OGH 4Ob227/12d

OGH4Ob227/12d12.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** S.A., *****, vertreten durch Tonninger Schermaier Maierhofer & Partner Rechtsanwälte GbR in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. V***** GmbH & Co KG, *****, und 2. H***** GmbH & Co KG, *****, beide vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 32.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 31. Oktober 2012, GZ 2 R 201/12m‑12, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 31. August 2012, GZ 24 Cg 162/12g‑3, in der Fassung des Beschlusses vom 14. September 2012, GZ 24 Cg 162/12g‑8, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0040OB00227.12D.0212.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit die klagende Partei damit eine einstweilige Verfügung gegen Eingriffe in ihre Rechte an der Marke IR 539251 anstrebt.

Im Übrigen wird dem außerordentlichen Revisionsrekurs Folge gegeben. Der Beschluss des Rekursgerichts und der noch nicht in Rechtskraft erwachsene Teil des Beschlusses des Erstgerichts werden, soweit sie in Ansehung der erstbeklagten Partei ergangen sind, aufgehoben, und die Rechtssache wird insofern zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten im Sicherungsverfahren zwischen der klagenden und der erstbeklagten Partei.

 

Begründung:

Die Klägerin ist ein spanischer Süßwarenhersteller. Zu ihrem Sortiment gehören die nachstehend dargestellten, als „Tico Pop“ bezeichneten Lutscher, in deren Mitte sich ein Kaugummi befindet. Diese Lutscher werden „seit Jahrzehnten“ auch in Österreich verkauft.

Die in Deutschland ansässige Zweitbeklagte erzeugt seit Anfang 2012 ebenfalls kugelförmige Lutscher mit Kaugummifüllung. Sie werden in Österreich unter anderem von der Erstbeklagten vertrieben und haben folgendes Aussehen:

Zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen,

Lutscher, die den in einer Beilage dargestellten „Tico Pop“-Lutschern der Klägerin verwechselbar ähnlich seien und/oder keinen anderen Gesamteindruck erweckten und/oder in ihre Rechte der Marke IR 539251 eingriffen, anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen (in eventu: und/oder diese Tätigkeiten zu fördern), insbesondere die von der zweitbeklagten Partei erzeugten, ebenfalls in einer Beilage dargestellten „GumPop“-Lutscher anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen.

Zur Begründung stützt sie sich einerseits auf Verwechslungsgefahr mir ihrer Marke IR 539251. Dieses Vorbringen ist im Revisionsrekursverfahren nicht mehr relevant. Zum anderen wirft sie den Beklagten Imitationsmarketing und eine vermeidbare Herkunftstäuschung vor. Sie vertreibe ihre Lutscher seit Mitte der 1970er Jahre auch in Österreich; seit damals hätten sie sich zum Topseller entwickelt. Sie seien flächendeckend in mehr als 5.000 Geschäften erhältlich, wobei in den letzten 14 Jahren durchschnittlich 6,5 Mio Stück abgesetzt worden seien. Es handle sich „um eine der beliebtesten, wenn nicht die beliebteste Lutschermarke“ bei den österreichischen Kindern. Die Aufmachung der Lutscher sei durch die charakteristische Gestaltung des Wickelpapiers geprägt. Dadurch und wegen der langen Marktpräsenz würden die angesprochenen Kreise (Eltern und Kinder) die Lutscher in den Geschäften erkennen; ein nicht unerheblicher Teil von ihnen verstehe die Aufmachung als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Im Laufe der Zeit hätten zwar auch Mitbewerber vergleichbare Lutscher auf den Markt gebracht, die aber deutlich anders ausgesehen hätten. So habe auch die Zweitbeklagte Lutscher hergestellt, die sich erheblich von jenen der Klägerin unterschieden hätten. Seit kurzem vertreibe jedoch die Erstbeklagte Lutscher der Zweitbeklagten, die dem Original der Klägerin zum Verwechseln ähnlich sähen. Es handle sich dabei ebenfalls um Lutscher mit Kaugummifüllung, die in den gleichen Geschmacksrichtungen wie jene der Klägerin angeboten würden. Die prägenden Elemente der Aufmachung würden direkt übernommen (auf die Geschmacksrichtung hinweisende Farben, blauer Ring, weiße Beschriftung), die einzige Abweichung sei die wellenförmige Begrenzung der weißen Umrandung. Der Gesamteindruck sei damit praktisch ident. Die Beklagten verstießen dadurch gegen § 2 Abs 3 Z 1 UWG, weiters liege angesichts der anderen Gestaltungsmöglichkeiten eine vermeidbare Herkunftstäuschung iSv § 1 UWG vor.

