versicherungsmakler bereits 2009 eine Vollmacht zum Abschluss von Versicherungsverträgen erteilt. Der Betreuer hatte die Aufgabe eine günstigere Versicherung für das Objekt des Klägers zu finden. Dass der Betreuer dem Kläger zu diesem Zweck (ein) Offert(e) von Versicherungen (auch mit deren Logo) vorgelegt hat, ist geradezu typische Aufgabe (auch) eines Versicherungsmaklers. Der Betreuer hat den Versicherungsantrag für den Kläger ausgefüllt, diesen auch für den Kläger unterfertigt und unter Anschluss der vom Kläger unterschriebenen Vollmacht der Beklagten übermittelt. Beim Abschluss dieses Versicherungsvertrags lag somit eine allen Beteiligten klare Rollenverteilung in dem Sinn vor, dass der Betreuer der Beklagten den Versicherungsantrag in seiner Eigenschaft als Versicherungsmakler und demnach als Vertreter des Klägers stellte und den Fragebogen für diesen ausfüllte. Die zu diesem Zeitpunkt falsche Beantwortung der Frage durch den Betreuer, ob das versicherte Gebäude ständig bewohnt ist, ist daher dem Kläger zuzurechnen.

5. Die im Versicherungsvertrag enthaltene Maklerklausel ist erst mit Vertragsabschluss wirksam geworden und erstreckte sich im Übrigen nicht auf Willenserklärungen des Versicherungsnehmers, die ein Versicherungsverhältnis begründen. Auch aufgrund der Maklerklausel können daher die Mitteilungen des Klägers an seinen Betreuer vor dem Zustandekommen des Versicherungsvertrags nicht als Wissen der Beklagten zugerechnet werden.

6. Als weiteres Zwischenergebnis folgt, dass die zur Zeit der Übermittlung des Versicherungsantrags an die Beklagte falsche Beantwortung der Frage, ob das versicherte Gebäude ständig bewohnt ist, dem Kläger zuzurechnen ist.

D. Erheblichkeit des Gefahrenumstands

1. Nach den §§ 16 ff VersVG sind nur jene Gefahrenumstände beachtlich, die erheblich sind. Erheblich sind solche Gefahrenumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bestimmungen abzuschließen, einen Einfluss auszuüben (vgl RIS‑Justiz RS0080637). Ein Umstand, nach welchem der Versicherer – wie hier – ausdrücklich und in geschriebener Form gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich (vgl RIS‑Justiz RS0080628). Es ist der Versicherte dafür beweispflichtig, dass auch die richtige Beantwortung der an ihn gestellten Frage nicht geeignet gewesen wäre, den Entschluss des Versicherers zum Vertragsabschluss in irgend einer Weise zu beeinflussen (RIS‑Justiz RS0080787).

2. Das Erstgericht hat offenbar in Verkennung der zuvor beschriebenen Beweispflicht lediglich festgestellt, dass es bei der Beklagten „keine unterschiedlichen Bedingungen“ gebe, je nach dem ob das Gebäude leerstehend oder ob es bewohnt ist. Es stehe auch nicht fest, dass die Beklagte den Versicherungsantrag abgelehnt hätte, wenn darin die Frage nach der Bewohnung des Gebäudes mit „Nein“ beantwortet und das Objekt als leerstehend angegeben worden wäre. Auf der Grundlage dieser Feststellungen lässt sich die vom Kläger sinngemäß erhobene und in den Revisionsbeantwortungen noch erkennbar angesprochene Behauptung, die richtige Beantwortung nach dem Bewohnen/Leerstehen des versicherten Objekts wäre nicht geeignet gewesen, den Entschluss des Versicherers zum Vertragsabschluss zu beeinflussen, nicht klären. Seiner Beweispflicht kann der Kläger in diesem Punkt nur dann entsprechen, wenn er nachweist, dass die Beklagte – obwohl ausdrücklich unter „Risikodaten“ abgefragt – selbst bei Kenntnis der Tatsache, dass das Objekt nicht ständig bewohnt ist, den Versicherungsvertrag konkret für dieses Objekt zu den selben Konditionen, also nicht nur mit den selben „Bedingungen“, sondern auch mit dem selben Tarif, abgeschlossen hätte. Dass dies der Fall gewesen wäre, kann besagten Feststellungen des Erstgerichts nicht entnommen werden und für eine solche Annahme reichen auch bloß abstrakte Angebotsausdrucke nicht aus, weil auf das konkrete, aber leerstehende Objekt abzustellen ist.

