OGH 3Ob147/12g

OGH3Ob147/12g19.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Mag. Harald Hipfl, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr. Bernhard Birek, Rechtsanwalt in Schlüßlberg, wegen Duldung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 24. April 2012, GZ 3 R 59/12k‑55, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 31. Jänner 2012, GZ 2 Cg 253/09x‑51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger verfügt über mehrere vollstreckbare Exekutionstitel gegen den Vater des Beklagten über insgesamt 14.482,30 EUR sA. Zahlungen waren vom Vater des Beklagten bisher nicht zu erlangen. Der Kläger, ein in Deutschland ansässiger Anwalt, führte gegen den Vater des Beklagten in Deutschland erfolglos Zwangsvollstreckung: ein Zwangsverwaltungs‑ und Zwangsversteigerungsantrag des Klägers vom 23. November 2007 wurde mit Beschluss des zuständigen Amtsgerichts vom 5. Dezember 2007 zurückgewiesen, weil als Eigentümer des Grundbesitzes aufgrund Auflassung vom 30. März 2007 seit 20. Juni 2007 der Beklagte im Grundbuch eingetragen ist (./C).

Am 30. März 2007 schlossen die Eltern des Beklagten (beide ausgewiesen durch österreichische Reisepässe) mit diesem vor einem Notar in München einen Überlassungsvertrag (./1) über diesen Grundbesitz des Vaters in Deutschland (Reihenwohnhaus, Hofraum zu 118 m²) ab, mit dem der Vater den Grundbesitz mit Zustimmung seiner Ehefrau (= Mutter des Beklagten) dem Beklagten, geboren am 5. April 1989, überließ, der mit in München notariell beglaubigter Erklärung vom 8. Juni 2007, ausgewiesen durch einen österreichischen Reisepass, die für ihn abgegebenen Erklärungen genehmigte.

Der Grundbesitz war im Grundbuch Abteilung III wie folgt belastet, was im Abschnitt 1 des Überlassungsvertrags wiedergegeben ist:

a. Grundschuld über 500 DM mit Zinsen zu jährlich 6 %,

b. Grundschuld über 320.000 DM ohne Brief für eine Sparkasse mit 18 % Zinsen jährlich; durch diese Grundschuld waren für das Anwesen aufgenommene Verbindlichkeiten mit einem damaligen Valutenstand von ca 120.000 EUR besichert; und

c. Grundschuld über 49.000 EUR ohne Brief für dieselbe Sparkasse mit 18 % Zinsen jährlich; diese Grundschuld sicherte einen damals nicht valutierten Betriebskredit des Eigentümers.

Der Überlassungsvertrag, in dem die Vertragsparteien den Verkehrswert des Grundstücks mit ca 164.000 EUR angaben, lautete ua:

Abschnitt 5: Mängelhaftung

Der Übergeber haftet nur für den Eigentumsübergang und für die Freiheit von allen anderen Belastungen als den laut Abschnitt 1 dieser Urkunde derzeit im Grundbuch eingetragenen. Jede weitere Sach- oder Rechtsmängelhaftung wird hiermit ausdrücklich ausgeschlossen.

...

Der Übernehmer stellt den Übergeber im Innenverhältnis von den Kreditverbindlichkeiten (Zins und Tilgung) frei, die bei der Sparkasse für das Hausobjekt bestehen. Darüber hinaus duldet er das Weiterbestehen aller Grundpfandrechte, auch soweit sie eventuelle betriebliche Verbindlichkeiten des Übergebers besichern. Jedoch muss der Übergeber den Übernehmer von der Inanspruchnahme aus solchen Verbindlichkeiten freihalten.

Die in Abschnitt 1 dieser Urkunde näher genannten und in Abt. 3 des Grundbuchs eingetragenen Grundschulden werden vom Übernehmer jeweils lediglich zur dinglichen Haftung übernommen. Sämtliche an diesen Grundpfandrechten für den Übergeber bereits entstandenen und noch entstehenden Eigentümerrechte incl. Rückgewähransprüche werden hiermit auf den Übernehmer eingetragen und die entsprechende Umschreibung im Grundbuch bewilligt.

Abschnitt 8: Vollzugsvollmacht

Der Notar wird beauftragt und bevollmächtigt, für den Vollzug dieses Vertrages zu sorgen. … Der Notar darf Anträge aus dieser Urkunde ganz oder teilweise stellen und darf solche Anträge auch abändern oder zurücknehmen; er soll dies aber nur auf Anweisung der Beteiligten tun oder, wenn es nach seiner Beurteilung für den Vollzug der Urkunde zweckmäßig ist. ...

