Spruch:
Beiden Revisionsrekursen wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teils lautet:
„Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner binnen 14 Tagen 2.500 EUR zu zahlen und die mit 32.876,07 EUR (darin enthalten 4.914,17 EUR USt und 3.391,04 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller Instanzen zu ersetzen.
Das Begehren der Antragstellerin von 130.000 EUR sA sowie das Mehrbegehren des Antragsgegners von 13.500 EUR werden abgewiesen.“
Text
Begründung
Die Parteien heirateten am 28. 1. 1998. Die Ehe wurde mit Urteil vom 3. 3. 2008 geschieden. Die eheliche Lebensgemeinschaft ist seit 2006 aufgehoben. Die Antragstellerin wohnt nach wie vor in der (früheren) Ehewohnung in Niederösterreich, der Antragsgegner lebt mittlerweile in Wien. Seit der Trennung ihrer Eltern lebt die gemeinsame, am 4. 8. 1998 geborene Tochter im Haushalt der Antragstellerin, der seit 2008 die alleinige Obsorge zusteht.
Im Aufteilungsverfahren begehren beide Parteien ausschließlich eine Ausgleichszahlung, und zwar die Antragstellerin nach Einschränkung 130.000 EUR sA und der Antragsgegner 16.000 EUR. Im Revisionsrekursverfahren sind insbesondere folgende Fragen strittig:
1.) Einbeziehung zweier „Pensionsmodelle“ des Antragsgegners in das Aufteilungsverfahren,
2.) deren Bewertung zum Stichtag 1. 9. 2006, den die Parteien außer Streit stellten.
Das Erstgericht stellte fest, dass das Aufteilungsbegehren der Antragstellerin mit 14.272 EUR zu Recht, jenes des Antragsgegners mit 2.500 EUR zu Recht bestehe, verpflichtete den Antragsgegner zur Zahlung von 11.772 EUR sA und wies das jeweilige Mehrbegehren (Antragstellerin: 118.228 EUR sA; Antragsgegner: 13.500 EUR) ab. Es stellte unter anderem Folgendes fest:
Der Antragsgegner bezog aus seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit als angestellter Arzt und aus mehreren selbständigen Erwerbstätigkeiten (Wahlordination, Gutachtertätigkeit) ein durchschnittliches Nettoeinkommen von rund 4.100 EUR monatlich. Dazu kamen Bezüge für Kilometergeld, Fahrtkostenzuschuss uä von durchschnittlich rund 600 EUR pro Monat. Außerdem erhielt er von seinen Eltern eine Zeit lang monatliche finanzielle Zuwendungen. Er war zu 94/6901-Anteilen Miteigentümer einer Liegenschaft in Wien, mit dem Wohnungseigentum an der (jetzt von ihm bewohnten) Wohnung verbunden ist. Diese Wohnung hatte er bereits vor der Eheschließung angeschafft und ausbezahlt.
Die Antragstellerin bezog als Diplompädagogin an einer Volksschule durchschnittlich 1.700 EUR netto pro Monat. Sie war Nutzungsberechtigte einer Genossenschaftswohnung (Ehewohnung) in Niederösterreich. Den Finanzierungsbeitrag für diese Wohnung leistete sie bereits vor Eheschließung.
Im Jahr 2001 schloss der Antragsgegner bei einem Versicherungsunternehmen ein Pensionsmodell ab, das er mit einer Einmalprämie finanzierte. Zur Bezahlung des Einmalerlags nahm er einen endfälligen (Fremdwährungs-)Kredit auf. Zur Rückzahlung des Kreditkapitals „schloss er Tilgungsträger ab“, also Ansparformen wie etwa Lebensversicherungen, die zugunsten der kreditgebenden Bank verpfändet wurden. Die aufgrund des Einmalerlags vom Versicherungsunternehmen sogleich zur Auszahlung gebrachte monatliche Rente wurde und wird nach wie vor zur Gänze im Wege eines Verrechnungskontos unmittelbar zur Bestreitung der laufenden Kreditzinsen und zur Bezahlung der Prämien für die Tilgungsträger verwendet. Seiner Grundidee nach sollte sich dieses Vorsorgemodell selbst finanzieren, was zunächst auch funktionierte. Mit der ausbezahlten monatlichen Rente konnten sowohl die laufenden Kreditzinsen als auch die Prämien für die Tilgungsträger zur Gänze abgedeckt werden. Im Jahr 2002 schloss der Antragsgegner bei einem anderen Versicherungsunternehmen ein weiteres Pensionsmodell ab, das nach dem gleichen Prinzip funktionierte wie das erste: nämlich kreditfinanzierte Zahlung einer Einmalprämie, Verwendung der ausgezahlten monatlichen Rente zur Bezahlung der laufenden Kreditzinsen und der Prämien für die Tilgungsträger. Seit dem Jahr 2004 muss der Antragsgegner allerdings bei beiden Modellen einen monatlichen Betrag, der beispielsweise im Februar 2005 rund 300 EUR betrug, zuschießen. Sämtliche Zahlungen im Zusammenhang mit den Pensionsmodellen wurden stets nur vom Antragsgegner geleistet. Die Antragstellerin wurde jeweils vor Abschluss über die Pensionsmodelle informiert, interessierte sich aber nicht weiter dafür.