Das Erstgericht entschied über den Sicherungsantrag im einseitigen Verfahren. Es untersagte den Beklagten, Lutscher, die den bildlich dargestellten Lutschern der Klägerin verwechselbar ähnlich seien oder keinen anderen Gesamteindruck erweckten, in Österreich anzubieten oder in Verkehr zu bringen oder das Anbieten oder Inverkehrbringen zu fördern, dies insbesondere in Bezug auf die ebenfalls bildlich dargestellten Lutscher der Zweitbeklagten. Das Mehrbegehren auf Verbot eines Eingriffs in die Rechte an der Marke IR 539251 wies es ab. Die Lutscher der Zweitbeklagten ahmten das erfolgreiche Produkt der Klägerin sklavisch nach; die Zweitbeklagte verberge ihr Firmenlogo bewusst im unteren Teil der Wicklung an praktisch unsichtbarer Stelle. Dies begründe Unterlassungsansprüche nach § 1 und § 2 Abs 3 Z 1 UWG. Markenrechtliche Ansprüche bestünden nicht, weil die Marke der Klägerin von deren Produktaufmachung abweiche und insofern keine Verwechslungsgefahr bestehe.

Nur die Erstbeklagte erhob gegen diese Entscheidung Rekurs. Gegenüber der Zweitbeklagten wurde die einstweilige Verfügung daher rechtskräftig, ebenso die Teilabweisung in Bezug auf die markenrechtlichen Ansprüche der Klägerin.

Das Rekursgericht wies den gegen die Erstbeklagte gerichteten Sicherungsantrag zur Gänze ab. Es sprach aus, dass der Wert seines Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Imitationsmarketing iSv § 2 Abs 3 Z 1 UWG setze nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs Verkehrsgeltung voraus. Dafür sei erforderlich, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Kreise die Produktaufmachung als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstehe. Dazu habe die Klägerin kein Vorbringen erstattet. Die Ausführungen zur Beliebtheit der Lutscher und zu den Verkaufszahlen sagten nichts darüber aus, welche „Assoziationen“ die Produktaufmachung bei den angesprochenen Verbrauchern erwecke. Auch ergänzender wettbewerblicher Schutz nach § 1 UWG setze eine gewisse Bekanntheit eines Kennzeichens voraus. Dazu fehle wiederum Vorbringen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich ein außerordentlicher Revisionsrekurs der Klägerin. Sie macht geltend, dass sie ein ausreichendes Vorbringen zur Bekanntheit und zur Kennzeichnungskraft ihrer Produktaufmachung erstattet habe, und beantragt den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, „dass die beantragte Verfügung erlassen“ wird.

Die Erstbeklagte beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, soweit er mit dem nicht weiter eingeschränkten Rechtsmittelantrag auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen Eingriffe in die Marke IR 539251 anstrebt. Der in diesem Punkt abweisende Beschluss des Erstgerichts ist mangels Anfechtung durch die Klägerin rechtskräftig geworden.

Im Übrigen ist der Revisionsrekurs zulässig, weil das Rekursgericht relevantes Vorbringen der Klägerin in einer die Rechtssicherheit gefährdenden Weise unbeachtet gelassen hat; er ist im Sinn des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Das Rekursgericht hat die jüngere Rechtsprechung des Senats zu § 2 Abs 3 Z 1 UWG (Imitationsmarketing) richtig dargestellt (17 Ob 26/11i = ecolex 2012, 151 [Zemann] = ÖBl 2012, 114 [Majchrzak] - Gulliver's Reisen III; 17 Ob 22/11a = jusIT 2012, 59 [Thiele] = ÖBl 2012, 119 [Schnider/Feiler] = ecolex 2012, 503 [Horak] - wetter.tv; obiter schon 4 Ob 14/10y = jusIT 2011, 129 [Thiele] = ÖBl 2011, 313 [Majchrzak] – relaxx.at; RIS‑Justiz RS0127266, RS0126781 [T2], RS0124842 [T3]). Danach liegt Verwechslungsgefahr im Sinn dieser Bestimmung vor, wenn der Durchschnittsverbraucher aufgrund der konkreten Aufmachung eines Produkts annehmen könnte, es stamme aus einem anderen Unternehmen. Das wiederum setzt voraus, dass ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die nachgeahmte Verpackung kennt und als Hinweis auf die Herkunft aus einem anderen Unternehmen versteht. Im Ergebnis ist daher für Unterlassungsansprüche nach § 2 Abs 3 Z 1 UWG ebenso wie für solche nach § 9 Abs 3 UWG Verkehrsgeltung der Ausstattung oder des sonst zur Kennzeichnung verwendeten Zeichens erforderlich.

