OGH 3Ob228/13w

OGH3Ob228/13w21.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. M***** und 2. H*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Monika Linder, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei W*****verein, *****, vertreten durch Mag. Werner Hauser, Rechtsanwalt in Wien, wegen 104.808,51 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 11. Oktober 2013, GZ 13 R 186/13p‑23, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 30. Juli 2013, GZ 20 Cg 10/13a‑14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00228.13W.0821.000

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der beklagte Verein und das Institut „H*****“ sind je zur Hälfte Erben der am 23. Juni 1999 verstorbenen H***** S*****, die ihrerseits zu einem Viertel Erbin nach ihrem am 15. April 1956 verstorbenen Ehemann A***** S***** gewesen war. Die Einantwortung an den Beklagten und das Institut „H*****“ erfolgte mit Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 22. Juni 2001.

Die beiden Kläger betreiben das Gewerbe der Erbensuche und befassen sich dabei insbesondere mit arisierten Vermögenswerten. Sie fanden heraus, dass A***** S***** unbeanspruchte Vermögenswerte hinterlassen hatte. Er war in der NS-Zeit rassisch verfolgt gewesen und sein Liegenschaftsvermögen war arisiert worden. Erst nach der deutschen Wiedervereinigung war es möglich, für die in der ehemaligen DDR gelegenen Liegenschaften Restitutionsansprüche zu erheben.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2003 informierte der Zweitkläger den Beklagten und das Institut „H*****“ über die vermuteten Ansprüche aufgrund der möglichen Restitution des Vermögens von A***** S*****. Er bot die Durchsetzung der Erbansprüche unter Beiziehung der deutschen Rechtsanwaltskanzlei J***** R***** & L***** F***** an, wobei diese sowie die bisher geleisteten Tätigkeiten mit einem Drittel des dem Beklagten zugekommenen Reinnachlasses zuzüglich 20 % Umsatzsteuer abgegolten werden sollten. Das Institut „H*****“ nahm dieses Angebot im Jänner 2004 an. Hingegen teilte der Beklagte den Klägern am 25. Februar 2004 mit, dass er das Angebot nicht annehme und die Ansprüche ohne die Kläger durchsetzen werde. Mit Schreiben vom 1. März 2004 stellte er gegenüber den Klägern klar, dass er ihnen weder Auftrag noch Vollmacht erteilt habe.

Die Kläger erstellten in der Folge für das Institut „H*****“ eine umfangreiche Dokumentation, die die Schädigung von A***** S***** aufgrund rassischer Verfolgung nachwies und die erbrechtliche Rechtsnachfolge nach ihm belegte.

Der Beklagte arbeitete ab 2005 mit dem deutschen Anwalt L***** F***** zusammen. Am 21. Oktober 2008 beauftragte er ihn mit der Vertretung in der Restitutionsangelegenheit und der Durchsetzung seiner Erbansprüche. Das Honorar für diese Tätigkeit betrug 20.563,51 EUR. L***** F***** erhielt die Informationen betreffend die Restitution des Liegenschaftsvermögens und die Durchsetzung der Erbansprüche von den Klägern.

Im Oktober 2008 waren die Recherchen abgeschlossen und es erging der Restitutionsbescheid. Der Beklagte erhielt 2011 aus der Verlassenschaft nach A***** S***** einen Betrag von 262.021,28 EUR.

In der Branche der Genealogen ist es üblich, dass für die erfolgreiche Erbensuche ein prozentuales Honorar bezahlt wird. Die Höhe des Prozentsatzes, der sich auf den Wert der Verlassenschaft bezieht, hängt ua vom Ermittlungsaufwand, dem Verwandtschaftsverhältnis und einem allfälligen internationalen Bezug des Falles ab. Üblich sind Honorare von 15 bis 35 % des Reinnachlasses zuzüglich 20 % Umsatzsteuer.

Mit der am 22. Jänner 2013 erhobenen Klage begehren die Kläger vom Beklagten 104.808,51 EUR (= 1/3 des dem Beklagten zugekommenen Betrags zuzüglich 20 % Umsatzsteuer) sA. Sie seien im Rahmen ihres Gewerbes zum klaren und überwiegenden Vorteil des Beklagten tätig geworden; ihre Tätigkeit für andere Erben sei auch dem Beklagten zugute gekommen. Der Beklagte schulde daher einen branchenüblichen Aufwandersatz.

Der Beklagte wendet ein, dass er die Kläger weder beauftragt noch bevollmächtigt, sondern deren Angebot ausdrücklich abgelehnt habe. Die Kläger seien für das Institut „H*****“ tätig geworden und könnten die Entlohnung ihrer Mühen nicht doppelt verrechnen. Er selbst habe sich zur Durchsetzung seiner Ansprüche des Rechtsanwalts L***** F***** bedient und diesen bezahlt. Im Übrigen seien die Ansprüche der Kläger verjährt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Beklagte habe die Tätigkeit der Kläger ausdrücklich abgelehnt. Die Kläger hätten ihre Tätigkeit für die zweite Erbin, deren Anspruch untrennbar mit jenem der beklagten Partei verbunden gewesen sei, fortgesetzt. Bei Handeln gegen den Willen des Geschäftsherrn gebühre kein Aufwandersatz.

