OGH 3Ob23/13y

OGH3Ob23/13y17.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, und des auf Seite der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenienten Mag. J*****, Rechtsanwalt, *****, gegen die beklagte Partei S*****-Leasing Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Hubert Tramposch, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 120.720 EUR und Feststellung (10.000 EUR), infolge der außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. November 2012, GZ 4 R 312/12z‑17, womit über Berufung der klagenden Partei das Teilzwischenurteil des Handelsgerichts Wien vom 30. Juli 2012, GZ 33 Cg 157/11d‑12, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitparteien schlossen im September 1990 auf unbestimmte Zeit einen Immoblien-Leasing-Vertrag betreffend ein Gewerbeobjekt (Top Nr 11 im Ausmaß von rund 2.522 m² samt Freifläche von ca 818 m² und 15 Pkw‑Stellplätzen) in einem Gewerbepark in Wien-Liesing. Die klagende Partei als Leasingnehmerin verzichtete auf die Dauer von 20 Jahren ab Übergabe auf das Recht der Kündigung des Vertrags. Nach Ablauf von 20 Jahren war die Leasingnehmerin berechtigt, das Leasingobjekt zu kaufen und daran Wohnungseigentum eingeräumt zu erhalten. Der Kaufpreis war an den kalkulatorischen Restwert beim Leasinggeber gebunden.

Mit Kaufvertrag vom 16. Februar 2009 verkaufte die Leasinggeberin das Leasingobjekt um einen Kaufpreis von 1.207.230,87 EUR brutto an die klagende Partei. Im Kaufvertrag verzichtete die klagende Partei insbesondere auf Gewährleistung aufgrund von Kontaminierungen des Kaufobjekts oder Ablagerungen auf den Grundstücken; außerdem wurde ein beidseitiger Verzicht auf Irrtumsanfechtung vereinbart.

Die Liegenschaft befindet sich in einem fast 200 Jahre alten Industriegebiet, das Standort für die chemische Industrie war. Durch diese Nutzung kam es zu massiven Bodenkontaminationen.

Im Oktober 2007 erstellte die P***** GmbH einen Untersuchungsbericht (Beilage ./N), demzufolge das Vorhandensein einer beträchtlichen Kontaminierung gewiss ist, die Maßnahmenschwellenwerte jedoch noch nicht überschritten sind.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags vom 16. Februar 2009 war dieser Untersuchungsbericht zwar dem Geschäftsführer der beklagten Partei, nicht aber der Verhandlungspartnerin auf Seiten der beklagten Partei bekannt. Die beklagte Partei gab der klagenden Partei weder im Zuge der Vertragsverhandlungen noch bei Unterzeichnung des Kaufvertrags Informationen über den Untersuchungsbericht weiter, obwohl der von der klagenden Partei beauftragte Vertragsverfasser, der nunmehrige Nebenintervenient, aufgrund der Vorgabe der beklagten Partei, dass ein Gewährleistungsausschluss zu vereinbaren sei, hellhörig wurde und mit der Verhandlungspartnerin auf Seiten der beklagten Partei Rücksprache wegen Kontaminationen hielt.

Der Nebenintervenient holte auch selbst Erkundigungen über allfällige Kontaminationen des Bodens ein, fand jedoch keine Hinweise hierfür. Seitens der beklagten Partei wurde ihm mitgeteilt, dass es sich bei dem Gewährleistungsausschluss um eine Standardformulierung handle, auf der sie jedoch bestehe; überdies würden der klagenden Partei alle vorhandenen Informationen weiter gegeben.

Auf dem Nachbargrundstück waren im Jahr 2000 umfassende Sicherungsmaßnahmen durchgeführt worden, was der klagenden Partei in Grundzügen auch bekannt war. Der Klägerin und dem Nebenintervenienten war weiters bekannt, dass das Kaufobjekt in einem ständigen Gewerbegebiet gelegen war; Kontaminationen waren ihnen hingegen nicht bekannt.

Eine nicht kontaminierte Liegenschaft (bzw ein solcher Liegenschaftsanteil) wäre mehr wert gewesen als es dem von der klagenden Partei bezahlten Kaufpreis entsprach. Für die Ermittlung des Kaufpreises war nur der kalkulatorische Restwert bei der beklagten Partei maßgeblich; dieser war bereits im Leasingvertrag festgelegt worden.

Für den Fall, dass der Kaufpreis auf Seiten der beklagten Partei nicht verhandelbar gewesen wäre, hätte die klagende Partei den Ablauf der Mindestbestandsdauer abwarten und den Liegenschaftsanteil erst dann erwerben können.

