OGH 17Ob9/11i

OGH17Ob9/11i10.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Revisionsrekursgericht durch die Präsidentin Dr. Griss als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** S***** P*****, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei M***** Company, *****, vertreten durch Schneider & Schneider Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 1.062.036,43 EUR sA und Feststellung (Streitwert 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision und den außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin gegen das Urteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungs- und Rekursgericht vom 19. Jänner 2011, GZ 6 R 240/10x-79, mit welchen das Urteil und der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 28. September 2010, GZ 9 Cg 8/08i-70, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Aus Anlass der außerordentlichen Revision werden die Urteile der Vorinstanzen im Ausmaß eines Betrags von 26.829,85 EUR samt dem darüber geführten Verfahren als nichtig aufgehoben, und die Klage wird insofern wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der außerordentlichen Revision Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden im über die Zurückweisung hinausgehenden Ausmaß einschließlich der gesamten Kostenentscheidungen aufgehoben, und die Rechtssache wird insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt zur Gänze der im fortgesetzten Verfahren zu treffenden Entscheidung des Erstgerichts vorbehalten.

Text

Begründung

Die Klägerin führte seit 1974 ein Lokal unter der Bezeichnung „Tabasco“. Dagegen erhob die Beklagte 1979 eine Unterlassungsklage, die sie auf zwei ältere österreichische Marken mit dem Wortlaut bzw Wortbestandteil „TABASCO“ stützte. Aufgrund eines mit der Klage verbundenen Sicherungsantrags erließ der Oberste Gerichtshof am 25. März 1980 eine entsprechende einstweilige Verfügung (4 Ob 307/80), die der Klägerin am 5. Mai 1980 zugestellt wurde. Die Klägerin verteidigte sich mit der fehlenden Rechtsbeständigkeit der Marken; „Tabasco“ sei eine geographische Angabe und die Bezeichnung einer Pfeffersorte. Am 29. September 1981 wurde der Zivilprozess bis zur Entscheidung über einen von der Klägerin beim Patentamt eingebrachten Antrag auf Löschung der Marken unterbrochen.

Am 22. März 1982 trug das Erstgericht mit weiterer einstweiliger Verfügung dem Herausgeber eines Restaurantführers auf, nicht mehr auf das weiterhin mit „Tabasco“ bezeichnete Lokal der Klägerin hinzuweisen. Am 29. April 1982 änderte das Rekursgericht diese Entscheidung im Sinn einer Antragsabweisung ab, was der Oberste Gerichtshof am 30. Juni 1982 bestätigte (3 Ob 89/82).

Am 17. Mai 1982 gab das Patentamt dem Löschungsantrag der Klägerin statt, weil „Tabasco“ eine geographische Angabe und die Bezeichnung einer Pfeffersorte sei. Die Beklagte bekämpfte diese Entscheidung beim Obersten Patent- und Markensenat.

Mit Beschluss vom 8. Februar 1983 machte der Oberste Gerichtshof den weiteren Bestand der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung abhängig (4 Ob 306/83). Da die Beklagte die Sicherheitsleistung nicht erlegte, hob das Erstgericht die einstweilige Verfügung am 16. Mai 1983 auf.

Mit Erkenntnis vom 27. Mai 1987 hob der Oberste Patent- und Markensenat die dem Löschungsantrag stattgebende Entscheidung des Patentamts auf (Om 1/83). Dass „Tabasco“ auch eine mexikanische Provinz bezeichne, sei unerheblich, weil dies in Österreich nicht bekannt sei. In Bezug auf die Verwendung als Pfefferbezeichnung seien noch weitere Feststellungen erforderlich. Im zweiten Rechtsgang wies das Patentamt am 12. April 1995 den Löschungsantrag ab. Der Oberste Patent- und Markensenat gab der dagegen gerichteten Berufung der Klägerin Folge und verfügte mit Erkenntnis vom 13. November 1996 die Löschung einer der beiden Marken; bei der anderen, die bereits aus anderen Gründen erloschen war, stellte er fest, dass sie nicht registrierungsfähig gewesen sei (Om 4/96). Er sah als maßgebend an, dass „Tabasco“ schon seit 1850 als Gattungsbezeichnung einer Pfeffersorte verwendet werde. Dies schließe eine Registrierung als Marke aus, wobei dieses Registrierungshindernis auch durch Verkehrsgeltung nicht überwunden werden könne. Das entsprach der Rechtslage vor der Markenrechts-Novelle 1999. Die Beklagte erhob gegen diese Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der am 14. Mai 1997 aufschiebende Wirkung gewährt wurde.