Das Berufungsgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe, und ließ die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu. Die Tätigkeit der Kläger sei zum klaren und überwiegenden Vorteil des Beklagten gewesen. Dieser habe am 17. Dezember 2003 durch die Kläger erfahren, dass Ansprüche nach A***** S***** für ihn bestehen könnten. In der Folge habe sich der Beklagte ‑ trotz ausdrücklicher Ablehnung eines Vertragsabschlusses ‑ die von den Klägern ermittelten Informationen für die Durchsetzung seiner Erbansprüche zunutze gemacht. Der Aufwand sei nach branchenüblichen Sätzen abzugelten, die noch ermittelt werden müssten. Der Anspruch unterliege der dreißigjährigen Verjährungsfrist und sei daher nicht verjährt. Zudem sei die Zuweisung der Erbschaft an den Beklagten erst im Jahr 2011 erfolgt, sodass die Kläger ihre Forderung erst ab diesem Zeitpunkt geltend machen hätten können.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das die Klage abweisende Ersturteil wiederherzustellen. In der freigestellten Revisionsbeantwortung beantragen die Kläger, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Rechtsprechung zum Aufwandersatzanspruch von Erbensuchern einer Überprüfung bedarf; sie ist auch berechtigt.

1. Die Kläger stützen sich auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Aufwandersatzanspruch gewerblicher Erbensucher. Dieser Rechtsprechung lagen bisher Fälle zugrunde, in denen Genealogen die vorerst unbekannten Erben zu einem bekannten , aber scheinbar erblosen Nachlass ermittelt hatten. Hier geht es demgegenüber ‑ zumindest vordergründig ‑ um die Ermittlung eines weiteren Nachlassbestandteils für bereits bekannte Erben. Dennoch ist zunächst ‑ aufgrund der in der Lehre geübten Kritik ‑ die Rechtsprechung zu typischen Erbensucherfällen einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen (Punkte 2. bis 8.). In einem weiteren Schritt ist zu klären, ob sich aus den Besonderheiten des vorliegenden Falls davon Abweichendes ergibt (Punkte 9. und 10.).

2. Der Oberste Gerichtshof hat bisher in zwei Entscheidungen einen außervertraglichen Aufwandersatzanspruch von gewerblich handelnden Erbenermittlern („Erbensuchern“) bejaht.

2.1. Der Leitentscheidung 1 Ob 2168/96x (NZ 1997, 290) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte einen gesetzlichen Erben zu einem für erblos erklärten Nachlass ausgeforscht und mit ihm eine Honorarvereinbarung geschlossen. Dabei hatte er erfahren, dass es mit dem Bruder des Ausgeforschten einen weiteren Erben gab und (offenbar) auch diesen informiert. Dieser nahm ebenfalls seinen Anteil am Nachlass in Anspruch, weigerte sich aber, dem Kläger ein Entgelt zu zahlen. Der Oberste Gerichtshof bejahte ihm gegenüber einen Anspruch aufgrund nützlicher Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 1037 ABGB), wobei der Kläger entsprechend der Verkehrsübung im Fall eines Vertragsabschlusses zu entlohnen sei. Würde er danach einen bestimmten Anteil am Nachlasswert erhalten, so sei dies auch für die Bemessung des Aufwandersatzes nach § 1037 ABGB maßgebend.

2.2. Diese Auffassung hielt der Oberste Gerichtshof in 7 Ob 155/00w aufrecht. Dort hatten die klagenden Erbensucher den späteren Beklagten als möglichen Erben ermittelt. Dieser schloss mit ihnen zunächst eine Vereinbarung, wonach er ihnen für seine Ausforschung ein Entgelt von 20 % des Werts des zu erlangenden Vermögens leisten würde, trat dann aber nach § 3 KSchG von der Vereinbarung zurück. Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren aufgrund nützlicher Geschäftsführung ohne Auftrag statt, wobei sie die Höhe des Anspruchs in Anlehnung an Honorarsätze in der Erbensucherbranche bestimmten. Der Oberste Gerichtshof wies die Revision des Beklagten unter Hinweis auf die Vorentscheidung zurück.

2.3. Dieser Rechtsauffassung sind weitere Gerichte gefolgt (etwa OLG Wien 17 R 150/01f, EFSlg 96.967; LGZ Wien 44 R 138/08g, EFSlg 119.857). Zuletzt hat das Landesgericht Feldkirch allerdings den „klaren, überwiegenden Vorteil“ iSv § 1037 ABGB in einem Fall verneint, in dem eine Erbensucherin nach einer öffentlichen Bekanntmachung an unbekannte Erben gemäß § 158 AußStrG aus Eigenem mit Ermittlungen begonnen und (neben anderen Kindern) den ehelichen Sohn des Verstorbenen als Erben gefunden hatte. Nach Ansicht des Landesgerichts Feldkirch war der Umstand, dass der eheliche Sohn auf diese Weise früher in den Genuss seines Erbes gekommen sei, nicht als eindeutiger Vorteil zu qualifizieren (2 R 51/12h = RFE0100011).

3. Gegenteilig entschied ‑ bei allerdings nicht ganz übereinstimmender Rechtslage ‑ der deutsche Bundesgerichtshof (III ZR 322/98 = JZ 2000, 521 [G. Schulze]  = JuS 2000, 603 [Emmerich]  = LM § 677 BGB Nr 40 [Ehmann] ; I ZR 143/00; III ZR 209/05 [dazu Pfeifer , JA 2008, 17]).

3.1. Seine Argumentation lässt sich wie folgt zusammenfassen: Geschäftsführung ohne Auftrag setze nach allgemeinen Grundsätzen das Bewusstsein und den Willen voraus, zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln. Es sei zwar nicht ausgeschlossen, die Erbensuche als derart „auch-fremdes“ Geschäft zu qualifizieren. Allerdings verkenne ein damit begründeter Anspruch auf Aufwandersatz (§ 683 BGB) die auf den Grundlagen des Zivilrechts beruhende Risikoverteilung: Der Aufwand des Erbensuchers diene der Vorbereitung und Anbahnung von Vertragsverhandlungen. Solche Aufwendungen blieben jedoch, wenn es nicht zum Vertragsabschluss komme, nach den Regeln des Privatrechts unvergütet; jede Seite trage das Risiko des Scheiterns der Vertragsverhandlungen selbst. Aus diesem Grund kenne die Privatrechtsordnung keine Pflicht zur Vergütung ungefragt überlassener, nicht durch ein Ausschließlichkeitsrecht geschützter Informationen. Für alle sonstigen gesetzlichen Ansprüche ‑ also insbesondere aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) ‑ würden diese Ausführungen „entsprechend“ gelten.