Die beklagte Partei schloss auch mit anderen Unternehmen Kaufverträge über Anteile an der Liegenschaft ab. Einer Käuferin war der Prüfbericht bekannt; die beklagte Partei war in diesem Fall nicht bereit, den Kaufpreis zu mindern.

Die klagende Partei begehrt die Rückzahlung eines Kaufpreisteils von 120.720 EUR (= 10 % des Kaufpreises). Die beklagte Partei habe die ihr bekannte Verunreinigung des Erdreichs arglistig oder zumindest grob fahrlässig verschwiegen, sodass sie zur irrtumsrechtlichen Vertragsanpassung wegen List und Irrtums, hilfsweise aufgrund von culpa in contrahendo berechtigt sei. Die beklagte Partei habe die Bedingungen des Kaufgeschäfts weitgehend vorgegeben. Wäre die klagende Partei über die Kontaminierung aufgeklärt worden, hätte sie den Kaufvertrag nicht zu den gleichen Bedingungen geschlossen, sondern nur einen geringeren Kaufpreis bezahlt.

Weiters erhob die klagende Partei zwei ‑ bisher nicht behandelte ‑ Feststellungsbegehren.

Die beklagte Partei wandte im Wesentlichen ein, dass die Bodenbeschaffenheit für die Preisbildung unerheblich gewesen sei, weil der vereinbarte Preis dem im Leasingvertrag festgelegten kalkulatorischen Restwert entsprochen habe. Auch ein anderes Unternehmen habe trotz Kenntnis des Untersuchungsberichts keine Reduktion des Kaufpreises erreichen können. Die klagende Partei habe im Kaufvertrag auf Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche sowie auf die Anfechtung wegen Irrtums verzichtet.

Das Erstgericht sprach mit Teilzwischenurteil aus, dass das Leistungsbegehren der klagenden Partei dem Grunde nach zu Recht bestehe. Zwar liege keine arglistige Irreführung seitens der beklagten Partei vor; ihr Verhalten sei aber als grob fahrlässig zu werten, sodass der Ausschluss der Irrtumsanfechtung unwirksam sei. Die Klägerin hätte bei Kenntnis vom Untersuchungsbericht nur einen geringeren Kaufpreis bezahlt.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil in ein das Leistungsbegehren abweisendes Teilurteil ab. Es behandelte nur die Rechtsrüge und ging davon aus, dass eine Preisanpassung daran scheitere, dass die beklagte Partei dazu nicht bereit gewesen wäre. Der Kaufpreis in Höhe des kalkulatorischen Restwerts sei bereits im Leasingvertrag aus dem Jahr 1990 bestimmt vorgegeben gewesen. Damals habe die beklagte Partei noch keine Kenntnis von einer Kontaminierung gehabt. Die klagende Partei hätte somit nur die bereits damals festgelegte Kaufoption wahrnehmen oder vom Kauf Abstand nehmen können.

Die Revision sei im Hinblick auf die Einzelfallbezogenheit nicht zulässig.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Teilurteils berechtigt.

Das Vorbringen der klagenden Partei in der Zulassungsbeschwerde und in der Revision lässt sich kurz dahin zusammenfassen, dass das Berufungsgericht trotz ausdrücklicher Übernahme der erstgerichtlichen Feststellungen einen urteilsfremden Sachverhalt unterstellt und das Parteivorbringen unrichtig wiedergegeben habe. Wohl sei die Höhe des Kaufpreises bei den Vertragsverhandlungen kein Thema gewesen, doch sei von der beklagten Partei nicht behauptet und bewiesen worden, dass sie zu keiner Kaufpreisreduktion bereit gewesen wäre. Neben den Anspruchsgrundlagen List und Irrtum sowie culpa in contrahendo ergebe sich ein Preisminderungsanspruch auch aus dem Titel der Gewährleistung; das Gericht wäre verpflichtet gewesen, den Sachverhalt nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen.

Dazu wurde erwogen:

Die beklagte Partei hat ihre Berufung auf die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützt. Wie bereits erwähnt hat das Berufungsgericht die Berufung bereits ausgehend von der Rechtsrüge als berechtigt angesehen, indem es davon ausging, dass ein hypothetischer Wille der beklagten Partei, den Kaufvertrag vom 16. Februar 2009 zu einem reduzierten Preis abzuschließen, nicht anzunehmen sei.

Dieser Ansicht kann aus nachstehenden Gründen nicht gefolgt werden.