Am 6. März 1997 beantragte die Klägerin die Fortsetzung des seit 1982 anhängigen Zivilprozesses. Im weiteren Verfahren wies das Erstgericht die Unterlassungsklage mit Urteil vom 6. April 1998 ab. Das Berufungsgericht und der Oberste Gerichtshof bestätigten diese Entscheidung. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 24. November 1998 (4 Ob 266/98s) wurde der Klägerin am 21. Dezember 1998 zugestellt. Der Verfassungsgerichtshof wies die Beschwerde gegen das Erkenntnis des Obersten Patent- und Markensenats am 30. November 1999 ab.

Am 26. November 1999 erhob die Klägerin gegen die Beklagte beim United States District Court for the Western District of Louisiana eine auf missbräuchliche Prozessführung in Österreich gestützte Schadenersatzklage gegen die im Sprengel des Gerichts ansässige Beklagte. Dieses Gericht sprach am 14. August 2000 aus, dass das Verfahren in Österreich geführt werden solle; das amerikanische Gericht sei dafür nicht geeignet („forum non conveniens“). Zu diesem Zweck wurde das amerikanische Verfahren vorläufig beendet.

Die Entscheidung des District Court wurde dem amerikanischen Vertreter der Klägerin am 15. August 2000 zugestellt, ihrem österreichischen Vertreter kam sie erst am 23. Jänner 2001 zu. Am 18. Dezember 2001 erhob die Klägerin beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eine Klage auf Schadenersatz und Feststellung. Für die Zuständigkeit stützte sie sich auf eine angebliche Forderung der Beklagten gegen ein österreichisches Unternehmen (§ 99 JN), die sie jedoch nicht konkretisieren konnte. Erst- und Rekursgericht wiesen die Klage daher wegen des Fehlens eines schlüssigen Vorbringens zu einem (ausreichenden) inländischen Vermögen zurück, ohne die Beklagte in das Verfahren einzubeziehen. Der Oberste Gerichtshof wies am 9. September 2002 einen außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück (7 Ob 194/02h). Dieser Beschluss wurde dem Vertreter der Klägerin am 29. Oktober 2002 zugestellt. Daraufhin beantragte die Klägerin am 25. Februar 2003 die Fortsetzung des amerikanischen Verfahrens. Nachdem die Beklagte dort neuerlich einen Forum-non-conveniens-Einwand erhoben hatte, vereinbarten die Parteien am 1. Juni 2004 die Zuständigkeit des Landesgerichts Salzburg. Dort beantragte die Klägerin am 8. September 2004 die Gewährung von Verfahrenshilfe.

Mit ihrer am 15. Oktober 2004 beim Landesgericht Salzburg eingelangten Klage macht die Klägerin Schadenersatz wegen des „mutwilligen, rechtsmissbräuchlichen und schikanösen“ Führens „aller“ von 1979 bis 1999 anhängigen Verfahren geltend; als weiteren Anspruchsgrund nennt sie § 394 EO. Sie begehrt (zuletzt) 1.062.036,43 EUR, und zwar

Weiters begehrt sie die Feststellung der Haftung der Beklagten für „jeden“ (gemeint offenbar: in Zukunft) aus dem Führen des Unterlassungsprozesses und des Löschungsverfahrens entstehenden Schaden. Dem von der Beklagten erhobenen Einwand der Verjährung hält sie die Klage in den USA und die gehörige Fortsetzung des Verfahrens dann auch in Österreich entgegen. Zudem sei der Einwand sittenwidrig, weil die Beklagte das Verfahren in den USA verzögert und in die Gerichtsstandvereinbarung erst „unter tatkräftiger Mitwirkung der amerikanischen Richterin“ eingewilligt habe.

