Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsrekurses sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. Jänner 1983, 14 Cg 727/82-5, aus beiderseitigem Verschulden geschieden.
Mit ihrem am 2. Februar 1983 beim Erstgericht eingebrachten Antrag stellte die Antragstellerin das Begehren, "ihren Aufteilungsanspruch mit S 285.000,- festzustellen und dem Antragsgegner zur Bezahlung binnen 14 Tagen aufzutragen". Sie begründete dieses Begehren im wesentlichen damit, daß der Antragsgegner während aufrechter Ehe die Liegenschaft EZ 69 II KG Kreith erworben und darauf das Haus Kreith Nr. 10 errichtet habe, das in der Folge als Ehewohnung gedient habe. Mit Kaufvertrag vom 28. Dezember 1982 habe der Antragsgegner diese Liegenschaft um S 1,826.695,86 an Dr. K*** verkauft. Von diesem Kaufpreis habe der Antragsgegner einen Betrag von S 270.000,- bar erhalten, während der Rest durch Übernahme von Pfandlasten geleistet worden sei. Der erhaltene Barbetrag von S 270.000,- sei dem Antragsgegner zur freien Verfügung verblieben. Weiters habe der Antragsgegner einen Betrag von S 300.000,- privat weiterverliehen. Insgesamt unterliege somit ein Betrag von S 570.000,- der Aufteilung, wovon der Antragstellerin die Hälfte zustehe. Der Antragsgegner wendete im wesentlichen ein, daß er auch mit dem erhaltenen Barkaufpreis von S 270.000,- Schulden aus dem Hausbau abgedeckt habe. Richtig sei, daß er privat S 300.000,-
weiterverliehen habe. Dieser Betrag stamme aus Bauspardarlehen, wobei die Bausparverträge vom Antragsgegner bereits vor der Eheschließung angespart worden seien. Eine Aufteilung im Verhältnis von 1 : 1 entspreche nicht dem Beitrag der Antragstellerin zum Erwerb des ehelichen Gebrauchsvermögens, weil sie ausschließlich den Haushalt geführt und weder finanziell noch durch persönliche Mithilfe zur Schaffung und Vermehrung des ehelichen Gebrauchsvermögens beigetragen habe.
Das Erstgericht wies - im zweiten Rechtsgang - den Antrag der Antragstellerin ab.
Es ging dabei im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:
Die Streitteile haben am 24. Oktober 1975 vor dem Standesamt Innsbruck die Ehe geschlossen.
Während aufrechter Ehe erwarb der Antragsgegner die Liegenschaft EZ 69 II KG Kreith mit einem Ausmaß von 964 m 2 und erbaute darauf das Haus Kreith Nr. 10, das in der Folge als Ehewohnung diente. Dieses Haus wurde mit finanziellen Mitteln und der Arbeitskraft des Antragsgegners unter weitgehender Ausschaltung von Professionisten errichtet. Die Errichtung des Hauses kostete S 1,490.467,-
einschließlich S 177.000,- für Abbruchholz und Ofen. Die Antragstellerin führte während der Ehe den Haushalt. Der Ehe entstammt der am 22. Dezember 1975 geborene Sohn Andreas. Durch Namensgebung erhielt die am 14. Februar 1974 geborene uneheliche Tochter der Antragstellerin Katharina den Namen des Antragsgegners. Neben der Haushaltsführung betreute die Antragstellerin auch die Kinder. Ein Jahr lang stellte sie ihr Karenzgeld in der Höhe von monatlich ca. S 4.800,- der Familie zur Verfügung. Sie erhielt von ihrer Mutter eine monatliche Unterstützung von S 2.000,- bis S 3.000,-, um die Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Die Streitteile wohnten zunächst 6 Jahre in einer Eigentumswohnung der Mutter der Antragstellerin in Wattens und hatten hiefür nur ca. S 600,- an Betriebskosten zu bezahlen. Der Antragsgegner übergab der Antragstellerin ein monatliches Wirtschaftsgeld von S 2.000,-
und noch zusätzlich rund S 1.000,- für Lebensmittel. Am 28. Dezember 1982 verkaufte der Antragsgegner die Liegenschaft EZ 69 II KG Kreith um einen Betrag von S 1,826.695,98, wobei der Käufer Pfandlasten von S 1,556.695,86 übernahm und S 270.000,- bar an den Antragsgegner entrichtete.
Mit dem Barkaufpreis von S 270.000,- bezahlte der Antragsgegner Darlehensverpflichtungen von S 61.000,- an Oskar R***, von S 50.000,- an Margarethe B***, von S 70.000,- an Josef B***, eine Forderung von S 48.000,- an den Tischlermeister Josef K*** in Leobersdorf und die Legalisierungsgebühr für den Kaufvertrag von S 1.259,-, insgesamt sohin S 230.259,--. Die Darlehensverpflichtungen und die Schuld bei Josef K*** ist der Antragsgegner im Zusammenhang mit dem Hausbau eingegangen. Vom Kaufpreisrest verblieb somit noch ein Betrag von S 39.741,-. Diesem Betrag standen jedoch Schulden des Antragsgegners, die ebenfalls mit der Errichtung des Hauses im Zusammenhang stehen, gegenüber, und zwar bei der Firma S*** GesmbH in der Höhe von S 108.619,51 und S 1.400,- Anwaltskosten sowie bei der Firma I*** in der Höhe von S 5.548,12.
