OGH 9Ob50/10h

OGH9Ob50/10h28.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) J***** M*****, und 2) S***** M*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1) E***** K*****, und 2) J***** K*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, und die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin B ***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ingrid Schwarzinger, Rechtsanwältin in Wien, wegen restlich 27.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 29. März 2010, GZ 12 R 68/09x-75, mit dem das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 19. Jänner 2009, GZ 2 Cg 146/05d-64, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie lauten:

„Die beklagten Parteien sind zur gesamten Hand schuldig, den klagenden Parteien (zur gesamten Hand) 27.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 10. 3. 2005 binnen 14 Tagen zu zahlen.“

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit 13.465,54 EUR (darin enthalten 1.972,48 EUR USt und 1.626,16 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit 3.685,08 EUR (darin enthalten 427,38 EUR USt und 1.120,80 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 3.328,90 EUR (darin enthalten 308,02 EUR USt und 1.480,80 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten der Revision binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Kaufvertrag vom 8. 9. 2004 erwarben die Kläger von den Beklagten die Liegenschaft EZ ***** GB ***** samt darauf errichtetem Einfamilienhaus zum Kaufpreis von 180.000 EUR. Die Liegenschaft befindet sich auf einer ehemaligen Schottergrube, die mit Bauschutt angefüllt wurde. Dieser Umstand war den Beklagten aufgrund eines ausdrücklichen Hinweises in ihrem Kaufvertrag vom 13. 5. 1987 bekannt. Zumindest an einer Stelle der Kellerwand trat immer wieder ein feuchter Fleck auf. Zudem kam es an der Außenwand des Hauses zu Rissbildungen. Diese Erscheinungen waren für die Kläger erst nach Vertragsabschluss erkennbar. Im tatsächlichen Zustand betrug der Verkehrswert des Kaufgegenstands zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses etwa 170.000 EUR. Wäre das von den Klägern gekaufte Haus auf gewachsenem Grund errichtet worden, so hätte der Verkehrswert 217.000 EUR betragen. Die Beklagten waren nicht bereit, die Liegenschaft zu einem geringeren Preis als 180.000 EUR zu verkaufen.

§ 6 des Kaufvertrags vom 8. 9. 2004 enthält folgende Klausel:

„Den Käufern ist der Zustand der Liegenschaft bekannt und sie hatten auch die Gelegenheit, sich über den tatsächlichen Zustand der Liegenschaft, sowohl in sachlicher wie auch in öffentlich-rechtlicher Hinsicht zu informieren.

Die Verkäufer haften demnach für keine bestimmte Beschaffenheit des Vertragsgegenstands, jedoch dafür, dass dieser Vertragsgegenstand frei von bücherlichen oder außerbücherlichen Rechten und Lasten - sohin lastenfrei - in das Eigentum der Käufer übergeht. Es wird keine Haftung für ein bestimmtes Ausmaß sowie einen bestimmten Ertrag oder Verwendbarkeit durch die Verkäufer übernommen.“

Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Das noch offene Begehren bezieht sich auf die Zahlung von 27.000 EUR aus dem Titel der Vertragsanpassung gemäß § 872 ABGB bzw als Preisminderung. Im ersten Rechtsgang wurden die Begehren auf Ersatz von Mängelbehebungskosten in Höhe von 4.344 EUR und der Kosten eines Gutachtens in Höhe von 720 EUR sowie das Feststellungsbegehren vom Erstgericht unbekämpft abgewiesen.

Soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung brachten die Kläger vor, dass die Setzungen bei Vertragsabschluss für sie nicht erkennbar gewesen seien. Wäre ihnen die mangelhafte Beschaffenheit des Objekts bekannt gewesen, so wäre der Kaufvertrag mit einem geringeren Entgelt zustande gekommen. Jedenfalls nach der Übung des redlichen Verkehrs wären die Beklagten gehalten gewesen, die Liegenschaft um 150.000 EUR zu veräußern. Das Klagebegehren werde auch auf den Titel der Gewährleistung gestützt. Aufgrund der gravierenden und unbehebbaren Mängel stehe ihnen ein Anspruch auf Preisminderung zu. Da sie davon haben ausgehen dürfen, dass die Errichtung des Hauses auf tragfähigem Grund erfolgt sei, müsse die Freiheit von Mängeln in der Bodenbeschaffenheit als konkludent vereinbart angesehen werden. Der in § 6 des Kaufvertrags vom 8. 9. 2004 vereinbarte Gewährleistungsausschluss sei daher unwirksam.