Die Beklagte wendet Unzulässigkeit des Rechtswegs für die Kostenforderungen, Fehlen eines Grundes für die Haftung und Verjährung ein. Sie habe die Verfahren nicht rechtsmissbräuchlich geführt. Zwar seien die geltend gemachten Forderungen bei Einbringen der Klage in den USA noch nicht verjährt gewesen, die Klägerin habe das Verfahren aber angesichts längerer Stillstände nicht gehörig fortgesetzt. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, der Klägerin den Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung anzubieten.

Das Erstgericht wies die Klage zurück, soweit sie auf Ersatz von Kosten im Betrag von 103.859,74 EUR gerichtet war. Insofern liege Unzulässigkeit des Rechtswegs vor. Von der Zurückweisung nicht erfasst waren - ohne dass das Erstgericht das näher begründet hätte - die Kosten des ersten österreichischen Schadenersatzprozesses von 25.935,92 EUR und die im Unterlassungsprozess nachträglich angefallenen Gerichtsgebühren von 1.003,61 EUR. Im Übrigen wies das Erstgericht das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Zwar habe die 1999 in den USA erhobene Klage die Verjährung unterbrochen. Die Unterbrechungswirkung sei jedoch durch die rechtskräftige Zurückweisung der ersten österreichischen Schadenersatzklage weggefallen. Zudem habe die Klägerin diese Klage nicht unverzüglich nach der amerikanischen Forum-non-conveniens-Entscheidung eingebracht. Da die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, der Klägerin vor der ersten österreichischen Klage eine Gerichtsstandsvereinbarung anzubieten, sei der Verjährungseinwand auch nicht sittenwidrig.

Das von der Klägerin mit Rekurs und Berufung angerufene Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidungen und sprach aus, dass wegen des Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage weder die Revision noch der Revisionsrekurs zulässig seien.

Zum Rekurs verwies die zweite Instanz auf den akzessorischen Charakter des Anspruchs auf Kostenersatz, der zur Unzulässigkeit des Rechtswegs führe. Die Klägerin habe nicht dargelegt, aus welchen besonderen Gründen die Akzessorietät bei einzelnen Teilansprüchen fehlen sollte. Die Berufung sei nicht berechtigt, weil die Unterbrechungswirkung der amerikanischen Klage wegen der Zurückweisung der ersten österreichischen Schadenersatzklage nach der klaren Regelung des § 1497 ABGB weggefallen sei. Selbst wenn man aber annähme, dass das amerikanische Verfahren nur unterbrochen gewesen sei, hätte die Klägerin wegen des verzögerten Einbringens der ersten österreichischen Schadenersatzklage das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt. Begonnen habe die Verjährung mit dem Antritt der vorzeitigen Alterspension durch die Klägerin am 1. November 1996; das sei der „Primärschaden“ gewesen.

Gegen diese Entscheidung richten sich ein außerordentlicher Revisionsrekurs und eine außerordentliche Revision der Klägerin. Sie beantragt, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, das Verfahren - hinsichtlich der zurückgewiesenen Beträge unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund - fortzusetzen.

Rechtliche Beurteilung

A. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist wegen des Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Prozesskosten (einschließlich vorprozessualer Kosten) sind nach ständiger Rechtsprechung im besonderen Kostenverfahren nach den §§ 40 ff ZPO geltend zu machen. Insoweit gehen die öffentlich-rechtlichen prozessualen Kostenersatzregeln vor (RIS-Justiz RS0022827). Der Rechtsweg ist insofern unzulässig (RIS-Justiz RS0120431, RS0035721). Das gilt aufgrund der Verweise in den §§ 122, 140 PatG 1970 auch für Kosten in Verfahren vor dem Patentamt und dem Obersten Patent- und Markensenat. Die Klägerin zeigt nicht auf, weshalb das bei den von der Zurückweisung betroffenen Ansprüchen anders sein soll.