3.2. Im Unterschied zur österreichischen Regelung unterscheidet das deutsche Recht allerdings nicht zwischen notwendiger und nützlicher Geschäftsführung. Maßgebend für den Aufwandersatz ist vielmehr, von hier nicht interessierenden Ausnahmen (§ 679 BGB) abgesehen, dass die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (§ 683 BGB). Nicht erforderlich ist demgegenüber, dass der angestrebte Erfolg tatsächlich eintritt ( Seiler in MüKo BGB 6 § 683 Rz 16; Gehrlein in BeckOK BGB Ed 31 § 683 Rz 4; beide mwN). Aus diesem Umstand leitet der BGH weitere Argumente gegen den geltend gemachten Anspruch ab (III ZR 322/98): Der Erbe wäre bei Bemühungen mehrerer Erbensucher auch mehreren Aufwandersatzansprüchen ausgesetzt, ohne sich auf eine bereits erlangte Kenntnis berufen zu können. Ansprüche eines zweiten oder dritten Erbensuchers ließen sich daher wegen der Maßgeblichkeit der Interessen- und Zustimmungslage bei Übernahme der Geschäftsführung nicht (ex post) verneinen. Diese Konsequenzen seien unannehmbar.

3.3. Demgegenüber setzt der Aufwandersatzanspruch des Geschäftsführers ohne Auftrag im österreichischen Recht ‑ außer bei Geschäftsführung im Notfall (§ 1036 ABGB) ‑ einen „klaren, überwiegenden Vorteil“ des Geschäftsherrn voraus (§ 1037 ABGB). Hier ist also der Erfolg der Bemühungen maßgebend; die österreichische Regelung hat ‑ anders als die deutsche ‑ (auch) einen bereicherungsrechtlichen Hintergrund ( Apathy in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 1040 Rz 12 mit Hinweis auf Zeiller , Commentar III 320; RIS‑Justiz RS0019869; 1 Ob 226/06a, wobl 2007/74, 179 [Call] ). Dennoch sind die Erwägungen des BGH zur Risikoverteilung im Privatrecht auch insofern beachtlich. Denn er lehnte mit diesem Hinweis auch einen bereicherungsrechtlichen Anspruch ab: Wer Aufwendungen im Hinblick auf einen Vertragsabschluss tätigt, soll diese bei Scheitern der Vertragsverhandlungen auch dann nicht ersetzt erhalten, wenn die Gegenseite aus diesen Aufwendungen einen Nutzen zieht. Ob diese Begründung tatsächlich trägt, wird noch zu prüfen sein.

4. Die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs sind in der österreichischen Lehre auf beträchtliche Kritik gestoßen ( Fötschl , Austrian case note, ERPL 2002, 550; Wilhelm, Bei Erbensuchern Vollbeschäftigung, ecolex 2009, 457; Meissel , Erbensuchen als gewerbliche Geschäftsführung ohne Auftrag, FS Koziol [2010] 283; Lurger in ABGB‑ON 1.01 § 1037 Rz 3; Verschraegen , Gedanken zur Erbensuche und Geschäftsführung ohne Auftrag, in FS Fenyves [2013] 379; A. Tschugguel , Unbekannte Erben: Ein gefundenes Fressen für Erbensucher, EF‑Z 2014, 63; Limberg/A. Tschugguel , Ein Erbteil für den Erbensucher, ecolex 2014, 400; Fötschl , Erbensuche Made in Austria: ein Exportschlager? ecolex 2014, 405). Die Kritik wendet sich zum Teil gegen den Grund und einhellig gegen die Höhe des Anspruchs.

4.1. Zum Grund des Anspruchs werden folgende Auffassungen vertreten:

(a)  Wilhelm, Verschraegen, Limberg/ A. Tschugguel und ‑ in seiner späteren Äußerung (ecolex 2014, 410) ‑  Fötschl verneinen einen Anspruch wegen nützlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, weil bei Aufwendungen in Bezug auf einen künftigen Vertragsabschluss der für Geschäftsführung ohne Auftrag erforderliche Fremdgeschäftsführungswille fehle, dies jedenfalls dann, wenn der Erbensucher nicht bloß Schadloshaltung, sondern ein verkehrsübliches Entgelt anstrebe ( Wilhelm ). Dasselbe Ergebnis hatte Fötschl in seiner ersten Stellungnahme (ERPL 2002, 567 ff) damit begründet, dass der Nutzen des Erben aufgrund seiner Erbenstellung und daher nicht „auf Kosten“ des Erbensuchers eingetreten sei.

(b) Hingegen bejaht Meissel (FS Koziol 294 ff) ‑ wenngleich mit vorsichtiger Formulierung ‑ dem Grunde nach Geschäftsführung ohne Auftrag: Die bloße Hoffnung auf einen Vertragsabschluss „sollte“ nicht „ausreichendes Gewicht haben [...], einen animus negotia aliena gerendi (zumindest eventualiter ) auszuschließen“. Auch Lurger (in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.02 § 1035 Rz 5) und Apathy (in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 1035 Rz 5) wenden sich nicht grundsätzlich gegen einen Anspruch aufgrund Geschäftsführung ohne Auftrag.