Der Antragsgegner schloß am 6. Dezember 1976 mit der R***-B*** den Bausparvertrag Nr.172.1943 mit einer Vertragssumme von S 100.000,-, am 17. Jänner 1977 den Bausparvertrag Nr.912.1542 (später umgewandelt in Nr.826.1844) mit einer Vertragssumme von S 100.000,-, am 23. März 1977 den Bausparvertrag Nr.175.0769 in der Höhe von S 100.000,-, am 11. Mai 1979 den Bausparvertrag Nr. 196.2851 mit einer Vertragssumme von S 600.000,-
und am 14. Mai 1980 den Bausparvertrag Nr.830.3802 mit einer Vertragssumme von S 630.000,-. Die dafür notwendigen Mittel hat der Antragsgegner aufgewendet und eingezahlt; teilweise wurden ihm diese Geldbeträge auch von seiner Familie darlehensweise zur Verfügung gestellt. Bereits vor Eingehen der Ehe hatte er die dafür notwendigen Eigenmittel zum Großteil angespart gehabt. Der Bausparvertrag Nr.196.2851 wurde bis zu seiner Zuteilung zwischenfinanziert, wobei der Antragsgegner monatlich S 3.360,- an Rückzahlungen zu leisten hatte. Die Bausparverträge wurden auch vom Antragsgegner zurückbezahlt.
Aus diesen Mitteln gewährte der Antragsgegner dem Rudolf K*** ein Darlehen in der Höhe von S 300.000,-, das am 10. Juli 1980 zugezählt wurde. Rudolf K*** hat bis zu seinem Konkurs im Jahr 1982 siebenmal S 2.400,- an den Antragsgegner bezahlt.
Der Antragsgegner hatte mehrere Sparbücher, auf welche er die aus Bausparverträgen gewährten Darlehen zwecks besserer Verzinsung kurzfristig einlegte. Derzeit besitzt er keine nennenswerten Bargeldbeträge mehr.
Die eheliche Gemeinschaft der Streitteile wurde im September 1982 aufgehoben.
Es konnte nicht festgestellt werden, daß der Antragsgegner an seine Mutter S 70.000,- überwies, daß eine Holzrechnung über S 30.000,- existiert, das in Rechnung gestellte Holz aber nicht für das Haus verwendet wurde und daß oder in welchem Ausmaß vom Antragsgegner auf seinen Konten bei der T*** G*** (Nr.02.657.872, Nr.02.621.373 und Nr.02.708.816) Geld hin und her überwiesen wurde bzw. ob es sich bei diesem Geld um Beträge beider Ehegatten handelte.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß eine Aufteilung der ehelichen Ersparnisse im Verhältnis von 1 : 1 im Sinne des § 83 EheG angemessen wäre, der Erlös aus dem Hausverkauf aber nicht einmal zur Abdeckung sämtlicher damit verbundener Schulden ausgereicht habe. Die Gewährung eines Darlehens von S 300.000,- durch den Antragsgegner stelle zwar eine Verringerung des ehelichen Vermögens dar. Dieser Betrag falle jedoch gemäß § 91 Abs.1 EheG nicht unter die Aufteilung, weil die Zuzählung des Darlehens und die damit verbundene Vermögensverringerung bereits am 18. Juli 1980 erfolgt sei, die Streitteile aber im September 1982, also mehr als zwei Jahre nach der Darlehenszuzählung, die eheliche Gemeinschaft aufgehoben hätten.
Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Antragstellerin gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge. Es hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.
Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, daß die Zweijahresfrist des § 91 Abs.1 EheG ab der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu berechnen sei, wenn diese bereits vor Einbringung der Scheidungsklage stattgefunden habe. Die in dieser Gesetzesstelle getroffene Regelung erfasse jede einseitige Verfügung eines Ehegatten, durch die eheliches Gebrauchsvermögen dem gemeinsamen Gebrauch entzogen oder die ehelichen Ersparnisse verringert würden. Verschleuderungs- oder Benachteiligungsabsicht sei hiezu nicht erforderlich.
Der im § 91 Abs.1 EheG verwendete Begriff der ehelichen Lebensgemeinschaft stimme mit dem im § 55 EheG verwendeten Begriff der häuslichen Gemeinschaft nicht überein. Die eheliche Lebensgemeinschaft sei der umfassendere und weitreichendere Begriff und umfasse die häusliche Gemeinschaft neben geistigen, seelisch-körperlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Gemeinsamkeiten. Da § 91 Abs.1 EheG nicht von der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, sondern von der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft spreche, sei nicht entscheidend, ob die Ehegatten räumlich getrennt lebten, sondern ob sie noch ihrer Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des § 90 ABGB nachgekommen seien.