Erst wenn kein Hauptanspruch mehr besteht, können Kosten selbständig eingeklagt werden. Das ist dann der Fall, wenn in der Hauptsache kein Prozess mehr eingeleitet werden kann, weil der Hauptanspruch bereits durch Erfüllung, Verzicht oder Anerkenntnis erledigt wurde (RIS-Justiz RS0111906; zuletzt etwa 4 Ob 103/06k = SZ 2006/105). Ein solches Vorbringen hat die Klägerin aber nicht erstattet.

B. Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil die Rechtsprechung zur Unterbrechung der Verjährung durch eine Auslandsklage einer Fortentwicklung bedarf.

1. Zunächst ist aus Anlass der zulässigen Revision die Klage aus den oben (Punkt A.) angeführten Gründen im Ausmaß weiterer Teilbegehren von 1.003,61 EUR (im Unterlassungsprozess nachträglich angefallene Gerichtsgebühren) und 25.935,92 EUR (Kosten des ersten österreichischen Schadenersatzprozesses) zurückzuweisen; insofern sind die Verfahren und die Entscheidungen der Vorinstanzen als nichtig aufzuheben. Ein Vorbringen, warum diese Kostenforderungen ausnahmsweise als Schadenersatz geltend gemacht werden könnten, hat die Klägerin auch hier nicht erstattet. Die nachträglich angefallenen Gerichtsgebühren hätte die Klägerin mit Kostenbestimmungsantrag nach § 54 Abs 2 ZPO geltend machen können. Die Kosten des ersten österreichischen Schadenersatzprozesses sind bei der Durchsetzung der auch jetzt strittigen Ansprüche angefallen. Die Klägerin kann sie daher als vorprozessuale Kosten in ihr Kostenverzeichnis aufnehmen. Ob sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren, wird gegebenenfalls im Rahmen der Kostenentscheidung zu prüfen sein.

2. Im Übrigen ist die Revision im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

2.1. Unstrittig ist, dass auf die Ansprüche der Beklagten nach § 48 Abs 1 IPRG idF vor dem BG BGBl I 2009/109 österreichisches Recht anzuwenden ist. Nach diesem Recht ist auch die Verjährung des Anspruchs zu beurteilen (Verschraegen in Rummel² § 48 IPRG Rz 32 mwN).

2.2. Die Verjährung begann erst mit Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 30. November 1999.

2.2.1. Wenn Ungewissheit darüber besteht, ob überhaupt ein Schaden entstanden ist und darüber ein Rechtsstreit anhängig ist, darf der Geschädigte in der Regel (außer bei schon vorher gesicherten Verfahrensergebnissen) den Ausgang dieses Verfahrens abwarten, weil er erst dann über ausreichend sichere Informationen für seine Schadenersatzklage verfügt (RIS-Justiz RS0034951 [T10, T19, T22]). Umso mehr muss das gelten, wenn - wie hier - Schadenersatz wegen des missbräuchlichen Führens von Verfahren (RIS-Justiz RS0022840) begehrt wird. In diesem Fall kann vom (angeblich) Geschädigten keinesfalls verlangt werden, schon vor der endgültigen Entscheidung in den (angeblich) missbräuchlich geführten Verfahren Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