(c) Wird Geschäftsführung ohne Auftrag verneint, so stellt sich die Frage nach bereicherungsrechtlichen Ansprüchen, wobei der Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB und die Leistungskondiktion wegen Zweckverfehlung analog § 1435 ABGB in Betracht kommen. Auch dazu wird in der Lehre Stellung genommen. Der Verwendungsanspruch wird mehrheitlich abgelehnt, weil die Information über die Erbenstellung von der Rechtsordnung nicht ausschließlich dem Erbensucher zugewiesen sei ( Fötschl, ERPL 2002, 561; Verschraegen, FS Fenyves   388 , tendenziell auch Meissel, FS Koziol 303). Die Kondiktion wegen Zweckverfehlung wird von Verschraegen für möglich gehalten (FS Fenyves 388 f), sonst aber abgelehnt, weil eine „Zweckabrede“ fehle ( Meissel, FS Koziol 302) bzw der Erbe keine „ihm zurechenbare“ Erwartung einer Gegenleistung geschaffen habe ( Fötschl, ERPL 2002, 560).

(d) Einem Anspruch des Erbensuchers sollen darüber hinaus § 864 Abs 2 ABGB und Art 9 FernabsatzRL (RL 1997/7/EG ; nunmehr Art 27 Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU ) entgegenstehen. Würden Dienstleistungen ‑ wie hier ‑ ohne Bestellung erbracht, seien auch außervertragliche Aufwandersatzansprüche ausgeschlossen ( Fötschl, ERPL 2002, 576 ff und ecolex 2014, 410; ihm folgend Limberg/A. Tschugguel , ecolex 2014, 401 f). Meissel (FS Koziol 303 ff) hält dem entgegen, dass § 864 Abs 2 ABGB und Art 9 FernabsatzRL nicht dem Schutz vor jeglicher aufgedrängter Bereicherung dienten, sondern bestimmte als unlauter angesehene Vertriebsformen bekämpfen sollten. Dieser Schutzzweck greife ‑ mangels alternativer Möglichkeiten der Geschäftsanbahnung ‑ bei Handlungen zugunsten eines noch unbekannten Erben nicht ein.

4.2. Einhellig wendet sich die Lehre demgegenüber gegen die Bemessung des Anspruchs mit einem Anteil am Wert des dem Erben zugekommenen Nachlasses. Jedenfalls insofern würden das Vertragsrecht und der Respekt vor der Privatautonomie über die Anwendung der Geschäftsführung ohne Auftrag „regelrecht ausgehebelt“ ( Meissel, FS Koziol 309); maßgebend sollte ‑ wenn der Anspruch dem Grunde nach bejaht würde ‑ jedenfalls nur der konkrete Aufwand des Erbensuchers sein ( Meissel, FS Koziol 310; Lurger in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.02 § 1037 Rz 3; Limberg/A. Tschugguel , ecolex 2014, 402 f; Verschraegen , FS Fenyves 389). Meissel (FS Koziol 310) erwägt zudem die analoge Anwendung von § 403 ABGB („Belohnung“ für die Verhinderung des Untergangs einer beweglichen Sache).

5. Auf dieser Grundlage ist die bisherige Rechtsprechung zum außervertraglichen Aufwandersatzanspruch von Erbensuchern einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen. Dabei hält der Senat daran fest, dass dieser Anspruch jedenfalls in typischen Fällen (Ermittlung zunächst unbekannter Erben zu einem bekannten Nachlass) dem Grunde nach besteht (unten 6.). Der Höhe nach ist er aber auf den Ersatz konkreten und nützlichen Aufwands beschränkt (unten 7.).

6. Der Aufwandersatzanspruch von Erbensuchern ist in typischen Fällen dem Grunde nach zu bejahen. Grundlage ist nützliche Geschäftsführung ohne Auftrag, allenfalls auch eine Kondiktion wegen zweckverfehlender Leistung.

6.1. Geschäftsführung ohne Auftrag ist die eigenmächtige Besorgung fremder Angelegenheiten in der Absicht, fremde Interessen zu wahren ( Apathy in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 1035 Rz 1; Koziol in KBB 4 § 1035 Rz 1; RIS-Justiz RS0019737; zuletzt etwa 1 Ob 226/06a, wobl 2007/74, 179 [Call] , und 1 Ob 90/11h, NZ 2012/103, 281; beide mwN). Dass der Geschäftsführer dabei auch eigene Interessen verfolgt, schadet ‑ entgegen älterer Rechtsprechung (vgl RIS‑Justiz RS0023484) ‑ grundsätzlich nicht ( Apathy in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 1035 Rz 5; Koziol in KBB 4 § 1035 Rz 5; 1 Ob 226/06a; RIS‑Justiz RS0105636; zuletzt wiederum 1 Ob 90/11h). Anderes gilt nur dann, wenn der für die Verfolgung fremder Interessen gemachte Aufwand von der eigenen Sphäre des Geschäftsführers nicht „abtrennbar“ ist ( Koziol in KBB 4 § 1035 Rz 5; 3 Ob 53/02v; 1 Ob 90/11h). Darunter versteht die Rechtsprechung allerdings Sachverhalte, in denen ein Aufwand unmittelbar zu einem Nutzen der handelnden Person führt, etwa durch eine erfolgreiche Verteidigung im Prozess (3 Ob 53/02v) oder durch Erlangen einer Erbschaft zufolge Leistung einer Abschlagszahlung an einen (anderen) Erbansprecher (1 Ob 90/11h). Dass derselbe Aufwand auch einem Dritten zum Vorteil gereicht, soll in diesen Fällen unerheblich sein. Hingegen wurde der Umstand, dass jemand Geschäfte eines anderen in der Erwartung einer Entlohnung - und somit indirekt auch im Hinblick auf einen eigenen Nutzen - führt, bisher nicht als Grund für die Ablehnung von Aufwandersatzansprüchen angesehen.