Die Beklagten entgegneten, dass die Verhandlungen nicht von ihnen selbst, sondern über ein Maklerbüro geführt worden seien. Sie wären nicht bereit gewesen, den Kaufvertrag zu anderen Bedingungen, insbesondere zu einem reduzierten Kaufpreis abzuschließen. Der vereinbarte Preis habe dem Marktwert entsprochen. Einen Anspruch auf Vertragsanpassung könnten die Kläger nicht geltend machen, weil sie einen gravierenden Mangel behaupteten. Der in § 6 des Kaufvertrags von 8. 9. 2004 enthaltene Gewährleistungsausschluss sei wirksam, weil nur ein Minderwert im Ausmaß von rund 6 % vorliege. Eine Unbrauchbarkeit des Vertragsgegenstands sei nicht gegeben.

Die Nebenintervenientin wendete ein, dass das Haus etwa zehn Jahre alt gewesen sei und einige kleine Risse im Verputz aufgewiesen habe. Weiters sei eine leichte Wölbung des Laminatbodens und ein geringer Feuchtigkeitseintritt im Keller festgestellt worden. Diese sich im Rahmen des Gewöhnlichen bewegenden Mängel seien den Käufern bekannt gewesen. Von weiteren Mängeln des Kaufgegenstands habe sie nichts gewusst.

Das Erstgericht wies das restliche Klagebegehren (im zweiten Rechtsgang) ab. Aufgrund des den Beklagten bekannten Umstands, dass sich die Liegenschaft auf einer ehemaligen Schottergrube befinde, liege grundsätzlich ein relevanter Geschäftsirrtum vor, den die Beklagten auch veranlasst haben. Die begehrte Vertragsanpassung komme aber nicht in Betracht, weil den Beklagten kein Vertrag aufgezwungen werden dürfe, den sie nicht geschlossen hätten. Auch nach der Übung des redlichen Verkehrs wären sie nicht verhalten gewesen, zu einem 170.000 EUR unter dem Verkehrswert liegenden Preis zu verkaufen. Den Klägern stünden auch keine Gewährleistungsansprüche zu. Da der vereinbarte Kaufpreis nur um rund 6 % vom Verkehrswert abweiche, liege keine grobe Äquivalenzstörung bzw kein massiver Sachmangel vor. Der vereinbarte Gewährleistungsverzicht sei daher wirksam.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Wesentlichen aus den vom Erstgericht angeführten Gründen. Auch eine Anpassung des Kaufpreises auf (nur) 170.000 EUR komme nach § 872 ABGB nicht in Betracht, weil die Kläger dafür beweispflichtig seien, dass ihr Irrtum auch für die Beklagten unwesentlich geblieben sei. Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Verkehrswert und dem vereinbarten Kaufpreis betrage aber nur 5,56 %, weshalb ein Beharren der Beklagten auf den vereinbarten Preis nicht als unredlich erscheine. § 6 des Kaufvertrags vom 8. 9. 2004 enthalte einen Gewährleistungsverzicht gemäß § 929 ABGB. Ein solcher Verzicht erstrecke sich nicht auf arglistig verschwiegene Mängel und auch nicht auf das Fehlen ausdrücklich zugesicherter Eigenschaften. Da von einer gravierenden Äquivalenzstörung nicht ausgegangen werden könne, sei die Gewährleistung für eine bestimmte Beschaffenheit des Vertragsgegenstands wirksam ausgeschlossen worden. Den Klägern gebühre daher auch kein Anspruch aus dem Titel der Preisminderung.

Nachdem das Berufungsgericht die Revision zunächst für nicht zulässig erklärte, änderte es über Antrag der Kläger den Zulässigkeitsausspruch gemäß § 508 ZPO nachträglich ab, weil zur Frage, ob bei einem Liegenschaftskauf von einem massiven Sachmangel auszugehen sei, wenn sich für den Käufer nachträglich herausstelle, dass das von ihm erworbene Einfamilienhaus nicht auf natürlich gewachsenem Boden, sondern auf einer aufgefüllten Schottergrube errichtet worden sei, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in der Weise abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragen die Beklagten, der Revision den Erfolg zu versagen. Die Nebenintervenientin hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Vorinstanzen von den Grundsätzen zur Beurteilung der Wirksamkeit eines Gewährleistungsverzichts abgewichen sind; sie ist auch berechtigt.