Die monatlichen Renten betragen beim ersten Modell 1.321,76 EUR und beim zweiten Modell 603,75 EUR. Der zur Finanzierung des ersten Pensionsmodells aufgenommene Kredit haftet mit 297.097,96 EUR aus, jener für das zweite Pensionsmodell mit 155.852 EUR. Die jeweiligen Rückkaufswerte der beiden beim ersten Pensionsmodell abgeschlossenen Tilgungsträger belaufen sich auf 11.291,87 EUR und 41.723,80 EUR. Die Rückkaufswerte der beim zweiten Modell abgeschlossenen insgesamt drei Versicherungen (davon zwei Lebensversicherungen) betragen 30.284,07 EUR, 10.181,46 EUR und 6.700,77 EUR.
Die Parteien planten den Bau eines Hauses, das als Ehewohnung dienen sollte. Sie einigten sich auf den Kauf einer Liegenschaft um 1.150.000 S. Sowohl Kaufvertrag als auch Kreditvertrag schloss der Antragsgegner alleine ab. Die Antragstellerin lehnte eine (Mit-)Haftung für einen Kredit ab, weil ihr dies aufgrund ihres Einkommens zu riskant schien. Das Alleineigentum des Antragsgegners wurde 2001 einverleibt. Im Jahr 2003 erfuhren die Parteien davon, dass ein an die gekaufte Liegenschaft angrenzendes Grundstück zum Verkauf stehe. Nach einer gemeinsamen Besichtigung beschlossen sie, auf beiden Grundstücken ein größeres Haus zu errichten. Der Kaufpreis des zweiten Grundstücks betrug 182.000 EUR. Auch in diesem Fall wurde der Kauf zur Gänze im Wege eines Kredits finanziert. Alleiniger Eigentümer und Kreditnehmer war wiederum der Antragsgegner. Die Kreditsumme der beiden aufgenommenen (endfälligen) Kredite betrug rund 297.000 EUR. Der Verkehrswert der beiden um 266.000 EUR gekauften Liegenschaften beträgt insgesamt 132.000 EUR. Der erste Kredit haftet mit 89.245,40 EUR aus, der zweite mit 176.445,58 EUR. Zur Rückzahlung der Kredite „schloss der Antragsgegner jeweils Tilgungsträger ab“, die zugunsten der jeweils kreditgebenden Bank verpfändet wurden. Diese haben einen Rückkaufswert von 18.869,94 EUR („Kredit 1“) und 37.198,23 EUR („Kredit 2“). Zur (teilweisen) Finanzierung des geplanten Hauses schloss der Antragsgegner verschiedene „Ansparer“ (zwei Supersparpolizzen, zwei Bausparverträge, zwei Lebensversicherungen und eine Kapitalversicherung) ab, deren Rückkaufswert sich auf insgesamt 57.084,94 EUR beläuft. Sämtliche Zahlungen für die Kredite, die Tilgungsträger und die „Ansparer“ leistete der Antragsgegner. Die Antragstellerin zahlte die Kosten für die Ehewohnung, der Antragsgegner jene für die Wohnung in Wien. Von den sonstigen Haushalts- und Lebenshaltungskosten der Familie bestritt jede der Parteien einen Anteil von rund 50 %. Beide Parteien leisteten ihren Beitrag zur Haushaltsführung und Betreuung der gemeinsamen Tochter. Da die Antragstellerin aufgrund ihres Berufs mehr Zeit zu Hause verbrachte als der Antragsgegner, war ihr Anteil an der Erledigung dieser Arbeiten zwar größer. Der Antragsgegner wirkte dennoch regelmäßig und in einem nicht zu vernachlässigenden Anteil daran mit.