6.2. Auf dieser Grundlage besteht nach Ansicht des Senats kein Zweifel, dass der Erbensucher in typischen Fällen zumindest auch ein fremdes Geschäft führt. Denn sein Aufwand dient nicht dazu, dass er selbst zum Erben wird, sondern er handelt insofern im Interesse des ‑ regelmäßig unbekannten ‑ Erben. Dass er damit auch ein eigenes Interesse verfolgt ‑ nämlich durch Abschluss eines Vertrags einen Anteil am Wert des Nachlasses zu erhalten ‑ steht dem nicht grundsätzlich entgegen. Denn dieses Interesse ist nicht deckungsgleich mit jenem des Erben; es ist im Kern auf (pauschalierte) Abgeltung des Aufwands gerichtet, nicht auf ein (eigenes) Erlangen der Erbschaft. Der Sonderfall eines vom Eigeninteresse nicht „abtrennbaren“ Aufwands liegt daher nicht vor.

6.3. Zwar ist richtig, dass die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht dazu führen darf, dass bei Aufwendungen für einen zukünftigen Vertragsabschluss die Risikoverteilung des Privatrechts unterlaufen wird. Das wäre - wie der BGH (oben 3.) und die insofern praktisch einhellige österreichische Lehre (oben 4.) ausführen ‑ der Fall, wenn der Geschäftsführer auch ohne Abschluss eines Vertrags so entlohnt würde, als wäre ein Vertrag zustande gekommen. Diese Erwägung zwingt aber nicht zur Verneinung des Anspruchs dem Grunde nach. Denn § 1037 ABGB hat ‑ anders als § 683 BGB - einen bereicherungsrechtlichen Charakter (oben 3.) Ein Anspruch auf Aufwandersatz besteht daher ohnehin nur insofern, als ein konkreter Aufwand zu einem Nutzen der Gegenseite geführt hat. Dieser Vorteil, den der Geschäftsherr aus dem Aufwand des Geschäftsführers zieht, ist damit das entscheidende Element für die Bejahung des Anspruchs: Zwar ist richtig, dass Aufwand im Vorfeld eines Vertragsabschlusses grundsätzlich nicht abzugelten ist, wenn der Vertrag nicht zustande kommt. Daraus folgt aber nicht, dass der andere Teil das Ergebnis dieses Aufwands schon wegen der grundsätzlichen „Risikoverteilung“ des Privatrechts ohne entsprechende Vergütung nutzen darf. Weshalb auch in diesem Fall ein Anspruch von vornherein ausgeschlossen sein soll, lässt sich der Begründung des BGH letztlich nicht entnehmen.

6.4. Diese Erwägungen sprechen grundsätzlich für die Anwendung von § 1037 ABGB. Verschraegen (FS Fenyves 388 f) zeigt zudem zutreffend auf, dass bei Verneinung eines solchen Anspruchs auch ein Bereicherungsanspruch denkbar wäre.

(a) § 1041 ABGB greift jedoch richtigerweise nicht ein, weil die Information über die Erbenstellung weder sonderrechtlich geschützt noch sonst ausschließlich dem Erbensucher zugewiesen ist. Zwar hat der Oberste Gerichtshof in 4 Ob 62/07g (SZ 2007/138 = MR 2007, 321 [ Höhne ] ‑ Flughafen Wien) einen Verwendungsanspruch wegen Nutzung eines nicht sonderrechtlich geschützten Arbeitsergebnisses bejaht. Grundlage dafür war jedoch, dass dieses Arbeitsergebnis aufgrund der schuldrechtlichen Beziehung zwischen den Streitteilen ausschließlich dem klagenden Architekten zugewiesen war: Aus den Bedingungen eines Architektenwettbewerbs hatte sich ergeben, dass das „geistige Eigentum“ an den eingereichten Modellen bei den Teilnehmern verbleiben sollte. Eine vergleichbare Vereinbarung besteht bei typischen Erbensucherfällen gerade nicht.

(b) Wohl aber könnte eine Kondiktion wegen zweckverfehlender Leistung erwogen werden. Grundlage dafür ist eine analoge Anwendung von § 1435 ABGB, wonach der Geber vom Empfänger auch Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, zurückfordern kann, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört hat (condictio causa finita). Nach ständiger Rechtsprechung wird diese Bestimmung über den Wortlaut hinaus als Grundlage für eine Kondiktion wegen des Wegfalls des Grundes oder des Nichteintritts des erwarteten Erfolgs (condictio causa data causa non secuta) angesehen ( Rummel in Rummel 3 § 1435 Rz 4 ff; Mader in Schwimann 3 § 1435 Rz 8 ff; Koziol in KBB 4 § 1435 Rz 2 f; RIS-Justiz RS0033855, RS0033952). Dabei verlangt die Rechtsprechung ‑ entgegen Meissel (FS Koziol 302) und Fötschl ( ERPL 2002, 560) ‑ weder eine „Zweckabrede“ noch eine dem Bereicherungsschuldner „zurechenbare“ Erwartung; es genügt deren Erkennbarkeit (grundlegend Wilburg in Klang 2 VI 469; Rummel , Mader und Koziol aaO; 4 Ob 84/09w, SZ 2009/77 mwN; RIS‑Justiz RS0033952 [T8 und T15], RS0033606). Erfasst sind insbesondere Leistungen in Erwartung eines künftigen Vertragsschlusses ( Koziol in KBB 4 § 1435 Rz 3; Rummel in Rummel 3 § 1435 Rz 8; beide mwN). Gibt ein Erbensucher ‑ um Interesse zu wecken ‑ Informationen preis, so tut er das ‑ für den Angesprochenen im Regelfall erkennbar ‑ in Erwartung der von ihm angestrebten vertraglichen Entlohnung. Dabei handelt es sich um eine zweckgerichtete Zuwendung, die ‑ so man die Anwendbarkeit von § 1037 ABGB verneinte ‑ bei Nichteintritt des angestrebten Erfolgs nach § 1435 ABGB kondiziert werden könnte.