1.1 Vorauszuschicken ist, dass sich die Kläger im Revisionsverfahren auf listige Irreführung als Anspruchsgrundlage nicht mehr berufen (vgl RIS-Justiz RS0041570). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass bei einem wie hier vorliegenden Privatverkauf mangels Anwendbarkeit des § 9 KSchG ein Verzicht auf Gewährleistungsansprüche grundsätzlich in Betracht kommt. Auf den zu beurteilenden Kaufvertrag ist neues Gewährleistungsrecht (idF des GewRÄG BGBl I 2001/48) anzuwenden.

1.2 Die Kläger stützen ihr restliches Begehren einerseits auf Gewährleistung und andererseits auf Vertragsanpassung nach § 872 ABGB zufolge Irrtums. In ihrer Revision berufen sie sich vor allem auf die Wiederherstellung der „subjektiven Äquivalenz“. Für die Beurteilung der Äquivalenzstörung sei auf den Verkehrswert der Liegenschaft in mangelfreiem Zustand abzustellen.

Der Hinweis auf die subjektive Äquivalenz erweist sich im Ergebnis als berechtigt.

2.1 Die Vorinstanzen haben den Haftungsausschluss in § 6 des Kaufvertrags vom 8. 9. 2004 als wirksamen Gewährleistungsverzicht beurteilt. Ein Verzicht auf Gewährleistungsansprüche kann erst dann schlagend werden, wenn eine Vertragswidrigkeit bejaht wird. Die Vorinstanzen gehen also offenbar davon aus, dass die Bodenbeschaffenheit in Form eines Schüttgrundes anstatt eines natürlich gewachsenen Bodens einen Sachmangel begründet.

2.2 Eine Mangelhaftigkeit im Sinne einer Vertragswidrigkeit besteht in einer qualitativen oder quantitativen Abweichung der Leistung vom vertraglich Geschuldeten. Die Gewährleistung soll Störungen der subjektiven Äquivalenz abhelfen (vgl 1 Ob 113/02b). Aus diesem Grund hat der Gewährleistungspflichtige den Minderwert seiner Leistung zu vertreten. Der geschuldete Vertragsgegenstand wird durch die gewöhnlich vorausgesetzten oder die ausdrücklich oder stillschweigend zugesicherten Eigenschaften bestimmt. Ob eine Eigenschaft als zugesichert anzusehen ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung des Vertragspartners erschließen durfte (vgl 1 Ob 564/95). Seine berechtigte Erwartung ist an der Verkehrsauffassung zu messen. Der Kaufgegenstand muss auch der Natur des Geschäfts oder der geschlossenen Verabredung entsprechend benützt und verwendet werden können.

Die Vertragswidrigkeit eines Leistungsgegenstands ist allerdings nicht abstrakt, sondern immer aufgrund des konkreten Veräußerungsvertrags zu beurteilen. Die Vertragsparteien können eine Sache, die objektiv gesehen mangelhaft ist, durchaus als vertragsgemäß ansehen. So kann etwa ein auffallend niedriger Kaufpreis ein Indiz dafür sein, dass bestimmte negative Eigenschaften des Kaufgegenstands nach der Vorstellung der Parteien keinen Mangel darstellen und somit auch keine Gewährleistungsansprüche auslösen sollen. Wer beispielsweise billig ein aufgelassenes Fabriksgelände erwirbt, darf sich im Allgemeinen nicht darüber beschweren, dass der Boden mit Altöl oder anderen Sonderabfällen, die beim Betrieb der Fabrik angefallen sind, kontaminiert ist (7 Ob 562/94; 10 Ob 2066/96p mwN).

Bei Unterlassung einer nach Treu und Glauben berechtigt erwarteten Aufklärung - wie hier über die Bodenbeschaffenheit (vgl 8 Ob 36/07p) - darf nicht ohne weiteres eine schlüssige Zusage angenommen werden, wenn der Erwerber keine Auskünfte oder Belehrungen verlangt. Wenn aber der Verkäufer die Wichtigkeit der tatsächlich fehlenden Eigenschaft für den Käufer kennt oder diese zumindest erkennen muss, ist er bei Nichtaufklärung über das Fehlen der berechtigt erwarteten Eigenschaft grundsätzlich gewährleistungspflichtig (vgl RIS-Justiz RS0018468).