3. Da auf Basis der genannten erstgerichtlichen Feststellungen keine abschließende Beurteilung der Erheblichkeit der Fragebeantwortung möglich ist, erweist sich die Revision in ihrem Aufhebungsantrag als berechtigt. Das Erstgericht wird bei seiner neuerlichen Entscheidung unter Berücksichtigung der dargestellten Beweislastverteilung eindeutig festzustellen und in seiner Beweiswürdigung widerspruchsfrei zu begründen haben, ob die Beklagte trotz ausdrücklicher Nachfrage nach diesem Umstand selbst bei Kenntnis der Tatsache, dass das Objekt nicht ständig bewohnt ist, den Versicherungsvertrag zu den selben Konditionen, also mit den selben Bedingungen und mit der selbenPrämie abgeschlossen hätte. Erst auf Basis solcher– objektbezogener – Feststellungen wird die Erheblichkeit der Fragebeantwortung zuverlässig beurteilt werden können.

E. Nachträgliche Gefahrenerhöhung

Es kann dahin stehen, ob es überhaupt – wie die Beklagte meint – nach Abschluss des Versicherungsvertrags zu einer Gefahrenerhöhung im Sinn der §§ 27 ff VersVG im Zusammenhang mit dem Eindringen fremder Personen in das Objekt des Klägers gekommen ist. Solche Vorkommnisse hat der Kläger jedenfalls seinem Betreuer regelmäßig mitgeteilt. Nach der Maklerklausel sind aber ab Vertragsabschluss solche Mitteilungen als Wissen der Beklagten zuzurechnen. Eine Leistungsfreiheit der Beklagten infolge nachträglicher Gefahrenerhöhung scheidet damit jedenfalls aus.

F. Leistungspflicht trotz Vertragsrücktritts

1. Tritt der Versicherer zurück, nachdem der Versicherungsfall eingetreten ist, so bleibt nach § 21 VersVG seine Verpflichtung zur Leistung gleichwohl bestehen, wenn der Umstand, in Ansehung dessen die Anzeigepflicht verletzt ist, keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls oder soweit er keinen Einfluss auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat.

2. Insoweit muss die Kausalität zwischen dem verschwiegenen oder falsch angezeigten Umstand und dem Eintritt des Versicherungsfalls und nicht zwischen dem Verschweigen oder der Falschanzeige und dem Vertragsabschluss bestehen. Im Hinblick auf den Umfang der Leistung darf aber auch zwischen dem nicht oder falsch angezeigten Umstand und dem Schaden keinerlei Kausalzusammenhang gegeben sein. Die Frage des Kausalzusammenhangs ist nach der Lehre von der adäquaten Verursachung zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0080020).

3. Der Beweis der fehlenden Kausalität zwischen dem nicht oder falsch angezeigten erheblichen Gefahrenumstand und dem Eintritt des Versicherungsfalls und dem Umfang der Leistungspflicht des Versicherers obliegt als Ausnahme von der normalen Rücktrittswirkung des § 21 VersVG dem Versicherungsnehmer. Um diesen Beweis zu erbringen, muss der Versicherungsnehmer dartun, dass der Versicherungsfall auf jeden Fall aus einem anderen als dem falsch angezeigten oder dem verschwiegenen Umstand eingetreten ist (RIS‑Justiz RS0080771). Der Versicherer bleibt daher nur dann zur Leistung im Sinn des § 21 VersVG verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer jede mögliche Mitursache des falsch angezeigten oder verschwiegenen Umstands an dem Eintritt des Versicherungsfalls und dem Umfang der Leistung des Versicherers ausschließen kann (RIS‑Justiz RS0080025 [T1]).

4. Es ist geradezu selbstverständlich, dass bei einem ständig bewohnten Objekt sowohl bei einem – wie hier erfolgten – Einbruch als auch bei der vom Kläger behaupteten Brandstiftung die Täter (frühzeitig) entdeckt und ein Brand möglicherweise früher bekämpft werden kann. Der Kausalitätsgegenbeweis nach § 21 VersVG, dass der falsch angezeigte, gegebenenfalls erhebliche Gefahrenumstand auf den Eintritt des Versicherungsfalls und dem Umfang der Leistung des Versicherers keinen Einfluss hat, kann unter solchen Umständen nicht gelingen.

G. Ergebnis

1. Das Erstgericht wird bei seiner neuerlichen Entscheidung die Tatsachengrundlage in Sinn des Punktes D.3. klarzustellen haben. Ob dafür eine neuerliche Verhandlung erforderlich ist, bleibt dem Ermessen des Erstgerichts überlassen. Sollte sich ergeben, dass der Frage nach dem Bewohnen/Leerstehen des versicherten Objekts im dargestellten Sinn Erheblichkeit zukam oder dies zumindest nicht auszuschließen ist, dann sind die Klagebegehren abzuweisen; andernfalls ist dem Leistungsbegehren stattzugeben, weil in der Revision keine weiteren Gründe für eine Klageabweisung geltend gemacht werden und somit alle Rechtsfragen abschließend beurteilt sind.

2. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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