6.5. Damit kann aber letztlich offen bleiben, ob der Aufwandersatzanspruch in (typischen) Erbensucherfällen auf Geschäftsführung ohne Auftrag oder auf Bereicherungsrecht (ieS) beruht. Der bereicherungsrechtliche Charakter des § 1037 ABGB macht eine strikte Abgrenzung dieser Anspruchsgrundlagen entbehrlich.

7. Die Höhe des Anspruchs hat sich allerdings am konkreten Aufwand des Erbensuchers zu orientieren.

7.1. Die Einwände der Lehre (oben 4.) und die Rechtsprechung des BGH (oben 3.) beruhen im Kern darauf, dass der Erbensucher über den Aufwandersatzanspruch jedenfalls nicht so gestellt werden darf, als wäre ein Vertrag zustande gekommen. Diese Auffassung trifft zu.

(a) Das Geschäftsmodell der Erbensucher beruht auf einer Querfinanzierung: Die Entlohnung nach erfolgreicher Suche muss in der Kostenrechnung des Erbensuchers auch den erfolglos gebliebenen Aufwand in anderen Fällen abdecken. Daher muss der Erbensucher bei Auffinden eines Erben eine (deutlich) über seinem tatsächlichen Aufwand liegende Entlohnung anstreben. Das kann er aber nur durch eine Vereinbarung mit dem ausgeforschten Erben erreichen. Ein Grund, diese Entlohnung auch ohne Vertrag zuzusprechen, ist nicht erkennbar. Dies gilt sowohl für den Aufwandersatzanspruch nach § 1037 ABGB als auch für einen Bereicherungsanspruch nach § 1435 ABGB. Insofern greift das Argument der Risikoverteilung: Bejahte man einen außervertraglichen Anspruch des Erbensuchers, der durch Anknüpfen am Wert des gefundenen Vermögens mittelbar auch der Finanzierung erfolgloser Suchmaßnahmen dient, würde dem Erbensucher das Risiko der teilweisen Erfolglosigkeit schon von Gesetzes wegen (weitgehend) abgenommen. Zugleich würde in die Privatautonomie des ausgeforschten Erben eingegriffen, der faktisch nicht mehr über die Höhe des Entgelts verhandeln könnte.

(b) Die bisherige Rechtsprechung zur Höhe des Anspruchs war (ausschließlich) damit begründet, dass eine Vermutung für einen „anderweitigen Erwerbsentgang“ bestehe (1 Ob 2168/96x unter Hinweis auf Rummel in Rummel 2 § 1036 Rz 4 und § 1037 Rz 5). Diese Vermutung greift aber in Erbensucherfällen gerade nicht, weil dort nicht angenommen werden kann, dass eine andere Erbensuche ebenso erfolgreich gewesen wäre wie jene, deren Abgeltung der Erbensucher verlangt. Wäre die (hypothetisch) unterbliebene Suche erfolglos gewesen, wäre dem Erbensucher kein Erwerb entgangen. Dieses Risiko kann nicht von Gesetzes wegen mittelbar auf den konkret ausgeforschten Erben überwälzt werden. Andere Gründe für eine „branchenübliche“, jedoch nicht am konkreten Aufwand anknüpfende Entlohnung sind nicht erkennbar.

7.2. Aus diesen Gründen kann die Auffassung, dass Erbensuchern auch ohne Vertragsabschluss ein Anspruch auf eine branchenübliche ‑ dh am Wert der Verlassenschaft anknüpfende ‑ Entlohnung zusteht, nicht aufrecht erhalten werden. Vielmehr ist nur der tatsächlich entstandene Aufwand ‑ wozu auch eine angemessene Abgeltung der eingesetzten Arbeitskraft gehört ‑ zu ersetzen. Die Höhe des Anspruchs wird jener entsprechen, die sich bei einer Beauftragung durch den Gerichtskommissär ergäbe (vgl dazu G. Kodek , Die Suche nach unbekannten Erben im Verlassenschaftsverfahren, ÖJZ 2009, 197 [202 f]). Denn (wenn überhaupt) ist es dieses ‑  nicht vom Erfolg abhängige ‑ Entgelt, das einem Erbensucher durch das Tätigwerden ohne Auftrag entgangen ist. Zum Aufwand ist ein konkretes Vorbringen zu erstatten, gegebenenfalls ist § 273 ZPO anzuwenden.