2.3 Die Vorinstanzen haben zu Recht eine Verletzung der Aufklärungspflicht der Beklagten über die Bodenbeschaffenheit bejaht. Nach den Feststellungen enthielt der Kaufvertrag der Beklagten aus dem Jahr 1987 einen ausdrücklichen Hinweis auf die wahre Bodenbeschaffenheit. Ihnen war der tatsächliche Zustand des Untergrundes somit bekannt. Ohne Hinweis auf die für einen Liegenschaftskauf wesentliche Eigenschaft der besonderen Bodenbeschaffenheit konnten die Kläger beim Kauf des Einfamilienhauses in einer Siedlung davon ausgehen, dass dieses auf natürlich gewachsenem Grund errichtet wurde. Unter Zugrundelegung des Verkehrswerts des Kaufgegenstands in mangelfreiem Zustand (217.000 EUR) musste ihnen der Kaufpreis von 180.000 EUR nicht als auffallend niedrig erscheinen. Das Grundstück gehörte auch nach seiner äußeren Erscheinung nicht etwa zu einem als solchen erkennbaren Fabriks- oder Deponiegelände. Damit bestanden für die Kläger keine zwingenden Anhaltspunkte für eine besondere Situation. Sie mussten sich daher auch nicht veranlasst sehen, von den Beklagten nähere Auskünfte zur Bodenbeschaffenheit zu verlangen. Selbst wenn die Kläger von einem günstigen Geschäft ausgegangen wären, was aber nicht feststeht, hätten keine ausreichenden Verdachtsmomente für eine Nachfrageobliegenheit bestanden.

In Anbetracht der konkreten Gegebenheiten konnten sich die Kläger somit auf natürliche Bodenverhältnisse verlassen und die Eigenschaft eines natürlich gewachsenen Bodens erwarten.

2.4 Die Beklagten weisen in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend daraufhin, dass die Kläger mit ihrem Gewährleistungsanspruch nur durchdringen können, wenn der im Kaufvertrag vereinbarte Gewährleistungsverzicht ausnahmsweise nicht anwendbar wäre.

Nach gesicherter Rechtsprechung erstreckt sich ein umfassend abgegebener Gewährleistungsverzicht grundsätzlich auch auf geheime und solche Mängel, die normalerweise vorausgesetzte Eigenschaften betreffen (RIS-Justiz RS0018564). Im Zweifel sind Verzichtserklärungen allerdings restriktiv auszulegen (RIS-Justiz RS0018561). Ein vertraglicher Gewährleistungsverzicht erstreckt sich daher nicht auf das Fehlen ausdrücklich oder schlüssig zugesicherter Eigenschaften oder auf arglistig verschwiegene Mängel (RIS-Justiz RS0018523; RS0018555; 6 Ob 272/05a; 9 Ob 3/09w; 7 Ob 203/09t). Durch das neue Gewährleistungsrecht hat sich an diesen Grundsätzen nichts geändert (2 Ob 189/07v).

Der Haftungsausschluss in § 6 des Kaufvertrags vom 8. 9. 2004 steht mit dem Hinweis auf den den Käufern bekannten Zustand der Liegenschaft und der ihnen gegebenen Gelegenheit zur Informationsbeschaffung (zB durch Besichtigung) in Verbindung (arg: „Die Verkäufer haften demnach ...“). Es handelt sich somit um keinen umfassenden Gewährleistungsverzicht. Vielmehr bezieht sich dieser nur auf Mängel, die für die Käufer etwa durch Besichtigung sowie Informationsaufnahme erkennbar gewesen wären (vgl RIS-Justiz RS0018555). Eine Nachfrageobliegenheit zur Bodenbeschaffenheit hat für die Kläger nicht bestanden. Sie konnten sich mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auf natürliche Bodenverhältnisse verlassen. Dass die Bodenbeschaffenheit für den Käufer einen wichtigen, den Kaufabschluss unmittelbar beeinflussenden Umstand darstellt, ist nicht nur allgemein bekannt, sondern musste den Beklagten schon aufgrund des Hinweises im eigenen Kaufvertrag bewusst sein. Weil die Kläger über das Fehlen einer konkret erwarteten Eigenschaft von den Beklagten trotz deren entsprechenden Wissensstands nicht aufgeklärt wurden, ist ausgehend vom Erkenntnishorizont der Kläger von einer konkludent zugesicherten Eigenschaft, nämlich dem Vorhandensein gewachsenen Bodens, auszugehen.

