OGH 1Ob80/12i

OGH1Ob80/12i22.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei H*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH in Wien, gegen die gefährdende Partei Ing. G*****, vertreten durch Dr. Elmar Ther, Rechtsanwalt in Villach, wegen einstweiliger Verfügung über die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 29. Dezember 2011, GZ 20 R 147/11z (148/11x)‑37, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 14. Juli 2011, GZ 5 Fam 35/11y‑7, und vom 30. September 2011, GZ 5 Fam 35/11y‑19, bestätigt wurden, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beide Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde im Juni 2011 (rechtskräftig) geschieden. Der Gegner der gefährdeten Partei (Antragsgegner) ist Erststifter einer Privatstiftung. In einem am 15. 3. 2009 errichteten Notariatsakt bot er als Geschenkgeber der Privatstiftung jene Liegenschaften und Liegenschaftsanteile, auf die sich der nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO gestellte Sicherungsantrag der gefährdeten Partei (Antragstellerin) bezieht, als Nachstiftung schenkungsweise und einseitig unwiderruflich an.

Die Vorinstanzen gaben dem im Rahmen des Aufteilungsverfahrens gestellten Sicherungsantrag der Antragstellerin großteils statt, indem Veräußerungs‑ und Belastungsverbote erlassen und deren Anmerkung im Grundbuch angeordnet wurden. Ausgenommen wurden lediglich Liegenschaften, die zum Unternehmen des Antragsgegners gehörten, sowie jene, die erst nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vom Antragsgegner erworben worden seien.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil der Frage, inwieweit eine bereits erfolgte rechtsgeschäftliche Verfügung durch ein unwiderrufliches Schenkungsanbot, das nur noch der Annahme des Geschenknehmers bedürfe, noch die Erlassung eines Belastungs‑ und Veräußerungsverbots gestatte, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse beider Parteien sind entgegen diesem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

Nach ständiger Rechtsprechung werden bei einem Antrag auf einstweilige Sicherung der in die Aufteilungsmasse fallenden Vermögenswerte nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO nicht die Vermögensobjekte selbst, sondern es wird die gerichtliche Durchsetzung des Aufteilungsanspruchs nach den §§ 81 ff EheG gesichert (RIS‑Justiz RS0028360 [T2a]; RS0037061 [T3]). Für die zu sichernde Durchsetzung des Aufteilungsanspruchs der Antragstellerin wäre es zwar nicht maßgeblich, ob sie bestimmte Liegenschaften oder eine Ausgleichszahlung nach § 94 EheG zugesprochen erhielte; wichtig ist nur, dass die Aufteilung der bedrohten Vermögensobjekte künftig vorgenommen werden könnte (RIS‑Justiz RS0037061). Dennoch musste die Antragstellerin entgegen ihrer Auffassung bescheinigen, dass die Sicherungsmaßnahmen Liegenschaften betrafen, die (zumindest zum Teil) nach §§ 81 f EheG der Aufteilung unterlagen (RIS‑Justiz RS0006075 [T3]; RS0037061 [T2]; Kodek in Angst, EO2 § 382 Rz 61 und 64, je mwN; vgl Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung 106; Nachweise auch bei Gitschthaler, Nacheheliche Aufteilung [2009] Rz 551).

Ihr gegenteiliges Verständnis der Darlegungspflicht ist der höchstgerichtlichen Judikatur nicht zu entnehmen: So verweist die von ihr selbst zitierte Entscheidung 4 Ob 18/99x = EvBl 1999/171 ausdrücklich auf die Verpflichtung des Antragstellers, darzulegen, dass die begehrten Sicherungsmaßnahmen der Aufteilung unterliegende Gegenstände betreffen. Es ging um eine Liegenschaft, die teils für das Unternehmen des Mannes, teils als Ehewohnung genutzt wurde und demnach zumindest zum Teil in die Aufteilungsmasse fiel. In dem zu 5 Ob 543/85 entschiedenen Fall verneinte der Oberste Gerichtshof die Berechtigung des Sicherungsantrags mangels objektiver Gefährdung. Die in 2 Ob 527/85 beurteilte Sicherungsmaßnahme betraf die gemeinsame Ehewohnung, deren Einbeziehung in die Aufteilungsmasse nie zur Debatte stand.