Die Antragstellerin verfügt über einen Bausparvertrag mit einem Wert von 5.355,67 EUR. Die Einzahlungen leistete teilweise die Antragstellerin, teilweise der Antragsgegner.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die beiden Pensionsmodelle seien weder eheliches Gebrauchsvermögen noch eheliche Ersparnisse, sondern nicht der Aufteilung unterliegendes laufendes Einkommen. Deshalb seien auch die zur Finanzierung aufgenommenen Kredite und die zugunsten der kreditgewährenden Banken verpfändeten Tilgungsträger nicht zu berücksichtigen. Von den Krediten, die für den Ankauf der beiden Liegenschaften aufgenommen worden seien, seien die festgestellten Rückkaufswerte der Tilgungsträger abzuziehen, was einen verbleibenden Schuldenbetrag von 209.622,81 EUR ergebe. Abzüglich des Verkehrswerts der Liegenschaften von 132.000 EUR verbleibe immer noch ein aushaftender Betrag von 77.622,81 EUR zu Lasten des Antragsgegners. Einzubeziehen seien die „Ansparer“ mit ihrem Rückkaufswert von insgesamt 57.084,94 EUR ebenso wie der zugunsten der Antragstellerin bestehende Bausparvertrag mit einem Guthaben von 5.355,67 EUR. Da der Antragsgegner sämtliche Zahlungen für Kredite, Versicherungsprämien etc geleistet hätte, entspreche es der Billigkeit, der Antragstellerin ein Viertel des Rückkaufwerts der „Ansparer“, somit 14.272 EUR zuzuerkennen. Dem Antragsgegner stünden aus dem Bausparvertrag 2.500 EUR zu. Damit habe er der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 11.772 EUR zu leisten.
Die Antragstellerin beantragte in ihrem Rekurs, ihren Aufteilungsantrag mit 80.500 EUR und jenen des Antragsgegners mit 2.500 EUR als zu Recht bestehend festzustellen und den Antragsgegner zu verpflichten, ihr eine zusätzliche Ausgleichszahlung von 66.228 EUR (insgesamt daher 78.000 EUR) samt 4 % seit 28. 6. 2008 zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragte in seinem Rekurs die gänzliche Abweisung des gegnerischen Antrags, nicht aber die Leistung einer Ausgleichszahlung von weiteren 13.500 EUR zu seinen Gunsten.
Das Rekursgericht gab beiden Rekursen Folge, hob den Beschluss des Erstgerichts im Umfang der Anfechtung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu.
Grundsätzlich seien nach der höchstgerichtlichen Judikatur Lebensversicherungen als langfristige Kapitalanlagen in die Aufteilung einzubeziehen und mit dem Rückkaufswert zu berücksichtigen. Insbesondere im ersten Teil der Laufzeit könne es aber dazu kommen, dass der Rückkaufswert geringer sei als die Summe der bisher geleisteten Prämienzahlungen. Die Berücksichtigung des Rückkaufswerts könne daher tatsächlich für den Ehegatten, der nicht über die Versicherungen verfüge, zu einem ungünstigen Ergebnis führen. Müsse der andere Ehegatte eine Ausgleichszahlung leisten, so wäre er häufig dazu gezwungen, die Lebensversicherungen aufzulösen, um das gebundene Kapital zur Befriedigung der Ausgleichszahlung flüssig zu machen, was ihn benachteiligen würde. Mit diesen Aspekten habe sich die Judikatur des Obersten Gerichtshofs noch nicht auseinandergesetzt. Die Gegenüberstellung der vorhandenen Vermögenswerte im Vergleich zu den Verbindlichkeiten ergebe einen Negativsaldo von 20.537,87 EUR. Der Anspruch der Antragstellerin auf eine Ausgleichszahlung hänge daher davon ab, welche Rolle die beiden Pensionsmodelle im Aufteilungsverfahren spielten. Eine aus einer derartigen Zukunftsvorsorge resultierende Pension müsse unter dem Aspekt der Vermögensbildung betrachtet werden. Hätte das Modell durchgehend so funktioniert wie geplant, wäre es allenfalls noch vertretbar, es aus der Vermögensauseinandersetzung auszunehmen. Dann wäre nämlich aus dem Einkommen der Familie nichts in die private Pensionsvorsorge geflossen. Der Antragsgegner sei aber