2.5 Entgegen der Ansicht der Beklagten setzt die Unwirksamkeit eines Gewährleistungsverzichts nicht die Unbrauchbarkeit der Leistung voraus. Der in der Entscheidung 6 Ob 272/05a enthaltene Hinweis auf den Grundsatz, wonach ein Gewährleistungsverzicht auch die völlige Unbrauchbarkeit einer Leistung nicht umfasse, stellt lediglich einen weiteren Fall für die Unwirksamkeit einer Verzichtserklärung dar. Auf die Lehre P. Bydlinskis von der gravierenden Äquivalenzstörung (Beschränkungen und Ausschluss der Gewährleistung, JBl 1993, 559 und 631) kommt es im vorliegenden Fall nicht mehr an, sodass eine Stellungnahme dazu unterbleiben kann (vgl auch 9 Ob 3/09w).

Warum die von den Klägern begehrte Preisminderung mit einem gravierenden Sachmangel unvereinbar sein soll, lassen die Beklagten in der Revisionsbeantwortung unbegründet. Nach § 932 Abs 1 ABGB idF BGBl I 2001/48 kann der Übernehmer wegen eines Mangels die Verbesserung (Nachbesserung oder Nachtrag des Fehlenden), den Austausch der Sache, eine angemessene Minderung des Entgelts (Preisminderung) oder die Aufhebung des Vertrags (Wandlung) fordern. Gemäß § 932 Abs 2 und 4 ABGB kann der Übernehmer zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre (vgl dazu 8 Ob 36/07p). Diese Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der sogenannten sekundären Gewährleistungsrechtsbehelfe sind hier zweifellos gegeben.

2.6 Es ergibt sich somit, dass der in § 6 des Kaufvertrags vom 8. 9. 2004 enthaltene Gewährleistungsverzicht in Bezug auf den Untergrund der Liegenschaft unwirksam ist. Für die in der Bodenbeschaffenheit gelegene Mangelhaftigkeit der Kaufliegenschaft stehen den Klägern Gewährleistungsansprüche zu, wobei sie im vorliegenden Fall auch Preisminderung begehren können.

3.1 Zur Ermittlung der Höhe der Preisminderung bedient sich die ständige Rechtsprechung der sogenannten relativen Berechnungsmethode. Damit soll die mit dem Kaufpreis im Verhältnis zum Verkehrswert des Kaufobjekts festgelegte subjektive Äquivalenz aufrecht erhalten werden. Nach dieser Berechnungsmethode soll sich der geminderte Preis zum vereinbarten Preis wie der Wert der mangelhaften Sache zum Wert der mangelfreien Sache verhalten (RIS-Justiz RS0018764).

An der relativen Berechnungsmethode wurde bisher mit dem Argument festgehalten, dass der Mangel in die Sphäre des Verkäufers falle und dem Käufer die durch einen günstigen Kauf erworbene Wertrelation erhalten bleiben solle. Dementsprechend findet die Preisminderung nicht im gemeinen Wert (Verkehrswert) des mit dem Mangel behafteten Kaufobjekts ihre Untergrenze (RIS-Justiz RS0110929; vgl auch RS0016260). Auf Verkäuferinteressen wurde in der Rechtsprechung bisher aber dann Bedacht genommen, wenn sich der Kaufpreis nach der relativen Berechnungsmethode auf Null reduzierte (6 Ob 221/98p; 7 Ob 212/06m).

3.2 Die Kläger gehen in ihrer Argumentation davon aus, dass die Beklagten bereit gewesen wären, das Objekt mit einem Verkehrswert von 217.000 EUR um 180.000 EUR zu veräußern. Sie hätten daher ein für die Kläger günstiges Geschäft geschlossen. Die Beklagten haben dazu nur vorgebracht, dass der Kaufpreis dem objektiven Marktwert entsprochen habe bzw unter dem erzielbaren Marktpreis gelegen gewesen sei.

Ob und gegebenenfalls welche Überlegungen die Parteien zur Bestimmung des Kaufpreises in Relation zum Verkehrswert angestellt haben, steht nicht fest. Auf besondere Umstände bei der Preisbestimmung, die Einfluss auf die Ermittlung der Preisminderung haben könnten, haben sich die Beklagten nicht bezogen. Sie ziehen die relative Berechnungsmethode damit nicht in Zweifel.

Das noch offene Leistungsbegehren findet in der Ermittlung der Preisminderung nach der relativen Berechnungsmethode Deckung. Da die Kläger zum geltend gemachten Zinsschaden den Beweis nicht angetreten haben, stehen ihnen nur die gesetzlichen Verzugszinsen zu. Der Zeitpunkt sowohl des Vertragsabschlusses als auch der Übergabe des Kaufobjekts war vor dem begehrten Fälligkeitstermin gelegen.