2.2.2. Im vorliegenden Fall behauptet die Klägerin, die Beklagte habe sowohl den Unterlassungsprozess als auch das Markenlöschungsverfahren missbräuchlich geführt. Kern des Rechtsstreits war in beiden Fällen die Rechtsbeständigkeit der Marken „TABASCO“. Diese Frage war erst mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 30. November 1999 endgültig geklärt. Zwar hatte zuvor schon der Oberste Gerichtshof die Rechtsbeständigkeit verneint und auf dieser Grundlage die Abweisung der Unterlassungsklage bestätigt. Hätte der Verfassungsgerichtshof aber anders entschieden und wäre der Löschungsantrag der Klägerin in weiterer Folge abgewiesen worden, so hätte die Beklagte nach § 156 Abs 6 PatG 1970 die Wiederaufnahme des Unterlassungsprozesses begehren können; im wieder aufgenommenen Verfahren hätte sie aufgrund der dann anzunehmenden Rechtsbeständigkeit der Marken obsiegt. Ein dem Standpunkt der Beklagten entsprechendes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs war nicht ausgeschlossen, hatte er doch deren Beschwerde zuvor aufschiebende Wirkung verliehen. Rechtssicherheit bestand daher für beide Seiten erst mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 30. November 1999. Unter diesen besonderen Umständen ist der Beginn der Verjährung (erst) mit der Zustellung dieses Erkenntnisses anzunehmen. Feststellungen zu diesem Zeitpunkt fehlen, die Verjährungsfrist endete aber jedenfalls nicht vor dem 30. November 2002.

2.3. Nach § 1497 ABGB wird die Verjährung durch eine Klage unterbrochen, wenn das Verfahren gehörig fortgesetzt wird.

2.3.1. Wird eine im Ausland bei einem nicht offenbar unzuständigen Gericht eingebrachte Klage mangels internationaler Zuständigkeit zurückgewiesen, bleibt die bewirkte Unterbrechung aufrecht, wenn die Neueinklagung im Inland unverzüglich nach der Zurückweisung erfolgt (10 Ob 113/07a = JBl 2008, 657 = IPRax 2009, 430 [Jud/Kogler 439]). Dass eine Überweisung nach § 230a oder § 261 Abs 6 ZPO, die die Anhängigkeit des Verfahrens auch formell wahrt, in grenzüberschreitenden Fällen nicht möglich ist, schadet daher nicht.

2.3.2. Eine solche Klage bei einem nicht offenbar unzuständigen ausländischen Gericht lag hier vor. Allerdings war dieses Gericht aufgrund der im anglo-amerikanischen Prozessrecht geltenden Forum-non-conveniens-Doktrin (vgl dazu Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht4 [2011] Rz 83 ff; Hay, US-amerikanisches Recht4 [2008] Rz 142 ff) der Auffassung, dass der Prozess besser in Österreich geführt werden sollte. Zu diesem Zweck wurde das amerikanische Verfahren vorläufig beendet. Dabei handelte es sich jedoch um einen „dismissal without prejudice“, der es der Klägerin ermöglichte, zum amerikanischen Gericht zurückzukehren, wenn das angeblich besser geeignete Gericht seine Zuständigkeit verneinen würde. Es war daher folgerichtig, dass die Klägerin ihre Ansprüche nach der Zurückweisung ihrer ersten österreichischen Schadenersatzklage wieder vor dem Gericht in Louisiana geltend machte.

2.3.3. Auf dieser Grundlage greift die Auffassung der Vorinstanzen zu kurz, schon die rechtskräftige Zurückweisung der ersten österreichischen Schadenersatzklage stehe wegen des Wortlauts von § 1497 ABGB der Annahme einer (weiteren) Unterbrechung der Verjährung entgegen. Vielmehr sind auch hier die Grundsätze der Entscheidung 10 Ob 113/07a heranzuziehen: Wird eine von einem ausländischen Gericht mit einer Forum-non-conveniens-Entscheidung veranlasste Inlandsklage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit zurückgewiesen und setzt der Kläger daraufhin das ausländische Verfahren unverzüglich fort, so bleibt die Wirkung der Unterbrechung aufrecht. Denn der Kläger hatte in diesem Fall keine andere Wahl, als die Inlandsklage zu erheben und hier eine Zurückweisung zu riskieren. Gleiches muss gelten, wenn die Parteien in weiterer Folge eine Gerichtsstandsvereinbarung schließen und der Kläger die Sache auf dieser Grundlage nach einer neuerlichen Forum-non-conveniens-Entscheidung des ausländischen Gerichts wieder vor ein inländisches Gericht bringt. Die Verfahren sind hier aus verjährungsrechtlicher Sicht als Einheit zu betrachten, sodass es allein auf die Frage ankommt, ob insgesamt eine gehörige Fortsetzung iSv § 1497 ABGB vorliegt.