Das Erstgericht habe zwar abgeklärt, daß, aber nicht wann die eheliche Lebensgemeinschaft der Streitteile vor Einbringung der Scheidungsklage aufgehoben worden sei. Die vom Erstrichter gewählte Formulierung "die eheliche Gemeinschaft" lasse nämlich nicht erkennen, ob er hierunter nur die häusliche Gemeinschaft oder die eheliche Lebensgemeinschaft der Streitteile im dargestellten Sinne gemeint habe.
Das Erstgericht werde daher im weiteren Verfahren die zur Abklärung dieser Frage nötigen Feststellungen zu treffen haben. Sollte sich herausstellen, daß die Zuzählung des Darlehens von S 300.000,- durch den Antragsgegner an Rudolf K*** innerhalb der Zweijahresfrist des § 91 Abs.1 EheG vor Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt sei, dann seien die weiteren Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle für die Einbeziehung des Betrages von S 300.000,- in die Aufteilung zu erheben. Im übrigen sei das Verfahren zur Abklärung der Frage, ob und inwieweit der Antragsgegner den ihm zugekommenen Barkaufpreis von S 270.000,- zur Abdeckung von im Zusammenhang mit dem Hausbau stehenden Schulden verwendet habe, in tatsächlicher Hinsicht ergänzungsbedürftig.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern.
Die Antragstellerin hat keine Rekursbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Bestimmung des § 232 AußStrG ist nicht nur bei rekursgerichtlicher Bestätigung oder Abänderung der im Aufteilungsverfahren ergangenen erstinstanzlichen Sachentscheidung, sondern auch bei deren Aufhebung zur neuerlichen Entscheidung anzuwenden, wenn es sich nicht um eine Aufhebung aus rein verfahrensrechtlichen Gründen handelt (EFSlg. 27.500, 39.912 ua.). Das vorliegende Rechtsmittel des Antragsgegners ist daher zulässig; allerdings kann es im Sinne des § 232 Abs.2 AußStrG nur darauf gegründet werden, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht. Derartiges vermag der Antragsgegner mit seinen Rechtsmittelausführungen nicht aufzuzeigen.
Das Rekursgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß unter dem Begriff der "ehelichen Lebensgemeinschaft" im § 91 Abs.1 EheG nicht die bloße räumliche häusliche Gemeinschaft der Ehegatten, sondern die im § 90 ABGB umschriebene umfassende eheliche Lebensgemeinschaft als Inbegriff der häuslichen, geistigen, seelisch-körperlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Gemeinsamkeiten der Ehegatten zu verstehen ist (vgl. Pichler in Rummel, ABGB, § 91 EheG Rz.3; §§ 81, 82 EheG Rz.8; § 90 ABGB Rz.3 ff; siehe auch AB 914 BlgNR 14.GP 8). Die Annahme des Erstgerichtes, daß die "eheliche Gemeinschaft" der Streitteile im September 1982 aufgehoben wurde, läßt nicht erkennen, welcher Sachverhalt dem zugrundegelegt wurde. Ohne exakte Feststellung des Sachverhaltes, aus dem die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft abgeleitet wird, läßt sich aber rechtlich nicht beurteilen, ob und wann im Sinne des § 91 Abs.1 EheG vor Einbringung einer Scheidungsklage eine Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgte. Da dieser Zeitpunkt im vorliegenden Fall im Sinne dieser Gesetzesstelle für die Beurteilung der Frage, ob das vom Antragsgegner dem Rudolf K*** gewährte Darlehen von S 300.000,- (soweit es nicht zurückbezahlt wurde) in die Aufteilung einzubeziehen ist, von rechtlicher Bedeutung ist, kann dem diesbezüglichen auf einer zutreffenden Rechtsansicht beruhenden Ergänzungsauftrag des Rekursgerichtes nicht entgegengetreten werden. Die Richtigkeit der zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß der vom Antragsgegner für den Verkauf der als Ehewohnung dienenden Liegenschaft erzielte Barerlös im Sinne des § 81 Abs.1 zweiter Satz EheG nur insoweit der Aufteilungsmasse zugerechnet werden kann, als er nicht zur Tilgung von Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang standen, verwendet wurde, wird im Rechtsmittel des Antragsgegners nicht bestritten. Wenn das Rekursgericht, ausgehend von dieser zutreffenden Rechtsansicht, das Verfahren in tatsächlicher Hinsicht für ergänzungsbedürftig erachtete, kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten (EFSlg. 42.255 uva.). Dem Revisionsrekurs des Antragsgegners muß daher ein Erfolg versagt bleiben.
Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 234 AußStrG.
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