Den Eltern und dem Beklagten war klar, dass mit diesem Überlassungsvertrag dem Kläger vollstreckbare Habe entzogen wird. Gegen den Vater des Beklagten bestehen bei der Sparkasse Verbindlichkeiten von insgesamt 143.383,92 EUR.

Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt derzeit 200.000 EUR (Bewertungsstichtag 5. Mai 2011).

Der Kläger verlangt mit seiner Anfechtungsklage als Hauptbegehren die Verpflichtung des Beklagten, die Zwangsvollstreckung in dieses im Grundbuch für ihn eingetragene Grundstück zu dulden; das erste Eventualbegehren sieht eine Lösungsbefugnis durch Zahlung von 14.482,30 EUR sA vor; das zweite Eventualbegehren strebt die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von 14.482,30 EUR sA an. Später (ON 7 S 2) beantragte er weiters, den Beklagten zu verpflichten, die Zwangsvollstreckung in den Rückübertragungsanspruch und die entsprechend im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung zu dulden.

Da das Grundstück in Deutschland liege, komme deutsches Recht zur Anwendung. Der Vater habe dem Beklagten die Liegenschaft unentgeltlich iSd § 4 des deutschen Anfechtungsgesetzes (AnfG) übertragen, weil er keine angemessene Gegenleistung erlangt habe; der Beklagte sei daher bereichert. Der Wert des Grundstücks mache mindestens 300.000 EUR aus, der Beklagte habe aber nur die fortbestehenden Verpflichtungen seines Vaters von 120.000 EUR übernommen; die Gegenleistung sei daher wesentlich unter dem Wert der Leistung geblieben. Die Übertragung der Liegenschaft habe ausschließlich den Zweck gehabt, dem Kläger die Zwangsvollstreckung in die Liegenschaft unmöglich zu machen. Den Eltern des Beklagten, die ihn bei Vertragsabschluss mangels Volljährigkeit vertreten hätten, sei bekannt gewesen, dass mit der Übertragung dem Kläger vollstreckbare Habe entzogen werde. Die Liegenschaft sei vermietet, weshalb auch eine Zwangsverwaltung zur Befriedigung der Forderung des Klägers in Frage komme. Eine wertausschöpfende Belastung liege nicht vor, weil die eingetragenen Grundschulden nur mit 120.000 EUR bei Vertragsabschluss valutiert gewesen seien. Die Liegenschaft sei wegen ihres Werts befriedigungstauglich, weil neben den im Grundbuch eingetragenen und aushaftenden Belastungen die Forderungen des Klägers gedeckt seien.

Der Beklagte akzeptierte die Anwendung deutschen Rechts, bestritt im Übrigen und wendete ein, es liege weder Unentgeltlichkeit noch eine gemischte Schenkung vor, sondern ein Kaufvertrag, da der Beklagte sämtliche Passiva von 169.000 EUR vom Vater übernommen habe. Es habe keine Benachteiligungsabsicht des Schuldners bestanden bzw sei sie dem Beklagten nicht bekannt gewesen. Das Grundstück habe einen Verkehrswert von 164.000 EUR, sei aber mit Grundschulden von 169.000 EUR belastet, sodass eine wertausschöpfende Belastung vorliege. Es sei darauf abzustellen, welcher Wert im Rahmen einer Zwangsversteigerung erzielt werden könnte, ob also diese ungeachtet der vorrangigen Belastungen und der Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens zu einer (teilweisen) Befriedigung des Klägers geführt hätte.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt, weil es den Anfechtungsanspruch nach § 3 Abs 2 des AnfG für berechtigt ansah. Die Übertragung zwischen nahen Angehörigen sei mit 30. Mai 2007 erfolgt, dem Beklagten sei die Intention des Vaters für die Übertragung der Liegenschaft in Form einer Benachteiligung des Klägers bewusst und schließlich sei der Wert des Grundstücks durch seine Belastungen nicht ausgeschöpft gewesen. Über das zweite Hauptbegehren entschied das Erstgericht nicht.

Der Berufung (nur) des Beklagten gab das Berufungsgericht nicht Folge und erklärte nachträglich die ordentliche Revision für zulässig.