Entscheidend für die Beurteilung, ob Liegenschaften des Antragsgegners zu seinem Unternehmen gehörten und demnach nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG von der Aufteilung ausgenommen sind, war die Widmung des Antragsgegners zu Zwecken des Unternehmens (RIS‑Justiz RS0057521). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen befinden sich auf diesen Liegenschaften Betriebsanlagen zweier zur Unternehmensgruppe des Antragsgegners gehörenden Kapitalgesellschaften, die auch Mieter der Liegenschaften sind. Warum bei dieser Sachlage eine Widmung zu Unternehmenszwecken ausgeschlossen sein soll, kann die Antragstellerin nicht darlegen, argumentiert sie doch in diesem Zusammenhang nur damit, dass der Antragsgegner und nicht die Kapitalgesellschaften Eigentümer der Liegenschaften und deshalb auch der Betriebsanlagen als angeblich unselbständige Bestandteile seien.

Dass nach der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vom Antragsgegner erworbene Liegenschaften nicht Bestandteil der Aufteilungsmasse wären (RIS‑Justiz RS0057331), bezweifelt die Antragstellerin nicht, sie wendet sich aber gegen den von den Vorinstanzen angenommenen Stichtag. Nach dem von ihnen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt lebten die Ehegatten spätestens seit Ablauf des Jahres 1996 räumlich getrennt voneinander. Kontakte der Antragstellerin zu ihrem Mann beschränkten sich auf tageweise Besuche an seinem Wohnort. Die Ehegatten benutzten dabei räumlich (durch ein Stockwerk) getrennte Wohneinheiten, die unter anderem mit einer eigenen Küche ausgestattet waren. Sie schliefen getrennt. Der Antragsgegner hatte immer wieder außereheliche Beziehungen zu anderen Frauen, oft auch zu mehreren gleichzeitig. Seine „Bettgeschichten“ waren der Antragstellerin bekannt. Ab dem Zeitpunkt der Trennung 1996 hatte er seinen Ehewillen endgültig verloren.

Dass die Vorinstanzen bei dieser Situation einer Ehe die eheliche Lebensgemeinschaft als Inbegriff der häuslichen, geistigen, seelisch‑körperlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Gemeinsamkeit der Ehegatten (8 Ob 568/87 = EFSlg 54.637; 6 Ob 563/89 = EFSlg 60.327) bereits Ende 1996 als aufgehoben angesehen haben, ist eine Beurteilung, die in diesem konkreten Einzelfall vom Obersten Gerichtshof nicht korrigiert werden muss. Die Antragstellerin beschreibt in ihrem Revisionsrekurs ungeachtet der Trennung der Lebensbereiche der Ehegatten, die in verschiedenen Bundesländern lebten, auch keinen konkreten Anhaltspunkt für den Fortbestand einer geistigen, seelischen, kulturellen oder wirtschaftlichen Gemeinsamkeit.

Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:

Ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 405 ZPO, den der Antragsgegner in der Bewilligung der Anmerkung eines Veräußerungs‑ und Belastungsverbots anstatt der beantragten Einverleibung eines solchen sehen will, könnte nach der Judikatur jedenfalls keine Nichtigkeit, sondern nur eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens bewirken (vgl RIS‑Justiz RS0041240). Die in den Rekursen des Antragsgegners versäumte Rüge eines Verfahrensmangels kann vor dem Obersten Gerichtshof aber nicht nachgeholt werden (RIS‑Justiz RS0041124).

Hauptsächlicher Kritikpunkt ist, dass die Antragstellerin die konkrete Gefährdung ihres Aufteilungsanspruchs nicht nachgewiesen habe und ihr das Rechtsschutzinteresse fehle. Er habe bereits mehr als zwei Jahre vor Einbringung der Scheidungsklage ein einseitiges und unwiderrufliches, der Antragstellerin auch schon damals bekanntes, Schenkungsangebot in grundbuchsfähiger Form abgegeben und hätte die (mittlerweile erfolgte) Annahme des Anbots und die Einverleibung des Eigentums der Stiftung nicht verhindern können. Die beantragte einstweilige Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO solle eben nur Manipulationen des Gegners verhindern, die in diesem Fall nicht mehr in Betracht kämen. Mit dieser Argumentation legt der Antragsgegner aber keine erhebliche Rechtsfrage dar.

