OGH 5Ob54/15z

OGH5Ob54/15z19.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Ing. H***** K*****, 2. Dr. C***** W*****, 3. M***** GmbH, *****, alle vertreten durch Dr. Wolfgang Zankl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Antragsgegner 22. J***** B*****, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, 96. H***** F*****, sowie 205. K***** F***** F*****, beide vertreten durch Dr. Robert Galler, Rechtsanwalt in Salzburg, und sämtliche weitere Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 20590 GB ***** (Liegenschaftsadressen *****) wegen § 52 Abs 1 Z 9 iVm § 32 Abs 5 zweiter Fall WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluss (richtig: Sachbeschluss und Beschluss) des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 17. Dezember 2014, GZ 22 R 340/14z‑35, mit dem der Sachbeschluss und Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 12. August 2014, GZ 12 Msch 11/12p‑29, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00054.15Z.0519.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird insgesamt ‑ hinsichtlich des Erstantragstellers mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 62 Abs 1 AußStrG (§ 71 Abs 3 AußStrG) ‑ zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Erstgericht hat mit seiner Entscheidung (Sachbeschluss und Beschluss) den Sachantrag des Erstantragstellers gerichtet auf Festsetzung eines inhaltlich näher bezeichneten abweichenden Aufteilungsschlüssels abgewiesen (Punkt 1.) und die Sachanträge der Zweit- und Drittantragstellerinnen an eine andere Abteilung des Erstgerichts überwiesen (Punkt 2. und 3.).

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die fragliche Änderung des Aufteilungsschlüssels nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen sei und dazu bereits höchstgerichtliche Rechtsgrundsätze existierten.

Der dagegen vorliegende außerordentliche Revisionsrekurs ist, soweit er vom Erstantragsteller erhoben wurde, mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig und, soweit er von Zweit‑ und Drittantragstellerin erhoben wurde, ist er verspätet.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Erstantragsteller:

1.1. § 32 Abs 5 WEG 2002 ermöglicht einem Wohnungseigentümer, bei erheblich unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten eine rechtsgestaltende Neufestsetzung des Aufteilungsschlüssels durch gerichtliche Entscheidung zu erlangen. Eine derartige Entscheidung ist vom Gericht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls zu treffen (5 Ob 267/04g wobl 2005/116 [Call] = MietSlg 56.523). Auf subjektive Bedürfnisse eines Wohnungseigentümers kommt es dabei nicht an (5 Ob 175/06f wobl 2007/57 [Call]; 5 Ob 96/07i wobl 2008/29 [Call]). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die in § 32 Abs 1 WEG 2002 vorgesehene gesetzliche Aufteilung der Liegenschaftsaufwendungen nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile dann zu unbilligen Ergebnissen führt, wenn ein oder mehrere Wohnungseigentümer an den die Aufwendungen betreffenden Anlagen nicht oder nur in erheblich untergeordnetem Ausmaß teilhaben (5 Ob 48/12p wobl 2013/19; 5 Ob 129/14b).

1.2. Eine solche erheblich unterschiedliche Nutzungsmöglichkeit wird nach bereits vorliegender Rechtsprechung dann angenommen, wenn der Lift dem betreffenden Mit‑ und Wohnungseigentümer nur ein Geschoß mit üblicherweise wenig frequentierten Gemeinschaftsräumlichkeiten erschließt (vgl die Judikaturnachweise in 5 Ob 129/14b). Über die hier fragliche Liftanlage sind 3 Untergeschoße, das Erdgeschoß und 11 Obergeschoße zu erreichen, wobei sich im 1. Untergeschoß die Tiefgarage, im 2. Obergeschoß die allgemein zugängliche Waschküche, der allgemein zugängliche „Clubraum“ sowie eine ebenfalls allgemein zugängliche Terrasse, im 10. Obergeschoß eine zweite große und allgemein zugängliche Terrasse und über dem 11. Obergeschoß der Lifttechnikraum befinden. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage eine teilweise Befreiung des Erstantragstellers von den Liftkosten nicht vorgenommen haben, so hält sich diese Rechtsansicht in dem von der bisherigen höchstgerichlichen Judikatur gezogenen Ermessensrahmen und begründet jedenfalls keine als unvertretbar aufzugreifende Einzelfallbeurteilung. Der Revisionsrekurs ist daher, soweit er vom Erstantragsteller erhoben wurde, mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002) unzulässig.

2. Zu Zweit‑ und Drittantragstellerin:

2.1. Die vom Erstgericht ausgesprochene Überweisung der Sachanträge der Zweit‑ und der Drittantragstellerin ist keine Entscheidung in der Sache und damit kein Sachbeschluss im Sinn des § 37 Abs 3 Z 13 MRG (iVm § 52 Abs 2 WEG 2002). Nur die Frist für den Revisionsrekurs gegen einen Sachbeschluss beträgt nach § 37 Abs 3 Z 16 MRG (iVm § 52 Abs 2 WEG 2002) abweichend von § 65 Abs 1 und § 68 Abs 1 AußStrG vier Wochen. Die Frist für den Revisionsrekurs gegen die Überweisung der Sachanträge der Zweit‑ und der Drittantragstellerin betrug daher nach der dargestellten Rechtslage nicht vier Wochen, sondern (nur) 14 Tage und wurde im vorliegenden Fall nicht gewahrt (Entscheidungszustellung am 26. 1. 2015; Rechtsmitteleinbringung am 16. 2. 2015).

2.2. Zu einer abweichenden Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels, soweit es von der Zweit- und der Drittantragstellerin erhoben wurde, würde man hier nur dann gelangen, wenn im vorliegenden Fall zu berücksichtigen wäre, dass die Entscheidung des Rekursgerichts mehrere Beschlüsse enthält, die bei selbständiger Anfechtung unterschiedlichen Rechtsmittelfristen unterliegen würden und diesfalls für die Bekämpfung aller in einer Ausfertigung enthaltenen Entscheidungen die längere Rechtsmittelfrist offen stünde (vgl dazu RIS‑Justiz RS0002105; RS0041696; RS0041670). Dieser Grundsatz gilt allerdings nur dann, wenn auch der betreffenden Partei die Anfechtung jener Entscheidung offen steht, für die die längere Rechtsmittelfrist gelten würde (1 Ob 36/14x JBl 2014, 540 = Zak 2014/439; 5 Ob 171/14d). Dies triff hier aber nicht zu, weil ein Rechtsmittel von Zweit- und Drittantragstellerin gegen die ‑ allein den Erstantragsteller betreffende ‑ Abweisung dessen Sachantrags unzulässig wäre. Der Revisionsrekurs ist daher, soweit er von Zweit- und Drittantragstellerin erhoben wurde, verspätet und war aus diesem Grund zurückzuweisen.

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