4. Auf die weiters von den Klägern ins Treffen geführte Irrtumsproblematik kommt es nicht mehr an. Dazu ist auf die zutreffende Beurteilung der Vorinstanzen hinzuweisen, dass die von den Klägern begehrte Vertragsanpassung nur dann erreicht werden könnte, wenn auch der Vertragspartner des Irrenden im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereit gewesen wäre oder nach der Übung des redlichen Verkehrs hätte bereit sein müssen, zu den angepassten Bedingungen abzuschließen. Dem Gegner kann aber nicht einseitig ein Vertragsinhalt aufgezwungen werden, den er nicht akzeptiert hätte (RIS-Justiz RS0016262; 5 Ob 144/98g; 6 Ob 221/98p). Eine Vertragsanpassung muss somit von beiden Parteien getragen werden. Ist diese Voraussetzung gegeben, so kann auch ein wesentlicher Mangel zur Vertragsanpassung führen (vgl 3 Ob 68/03a). Nach den Feststellungen waren die Beklagten nicht bereit, die Liegenschaft zu einem Preis unter 180.000 EUR zu verkaufen.

5. Zusammenfassend ergibt sich, dass beim Erwerb eines Einfamilienhauses ohne Hinweis auf eine besondere Bodenbeschaffenheit im Allgemeinen ein natürlich gewachsener Untergrund erwartet werden kann. Die Reichweite eines vertraglichen Gewährleistungsverzichts ist durch Auslegung zu ermitteln. Auf das Fehlen einer auch nur schlüssig zugesicherten Eigenschaft erstreckt sich selbst ein umfassender Gewährleistungsverzicht nicht. Ohne Darlegung besonders rücksichtswürdiger Verkäuferinteressen besteht für eine Preisminderung nach der relativen Berechnungsmethode keine Untergrenze mit dem Verkehrswert des mangelhaften Objekts.

In Stattgebung der Revision waren die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Die Verurteilung „zur gesamten Hand“ folgt dem Klagebegehren. Die Kostenentscheidung gründet sich in der ersten Phase (bis 20. 11. 2006) auf § 43 Abs 1 und in der zweiten Phase auf § 41 ZPO. In der ersten Phase errechnet sich die Obsiegensquote der Kläger mit rund 65 %; die geringfügige Änderung des Streitwerts in der Verhandlung vom 12. 10. 2005 (ON 17, 3) hatte darauf keinen Einfluss. Der Beitritt der Nebenintervenientin erfolgte erst mit Schriftsatz vom 21. 12. 2005 (ON 19); bis zu diesem Zeitpunkt gebührt den Klägern ein Streitgenossenzuschlag von 15 %. Die Urkundenvorlage samt Ergänzung des Vorbringens (ON 24) hätte in der Verhandlung vom 20. 4. 2006 erfolgen können (vgl ON 26, 7). Für die Mitteilung vom 4. 10. 2007 (ON 39) gebührt nur eine Entlohnung nach TP 1 RATG mit einfachem Einheitssatz. An Sachverständigengebühren haben die Kläger 782,20 EUR verzeichnet. Bei den von den Parteien verzeichneten Fahrtkosten handelt es sich nicht um gerichtliche Barauslagen. Die Kosten des Beweissicherungsverfahrens stellen nach ständiger Rechtsprechung vorprozessuale Kosten dar, die - solange ein Hauptanspruch besteht - nur als Teil der Prozesskosten des Hauptprozesses ersatzfähig sind (RIS-Justiz RS0036022). Findet im Beweissicherungsverfahren eine Beweisaufnahme durch den Sachverständigen statt, so müssen die dafür entstandenen Kosten als nachträgliche Kosten gemäß § 54 Abs 2 ZPO rechtzeitig verzeichnet werden; dies ist hier nicht geschehen. Der „Streitwert“ des Beweissicherungsverfahrens ist nicht dem Streitwert des Hauptverfahrens hinzuzurechnen; die verzeichneten Ansätze waren insoweit zu korrigieren. Hinsichtlich der Rechtsmittelverfahren gründet sich die Kostenentscheidung auf §§ 41, 50 ZPO. Bei der Revision handelt es sich um keinen verfahrenseinleitenden Schriftsatz iSd § 23a RATG.

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