Im Sinn der ständigen Rechtsprechung diente der Sicherungsantrag der Antragstellerin dazu, ihren zukünftigen Aufteilungsanspruch dahin zu sichern, dass die der Aufteilung unterliegenden Liegenschaften nicht aus der Aufteilungsmasse ausscheiden und dass somit der Status quo bewahrt und eine einseitige Veränderung der Vermögenslage bis zur Durchführung des Aufteilungsverfahrens verhindert würden (RIS‑Justiz RS0028360; wN bei Gitschthaler aaO Rz 547). Maßgeblich ist somit, ob die Wahrscheinlichkeit bestand, dass ohne die einstweilige Verfügung die Befriedigung des Aufteilungsanspruchs vereitelt oder erheblich erschwert würde (6 Ob 278/07m = EF‑Z 2008/55 mwN; wN bei Gitschthaler aaO Rz 555). Gerade die Tatsache der Unwiderruflichkeit des Schenkungsanbots zeigt wohl in Verbindung mit der nach dem Vorbringen des Antragsgegners mittlerweile erfolgten Annahme durch die Stiftung hinreichend, dass die dem Sicherungsantrag zugrunde gelegten Befürchtungen der Antragstellerin über die Veränderung der Aufteilungsmasse und damit des Status quo nicht abstrakter, sondern durchaus konkreter Natur waren. Wäre der Auffassung des Antragsgegners, der eine konkrete Gefährdung mit dem Argument seiner fehlenden Einflussmöglichkeit auf das Zustandekommen des (hier) Veräußerungsgeschäfts ausschließt, zu folgen, könnte ein Veräußerungs‑ und Belastungsverbot nur im Vorstadium von Vertragsverhandlungen erlassen werden. Hat sich hingegen der Wille eines Antragsgegners, eine Liegenschaft zu veräußern oder zu belasten, bereits in einem bindenden Angebot niedergeschlagen, müsste der Sicherungsantrag in solchen Fällen mangels konkreter Gefährdung abgewiesen werden. Dass dieses Ergebnis dem Sinn der Forderung nach dem Vorliegen einer konkreten Gefährdung widerspräche, ist wohl eindeutig.

Dass die Erlassung des beantragten Veräußerungs‑ und Belastungsverbots und dessen Anmerkung sinnlos gewesen wäre, weil das Eigentumsrecht der Stiftung zum Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung durch das Erstgericht bereits eingetragen gewesen wäre (6 Ob 569, 507/88 mwN = EFSlg 58.038; vgl 5 Ob 513/80 = RIS‑Justiz RS0002388), behauptet der Antragsgegner in seinem Revisionsrekurs nicht. Ebensowenig macht er geltend, dass zu diesem Zeitpunkt nach Annahme des Schenkungsangebots ein verbücherungsfähiges Veräußerungsgeschäft vorgelegen wäre und ein Verbot nach § 382 Z 6 EO bzw dessen Anmerkung die Rechte der Stiftung als Dritte in keiner Form beeinträchtigen hätte können (vgl dazu 6 Ob 569, 570/88; 5 Ob 46/91 = EvBl 1992/68; 5 Ob 193/98p je mwN) oder ihren guten Glauben nicht ausgeschlossen hätte (6 Ob 61/09b = EvBl 2010/65; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren [2007] 3/61). Fragen nach den Wirkungen des Veräußerungs‑ und Belastungsverbots auf die Rechte Dritter stellen sich aber ohnehin nicht, weil die Ausführungen zur Annahme des Schenkungsanbots sowie der Einverleibung des Eigentumsrechts der Stiftung unzulässige Neuerungen sind. Gleichfalls dem Neuerungsverbot unterliegt seine Argumentation, dass sämtliche (nicht nur die beiden vermieteten) Betriebsliegenschaften zu seinen Unternehmen gehörten, das gesamte Liegenschaftsvermögen einen mehrstelligen Euro‑Millionenwert repräsentiere und deshalb nach der Verkehrsauffassung ausschließlich zur Vererbung, nicht aber als eheliche Ersparnis zur Verwertung bestimmt sei. Seine Behauptung, es sei insgesamt auch ohne Berücksichtigung der Liegenschaften genug Vermögen vorhanden, um den Aufteilungsanspruch der Antragstellerin zu sichern, hat er im Verfahren erster Instanz nie anhand konkreter Zahlen dargestellt. Das unterlässt er auch im Revisionsrekurs.

Da somit beide Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen, sind sie als unzulässig zurückzuweisen.

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