1. Arglistiges Verhalten der beklagten Partei in Bezug auf die Kontamination?

Als Anspruchsgrundlagen für die von ihr begehrte Vertragsanpassung durch Minderung des Kaufpreises hat die klagende Partei in erster Instanz vor allem arglistige Irreführung (Klage, Seite 10; Schriftsatz ON 6, Seite 12) genannt.

1.1. Ein Verzicht auf die Irrtumsanfechtung umfasst nicht die Anfechtung wegen Arglist (vgl RIS-Justiz RS0014791).

1.2. Für listige Irreführung ist rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung erforderlich; grobe Fahrlässigkeit reicht nicht aus (RIS-Justiz RS0014790 [T2]). Das bewusste Verschweigen von Tatsachen begründet nur dann List, wenn eine Rechtspflicht zur Aufklärung bestand (RIS-Justiz RS0087570 [T1]), was nach den Anschauungen des redlichen Verkehrs zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0087570 [T2]). In dem besonderen Fall der Täuschung durch Verschweigen eines Umstands, von dem der Verschweigende annehmen musste, dass er für die Entschließung seines Geschäftspartners von Bedeutung ist oder doch von Bedeutung sein könnte, genügt die hypothetische Kausalität, dass nämlich die unterlassene Aufklärung, wenn sie erfolgt wäre, den Getäuschten von dem Geschäft überhaupt oder doch von einem Geschäft mit dem bestimmten Inhalt abgehalten hätte (RIS-Justiz RS0014795).

Bei Abschluss eines Kaufvertrags trifft den Verkäufer unter anderem dann eine Aufklärungspflicht, wenn der Käufer zum Ausdruck brachte, dass er auf einen bestimmten Punkt besonderen Wert legt und daher informiert werden will (RIS-Justiz RS0014823). So gehört die wahrheitsgemäße und vollständige Aufklärung über bekannte Vorschäden vor allem dann zu den Sorgfaltspflichten eines Verkäufers, wenn sich der Käufer ausdrücklich danach erkundigt (RIS-Justiz RS0016207). Bei Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis vom Vorliegen einer „Altlast“ bzw Bodenkontamination wird von der Rechtsprechung jedenfalls dann, wenn der Käufer entsprechend nachfragt, eine Verletzung der Aufklärungspflicht angenommen (ausführlich 8 Ob 36/07p; siehe auch Pilgerstorfer, Aufklärungspflicht und Gewährleistungsausschluss beim Kauf kontaminierter Grundstücke, ÖJZ 2001, 373 [377 ff]).

1.3. In concreto war dem Geschäftsführer der beklagten Partei die Kontamination zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags bekannt. Der Umstand, dass die von der beklagten Partei eingesetzte Verhandlungspartnerin der beklagten Partei keine Kenntnis von der Kontamination hatte, fällt der beklagten Partei zur Last, weil sich die juristische Person das Wissen ihres organschaftlichen Vertreters zurechnen lassen muss (vgl RIS-Justiz RS0009172 und RS0009113). Die beklagte Partei kann sich nicht dadurch entlasten, dass sie im Rahmen arbeitsteiligen Verfahrens eine „unwissende“ Vertreterin bei den Verhandlungen einsetzt, die Nachfragen der Käuferin ‑ aufgrund ihres Unwissens ‑ objektiv unrichtig beantwortet (vgl auch Pilgerstorfer, ÖJZ 2001, 380 ff, zur BGH-Rechtsprechung).

1.4. Ein arglistiges Verhalten der beklagten Partei in Bezug auf die Herbeiführung eines Irrtums bei der klagenden Partei ist demnach zu bejahen.

2. Rechtsfolgen des arglistig herbeigeführten Irrtums:

2.1. Die klagende Partei begehrt nicht Vertragsaufhebung, sondern Vertragsanpassung.

Vertragsanpassung ist nach der Rechtsprechung nur bei einem unwesentlichen Irrtum (wenn das Geschäft mit anderem Inhalt abgeschlossen worden wäre: RIS-Justiz RS0082957; auch bei Arglist: RS0014768) und nur dann möglich, wenn der Gegner im Zeitpunkt des Kontrahierens hypothetisch den Willen gehabt hätte, gegebenenfalls auch zu den Bedingungen, die der andere Teil nunmehr durchzusetzen bestrebt ist, abzuschließen (RIS-Justiz RS0016237). Bei der Vertragsanpassung ist nicht nur auf den Willen des Irrenden, sondern auch auf den des anderen Vertragsteils abzustellen. Die Irrtumsregeln haben nämlich den Zweck, jenen Zustand herbeizuführen, der bei irrtumsfreiem Handeln bestünde. Könnte der Irrende bei wesentlichem Irrtum, den er als unwesentlichen behandeln darf, den Vertrag stets aufrecht halten, dessen Inhalt aber beliebig verändern, so würde seinem Partner durch die Vertragsanpassung ein Vertragsinhalt aufgezwungen, den dieser nicht akzeptiert hätte, und es würde damit in die privatautonome Willensgestaltung der Parteien eingegriffen (9 Ob 50/10h = JBl 2011, 40 [P. Bydlinski]; 2 Ob 176/10m = immolex 2011, 280 [Prader] = wobl 2012/76, 204 [Limberg] mwN; RIS‑Justiz RS0014770 [T5]; RS0016237 [T3]).