Entsprechend der nachträglichen ausdrücklichen Rechtswahl sei deutsches Anfechtungsrecht anzuwenden. Die Anwendung des § 3 AnfG sei vom Tatsachenvorbringen des Klägers gedeckt und der Anfechtungsgrund nach dessen Abs 1 gegeben. Benachteiligungsvorsatz des Vaters und Kenntnis des Beklagten davon seien gegeben. Es genüge eine mittelbare Benachteiligung, für die es ausreiche, wenn sie im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz des Anfechtungsprozesses gegeben sei. Ziehe man vom Verkehrswert von 200.000 EUR den derzeit aushaftenden Betrag von 143.383 EUR und die vom Beklagten in der Berufung mit 10.000 EUR bezifferten Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens ab, verbleibe ein Erlös von 46.617 EUR, mit dem die Forderung des Klägers erfüllt werden könne. Das gelte auch für die Anfechtung nach § 3 Abs 2 AnfG, bei der eine unmittelbare Benachteiligung im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts erforderlich sei. Nach Abzug der damals aushaftenden Grundschuld von 120.000 EUR und der Kosten von 10.000 EUR vom vom Beklagten bezifferten Verkehrswert von 164.000 EUR, verbleibe ein ausreichender Erlös von 33.500 EUR. Maßgeblich für die zu berücksichtigenden Belastungen sei nicht der nominale Buchwert der Grundpfandrechte, sondern in welcher Höhe sie noch Forderungen sicherten.

Die ordentliche Revision wurde nachträglich doch zugelassen, weil der Beklagte als erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt habe, ob Feststellungen zum (hypothetischen) Erlös einer Zwangsversteigerung auch dann nötig seien, wenn die Vertragsparteien bei Abschluss des angefochtenen Rechtsgeschäfts von keiner wertausschöpfenden Belastung ausgegangen seien, und ob eine nicht valutierte Grundschuld als Belastung bei der Frage, ob eine objektive Gläubigerbenachteiligung vorliege, zu veranschlagen sei.

Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Klageabweisung, hilfsweise Aufhebung. Der Beklagte tritt der Bejahung eines Anfechtungsanspruchs (auch) inhaltlich nur zur Frage der objektiven Gläubigerbenachteiligung entgegen.

Mit seiner Revisionsbeantwortung strebt der Kläger die Bestätigung des Berufungsurteils an. Es sei offensichtlich, dass angesichts eines weit über 164.000 EUR anzusetzenden Verkehrswerts eine Zwangsversteigerung jedenfalls eine Teilbefriedigung der Forderung des Klägers erwarten lasse.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg bedarf es der Klärung, ob der Akt dem Berufungsgericht zur Nachholung eines Bewertungsausspruchs iSd § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zurückzustellen ist. Es entspricht ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofs, dass bei einem Anfechtungsanspruch auf Duldung einer Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung der Streitgegenstand nicht in einem Geldbetrag besteht, weshalb eine Bewertung durch das Rechtsmittelgericht erforderlich ist (RIS‑Justiz RS0042300; 3 Ob 216/01p mwN = SZ 2002/12), die hier unterblieb. Da das Berufungsgericht im konkreten Fall den Erfolg des Hauptbegehrens bestätigte und daher nicht über das auf Geldleistung lautende Eventualbegehren abzusprechen hatte, war die Entscheidung darüber nicht Gegenstand der nun angefochtenen Berufungsentscheidung (RIS‑Justiz RS0042305 [T7]); es hätte daher eines Bewertungsausspruchs zum Hauptbegehren bedurft. Dabei ist das Berufungsgericht an die Bewertung des Klägers nicht gebunden; bestehen ‑ wie hier ‑ keine zwingenden Bewertungsvorschriften, so hat sich die Bewertung am objektiven Wert der Streitsache zu orientieren (RIS‑Justiz RS0118748 [T1]). Der Bewertungsausspruch ist grundsätzlich unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof grundsätzlich bindend (RIS‑Justiz RS0042515), außer in Fällen offenbarer Unterbewertung (RIS‑Justiz RS0109332).

