OGH 4Ob144/16d

OGH4Ob144/16d12.7.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj D***** G*****, geboren am ***** 2003, und der mj S***** G*****, geboren am ***** 2005, über den Revisionsrekurs des Vaters R***** G*****, vertreten durch Dr. Ilse Grond, Rechtsanwältin in Herzogenburg, wegen Unterhalt, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 4. Mai 2016, GZ 23 R 144/16y‑45, womit der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 22. Februar 2016, GZ 11 Pu 29/12k‑38, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00144.16D.0712.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Vater war aufgrund einer Scheidungsfolgenvereinbarung vom 1. 8. 2012 gegenüber seinen beiden minderjährigen Kindern, die bei ihrer Mutter wohnen, bisher zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von jeweils 400 EUR verpflichtet. Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Rekursgericht in teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses den monatlichen Unterhalt für die Kinder mit 415 EUR bzw 350 EUR (jeweils für Juni 2015), 505 EUR bzw 425 EUR (jeweils für Juli bis September 2015) sowie jeweils mit 480 EUR (ab Oktober 2015). Der Rekursentscheidung lag eine anteilsmäßige Berücksichtigung der Abfertigung des Vaters seit dessen Pensionsantritt im Juli 2015 zugrunde, wobei die Abfertigung von 32.385,05 EUR abzüglich eines Anteils für einen krankheitsbedingten Mehraufwand des Vaters auf einen Zeitraum von 33 Monaten dahin aufgeteilt wurde, dass damit die vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erreichte Bemessungsgrundlage erhalten werden konnte.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Aufteilung der Abfertigung im Konnex mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung des Unterhaltsschuldners und deren Berücksichtigung bei der Bemessungsgrundlage fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruch des Rekursgerichts mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

1. Die Rechtsprechung hat hinreichend geklärt, dass beträchtliche Einmalzahlungen (zB eine Abfertigung) bei wirtschaftlich sinnvoller Betrachtungsweise dazu dienen, auf einen längeren Zeitraum, entsprechend den gegebenen Umständen auch auf mehrere Jahre, Vorsorge für ein höheres Einkommen zu treffen. Das unterhaltsberechtigte Kind hat an derartigen Einkünften im Rahmen seiner Lebensverhältnisse teilzuhaben (RIS‑Justiz RS0047428). Die für die Unterhaltsbemessung relevante Aufteilung der Abfertigung auf den entsprechenden Zeitraum richtet sich nach deren Höhe und den sonstigen Umständen des Einzelfalls, insbesondere den jeweiligen Lebensverhältnissen (RIS‑Justiz RS0009667 [T2, T6, T13]; RS0047428 [T1, T2, T9]) und kann daher grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage begründen. Die vom Rekursgericht vorgenommene Zuschussrechnung zur Erhaltung des früheren monatlichen Durchschnittseinkommens ist eine der von der Rechtsprechung gebilligten Varianten (4 Ob 2327/96a; 7 Ob 186/08s; 3 Ob 83/11v; RIS‑Justiz RS0047425). Dass im Einzelfall auch andere Einrechnungsmethoden denkbar sind oder zweckmäßig wären, rechtfertigt für sich allein nicht die Anrufung des Obersten Gerichtshofs (6 Ob 290/97h; 7 Ob 186/08s).

2. Die Krankheit des Vaters kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht begründen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass krankheitsbedingte Mehraufwendungen des Vaters ohnedies aus der Abfertigungssumme gedeckt werden, was eine Verminderung der monatlich aus der Abfertigung zugeschossenen Summe um 20 % zur Folge hat. Zudem bleibt dem Vater mit der vom Rekursgericht im Anlassfall vorgenommenen Methode der wirtschaftliche Nutzen aus der Abfertigung ohnedies über Jahre erhalten. Nach einer anderen – in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannten Methode – ist die Aufteilung (nur) auf die Anzahl der Monate vorzunehmen, die den in der Abfertigung enthaltenen Monatsentgelten entspricht (vgl RIS‑Justiz RS0009667). Danach wäre die Abfertigung zu einem wesentlich früheren Zeitraum aufgebraucht. Ein längerer Zeitraum ist nach der Rechtsprechung aber dann geboten, wenn nicht die Überbrückung für eine kürzere Zeit der Arbeitslosigkeit, sondern die Vorsorge eines höheren Einkommens für einen längeren Zeitraum im Vordergrund steht (1 Ob 224/98t; 8 Ob 59/13d uva). Gerade darauf nimmt die Aufteilung durch das Rekursgericht aber ausreichend Rücksicht. Zudem gilt nach der Rechtsprechung bereits eine Aufteilung auf eineinhalb Jahren als längerer Zeitraum (6 Ob 8/03z). Auch unter der gebotenen Berücksichtigung der wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse (3 Ob 2/98k; 8 Ob 59/13d) bedarf das konkrete Ausmaß der im Einzelfall vorgenommenen Aufteilung keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.

3. Der Hinweis auf die unverschuldete Beendigung des Arbeitsverhältnisses begründet schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage, weil bei einem Verschulden an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Abfertigung gebühren würde (RIS‑Justiz RS0029302; RS0028761; RS0081650; RS0028787; RS0029562).

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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