2.3.4. Das Berufungsgericht hat diese Frage mit der Begründung verneint, dass die Klägerin nach der ersten Forum-non-conveniens-Entscheidung etwa 14 Monate zuwartete, bis sie in Österreich Klage erhob. Darin läge zweifellos kein „unverzügliches“ Geltendmachen des Anspruchs im Sinn der Entscheidung 10 Ob 113/07a und damit keine gehörige Fortsetzung iSv § 1497 ABGB. Allerdings ist die Untätigkeit des Klägers verjährungsrechtlich nur insoweit relevant, als sie in die Zeit nach Ablauf der (ursprünglichen) Verjährungsfrist fällt (1 Ob 165/09k = ecolex 2010, 249; 4 Ob 191/10g; Dehn in KBB3 § 1497 Rz 11). Diese endete hier, wie oben dargelegt, nicht vor dem 30. November 2002. Eine relevante Untätigkeit könnte daher nur zwischen diesem Zeitpunkt und dem am 25. Februar 2003 gestellten Fortsetzungsantrag in den USA sowie zwischen der Gerichtsstandsvereinbarung vom 30. Juni 2004 und dem am 8. September 2004 gestellten Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe für die zweite österreichische Schadenersatzklage liegen. Beide Zeiträume lassen angesichts der Schwierigkeiten grenzüberschreitender Rechtsverfolgung keine „ungewöhnliche Untätigkeit“ erkennen, die auf ein Abstehen vom Anspruch schließen ließe und daher einem Fortbestehen der Unterbrechungswirkung entgegenstünde (RIS-Justiz RS0034849, RS0034765).

Unerheblich sind demgegenüber Umstände, die vor Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist liegen, also insbesondere das von den Vorinstanzen gerügte Zuwarten zwischen der ersten Forum-non-conveniens-Entscheidung des amerikanischen Gerichts und der ersten österreichischen Schadenersatzklage. Es schadet auch nicht, dass die Klägerin mit dieser Klage anscheinend nur einen Teil ihrer jetzt verfolgten Ansprüche geltend gemacht hat. Dass diese nicht Gegenstand des amerikanischen Verfahrens gewesen wären, hat die Beklagte nicht behauptet.

3. Der Verjährungseinwand der Beklagten muss daher scheitern. Dies führt, soweit der Rechtsweg zulässig ist, zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen. Im fortgesetzten Verfahren wird sich das Erstgericht mit der inhaltlichen Berechtigung der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auseinanderzusetzen haben. Auf die allfällige Sittenwidrigkeit des Verjährungseinwands kommt es unter diesen Umständen nicht an.

4. Das Erstgericht wird mit der Klägerin zu erörtern haben, ob und gegebenenfalls welche ihrer Ansprüche sie wegen der rechtskräftigen Abweisung der Unterlassungsklage auf § 394 EO stützt.

4.1. Über Ersatzansprüche nach § 394 EO entscheidet ausschließlich das Sicherungsgericht (7 Ob 549/95 = SZ 69/36), der Rechtsweg vor den ordentlichen Prozessgerichten ist insoweit ausgeschlossen (1 Ob 239/00d = SZ 73/187; RIS-Justiz RS0097416 [T1]). Für das Verfahren gelten, soweit der zweite Teil der Exekutionsordnung keine besonderen Bestimmungen enthält, die Bestimmungen für das Exekutionsverfahren (4 Ob 2097/96b = SZ 69/114; RIS-Justiz RS0104479).