Die Berücksichtigung des objektiven Werts der Streitsache, die hier in der vom Anfechtungsanspruch betroffenen Liegenschaft in Deutschland zu sehen ist (vgl 3 Ob 215/01p), verlangt angesichts des im Verfahren unstrittigen Mindestverkehrswerts von 164.000 EUR jedenfalls eine Bewertung von über 5.000 EUR; eine darunter vorgenommene wäre als nicht bindende Fehlbewertung anzusehen und könnte daher an der funktionellen Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel des Beklagten nichts ändern. Im Fall einer Bewertung im Zwischenbereich ist deren Grundlage nämlich die Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht; im Fall einer 30.000 EUR übersteigenden Bewertung läge die Zuständigkeit zur Entscheidung über das Rechtsmittel des Beklagten in der Sache jedenfalls beim Obersten Gerichtshof. Aus diesen Gründen erübrigt sich eine Aktenrückstellung.

Gemäß § 3 IPRG ist fremdes Recht wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden. Demnach kann die Revision auch bei Maßgeblichkeit fremden Rechts zulässig sein, wenn durch eine Abweichung der inländischen Gerichte von gefestigter fremder Lehre und Rechtsprechung (hier des deutschen Bundesgerichtshofs ‑ BGH) die Rechtssicherheit gefährdet wird (RIS‑Justiz RS0042940 mwN uva), wenngleich der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht die Aufgabe zukommt, die Einheitlichkeit oder gar die Fortentwicklung fremden Rechts in seinem ursprünglichen Geltungsbereich zu gewährleisten (7 Ob 130/05a uva; RIS‑Justiz RS0042940, RS0042948). Das vorliegende Rechtsmittel ist daher aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig, wenn zwar das anzuwendende ausländische Recht zutreffend ermittelt wurde, aber über eine im ursprünglichen Geltungsbereich des maßgeblichen fremden Rechts in der Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hinweg gegangen wurde und/oder hierbei Subsumtionsfehler unterliefen, die aus Gründen der Rechtssicherheit richtiggestellt werden müssen (RIS‑Justiz RS0042940, RS0042948). Derartige Fehler zeigt die klagende Partei in ihrem Rechtsmittel auf. Die Revision ist auch im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

1.1. Es entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass bei der Gläubigeranfechtung außerhalb des Konkurses, wenn es um die Anfechtung eines Liegenschaftserwerbs geht, das Recht des Staats anzuwenden ist, wo sich das der Befriedigung entzogene Vermögen befindet (Wirkungsstatut; RIS‑Justiz RS0076601; Verschraegen in Rummel ABGB3 Vor § 35 IPRG Rz 18). Das führt zur Anwendung deutschen materiellen Rechts. Diese Verweisung wird von § 19 AnfG angenommen, nachdem bei Sachverhalten mit Auslandsberührung für die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung das Recht maßgeblich ist, dem die Wirkungen der Rechtshandlungen unterliegen. Wird die Erfüllung von Verträgen angefochten und damit im Ergebnis eine Verfügung, die zur Verminderung des Aktivvermögens des Schuldners führt, ist demnach grundsätzlich jene Rechtsordnung maßgeblich, die an dem Ort gilt, an dem sich der übertragene Gegenstand bei Beginn der Verfügung befand (Kirchof in Münchener Kommentar zum AnfG § 19 Rz 10 mwN).

Ob eine von den Vorinstanzen als wesentlich angesehene Rechtswahl der Parteien hier zulässig war, braucht daher nicht erörtert zu werden (vgl aber dazu 3 Ob 584/84 = SZ 58/34; 2 Ob 196/04v; Verschraegen Rz 18).

1.2. Hervorzuheben ist noch, dass ausländische Normen nur bei der Prüfung materiellrechtlicher Fragen anzuwenden sind. Für das Verfahren bleiben stets die österreichischen Prozessvorschriften maßgeblich (RIS‑Justiz RS0076618; Neumayr in KBB³ § 1 IPRG Rz 1).

2. Der Kläger hat sein Begehren im Schriftsatz vom 27. Jänner 2009, ON 7, dahin ausgedehnt, den Beklagten auch zu verpflichten, die Zwangsvollstreckung in den Rückübertragungsanspruch und die entsprechend im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung zu dulden. Darüber hat das Erstgericht nicht entschieden. Wird die nicht gänzliche Erledigung des Klagebegehrens durch das Ersturteil vom Kläger ‑ wie hier ‑ nicht gerügt, ist davon auszugehen, dass der nicht erledigte Teil aus dem Verfahren ausgeschieden ist (RIS‑Justiz RS0039606; RS0042374). Er hat noch in erster Instanz als weitere Möglichkeit einer Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz des Beklagten auch die Zwangsverwaltung angesprochen, ohne darauf jedoch in seinen Rechtsmittelschriften noch einmal einzugehen. Daher erübrigt sich eine Auseinandersetzung damit.

