OGH 15Os76/10f

OGH15Os76/10f16.2.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fischer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Elisabeth B***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 3. November 2009, GZ 41 Hv 151/08z-39, sowie über ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 7. Mai 2010, GZ 41 Hv 151/08z-56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Elisabeth B***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (II./) und des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB (I./) schuldig erkannt.

Danach hat sie

I./ zwischen 3. und 29. Februar 2008 in A***** Ferdinand G***** fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich 5.200 Euro mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

II./ am 21. Februar 2008 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Bankangestellte durch Vorlage von Sparbüchern, Bekanntgabe des Losungsworts und des Namens des Vorbesitzers Ferdinand G***** sowie dessen Unterschrift, verbunden mit der konkludenten Behauptung, über diese Spareinlagen aufgrund einer Schenkung durch Ferdinand G***** selbst verfügungsberechtigt zu sein, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Auflösung der Sparbücher und zur Durchführung von Legitimationsänderungen, somit zu Handlungen verleitet, die Ferdinand G***** in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

1./ in Salzburg die Filialleiterin der O***** Gertrude St*****, wobei ein Schaden von 111.075,75 Euro entstand;

2./ in G***** den Angestellten der R***** Richard Gr*****, wobei ein Schaden von 186.557,58 Euro entstand.

Mit Beschluss vom 7. Mai 2010 (ON 56) fasste der Vorsitzende des Schöffengerichts einen Beschluss, mit dem einerseits „über Antrag der Angeklagten ... bzw teilweise von Amts wegen“ die Protokolle der Hauptverhandlung vom 18. November 2008 (ON 22), vom 2. Juni 2009 (ON 34) und vom 3. November 2009 (ON 38) berichtigt und ergänzt, andererseits ihre weiteren Anträge abgewiesen wurden. Gegen Teile dieses Beschlusses richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde der Angeklagten (ON 48).

Gegen das Urteil richtet sich die - nach (neuerlicher) Zustellung gemäß § 271 Abs 7 letzter Satz StPO - ausgeführte, auf die Gründe der Z 1, 2, 3, 4, 5, 5a und „9a“ des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Elisabeth B*****.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass jede von der Strafprozessordnung für zulässig erklärte Anfechtung eines nach § 271 Abs 7 zweiter Satz StPO gefassten Beschlusses diesen inhaltlich außer Kraft setzt. Über das in der Hauptverhandlung tatsächlich Vorgefallene entscheidet das jeweils zur Entscheidung über die Urteilsanfechtung berufene Rechtsmittelgericht.

Wäre nämlich aufgrund einer Beschwerde isoliert darüber zu befinden, ob ein als erheblich reklamierter Umstand oder Vorgang zum Erfolg der Urteilsanfechtung führen kann, könnte der zu Nichtigkeitsbeschwerde oder Berufung berechtigten Partei die Disposition über die Urteilsanfechtungsgründe genommen werden. Andererseits nehme das Beschwerdegericht die Entscheidung über Nichtigkeitsbeschwerde oder Berufung ohne Einhaltung des auf die Erledigung dieser Rechtsmittel bezogenen gesetzlichen Verfahrens in zirkulärer Weise vorweg.

Weil es aber allein dem Rechtsmittelwerber zusteht, darüber zu befinden, was er als erheblichen Umstand oder Vorgang bei der Urteilsanfechtung geltend macht, scheidet inhaltliche Beschwerdeerledigung vor der Entscheidung über die Urteilsanfechtung aus (RIS-Justiz RS0126057).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten:

Der auf das Budgetbegleitgesetz 2009 (womit unter anderem der letzte Satz des § 32 Abs 1 StPO dahin geändert wurde, dass das Landesgericht als Schöffengericht aus einem Richter und zwei Schöffen besteht) rekurierrende Einwand (Z 1) nicht gehöriger Besetzung des Schöffengerichts bei der Hauptverhandlung am 2. Juni 2009 (durch Teilnahme von zwei Berufsrichtern) geht fehl. Denn dieses Vorbringen übersieht, dass das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I 2009/52, erst am 17. Juni 2009 im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, sodass das Schöffengericht am 2. Juni 2009 - noch - gehörig besetzt war; daran vermag auch die nachträgliche Anordnung (§ 514 Abs 5 erster Satz StPO) des - rückwirkenden - Inkrafttretens der hier relevanten Bestimmung (§ 32 Abs 1 StPO) per 1. Juni 2009 (schon aus logischen Gründen) nichts zu ändern.