4.2. Dass die Klägerin allfällige Ansprüche nach § 394 EO in der Klage geltend gemacht hat, schadet nicht, da nach § 40a JN für die Bestimmung der Verfahrensart nicht die Bezeichnung durch die Partei, sondern der Inhalt des Begehrens und des Vorbringens maßgebend sind. Ein falsch bezeichnetes Rechtsschutzgesuch ist daher umzudeuten und im richtigen Verfahren zu behandeln (Mayr in Rechberger 3 § 44a JN Rz 2, Ballon in Fasching/Konecny² I § 44a JN Rz 3, beide mwN).

4.3. Das gilt grundsätzlich auch für Ansprüche nach § 394 EO, die der Geschädigte zunächst unrichtig mit Klage geltend gemacht hat. Zwar hat der Oberste Gerichtshof in einem vergleichbaren Fall die Klage nicht umgedeutet, sondern zurückgewiesen (1 Ob 239/00d). Das war aber offenkundig damit begründet, dass es sich um eine einstweilige Verfügung nach § 144 StPO 1975 gehandelt hatte und eine Überweisung an das Strafgericht nicht in Betracht gezogen wurde. Bei einer von einem Zivilgericht erlassenen einstweiligen Verfügung ist kein Grund zu erkennen, weshalb entgegen der allgemeinen Regel eine Umdeutung unterbleiben sollte. Ansprüche nach § 394 EO wären daher aus dem Prozess auszuscheiden und allenfalls (§ 17 Abs 7 Geo) jener Gerichtsabteilung abzutreten, die nach der Geschäftsverteilung des Erstgerichts für die insofern erforderliche Fortsetzung des Sicherungsverfahrens zuständig ist.

4.4. Ersatzansprüche nach § 394 EO müssen nicht bei sonstigem Verfall innerhalb der 14-tägigen Frist des § 400 EO erhoben werden; für sie gilt vielmehr, jedenfalls soweit es sich nicht um reinen Verfahrenskostenersatz handelt, die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB (4 Ob 373/86 = SZ 60/24; RIS-Justiz RS0005689). Anspruchsgrund ist hier allein der Umstand, dass der gesicherte Anspruch iSd § 394 EO „rechtskräftig aberkannt“ wurde. Damit wird auch für den Beginn der Verjährung auf die Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Unterlassungsprozess abzustellen sein. Für die Beurteilung der Unterbrechung begründet das aber keinen Unterschied. Die Verjährungsfrist endete demnach drei Jahre nach dieser Zustellung, somit am 21. Dezember 2001. Eine die gehörige Fortsetzung ausschließende Untätigkeit könnte daher nur nach diesem Zeitpunkt liegen. Hier könnte allenfalls der zeitliche Abstand zwischen der rechtskräftigen Zurückweisung der ersten österreichischen Schadenersatzklage (29. Oktober 2002) und der Fortsetzung des amerikanischen Verfahrens (25. Februar 2003) in Betracht kommen. Auch darin ist aber angesichts der Schwierigkeiten grenzüberschreitender Rechtsverfolgung noch keine auffallende Untätigkeit zu erkennen, die einen Wegfall der Unterbrechungswirkung begründete (vgl oben Punkt 2.3.4).

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.

Die Vorinstanzen haben bei der Kostenbestimmung nicht zwischen der Sachentscheidung und der Klagezurückweisung unterschieden. Ihre Kostenentscheidungen fallen daher wegen der Aufhebung der Urteile zur Gänze dahin. Die Zurückweisung der Klage durch die Vorinstanzen und den Obersten Gerichtshof ist für die Zwecke der Kostenbestimmung einem Teilurteil gleichzuhalten. Das Erstgericht wird daher auch diese Zurückweisung und die damit verbundene Nichtigerklärung des Verfahrens bei seiner Kostenbestimmung zu berücksichtigen haben (§ 51 JN). Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

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