3. Kommt der Revisionswerber in seiner Revision auf bestimmte Rechtsgründe oder selbstständige Einwendungen nicht mehr zurück, so sind diese damit aus der ansonsten umfassenden Beurteilungspflicht des Obersten Gerichtshofs ausgeschieden (RIS‑Justiz RS0043352 [T35]). Der Beklagte setzt sich in seiner Revision nur mehr mit der Frage der objektiven Gläubigerbenachteiligung auseinander und bemängelt, dass das Berufungsgericht zu deren Beurteilung den Verkehrswert der Liegenschaft herangezogen habe, obwohl es nach der Judikatur des Bundegerichtshofs auf den Wert ankomme, der bei einer Zwangsversteigerung erzielt hätte werden können, jedoch nicht festgestellt worden sei; überdies sei auch eine nicht valutierte Grundschuld als Belastung zu berücksichtigen. Es sei daher von einer wertausschöpfenden Belastung des Grundbesitzes auszugehen, die eine Gläubigerbenachteiligung ausschließe.

Der Oberste Gerichtshof hat daher die vom Berufungsgericht als verwirklicht angesehenen Anfechtungsgründe nur auf die thematisierten Rechtsfragen hin zu überprüfen.

4. Die deutsche Rechtslage stellt sich in diesem Zusammenhang wie folgt dar:

4.1. Zweck der Einzelgläubigeranfechtung (außerhalb der Insolvenz) ist die Wiederherstellung der Zugriffslage, die ohne die Rechtshandlung des Schuldners bestanden hätte. § 1 Abs 1 AnfG erfordert in diesem Sinn als eine der Grundvoraussetzungen jeder Anfechtung, dass durch die Rechtshandlung des Schuldners die Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers aus dem Schuldnervermögen beeinträchtigt und der Gläubiger objektiv benachteiligt wurde. Die Annahme einer objektiven Gläubigerbenachteiligung verlangt daher die Feststellung einer besseren oder schnelleren Befriedigungsmöglichkeit ohne die angefochtene Rechtshandlung (BGH 23. 11. 2006 IX ZR 126/03, 3. 3. 1988 IX ZR 11/87; Haertlein in Kindl/Meller‑Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung § 1 AnfG Rz 1 f; Huber AnfG10 § 1 Rz 32 f). Die Veräußerung von Gegenständen, die schon ‑ unanfechtbar und rechtsbeständig ‑ wertausschöpfend belastet sind, wirkt nicht gläubigerbenachteiligend, weil diese vorrangig zur Befriedigung der gesicherten Gläubiger gedient hätten und für die weiteren Gläubiger nichts übrig geblieben wäre (Kirchof § 1 Rz 104 mwN aus der BGH‑Judikatur).

Deshalb kann die Übertragung eines belasteten Grundstücks nur dann eine Benachteiligung der Gläubiger zur Folge haben, wenn der in der Zwangsversteigerung erzielbare Wert des Grundstücks die vorrangigen Belastungen und die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens übersteigt. Ob ein Grundstück wertausschöpfend belastet ist, richtet sich nicht nach dem Nominalbetrag der Grundpfandrechte, sondern in welcher tatsächlichen Höhe sie noch Forderungen sichern (BGH 19. 5. 2009 IX ZR 129/06, 15. 11. 2007 IX ZR 232/03, 3. 5. 2007 IX ZR 16/06, 14. 12. 2006 IX ZR 236/03, 23. 11. 2006 IX ZR 126/03, 20. 10. 2005 IX ZR 276/02 ua; Huber § 1 Rz 39 f mwN; Kirchof § 1 Rz 142 f mwN; Haertlein § 1 AnfG Rz 23).