gezwungen gewesen, aus dem laufenden Einkommen und damit den sonst der Familie zur Verfügung stehenden Mitteln Beträge in die Pensionsmodelle zu investieren. Damit schlage sich in diesen Investitionen teilweise eheliche Ersparnis nieder. Gegenstand des Aufteilungsverfahrens sei nicht eine Beteiligung an einer monatlichen Rente, was Sache des Unterhaltsrechts wäre, sondern die Auflösung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Betrachte man die Rentenversicherung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Vermögensbildung, wäre es sachgerecht, auch hier den Rückkaufswert anzusetzen. Müsse der Antragsgegner tatsächlich eine Ausgleichszahlung leisten, bliebe ihm bei der gegebenen Ausgangslage (kaum frei verfügbares Vermögen und Bindung eines Großteils des Einkommens in diversen Finanzierungskonzepten) gar keine andere Möglichkeit, als einen Teil der vorhandenen Vermögensbildungsformen aufzulösen. Auch für die Rentenversicherung sei daher der - vom Erstgericht noch zu ermittelnde - Rückkaufswert maßgeblich.
Die Antragstellerin begehrt in ihrem Revisionsrekurs die Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichts dahin, dass ihr Begehren mit 80.500 EUR sA, jenes des Antragsgegners mit 2.500 EUR als zu Recht bestehend festgestellt werde und der Antragsgegner verpflichtet werde, einen weiteren Betrag von 66.228 EUR sA zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragte die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, dass „der Antragstellerin kein Aufteilungsanspruch zusteht und das Aufteilungsbegehren des Antragsgegners mit 16.000 EUR als zu Recht festgestellt wird“. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionsrekurse sind berechtigt, was für die Antragstellerin allerdings eine zulässige (RIS-Justiz RS0123359; Rechberger, AußStrG § 70 Rz 2) reformatio in peius bedeutet.
Die Antragstellerin sieht eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens darin, dass das Rekursgericht trotz ihres Antrags keine mündliche Rekursverhandlung durchgeführt hat. Ob eine solche notwendig ist, hat das Rekursgericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu beurteilen; zwingend vorzunehmen ist sie jedenfalls nicht (RIS-Justiz RS0120357). Die Antragstellerin legt auch nicht dar, welches konkrete Ergebnis die von ihr geforderte mündliche Rekursverhandlung gebracht hätte, weshalb sie die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht hinreichend aufzeigt.
Beide Parteien begehrten im Verfahren erster Instanz ausschließlich jeweils eine ziffernmäßige bestimmte Ausgleichszahlung und nicht die Zuweisung bestimmter Vermögenswerte, was im Sinn des § 85 EheG die Grenzen der Entscheidungsbefugnis des Gerichts grundsätzlich festlegte (vgl RIS-Justiz RS0057583; Stabentheiner in Rummel 3 § 85 EheG Rz 1 mwN, § 95 EheG Rz 2; Koch in KBB3 § 85 EheG Rz 2).
In seinem Rekurs bekämpfte der Antragsgegner die Verpflichtung zur Leistung einer Ausgleichszahlung an die Antragstellerin, nicht aber die Abweisung seines Begehrens auf Zahlung eines weiteren Betrags von 13.500 EUR. Seinem im Revisionsrekurs erhobenen Begehren auf Leistung einer Ausgleichszahlung von insgesamt 16.000 EUR an ihn steht damit die eingetretene Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Beschlusses entgegen, soweit es die Abweisung des Mehrbegehrens von 13.500 EUR betrifft. Die Antragstellerin ihrerseits akzeptiert ihre Verpflichtung zur Zahlung von 2.500 EUR und die Abweisung ihres Mehrbegehrens von 52.000 EUR, wie sich aus ihren jeweiligen Anträgen im Rechtsmittelverfahren eindeutig ergibt. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist somit nur noch das Begehren der Antragstellerin auf Leistung einer Ausgleichszahlung von 78.000 EUR (80.500 EUR - 2.500 EUR) sA.
