European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBS00001.15B.0324.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1.1 In der Entscheidung 8 ObS 6/11g hat sich der Oberste Gerichtshof nicht, wie der Kläger in der außerordentlichen Revision meint, nur „am Rande“ mit der hier fraglichen Thematik (Sicherungsfähigkeit einer Forderung des Arbeitnehmers aus einer Konventionalstrafenvereinbarung) beschäftigt und hauptsächlich die Sicherungsfähigkeit eines Verzugsschadens (Zinsschadens) beurteilt. Vielmehr wurde die dieser Entscheidung zugrunde liegende kollektivvertragliche Regelung als Schadenersatzregelung im Sinn einer Konventionalstrafenvereinbarung qualifiziert.
1.2 Aus dieser Entscheidung sind für den Anlassfall folgende Grundsätze maßgebend:
Der Zweck des IESG besteht nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in einer sozialversicherungsrechtlichen Sicherung von Entgeltansprüchen und sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Ansprüchen von Arbeitnehmern im Fall der Insolvenz ihres Arbeitgebers. Versichertes Risiko ist demnach im Kernbereich die von den Arbeitnehmern typischerweise nicht selbst abwendbare und absicherbare Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlusts ihrer Entgeltansprüche, auf die sie typischerweise zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts sowie des Lebensunterhalts ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen angewiesen sind (RIS‑Justiz RS0076409). Mit Rücksicht auf diese Zielsetzung hat der Gesetzgeber bestimmte Kategorien von Ansprüchen als gesicherte Ansprüche anerkannt und in § 1 Abs 2 IESG aufgenommen. Daraus folgt, dass ein geltend gemachter Anspruch einer in § 1 Abs 2 IESG normierten Anspruchsart zugeordnet werden muss; eine Umgehung ist unzulässig.
In Bezug auf (sonstige) Schadenersatzansprüche (abgesehen von der Kündigungsentschädigung) hat der Oberste Gerichtshof in der Grundsatzentscheidung 8 ObS 141/01w ausgesprochen, dass die in § 1 Abs 2 Z 2 IESG vorgesehene Sicherung von Schadenersatzansprüchen „aus einem Arbeitsverhältnis“ keine Ansprüche erfasst, die vor dem vorgesehenen Arbeitsbeginn, etwa aus einem davor liegenden unberechtigten Rücktritt vom Arbeitsvertrag, entstehen. Auch die Sicherungsfähigkeit von (sonstigen) Schadenersatzansprüchen setzt demnach grundsätzlich voraus, dass sie aus dem Vollzug des Arbeitsverhältnisses resultieren. Zudem muss der Schadenersatzanspruch aus der Verletzung einer Haupt‑ oder Nebenpflicht des Dienstverhältnisses ableitbar sein (RIS‑Justiz RS0120403; RS0076382). Dementsprechend sind nur jene Ansprüche gesichert, die mit den ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Haupt‑ und Nebenpflichten in einem solchen Zusammenhang stehen, dass davon ausgegangen werden kann, die Ansprüche hätten ihren Entstehungsgrund im Arbeitsverhältnis.
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn dem geltend gemachten Anspruch eine Konventional-strafenvereinbarung zugrunde liegt. Für die Beurteilung der Sicherungsfähigkeit nach dem IESG muss in einem solchen Fall am dahinterstehenden, mit dem pauschalierten Ersatzanspruch abgegoltenen Schaden angeknüpft werden, weil durch eine Vereinbarung keine zusätzlichen Anspruchskategorien in den gesetzlichen Katalog gesicherter Ansprüche eingeführt werden können.
1.3 Die Sicherungsfähigkeit eines (sonstigen) Schadenersatzanspruchs setzt also unter anderem voraus, dass der Anspruch auf Ersatz seinen Entstehungsgrund im Arbeitsverhältnis hat (vgl 8 ObS 24/05w). Der Entstehungsgrund des Anspruchs muss demnach unmittelbar im Dienstverhältnis gelegen sein. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Anspruch aus einem gesonderten, außerhalb des Arbeitsverhältnisses gelegenen Verpflichtungsgrund abgeleitet wird.
Außerdem muss ein konkreter Schaden eingetreten sein und dementsprechend vom Kläger behauptet und bewiesen werden, weil ein bloßer Pflichtverstoß des Arbeitgebers selbst im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung mit einem Zahlungsversprechen des Arbeitgebers nicht als Schadenersatzanspruch „aus einem Arbeitsverhältnis“ im Sinn des § 1 Abs 2 Z 2 IESG angesehen werden kann. Die Regelung über die Sicherung von „Schadenersatzansprüchen“ ist ausgehend von der Zweckbestimmung des IESG eng auszulegen. Davon ausgehend setzt der Begriff „Schadenersatz“ notwendig den Eintritt eines Schadens voraus.
2.1 Der Verpflichtungsgrund, aus dem der Kläger seinen Anspruch, den er gesichert haben möchte, ableitet, besteht in der Konventionalstrafenvereinbarung, die erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers abgeschlossen wurde. Dabei handelt es sich um einen gesonderten Verpflichtungsgrund, der außerhalb des Arbeitsverhältnisses gelegen ist.
Auch den Eintritt eines konkreten Schadens aus der behaupteten Verletzung der nachwirkenden Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hat der Kläger nicht dargelegt. Er hat auch nicht behauptet, inwieweit er durch das Verhalten des Arbeitgebers am 8. und 9. November 2012 in seinem Fortkommen beeinträchtigt worden wäre oder sonstige Nachteile erlitten hätte.
2.2 Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen mit diesen Grundsätzen im Einklang. Ihre Beurteilung, dass die geltend gemachten Ansprüche des Klägers nicht als Schadenersatzansprüche im Sinn des § 1 Abs 2 Z 2 IESG gesichert sind, erweist sich als nicht korrekturbedürftig. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt weder eine uneinheitliche Rechtsprechung vor, noch sind die Vorinstanzen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen.
Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)