4.2. Die Gläubigerbenachteiligung als Voraussetzung eines Bereitstellungsanspruchs nach § 11 AnfG kann nicht unter alleiniger Heranziehung der nach allgemeinen Grundsätzen ermittelten Verkehrswerte beurteilt werden. Geprüft werden muss, welchen Erlös ein Grundstück bei einer Zwangsversteigerung voraussichtlich erbringen wird oder erbracht hätte und ob daraus zumindestens ein Teil an den Gläubiger auszukehren sein wird oder gewesen wäre (BGH 13. 1. 2011 IX ZR 13/07, 15. 11. 2007 IX ZR 232/03, 14. 12. 2006 IX ZR 236/03, 20. 10. 2005 IX ZR 276/02). Welchen Erlös ein Grundstück bei einer Zwangsversteigerung voraussichtlich erbringen wird oder erbracht hätte, kann in der Regel nur aufgrund besonderer Sachkunde beurteilt werden (20. 10. 2005 IX ZR 276/02, 18. 3. 1993 IX ZR 198/92) und kann deshalb grundsätzlich nur durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden, durch welches auf der Grundlage der zur amtlichen Kaufpreissammlung mitgeteilten Zuschlagsbeschlüsse das voraussichtliche Zwangsversteigerungsergebnis für das von der Anfechtung betroffene Grundstück unter Prüfung etwaiger Besonderheiten festgestellt wird (BGH 13. 1. 2011 IX ZR 13/07, 20. 10. 2005 IX ZR 276/02). Dieser „Versteigerungswert“ ist erfahrungsgemäß oft niedriger als der Preis, der bei einem freihändigen Verkauf erzielt wird (BGH 18. 3. 1993 IX ZR 198/92); in aller Regel kann auch ausgeschlossen werden, dass in der Zwangsversteigerung ein höherer Wert als der Verkehrswert erzielt wird (23. 11. 2006 IX ZR 126/03). Darlegungs‑ und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen der Gläubigerbenachteiligung ist der Anfechtungskläger (BGH 13. 1. 2011 IX ZR 13/07 uva; Kirchof § 1 Rz 180; Haertlein § 1 AnfG Rz 27; Huber § 1 Rz 41). Da sich die Ergebnisse einer Zwangsvollstreckung im Anfechtungsprozess nicht mit letzter Sicherheit und Genauigkeit feststellen lassen, muss es für ein stattgebendes Urteil genügen, wenn der Anfechtungsgläubiger darlegt und notfalls beweist, dass eine Zwangsvollstreckung in den anfechtbaren Gegenstand nicht aussichtslos erscheint (BGH 24. 9. 1996 IX ZR 190/95; vgl Huber § 1 Rz 51).

4.3. In der Revisionsbeantwortung sieht der Kläger die Anfechtung (allein) nach § 3 Abs 2 AnfG als begründet an, der lautet:

„Vorsätzliche Benachteiligung

...

(2) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.“

Unmittelbare Benachteiligung iSd § 3 Abs 2 AnfG verlangt, dass die Rechtshandlung ohne das Hinzutreten weiterer Umstände benachteiligend war, wofür es auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts ankommt. Bei mehraktigen Rechtsgeschäften ist nach § 8 Abs 1 AnfG der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die rechtliche Wirkungen eintreten. Bei Grundstücksübertragungen ist dies der Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch. Ein früherer Zeitpunkt kann gemäß § 8 Abs 2 AnfG dann erheblich sein, wenn zwar die Eintragung noch nicht erfolgt ist, aber der Anfechtungsgegner eine näher definierte gesicherte Rechtsposition erlangt hat, die ihm ohne sein Mitwirken nicht mehr entzogen werden kann. Ist nur der Notar gegenüber dem Grundbuchsamt antragsberechtigt und ist er von den Vertragsparteien bevollmächtigt worden, den Antrag auch wieder zurückzuziehen, hat der Anfechtungsgegner die von § 8 Abs 2 AnfG geforderte gesicherte Rechtsposition durch den Antrag beim Grundbuchsamt nicht erlangt (BGH 19. 5. 2009 IX ZR 129/06 mwN).

5. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:

5.1. Nach dem vorliegenden Überlassungsvertrag steht dem Notar die Möglichkeit offen, selbstständig den Antrag beim Grundbuchsamt zurückzuziehen (Abschnitt 8). Abgesehen davon, dass der Zeitpunkt der Antragstellung gar nicht behauptet oder festgestellt wurde, ist deshalb hier der wesentliche Zeitpunkt für die Beurteilung einer unmittelbaren Benachteiligung der Tag der Eintragung im Grundbuch, das ist der 20. Juni 2007 (vgl ./C).

5.2. Die in der Revision vertretene Rechtsansicht, auch eine nicht valutierte Grundschuld sei als Belastung zu berücksichtigen, erweist sich nach der dargestellten Rechtslage als unzutreffend. Die Belastung des Grundbesitzes mit der ‑ nie zur Verfügung gestellten (valutierten) ‑ Grundschuld über 49.000 EUR hat deshalb bei der Beurteilung einer wertausschöpfenden Belastung, die eine Gläubigerbenachteiligung ausschließen würde, unberücksichtigt zu bleiben.