Beide Parteien akzeptieren die Ansicht des Rekursgerichts, an frei verfügbaren Aktiva seien 57.084,94 EUR vorhanden, denen Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Anschaffung der beiden Liegenschaften von 77.622,81 EUR gegenüber stünden, weshalb sich ohne Berücksichtigung der Rentenversicherungen nach dieser Berechnung ein Negativsaldo von 20.537,87 EUR ergebe. Damit hängt die Entscheidung über das Begehren der Antragstellerin davon ab, ob, und wenn ja, mit welchem Wert die beiden Pensionsmodelle als eheliche Ersparnisse in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen sind.
Nach § 81 Abs 3 EheG sind eheliche Ersparnisse Wertanlagen, gleich welcher Art, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind (RIS-Justiz RS0057792). Sie müssen also ihrem Wesen nach, dh nach der Verkehrsauffassung für eine Verwertung bestimmt sein (RIS-Justiz RS0057524; Deixler - Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 81 EheG Rz 24; ähnlich Koch aaO § 81 EheG Rz 7), sei es nun substantiell (Veräußerung) oder durch die Erzielung von Erträgnissen (1 Ob 628/80; RIS-Justiz RS0057331 [T8]; Stabentheiner aaO § 81 EheG Rz 10; Deixler-Hübner aaO; Gitschthaler, Aufteilung [2009] Rz 119, je mwN). Lebensversicherungen werden als eine zur Verwertung bestimmte Sparform gesehen und deshalb in die Aufteilung einbezogen (6 Ob 85/02x mwN; Deixler-Hübner aaO Rz 26; Gitschthaler aaO Rz 137).
Voraussetzung für die Zugehörigkeit einer Sache zur Aufteilungsmasse ist aber jedenfalls, dass sie zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder zu den ehelichen Ersparnissen gehört (RIS-Justiz RS0057331). Während der Ehe erworbenen Anwartschaftsrechte sind damit nicht einzubeziehen, weil zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft noch nicht feststeht, ob ein aus der Anwartschaft resultierender Geldbetrag überhaupt anfallen wird (1 Ob 53/02d = SZ 2003/48; 3 Ob 122/04v = SZ 2005/62 je mwN; Deixler-Hübner aaO Rz 7). Nicht zu den ehelichen Ersparnissen zählen daher Gutschriften auf dem individuellen Alterskonto eines Versicherten aus der Berufsvorsorge nach dem schweizerischen Freizügigkeitsgesetz (FZG), wenn zum maßgeblichen Aufteilungszeitpunkt der Freizügigkeitsfall noch nicht eingetreten war (6 Ob 85/02x = RIS-Justiz RS0057331 [T11]), Einzahlungen in eine Pensionskasse in der Erwartung eines späteren Pensionsbezugs, wenn Früchte aus diesen Zahlungen noch nicht angefallen sind (9 Ob 42/99p = RIS-Justiz RS0057331 [T6] = EFSlg 90.417) oder der (noch nicht ausgeübte) Anspruch des Dienstnehmers auf eine Pensionsvorauszahlung als Optionsrecht (6 Ob 22/98y = EFSlg 90.418).
Differenziert beurteilt werden Pensionsabfindungen/Pensionsvorschüsse. In der Entscheidung 2 Ob 18/00m wertete der Oberste Gerichtshof ein während der Ehe anlässlich des Übertritts in den Ruhestand vorzeitig ausgezahltes Pensionskapital im Ausmaß eines Drittels als Bestandteil der Aufteilungsmasse. Die Auszahlung sei erfolgt, um für beide Ehegatten Vermögenswerte anzuschaffen und anzulegen. Damit habe das Pensionskapital seinen Charakter einer (bloßen) Versorgungsanwartschaft verloren.
Ein anderes Ergebnis erzielte er in dem zu 1 Ob 53/02d entschiedenen Fall, in dem knapp vor Aufhebung der Ehegemeinschaft eine Pensionsabfindung ausbezahlt wurde. Er verglich Pensionsabfindungen mit Gehaltsvorschüssen, die schon aus dem Grund nicht als eheliche Ersparnisse angesehen werden könnten, weil ihnen die Rückzahlungsverpflichtung gegenüberstehe, sodass wirtschaftlich und rechtlich betrachtet nichts in die Aufteilungsmasse fallen könne. Eine Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien (44 R 306/04g = EFSlg 108.352) hält Pensionsabfindungen ebenfalls nicht für einen aufzuteilenden Vermögenswert, weil das österreichische Recht einen Versorgungsausgleich nicht kenne. Außerdem stehe der Pensionsvorauszahlung (Abfindung) im Allgemeinen ein künftiger Pensionsverzicht und damit korrespondierend ein Konsumverzicht gegenüber.