2. An dieser Rechtsprechung ist trotz der daran teilweise geübten Kritik (Majchrzak, ÖBl 2011, 319; dies, ÖBl 2012, 118; Horak, Imitationsmarketing und Schutz nicht registrierter Kennzeichen. Zum Verhältnis von UWG und Markenrecht, ÖBl 2012, 151; Gamerith, Glosse zu 17 Ob 6/11y, ÖBl 2012, 80) festzuhalten.

2.1. Konkrete Verwechslungsgefahr iSv § 2 Abs 3 Z 1 UWG kann der Natur der Sache nach nur vorliegen, wenn der Durchschnittsverbraucher, also ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, die angeblich nachgeahmte Aufmachung kennt und sie mit einem bestimmten, bereits auf dem Markt befindlichen Produkt in Verbindung bringt. Ist das der Fall, wird der Durchschnittsverbraucher die Aufmachung in der Regel als Hinweis auf die Herkunft des ihm bekannten Produkts aus einem bestimmten Unternehmen verstehen; dass zwei miteinander nicht in Geschäftsbeziehungen stehende Unternehmen dasselbe Produkt in derselben Aufmachung erzeugen, wird er im Allgemeinen nicht annehmen. Das Unternehmen selbst muss er dabei nicht kennen; es genügt, wenn er an dessen Waren oder Leistungen denkt.

2.2. Diese Voraussetzungen entsprechen jenen, die auch für die Verkehrsgeltung eines nicht registrierten Unternehmenskennzeichens iSv § 9 Abs 3 UWG gelten (vgl dazu Schmid in G. Kodek/Wiebe, UWG2 [2012] § 9 Rz 79 ff mwN). Denn auch hier genügt es, dass die angesprochenen Kreise das Zeichen als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verstehen; um welches Unternehmen es sich dabei konkret handelt, müssen sie nicht wissen (4 Ob 26/92 = ÖBl 1992, 221 ‑ Farbprofi; 4 Ob 38/06a = ÖBl 2007, 22 - Shopping City). Dabei stehen die originäre Kennzeichnungskraft und die konkrete Benutzung in einer Wechselbeziehung: Je kennzeichnungskräftiger ein Zeichen (eine Warenausstattung) ist, umso eher wird eine durch Benutzung bewirkte Bekanntheit dazu führen, dass die angesprochenen Kreise das Zeichen (die Ausstattung) einem bestimmten Produkt und damit (mittelbar) einem bestimmten Unternehmen zuordnen. Bei originär schwachen oder überhaupt beschreibenden Zeichen wird demgegenüber eine weit höhere Marktpräsenz erforderlich sein, um eine solche Zuordnung zu erreichen (vgl 4 Ob 38/06a = ÖBl 2007, 22 - Shopping City; Schmid aaO Rz 84 mwN). Die in der Literatur geäußerte Kritik an der Rechtsprechung des Senats ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass diese unterschiedlichen Anforderungen für das Vorliegen von Verkehrsgeltung nicht ausreichend beachtet werden; dies wohl deswegen, weil die dazu ergangenen Entscheidungen meist beschreibende Zeichen betreffen (vgl etwa RIS-Justiz RS0078788, RS0066744). Dort kann auch aus hoher Bekanntheit nicht auf die Zuordnung zu einem bestimmten Unternehmen geschlossen werden (17 Ob 20/08b = SZ 2008/136 ‑ Botox; RIS-Justiz RS0078788). Bei originär kennzeichnungskräftigen Zeichen ist die Bekanntheit demgegenüber ein starkes Indiz dafür, dass der Verkehr das Zeichen einem bestimmten Produkt zuordnet. Für sich allein reicht aber (auch hohe) originäre Kennzeichnungskraft nicht aus, um Verwechslungsgefahr iSv § 2 Abs 3 Z 1 UWG entstehen zu lassen. Dies folgt daraus, dass der Verkehr nach dieser Bestimmung nur vor konkreter Verwechslungsgefahr geschützt ist. Darin liegt der entscheidende Unterschied zu Ansprüchen nach § 10 MSchG: Eine Marke begründet schon aufgrund ihrer Registrierung kennzeichenrechtliche Ansprüche, wobei die Verwechslungsgefahr zunächst abstrakt, also ausgehend vom Registerstand zu beurteilen ist (4 Ob 134/06v = ÖBl 2007, 176 [Donath] ‑ Buzz). Solche Ansprüche können daher ‑ jedenfalls während der Benutzungsschonfrist - auch dann bestehen, wenn die Marke tatsächlich gar nicht verwendet wird. Hingegen setzt eine lauterkeitsrechtlich relevante Verwechslungsgefahr die durch Benutzung bewirkte tatsächliche Zuordnung des Zeichens (der Ausstattung) zu einem bestimmten Produkt voraus (Ströbele/Hacker, Markengesetz10 [2011] § 2 Rz 15; Köhler/Bornkamm, UWG30 [2012] § 5 Rz 4.238).

3. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin vorgebracht, dass die Aufmachung ihrer Lutscher durch die charakteristische (also originär kennzeichnungskräftige/ wettbewerblich eigenartige) Gestaltung des Wickelpapiers geprägt sei. Die angesprochenen Kreise (Eltern und Kinder) würden die Lutscher durch diese Aufmachung aufgrund der hohen Verkaufszahlen und der langen Marktpräsenz im Lebensmittelhandel erkennen; ein nicht unerheblicher Teil dieser Kreise verstehe die Aufmachung als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Damit hat sie ein ausreichendes Vorbringen zu den Voraussetzungen für konkrete Verwechslungsgefahr iSv § 2 Abs 3 Z 1 UWG erstattet. Dass sie den Begriff „Verkehrsgeltung“ nicht verwendet hat, kann ihr selbstverständlich nicht schaden.

4. Die Entscheidung 17 Ob 22/11a (wetter.at) steht dem nicht entgegen. Zwar hat es der Senat dort abgelehnt, aus hohen Zugriffszahlen auf das Vorliegen von Verkehrsgeltung eines Domainnamens zu schließen. Allerdings hatte dieser Domainname („wetter.at“) beschreibenden Charakter, und die Zugriffe auf die Website waren zudem nicht zwingend mit der Eingabe des Domainnamens in der Adresszeile des Browsers verbunden, was die Zuordnung zu einem bestimmten Webseiteninhalt indiziert hätte; vielmehr konnten sie auch auf die Verwendung generischer Begriffe (zB „Wetter“ und „Österreich“) in Suchmaschinen zurückzuführen sein. Damit fehlten die Grundlagen für die Annahme konkreter Verwechslungsgefahr. Im vorliegenden Fall ist das anders. Die Ausstattung der Klägerin hat starke originäre Kennzeichnungskraft; treffen die von der Klägerin behaupteten hohen Verkaufszahlen und das praktisch flächendeckende Angebot zu, wäre jedenfalls im Sicherungsverfahren und mangels konkreter Bestreitung der Schluss zulässig, dass die Ausstattung der Klägerin in den angesprochenen Kreisen bekannt ist und dass diese Kreise die Ausstattung mit einem bestimmten Produkt ‑ nämlich jenem der Klägerin ‑ in Verbindung bringen. Dann bestünde aber auch die Gefahr, dass die angesprochenen Kreise ähnlich aufgemachte Erzeugnisse eines Mitbewerbers mit dem Produkt der Klägerin verwechseln, deswegen das Produkt des Mitbewerbers kaufen und so eine Entscheidung treffen, die sie sonst nicht getroffen hätten. Dass die Lutscher der Beklagten wegen des praktisch identischen Gesamteindrucks eine für das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ausreichende Ähnlichkeit aufwiesen, hat schon das Erstgericht völlig zutreffend dargelegt. Damit wäre der Tatbestand von § 2 Abs 3 Z 1 UWG erfüllt.

5. Entscheidend ist daher, ob die Klägerin ihr Vorbringen zu den Verhältnissen auf dem österreichischen Lutschermarkt bescheinigen kann. Bisher fehlen dazu Feststellungen, weil das Erstgericht nur als bescheinigt angenommen hat, dass der Lutscher der Klägerin „seit Jahrzehnten“ in Österreich vertrieben werde; in welchem Umfang, blieb offen. Das führt zur Aufhebung in die erste Instanz. Das Erstgericht wird Feststellungen zum Vorbringen der Klägerin zu treffen und auf dieser Grundlage zu beurteilen haben, ob aufgrund der Herkunftsvorstellungen, die der Durchschnittsverbraucher mit der Aufmachung der Klägerin verbindet, Verwechslungsgefahr iSv § 2 Abs 3 Z 1 UWG besteht. Trifft das zu, wird die einstweilige Verfügung auch gegen die Erstbeklagte zu erlassen sein.

6. Gelingt der Klägerin die Bescheinigung der von ihr behaupteten hohen Verkaufszahlen und des flächendeckenden Angebots, läge auch jene Verkehrsbekanntheit vor, die die Rechtsprechung für Ansprüche in der Fallgruppe „vermeidbare Herkunftstäuschung“ verlangt (RIS-Justiz RS0078676; zuletzt etwa 4 Ob 110/10w = ecolex 2011, 640 [Horak] = ÖBl 2011, 165 ‑ Musiktruch'n/Musigtruchn). Ob und gegebenenfalls welche eigenständige Bedeutung diese Fallgruppe neben § 2 Abs 3 Z 1 UWG noch hat, kann daher offen bleiben (vgl dazu Wiebe in G. Kodek/Wiebe, UWG2 § 1 Rz 594 ff mwN).

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm § 52 ZPO.

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