8. Dem Anspruch steht in typischen Erbensucherfällen auch nicht eine analoge Anwendung von § 864 Abs 2 ABGB entgegen.

8.1. Nach § 864 Abs 2 ABGB gilt

„das Behalten, Verwenden oder Verbrauchen einer Sache, die dem Empfänger ohne seine Veranlassung übersandt worden ist, [...] nicht als Annahme eines Antrags. Der Empfänger ist nicht verpflichtet, die Sache zu verwahren oder zurückzuleiten, er darf sich ihrer auch entledigen.“

Diese Bestimmung diente ursprünglich der (vorweggenommenen) Umsetzung von Art 9 FernabsatzRL (RL 97/7/EG ). Nunmehr beruht sie auf Art 27 der RL 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher (VerbraucherrechteRL):

„Werden unter Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 5 und Anhang I Nummer 29 der Richtlinie 2005/29/EG unbestellte Waren, Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitaler Inhalt geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht, so ist der Verbraucher von der Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung befreit. In diesen Fällen gilt das Ausbleiben einer Antwort des Verbrauchers auf eine solche unbestellte Lieferung oder Erbringung nicht als Zustimmung.“

Diese Bestimmung verweist auf Art 5 Abs 5 iVm Nr 29 des Anhangs I der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL‑UGP). Danach ist folgende Geschäftspraktik als Teil der „Schwarzen Liste“ dieser RL jedenfalls unzulässig:

„Aufforderung des Verbrauchers zur sofortigen oder späteren Bezahlung oder zur Rücksendung oder Verwahrung von Produkten, die der Gewerbetreibende geliefert, der Verbraucher aber nicht bestellt hat (unbestellte Waren oder Dienstleistungen); ausgenommen hiervon sind Produkte, bei denen es sich um Ersatzlieferungen gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 97/7/EG handelt.“

8.2. § 864 Abs 2 ABGB ist unionsrechtskonform auszulegen. Daher besteht zunächst kein Zweifel, dass diese Bestimmung analog auf unaufgefordert erbrachte Dienstleistungen anzuwenden ist. Nach überwiegender Meinung in der österreichischen Lehre schließt sie zudem - anders als in den Materialien angenommen (ErläutRV 311 BlgNR 20. GP  14) - auch Bereicherungsansprüche aus ( Saria , Rechtsfragen des neuen § 864 Abs 2 ABGB, RdW 1997, 657; Rummel in Rummel 3 § 864 Rz 12; Riedler in Schwimann/Kodek, ABGB 4 § 864 Rz 8 12; Wiebe in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.01 § 864 Rz 10; wohl nur rechtspolitisch zweifelnd Bollenberger in KBB 4 § 864 Rz 5; aA Koziol in KBB 4 § 1485 Rz 3; Wilhelm , Regierungsvorlage einer Novelle zum Konsumentenschutzgesetz, ecolex 1996, 581).

8.3. Unter Hinweis auf diese Rechtslage lehnen Fötschl (ERPL 2002, 576 ff; ecolex 2014, 410) und Limberg/A. Tschugguel (ecolex 2014, 401 f) einen Aufwandersatzanspruch des gewerblichen Erbensuchers schon dem Grunde nach ab. Dieser erbringe eine nicht bestellte Dienstleistung und könne dafür auch keine außervertragliche Abgeltung verlangen. Für typische Fälle hält dem allerdings Meissel (FS Koziol 303 ff) den beschränkten Schutzzweck der genannten Bestimmungen entgegen. Seine Auffassung trifft zu: Die Regelung der RL‑UGP, die (jedenfalls) durch Art 27 VerbraucherrechteRL auch zivilrechtlich relevant wird, soll bestimmte Vertriebsformen hintanhalten, die als unlauter angesehen werden; der Verbraucher soll nicht durch Übersenden einer Ware oder Erbringen einer Dienstleistung unter Druck gesetzt werden, darüber einen Vertrag abzuschließen. Dieser Schutzzweck greift dann nicht, wenn der Unternehmer gar keine Möglichkeit hat, vor Erbringen der Dienstleistung einen Vertrag mit dem Verbraucher zu schließen, wenn es für ihn also keine andere, von vornherein lautere Vertriebsform gibt. Das gilt der Natur der Sache nach insbesondere dann, wenn die Dienstleistung im Ermitteln des Verbrauchers als Erben besteht. Jedenfalls in typischen Fällen steht daher auch eine unionsrechtskonforme Auslegung von § 864 Abs 2 ABGB einem Aufwandersatzanspruch des Erbensuchers nicht entgegen.

9. Auf dieser Grundlage ist nun der konkrete Fall zu beurteilen. Dabei sind zwei Abschnitte zu bilden: zunächst die Tätigkeit der Kläger vor dem (abgelehnten) Angebot an den Beklagten, das zu dessen erster Information über den möglichen Nachlass in Ostdeutschland geführt hatte, dann ihre weitere Tätigkeit, deren Ergebnisse von jenem deutschen Anwalt verwertet wurden, den der Beklagte mit der Durchsetzung seiner Ansprüche beauftragt hatte.

9.1. Jedenfalls für die Tätigkeit im zweiten Abschnitt muss der Anspruch der Kläger scheitern.

(a) § 1037 ABGB verlangt auch dann, wenn ein Vorteil für den Geschäftsherrn zu erwarten ist, den Versuch, vorweg eine Einwilligung einzuholen. Wird dieser Versuch trotz Tunlichkeit unterlassen oder wird die Einwilligung verweigert, ist die Geschäftsführung unrechtmäßig ( Meissel , Geschäftsführung ohne Auftrag [1993] 119 ff). Im zweitgenannten Fall (Ablehnung durch den Geschäftsherrn) ist ein Anspruch auf Aufwandersatz schon nach dem Wortlaut des § 1040 ABGB ausgeschlossen (vgl 6 Ob 710/84, SZ 57/167). Das trifft hier für die Tätigkeit der Kläger nach der Ablehnung ihres Angebots zu. Dazu kommt, dass die Kläger in diesem Abschnitt ihre gesamte Tätigkeit aufgrund eines Auftrags des anderen Erben ausführten. Der von jemandem beauftragte Geschäftsführer kann aber bezüglich derselben Leistung nicht zugleich Geschäftsführer ohne Auftrag eines anderen sein ( Apathy in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 1035 Rz 5 mwN).