In der Entscheidung 1 Ob 187/09w (= EF-Z 2010/13, 27 = iFamZ 2010/72, 108) hatte der Oberste Gerichtshof Einzahlungen in einen amerikanischen Pensionsfonds zu beurteilen, zu denen ein Österreicher während seiner Tätigkeit an einer amerikanischen Universität verpflichtet war. 50 % der Zahlungen wurden vom Arbeitgeber geleistet. Der Fonds wurde während der Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht aufgelöst. Erst mit Erreichen eines bestimmten Alters des Berechtigten (55 Jahre) sollte der gesamte Kapitalbetrag verfügbar sein. Der Oberste Gerichtshof führte dazu aus, dass bei Mischformen von „Zukunftsvorsorgeprodukten“, die nicht auf den ersten Blick als der Aufteilung unterliegend oder von ihr ausgenommen qualifiziert werden könnten, zu fragen sei, ob es sich nach dem grundsätzlichen Abgrenzungsmodell des § 81 Abs 3 EheG um ihrer Art nach üblicherweise - also nach der Verkehrsauffassung - für eine Verwertung bestimmte Wertanlagen handle. Dies treffe auf typischerweise der Altersvorsorge dienende „Finanzprodukte“ nicht zu, sodass diese - von Missbrauchsfällen abgesehen - in die nacheheliche Aufteilung regelmäßig nicht einzubeziehen seien. „Ihrer Art nach“ ziele die hier zu beurteilende Veranlagung in erster Linie auf die materielle Versorgung des Berechtigten im Alter ab, möge daneben auch eine frühere Auszahlung möglich sein, die allerdings mit wirtschaftlich ganz unvernünftigen Verlusten verbunden wäre. Davon, dass diese Altersvorsorge der in Deutschland oder Österreich als fondsgebundene Er- und Ablebensversicherung üblichen Zukunftsvorsorge entspreche, könne keine Rede sein.
Im konkreten Fall handelt es sich zwar um eine ausschließlich freiwillige, private Pensionsvorsorge im Rahmen der sogenannten dritten Pensionssäule. Das Element der Freiwilligkeit spielt aber ähnlich wie im Fall von Beiträgen (des Dienstnehmers) an Pensionskassen bei der Beurteilung, ob in die zukünftige Altersvorsorge investiertes Kapital der Aufteilung unterliegt, keine entscheidende Rolle, zumal die private Pensionsvorsorge zur Aufrechterhaltung des gewohnten Lebensstandards aufgrund der (zukünftigen) Einschnitte in das staatliche Pensionssystem immer mehr Bedeutung gewinnt. Zu fragen ist, ob bei einer wirtschaftlich vernünftigen Betrachtungsweise die Investition objektiv den Zweck verfolgt, ab Erreichen einer bestimmten, individuell festgelegten Altersgrenze, auf die in der Regel die Vertragslaufzeit derartiger Modelle abgestimmt wird, Leistungen zu beziehen, die in Zukunft neben staatlichen Pensionen oder Firmenpensionen einen gewissen Lebensstandard im Alter sichern. Steht hingegen der Zweck im Vordergrund, durch die Einzahlung(en) das nach Ablauf der Vertragslaufzeit prognostizierte Vermögen „anzusparen“, zählen das nach Verstreichen des Vertragszeitraums erzielte Kapital oder die im Fall der vorzeitigen Auflösung des Vertrags ausbezahlte Summe zu den ehelichen Ersparnissen, soferne die Auszahlung während der ehelichen Gemeinschaft erfolgt. Welche Variante zutrifft, kann jeweils nur anhand des konkreten Vorsorgemodells beurteilt werden.
