European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00184.18M.0130.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Beklagte räumt selbst ein, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen der ständigen, jahrzehntelang gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entsprechen, wonach das nach Art 29, Art 32 CMR maßgebliche „Verschulden, das nach dem Recht des angerufenen Gerichtes dem Vorsatz gleichsteht,“ grobe Fahrlässigkeit bedeutet (RIS‑Justiz RS0073961; RS0062591 [T6]; näher dazu insbesondere 7 Ob 184/01m; 7 Ob 27/12i zum qualitativ ähnlichen Verständnis des Begriffs „grobe Fahrlässigkeit“ durch den BGH nach dem TRG).
2. Ihre gegenteilige Ansicht, wonach schlicht grobe Fahrlässigkeit dem Vorsatz nicht gleichgestellt werden dürfe, stützt die Beklagte auf die ihrem Standpunkt behauptetermaßen entsprechenden Einzelentscheidungen ausländischer Gerichte, die das Übereinkommen ratifiziert haben, auf einzelne Lehrmeinungen, die insbesondere in mehreren Publikationen Jesser-Huß und auch der Beklagtenvertreter vorgetragen haben, sowie auf näher dargestellte Haftungskonzepte in anderen transportrechtlichen Übereinkommen. Dem dabei in den Vordergrund gestellten Gedanken der internationalen Rechtsvereinheitlichung steht entgegen, dass Art 29, Art 32 CMR im gegebenen Zusammenhang gerade auf das „Recht des angerufenen Gerichtes“ und damit auf das jeweilige nationale Recht abstellen. Dass in bestimmten internationalen transportrechtlichen Übereinkommen und in einzelnen österreichischen Rechtsvorschriften ausdrücklich andere Haftungskonzepte vorgesehen sind, bilden keine Auslegungsgrundlage für die gerade hier maßgebliche Wortfolge. Der Wunsch der Beklagten, dem Vorsatz nur bewusste grobe Fahrlässigkeit gleichzuhalten, überzeugt letztlich auch deshalb nicht, weil der Differenzierung zwischen bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit im österreichischen Schadenersatzrecht in aller Regel keine eigenständige Bedeutung zukommt. Die Revision liefert insgesamt keine wirklich überzeugenden und neuen Argumente, die erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der bisherigen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0103384 [insb T2]) zur Auslegung der in Art 29, Art 32 CMR enthaltenen Wortfolge „Verschulden, das nach dem Recht des angerufenen Gerichtes dem Vorsatz gleichsteht,“ aufzuzeigen vermögen.
3. Die Beklagte erkennt selbst, dass die Beurteilung, ob ein Verhalten zum groben Verschulden zu rechnen ist, immer von den Umständen des Einzelfalls abhängt (RIS‑Justiz RS0062591 [T5]). Sowohl zur Definition der groben Fahrlässigkeit als auch zu ihrer Unterscheidung von der leichten Fahrlässigkeit liegt umfangreiche Judikatur vor (RIS‑Justiz RS0038120; RS0030303; RS0031127; RS0030644; RS0030272; RS0026555). Dass die Vorinstanzen bei der Anwendung der dazu entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall den von der Judikatur gezogenen Ermessensspielraum überschritten hätten, vermag die Beklagte nicht darzustellen.
4. Die behaupteten sekundären Feststellungsmängel liegen – wie vom Berufungsgericht richtig erkannt – ebenfalls nicht vor, beruhte doch der Fehler des Disponenten nicht auf Anordnungen des Produktherstellers, sondern auf einer Verwechslung der EDV‑Vorlage, die in der Folge mangels späterer Kontrolle unentdeckt blieb.
5. Die Beklagte macht demnach keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher nicht zulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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