OGH 7Ob152/17d

OGH7Ob152/17d18.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei H*****, vertreten durch Mag. Johannes Marchtrenker, Rechtsanwalt in Zistersdorf, gegen die beklagte und widerklagende Partei Mag. D*****, vertreten durch Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft KEG in Mistelbach, wegen 2.841 EUR sA (9 C 1122/06t), 14.198,13 EUR sA (9 C 1163/06x) und 3.900 EUR sA (9 C 941/07a), über die Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 13. Oktober 2016, GZ 21 R 158/16g‑238, womit das Urteil des Bezirksgerichts Mistelbach vom 3. Juni 2016, GZ 9 C 1122/06t, 9 C 1163/06x, 9 C 941/07a‑231, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00152.17D.1018.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung wird hinsichtlich des Baurechtsverfahrens (1.282,75 EUR), der Forstsache (3.291,60 EUR) sowie der Führerschein‑ und Nc‑Sache (insgesamt 2.841 EUR) zurückgewiesen.

Im Übrigen, also hinsichtlich der Dienstrechtssache ist die klagende und widerbeklagte Partei schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei die mit 626,52 EUR (darin enthalten 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Rechtsmittelwerber wendet sich inhaltlich ausschließlich gegen den Zuspruch im Widerklageverfahren. Dort wurden von seinem ehemaligen Rechtsvertreter Kosten für die Vertretung in verschiedenen Verfahren geltend gemacht.

Rechtliche Beurteilung

Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln. Diese Regelung ist gemäß § 55 Abs 4 JN auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend.

Honoraransprüche eines Rechtsanwalts stehen dann in einem Zusammenhang, wenn die Leistungen aufgrund eines einheitlichen Auftrags erfolgen. Es kommt darauf an, ob dem beauftragten Rechtsanwalt ein oder mehrere Aufträge erteilt wurden und nicht darauf, ob diesen Aufträgen ein oder mehrere Vollmachten zugrundeliegen. Bei Aktivprozessen kann zwar unter Umständen auf eine generelle Beauftragung eines Rechtsanwalts durch seinen Klienten zur Durchsetzung bestimmter eng zusammenhängender, wenn auch in getrennten Verfahren geltend gemachter, Ansprüche geschlossen werden (RIS‑Justiz RS0110872 [T1] = 6 Ob 283/99g), § 55 Abs 1 JN ist aber als Ausnahme vom Grundsatz der Nichtzusammenrechnung anzusehen. Daher scheidet eine Zusammenrechnung im Zweifel aus (RIS‑Justiz RS0122950).

Hier kann daher eine Zusammenrechnung der Honoraransprüche für das Dienstrechts- und das waffenrechtliche Überprüfungsverfahren jedenfalls nicht stattfinden. Daneben macht der Widerkläger noch Vertretungskosten in einem Baurechtsverfahren, einem Rodungsverfahren und einem bezirksgerichtlichen Entschädigungsverfahren nach dem NÖROG geltend, die zwar alle das selbe Grundstück des Widerbeklagten betrafen, bei denen sich der Widerkläger, von dessen Vorbringen auszugehen ist (RIS‑Justiz RS0106759), aber nicht auf einen einheitlichen Auftrag stützt und ein spezifisch enger Zusammenhang nicht auf der Hand liegt, sodass eine Zusammenrechnung dieser Streitwerte nicht stattzufinden hat.

Damit verbleibt lediglich das Dienstrechtsverfahren mit einem Streitwert von über 5.000 EUR. Hinsichtlich aller anderen Honoraransprüche ist die Revision dagegen gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Dasselbe gilt für die Rechtsmittelbeantwortung, weil dem Verfahrensgesetz die Beantwortung eines jedenfalls unzulässigen Rechtsmittels fremd und das Rechtsmittelverfahren insofern nicht zweiseitig ist (1 Ob 362/97k, 3 Ob 102/04b, 1 Ob 178/04i, 8 ObA 5/15s, 7 Ob 152/17d, 7 Ob 161/17b).

In Bezug auf das Dienstrechtsverfahren hängt die Entscheidung aber entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage ab:

Der Revisionswerber macht als solche Rechtsfrage geltend, ob ein Rechtsanwalt dann einen Honoraranspruch habe, wenn seine Leistungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen seien und eine diesbezügliche Aufklärung nicht stattgefunden habe. Damit übergeht er aber die Feststellung des Erstgerichts, dass sämtliche verrechneten Leistungen mit ihm abgeklärt waren, basierend auf den beweiswürdigenden Ausführungen, dass es keinerlei Anhaltspunkt für eine eigenmächtige Vorgangsweise des Widerklägers gäbe und den Behauptungen des Widerbeklagten angesichts der Länge und Vielzahl der Verfahren auch nicht darin gefolgt werden könne, dass er zu diesen Verfahren überredet worden sei. Den Widerbeklagten trifft aber auch im Honorarprozess des Rechtsanwalts die Behauptungs- und Beweislast für die Einwendungstatsachen (RIS‑Justiz RS0118756).

Das Erstgericht beurteilte die Rechtsverfolgung als nicht von vornherein aussichtslos.

Soweit der Revisionswerber Einzelpositionen des Honorarbegehrens im Rechtsmittelverfahren als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig (unsubstanziiert) anficht, setzt er der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass derartiges Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren nicht erstattet wurde und es sich daher dabei schon um unbeachtliche Neuerungen handle, nichts entgegen.

Soweit die Revision jedenfalls unzulässig ist, gebühren auch keine Kosten für die Revisionsbeantwortung (vgl 7 Ob 161/17b mwN). Ansonsten beruht die Kostenentscheidung auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da der Widerkläger in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels in Bezug auf die Baurechtssache hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz insoweit zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Die verzeichneten Kosten waren entsprechend dem verringerten Streitwert zu berichtigen und im Hinblick auf § 23 Abs 9 RATG der Einheitssatz auf 60 % zu reduzieren.

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