Im konkreten Fall sollten sich die beiden Pensionsmodelle nach ihrem Konzept selbst finanzieren, indem die (aufgrund des Einmalerlags sofort ausgezahlten) monatlichen Renten nicht das laufende, zur Verfügung stehende Einkommen des Berechtigten erhöhten, sondern direkt zur Begleichung der monatlichen Kreditraten und Versicherungsprämien verwendet wurden. Nach Ende der Laufzeit der Kredite (nach dem in dieser Hinsicht nicht konkret bestrittenen Vorbringen des Antragsgegners jeweils im Jahr 2017) hätte die ausbezahlte Rente der Familie als zusätzliches laufendes Einkommen zur Verfügung stehen sollen. Ungeachtet des Systems der „Sofortrente“ haben die beiden Pensionsmodelle während der Dauer der ehelichen Gemeinschaft keine für die Parteien verwertbaren Einnahmen („Früchte“) gebracht. Die Höhe der nach Begleichung der Kredite an den Antragsgegner auszuzahlenden Renten ist von zukünftigen Entwicklungen (Kapitalmarkt-Zinsen) abhängig und völlig ungewiss, was seinen Ansprüchen den Charakter einer Anwartschaft verleiht. Die Besonderheit der vom Antragsgegner im Einverständnis mit seiner früheren Ehegattin gewählten Pensionsmodelle liegt nur darin, dass diese aufkommensneutral geplant waren, also das Familieneinkommen nicht belasten sollten. Zum Ansparen von Kapital, das auch noch vor Ende der Laufzeit der zur Finanzierung aufgenommene Kredite bei einer wirtschaftlich vernünftigen Betrachtungsweise verwertbares Vermögen darstellt, waren die Pensionsmodelle schon nach ihrem Konzept her nicht gedacht. Der Unterschied zu (auch fondsgebundenen) Lebensversicherungsverträgen, die als eheliche Ersparnis gewertet werden, besteht zudem darin, dass bei solchen Verträgen im Allgemeinen monatliche Prämienzahlungen zu leisten sind, die bei vorzeitiger Auflösung (Rückkauf) in der Regel gänzlich entfallen. Mag sich der Rückkauf bei Lebensversicherungsverträgen aufgrund des Vergleichs zwischen getätigten Einzahlungen und Rückkaufswert in manchen Fällen (abhängig von der Laufzeit bis zur Auflösung) als nicht besonders wirtschaftlich darstellen, so fällt wenigstens die monatliche Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Versicherungsunternehmen weg. Eine vergleichbare Situation ist bei den beiden Pensionsmodellen aufgrund der Belastung durch Kreditraten und Versicherungsprämien als Folge des kreditfinanzierten Einmalerlags nicht gegeben.
Das Argument des Rekursgerichts, die Leistung der Zuschüsse habe Familieneinkommen in Anspruch genommen (Konsumverzicht), überzeugt nicht. Erst seit 2004 musste der Antragsgegner Zuschüsse in einer Größenordnung leisten, die gemessen am Gesamteinkommen der Familie keinen einschneidenden Konsumverzicht darstellten. Jedenfalls wirkte sich diese zusätzliche Zahlungsverpflichtung aufgrund der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft im Jahr 2006 nur für einen relativ kurzen Zeitraum auf das gemeinsame Leben aus und ist einer langjährigen Belastung des Familieneinkommens durch monatliche Einzahlungen in eine Rentenversicherung, von der aufgrund der Auflösung der Ehe letztlich nur ein Ehegatte als Vertragspartner des Versicherungsunternehmens profitiert, keinesfalls gleichzuhalten.
Aus diesen Erwägungen sind die beiden „Pensionsmodelle“ nicht in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen. Der Antragstellerin steht somit keine Ausgleichszahlung zu, während ihre Verpflichtung, dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von 2.500 EUR (aufgrund des Bausparguthabens) zu leisten, unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist (und auch der Billigkeit entspricht, weil das Bausparguthaben [mit Ausnahme der Ehewohnung] den einzigen „unbelastet einem Ehegatten verbleibenden“ Vermögenswert darstellt).