5.3. Im Revisionsverfahren wird vom Beklagten nicht mehr in Frage gestellt, dass im Fall einer Gläubigerbenachteiligung die Anfechtungsgründe nach § 3 AnfG zu bejahen wären: Er hat weder die Einhaltung der Anfechtungsfrist noch die Legitimation des Klägers zur Anfechtung bestritten, aber in erster Instanz den Standpunkt vertreten, er habe mit seinem Vater ein entgeltliches Rechtsgeschäft (Kaufvertrag) geschlossen. Schließlich kritisiert er ‑ im Gegensatz zur Berufung ‑ die Ausführungen des Berufungsgerichts in keiner Weise, Benachteiligungsvorsatz des Vaters und Kenntnis des Beklagten davon seien gegeben. Diese Rechtsfragen sind daher abschließend erledigt.

5.4. Im Ergebnis zu Recht zeigt die Revision aber auf, dass es an wesentlichen Feststellungen zum 20. Juni 2007 fehlt, um die Verwirklichung des vom Kläger zuletzt angezogenen Anfechtungsgrundes prüfen zu können. Fest steht nämlich nur die Valutierung der höchsten Grundschuld mit „ca 120.000 EUR“ bei Abschluss des Vertrags am 30. März 2007 und deren Erhöhung auf 143.383,92 EUR bei Schluss der Verhandlung erster Instanz am 18. November 2011, für den der zum 5. Mai 2011 ermittelte Verkehrswert des Grundbesitzes mit 200.000 EUR angenommen wurde. Damit blieben nicht nur der „Versteigerungswert“ und die voraussichtlichen Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens zum 20. Juni 2007 ungeklärt, sondern auch das exakte Ausmaß der damals valutierten Belastung. Da die in der Revisionsbeantwortung angestellten Überlegungen keinesfalls auf offenkundigen und deshalb keines Beweises bedürftigen Annahmen beruhten, ist die Erweiterung des Sachverhalts notwendig. Das zwingt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung an die erste Instanz zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung (§ 510 Abs 1 ZPO).

6. Für den zweiten Rechtsgang ist Folgendes zu beachten:

6.1. Der Sachverständigenbeweis wird iSd § 351 Abs 1 ZPO immer dann erforderlich, wenn beim Gericht die zur Feststellung einer streiterheblichen Tatsache erforderlichen Fachkenntnisse oder die Kenntnis von Erfahrungssätzen nicht in dem vom Gericht für notwendig befundenen Ausmaß vorhanden sind (RIS‑Justiz RS0040563; Rechberger in Rechberger 3 § 351 Rz 1). Dies ist für die nach den Verhältnissen sowie der Rechtslage in Deutschland und unter Zuhilfenahme der dort vorhandenen Instrumentarien zu klärenden Fragen des erzielbaren „Versteigerungswerts“ und der Kosten der Zwangsversteigerung anzunehmen; daher ist auch nach österreichischem Verfahrensrecht die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens unumgänglich, wobei es wohl zweckmäßig erscheint, einen vor Ort ansässigen Sachverständigen auszuwählen.

6.2. Bisher hat der Kläger kein näheres Vorbringen zur Begründung seiner Eventualbegehren erstattet, was nachzuholen sein wird.

Das erste Eventualbegehren entspricht seinem Wortlaut nach einer Lösungsbefugnis iSd § 410 ZPO, weshalb mit dem Kläger zu klären sein wird, ob dies als entsprechende ‑ bindende (RIS‑Justiz RS0041470; RS0041514) ‑ Willenserklärung zu verstehen ist. Dann bedarf es aber keines Eventualbegehrens für den Ausspruch einer Lösungsbefugnis.

Das zweite, auf Leistung jener Zahlung, die der Vater des Beklagten dem Kläger zu erfüllen hat, lautende Eventualbegehren könnte seine Grundlage im Sekundäranspruch auf Wertersatz iSd § 11 Abs 1 Satz 2 AnfG haben, der zum Primäranspruch (= Hauptbegehren) in keinem Alternativverhältnis steht (vgl dazu Kirchof § 11 Rz 1; Haertlein § 11 AnfG Rz 3 ff). Dessen Voraussetzungen bedürfen aber entsprechender Behauptungen.

7. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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