2.2. Der listig Irregeführte ist für die Voraussetzungen der §§ 870 und 872 ABGB behauptungs- und beweispflichtig, darunter auch für die Unwesentlichkeit des Irrtums iSd § 872 ABGB (RIS-Justiz RS0016237 [T4]). Er muss insbesondere behaupten und beweisen, dass der Vertrag bei Kenntnis der wahren Umstände mit einem anderen Inhalt ‑ hier: mit einem anderen Kaufpreis ‑ abgeschlossen worden wäre.

Dieser Beweis wurde von der klagenden Partei erbracht: Nach den erstgerichtlichen Feststellungen (Seite 30 und Seite 32 des Ersturteils) hätte die klagende Partei die Liegenschaftsanteile „eventuell gekauft, dies jedoch zu einem geringeren Kaufpreis. Für den Fall, dass der Kaufpreis auf Seiten der beklagten Partei nicht verhandelbar gewesen wäre, hätte die klagende Partei die Option gehabt, den Ablauf der Mindestbestandsdauer von 20 Jahren abzuwarten und den Liegenschaftsanteil erst in weiterer Folge zu erwerben …, wobei sich dadurch seine rechtliche Position verbessert hätte“. Im Zusammenhang gesehen ist das Wort „eventuell“ so zu verstehen, dass die klagende Partei gekauft hätte, wenn die beklagte Partei mit einer entsprechenden Kaufpreisreduktion einverstanden gewesen wäre.

2.3. Es ist dann Sache des Täuschenden, Tatsachen zu behaupten und erforderlichenfalls auch zu beweisen, aus denen sich ein zuverlässiger Schluss dafür ableiten lässt, dass er bei Aufklärung des Irrtums den Vertrag nicht gegen ein angemessenes statt des vereinbarten Entgelts geschlossen hätte (RIS-Justiz RS0014792).

Nur wenn positiv feststeht, dass der Vertragspartner nicht zu den geänderten Bedingungen abgeschlossen hätte, ist die Vertragsanpassung abzulehnen. Andernfalls ist darauf abzustellen, mit welchem Inhalt redliche, nicht in einem Irrtum verfangene Parteien den Vertrag abgeschlossen hätten (RIS-Justiz RS0014792). Dahinter steht, dass dann, wenn eine Kontamination offen gelegt worden wäre, typischerweise der begehrte (nicht reduzierte) Kaufpreis von keinem potenziellen Käufer zu erlangen gewesen wäre, weshalb es nahe liegt, dass der Verkäufer ‑ bei Verkaufsabsicht ‑ einen reduzierten Kaufpreis akzeptiert (siehe P. Bydlinski, Entscheidungsanmerkung zu 9 Ob 50/10h, JBl 2011, 540 [44]).

Diesen ihr obliegenden Beweis, dass sie als Vertragspartnerin nicht zu geänderten Bedingungen abgeschlossen hätte, hat die beklagte Partei ‑ entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ‑ nicht erbracht, zumal eine entsprechende positive Feststellung nicht getroffen werden konnte. Daher kommt es nicht auf die Vorstellungen der arglistig handelnden beklagten Partei an; vielmehr ist entscheidend, wie redliche Parteien den Vertrag abgeschlossen hätten.

Auch wenn sich der in concreto vereinbarte Kaufpreis nach dem kalkulatorischen Restwert richtete, hätten redliche Parteien bei Kenntnis eine Reduktion vorgenommen. Der Kaufpreis war kein „Zwangskaufpreis“, weil die klagende Partei nicht nur die Option hatte, erst am Ende der 20jährigen Laufzeit das Leasingobjekt (zu besseren rechtlichen Bedingungen, nämlich ohne Ausschluss verschiedener möglicher Einwendungen) zu kaufen; sie hatte aber auch die Option, das Objekt überhaupt nicht zu kaufen.

3. Wegen der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht wird das Berufungsgericht über die Berufung der klagenden Partei neuerlich zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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