Nach § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten einer Partei zu ersetzen, soweit sie mit ihrer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erfolg hatte. Davon ist nach Satz 2 nur abzuweichen, soweit dies nach Billigkeit, insbesondere wegen der tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Sache oder wegen eines dem Verhalten einzelner Parteien zuzurechnenden Aufwands, erforderlich ist. Die Kostenentscheidung im außerstreitigen Aufteilungsverfahren hat sich aufgrund der expliziten Anordnung des Erfolgsprinzips in § 78 Abs 2 Satz 1 AußstrG (Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth aaO § 78 AußStrG Rz 12 mwN; vgl Obermaier, Kostenhandbuch² Rz 723) vorrangig am Erfolg der Parteien zu orientieren. Ein teilweises Obsiegen der Parteien führt demnach zur Quotenkompensation im Sinne des § 43 Abs 1 ZPO (1 Ob 57/11f mwN; vgl Gitschthaler aaO Rz 18 mwN). Wurde aber nur ein geringfügiger Teil des Begehrens einer Partei, dessen Geltendmachung auch keine besonderen Kosten verursachte, abgewiesen, ist es eine sachgerechte und dem vorrangigen Erfolgsprinzip nicht widersprechende Lösung, dieser Partei die vollen Kosten zuzusprechen (vgl Gitschthaler aaO Rz 14; vgl Obermaier aaO je mwN).
Bemessungsgrundlage für die jeweiligen Obsiegensquoten der Parteien ist in diesem Fall die Summe der begehrten Ausgleichszahlungen (vgl Gitschthaler aaO Rz 38). Die Antragstellerin begehrte im Verfahren erster Instanz zunächst 250.000 EUR und schränkte ihr Begehren auf 150.000 EUR sowie zuletzt auf 130.000 EUR ein. Der Antragsgegner begehrte im Verfahren erster Instanz durchgehend eine Zahlung von 16.000 EUR. Zugesprochen wurden ihm 2.500 EUR. Sein Erfolg bemisst sich also mit 2.500 EUR zusätzlich des jeweils abgewiesenen Zahlungsbegehrens der Antragstellerin. Ausgehend vom Gesamtstreitwert beträgt seine Obsiegensquote im Verfahren erster Instanz rund 95, 92 und 91 %. Dass sein Begehren einen besonderen Verfahrensaufwand verursachte, ist nicht zu erkennen. Um eine Entscheidungsgrundlage zu schaffen, welchem der Parteien letztlich eine Ausgleichszahlung zusteht, mussten sämtliche, nach den Behauptungen der Parteien zu den ehelichen Ersparnissen zählenden Vermögenswerte geprüft werden. Der Schwerpunkt des Verfahrens lag dabei bei der Frage der Einbeziehung der beiden „Pensionsmodelle“, mit denen die Antragstellerin ihr Begehren insbesondere rechtfertigte und deren Zugehörigkeit zur Aufteilungsmasse der Antragsgegner von Anfang an ablehnte. Mit diesem Rechtsstandpunkt konnte er sich letztlich durchsetzen. Besondere rechtliche Schwierigkeiten bei Beurteilung dieser Rechtsfrage, die ein Abweichen vom Erfolgsprinzip im Sinn einer Billigkeitsentscheidung nach § 78 Abs 2 Satz 2 AußStrG rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Probleme bei der Abgrenzung, was zu ehelichem Gebrauchsvermögen und zu ehelichen Ersparnissen gehört und was nicht, sind keine Ausnahmeerscheinung im nachehelichen Aufteilungsverfahren. Zur Einbeziehung von der Altersvorsorge dienenden Versicherungen/Finanzprodukten existierte bereits Judikatur des Obersten Gerichtshofs, der auch schon aussprach, dass die Lösung von der Ausgestaltung des jeweiligen Modells abhängt (1 Ob 187/09w). Eine erstmalige Antwort des Obersten Gerichtshofs auf eine erhebliche Rechtsfrage als (allfälliger) Anhaltspunkt für eine Billigkeitsentscheidung (vgl Gitschthaler aaO Rz 21) ist hier jedenfalls zu verneinen. Aus diesen Erwägungen erhält der Antragsgegner im Verfahren erster Instanz vollen Kostenersatz auf Basis des ersiegten Betrags (vgl Fucik in Rechberger³ § 43 ZPO Rz 13; vgl Obermaier aaO Rz 136).
Im Rechtsmittelverfahren hat der Antragsgegner zur Gänze obsiegt, weshalb ihm seine gesamten Kosten zuzusprechen sind, dies allerdings (entgegen dem Kostenverzeichnis in seinem Revisionsrekurs) nur auf Basis von 78.000 EUR.
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