OGH 17Os17/14z

OGH17Os17/14z11.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. August 2014 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zillinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bedri Z***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 17. Oktober 2013, GZ 18 Hv 70/13x‑18, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bedri Z***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er vor dem 21. Dezember 2010 in S***** mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich an ihrem Recht auf Ausstellung von Lenkberechtigungen nur an solche Personen, die ihre fachliche Befähigung zum Lenken eines Kraftfahrzeugs durch eine (theoretische) Fahrprüfung nachgewiesen haben (vgl § 3 Abs 1 Z 4 iVm § 10 Abs 1 und § 11 Abs 1 und 2 FSG sowie § 1 Abs 1 Fahrprüfungsverordnung, kurz: FSG-PV), zu schädigen, den abgesondert verfolgten Klaus L***** wissentlich dazu bestimmt, am 21. Dezember 2010 in S***** als mit Bescheid des Landeshauptmanns von Kärnten gemäß § 36 Abs 1 Z 1 lit d FSG ermächtigte Aufsichtsperson für die theoretischen Fahrprüfungen der Bezirkshauptmannschaft S*****, mithin als Beamter, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze (§ 5 Abs 4, § 11 Abs 1 und 2 sowie § 16b Abs 4 Z 1 FSG) Amtsgeschäfte vorzunehmen, zu missbrauchen, indem er ihn im Wege des hiefür bereits rechtskräftig verurteilten Hamza Zi***** dazu veranlasste, ihm bei seiner theoretischen Fahrprüfung gegen Bezahlung von 1.000 Euro dadurch verbotene Hilfestellung zu leisten, dass er bei der computerunterstützt im multiple-choice-Verfahren abgenommenen theoretischen Fahrprüfung zunächst durch Vorsagen und Fingerzeige die richtigen Antworten bekannt gab, sodann die auf diese Weise manipulierten Daten erfasste und vermerkte, dass der Antragsteller die theoretische Fahrprüfung bestanden habe (§ 16a Z 2 lit j FSG), und diese Daten an das Führerscheinregister übermittelte (§ 16b Abs 4 Z 1 FSG).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Die Mängelrüge (Z 5) kritisiert zunächst die Annahme der Tatrichter, der Zeuge Hamza Zi***** sei nur eingeschränkt glaubwürdig (vgl US 7 f). Sie verkennt dabei, dass der dieser Annahme zu Grunde liegende kritisch-psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung mit Mängelrüge entzogen ist (RIS-Justiz RS0106588). Die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen kann (nur) unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit mangelhaft erscheinen, wenn sich das Schöffengericht mit gegen seine Annahme sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Bezugspunkt einer erfolgreichen Rüge kann jedoch nicht die Sachverhaltsannahme der (Un-)Glaubwürdigkeit, sondern ausschließlich die Feststellung entscheidender Tatsachen sein (RIS‑Justiz RS0119422 [insbesondere T4]). Diese Vorgaben missachtet der Beschwerdeführer, indem er einwendet, die Begründung für die Annahme von der Unglaubwürdigkeit des genannten Zeugen sei aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) und offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall). Lediglich der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass nach den Angaben des Zeugen Horst N*****, auf die das Erstgericht in diesem Zusammenhang verweist (US 8 f), Hamza Zi***** den Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung durch die Kriminalpolizei zwar nicht namentlich genannt, aber auf einem Foto wiedererkannt habe. Ein erörterungsbedürftiger Widerspruch (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 425) in den Aussagen des Zeugen Horst N***** (ON 13 S 8 f und ON 17 S 5) liegt nicht vor.

Die Feststellung, der Beschwerdeführer habe Klaus L***** 1.000 Euro für eine missbräuchliche Begünstigung bei der theoretischen Fahrprüfung versprochen (US 4), begründete das Erstgericht (US 7 f) ‑ von der weiteren Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) übergangen (vgl RIS-Justiz RS0119370) ‑ unter anderem mit der Aussage des Hamza Zi*****, er habe den Kontakt zwischen den beiden hergestellt und in einem Gespräch sei es um Hilfestellung bei der Führerscheinprüfung gegangen, weiters mit der ‑ durch in der Hauptverhandlung einverständlich vorgetragene (ON 17 S 7) Zeugenaussagen und Ergebnisse der optischen Überwachung des Prüfungsraums belegten ‑ Vorgangsweise des Klaus L***** in anderen Fällen verbotener Hilfeleistung und mit der kurzen Dauer der Prüfung des Beschwerdeführers (US 9). Diese Erwägungen sind unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

Der Einwand, die Urteilsbegründung lasse nicht erkennen, auf welche Beweisergebnisse sich die Feststellungen zum konkreten Ablauf der vom Beschwerdeführer abgelegten Prüfung stützen, spricht, da diesem die (vorangegangene) Bestimmung des Klaus L***** zum Missbrauch der Amtsgewalt zur Last liegt, keine entscheidende Tatsache an (RIS-Justiz RS0117499).

Die Kritik, aus den in der Hauptverhandlung überprüften mangelhaften Deutschkenntnissen dürfe nicht der Schluss gezogen werden, der Beschwerdeführer hätte die theoretische Fahrprüfung nicht ohne verbotene Hilfestellung bestanden, bekämpft bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Die Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die „Feststellungen zur subjektiven Tatzeit“ seien „zu allgemein“, erklärt nicht (vgl RIS‑Justiz RS0099620), weshalb es mit Blick auf die vorgeworfene Bestimmungshandlung erforderlich gewesen wäre, ein Wissen des Beschwerdeführers, in welcher Form und wann genau Klaus L***** die zugesagte Hilfestellung leisten würde, zu konstatieren. Zudem ignoriert dieses Vorbringen auch die Feststellungen, nach welchen die Kandidaten ‑ bei Vereinbarung der verbotenen Hilfeleistung ‑ die Anweisung erhalten hätten, sich für einen bestimmten Tag, an dem Klaus L***** als Aufsichtsperson eingeteilt gewesen sei, zur Prüfung anzumelden (US 4), und besprochen worden sei, dass dieser dem Beschwerdeführer die richtigen Antworten sagen oder (auf dem Bildschirm) zeigen würde (US 5). Die ‑ nominell im Rahmen der Mängelrüge behauptete ‑ Notwendigkeit einer Präzisierung von Tatzeit und Tatort wird ebenso wenig dargelegt (vgl RIS‑Justiz RS0098557).

Der weiters erhobene Vorwurf unsubstantiierter Verwendung der verba legalia bei den Feststellungen zur subjektiven Tatseite entfernt sich ebenfalls vom Urteilssachverhalt (vgl US 5 f).

Spekulative Überlegungen der weiteren Rechtsrüge zu einer sich aus der Fahrprüfungsverordnung (vgl Anlage 4, Punkt I.1.3.) ergebenden Verpflichtung des Prüfers, mit Kandidaten verständlich zu kommunizieren und auf deren Fragen einzugehen, sowie zu einem vom Beschwerdeführer ohne Hilfestellung allenfalls erreichbaren Prüfungsergebnis vernachlässigen die Konstatierungen, denen zufolge dieser (über Vermittlung des Hamza Zi*****) mit Klaus L***** „die missbräuchliche Begünstigung“ verabredet hat (US 4).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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