(b) Für diesen Abschnitt besteht auch kein Bereicherungsanspruch. § 1041 ABGB ist mangels ausschließlicher Zuweisung der Information an die Kläger von vornherein nicht anwendbar (oben 6.4.). Für einen Anspruch nach § 1435 ABGB fehlt es an einer Leistung der Kläger, die sie dem Beklagten in erkennbarer Erwartung einer Gegenleistung erbrachten. Denn sie haben dem deutschen Anwalt die (weiteren) Informationen ausschließlich aufgrund ihres Vertrags mit dem anderen Erben übermittelt; eine zweckgerichtete Vermögensverschiebung zum Beklagten liegt daher nicht vor. Das Offenlegen oder Lösen von Interessenkonflikten war in der konkreten Situation Sache des von mehreren Parteien beauftragten Rechtsanwalts. Der Beklagte honorierte diesen Anwalt für seine Tätigkeit; dass dieser dabei Kenntnisse nutzte, die er aufgrund eines anderen Mandats erlangt hatte, begründet keinen Bereicherungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten. Eine Verleitung zum Vertragsbruch oder ein sonst rechtswidriges (sittenwidriges) Verhalten des Beklagten, das einen Schadenersatzanspruch begründen könnte, ist nicht ersichtlich.

9.2. Damit bleibt zu beurteilen, ob die Kläger einen Anspruch auf Ersatz jener Aufwendungen haben, die der „Basisinformation“ in ihrem Schreiben vom 17. Dezember 2003 zugrunde lagen. Dieser Anspruch wäre zwar grundsätzlich aufgrund Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zu bejahen (oben 6.). Ihm könnte jedoch aufgrund der konkreten Fallgestaltung der unionsrechtskonform auszulegende § 864 Abs 2 ABGB entgegenstehen (oben 8.). Insofern ist die Sache nicht spruchreif.

(a) Dem festgestellten Sachverhalt lässt sich nicht mit Sicherheit entnehmen, ab wann die Kläger von der Existenz des Beklagten als möglichem Erben wussten. Begannen sie ihre Suche aufgrund von Informationen über das arisierte Vermögen in Deutschland und informierten sie den Beklagten, nachdem sie ihn als möglichen Rechtsnachfolger gefunden hatten, so handelte es sich in Wahrheit um einen typischen Fall der Erbensuche: Die Kläger ermittelten, ob es Berechtigte zu einem bestimmten Vermögen gab. In diesem Fall wäre es ihnen der Natur der Sache nach nicht möglich gewesen, mit diesen Berechtigten vorweg einen Vertrag zu schließen; § 864 Abs 2 ABGB wäre daher jedenfalls nicht anwendbar. Daher wäre zunächst zu prüfen, welchen konkreten Aufwand die Kläger bis zur Information des Beklagten getätigt hatten. Den Ersatz dieses Aufwands schuldeten der Beklagte und der andere von den Klägern ermittelte Erbe. In weiterer Folge wäre daher aufgrund des insofern vom Beklagten erhobenen Einwands zu prüfen, ob der Anspruch der Kläger nicht ohnehin schon vom anderen Erben getilgt wurde. Dass dieser (letztlich) aufgrund eines Vertrags zahlte, ist dabei unerheblich; insofern wäre in jenem Ausmaß, in dem der vertragliche Anspruch der Abgeltung eines tatsächlichen Aufwands diente, eine (unechte) Gesamtschuld anzunehmen (RIS‑Justiz RS0017315; vgl zur unechten Gesamtschuld P. Bydlinski in KBB 4 § 892 Rz 2 mwN).

(b) Nahm die Suche der Kläger hingegen ihren Ausgang vom österreichischen Verlassenschaftsverfahren, stellt sich tatsächlich die Frage nach der (analogen) Anwendbarkeit von § 864 Abs 2 ABGB. Denn in diesem Fall hätten sie den Beklagten zweifellos von Anfang an um eine Beauftragung ersuchen können. Gleiches würde gelten, wenn die Suche zwar vom deutschen Vermögen ausgegangen war, aber schon zu einem früheren Zeitpunkt eine Kontaktaufnahme mit dem Beklagten möglich gewesen wäre. Nach der überwiegenden Lehre (oben 8.) wäre unter diesen Umständen ein Anspruch in unionsrechtskonformer Auslegung von § 864 Abs 2 ABGB zu verneinen. Allerdings ist angesichts gegenteiliger Stimmen in der Lehre fraglich, ob die unionsrechtliche Regelung tatsächlich auch einen Bereicherungsanspruch ausschließt. Diese bisher nicht beachtete Problematik wäre mit den Parteien zu erörtern und die Einholung einer Vorabentscheidung zu überlegen.

(c) Ein allfälliger Anspruch der Kläger wäre nicht verjährt. Zwar könnte sowohl bei einem Aufwandersatzanspruch nach § 1037 ABGB als auch bei einer Leistungskondiktion nach § 1435 ABGB die kurze Verjährung § 1486 Z 1 ABGB anwendbar sein (vgl zuletzt etwa 1 Ob 32/08z, SZ 2008/40 mwN). Der Nutzen des Beklagten ist aber jedenfalls erst mit dem Erwerb des deutschen Vermögens eingetreten; erst zu diesem Zeitpunkt konnte daher ein Aufwandersatzanspruch entstehen (vgl 7 Ob 24/87, SZ 60/100). Davor konnte auch die Verjährung nicht beginnen.

10. Aufgrund dieser Erwägungen hat die Revision des Beklagten im Sinn des Aufhebungsantrags Erfolg. Ein Anspruch der Kläger kommt jedenfalls nur für ihre Tätigkeit vor der ersten Mitteilung an den Beklagten in Betracht; insofern wird das Erstgericht die in den Punkten 7. und 9.2. dargestellte Rechtslage zu beachten haben.

11. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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