Warum aufgrund des Umstands, dass das Schöffengericht am 2. Juni 2009 noch mit einem zweiten Berufsrichter besetzt war, „bei der nachfolgenden Verhandlung am 3. November 2009 zwingend eine Neudurchführung der Verhandlung erforderlich gewesen“ wäre, sagt die dies bloß behauptende Beschwerde nicht. Im Übrigen trat durch den Wegfall des zweiten Berufsrichters keine Änderung der Zusammensetzung des Gerichts iSd § 276a zweiter Satz erster Fall StPO ein, weil die drei - weiterhin - tätigen (ein Berufs- und zwei Laien-)Richter in der früheren Verhandlung dem verhandelnden Gremium angehört hatten (vgl Danek, WK-StPO § 276a Rz 4 f).

Aufgrund der erwähnten Teilnahme eines zweiten Berufsrichters bei der Hauptverhandlung am 2. Juni 2009 handle es sich bei dieser - so die Beschwerdeführerin weiter - um einen „nichtigen Gesamtakt“. Daher sei auch der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 2 StPO (vgl hiezu im gegebenen Zusammenhang RIS-Justiz RS0122764 sowie Ratz, WK-StPO § 281 Rz 179) verwirklicht, weil im angefochtenen Urteil Beweisergebnisse aus dieser Hauptverhandlung zu Lasten der Beschwerdeführerin verwertet worden seien. Dieser nicht näher belegten Behauptung zuwider ist festzuhalten, dass ein nichtiger Akt iSd Z 2 nur dann anzunehmen ist, wenn das Gesetz einen bestimmten Vorgang ausdrücklich für nichtig erklärt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 173). Die vorliegende Rüge aus Z 2 vermag nun aber - aus naheliegenden Gründen - nicht zu sagen, gegen welche Anordnung verstoßen worden sein soll, weil eine solche nicht existiert.

Der Nichtigkeitsgrund der Z 3 liege - so die Beschwerde weiter - deshalb vor, weil eine Verlesung der ON 22, 25 und 34 gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO in der Hauptverhandlung am 3. November 2009 (ON 38) nicht stattgefunden habe. Das Erstgericht hätte daher insbesondere die nicht verlesenen Zeugenaussagen (und auch die sonstigen nicht verlesenen Beweisergebnisse) nicht im Urteil verwerten dürfen (der Sache nach Z 5 vierter Fall).

Dieses Vorbringen zu § 281 Abs 1 Z 3 StPO übersieht, dass sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Angeklagte jeweils - iSd § 276a (letzter Halbsatz) StPO - auf die Wiederholung der Verhandlung wegen Überschreitens der Frist von zwei Monaten verzichtet haben (siehe die insoweit ungerügt gebliebenen Protokollierungen in ON 34 S 2 und ON 38 S 2 [jeweils auch iVm ON 22 S 127]), die Hauptverhandlung also nicht neu durchgeführt worden ist, vielmehr eine einheitliche Hauptverhandlung vorlag. Die gleichen Überlegungen treffen auch auf die kritisierte, am 3. November 2009 protokollierte (siehe ON 38 S 35) Verlesung des psychiatrischen Gutachtens ON 25 zu; denn auch dieses wurde schon in der Hauptverhandlung am 2. Juni 2009 - einverständlich (§ 252 Abs 1 Z 4 StPO) - verlesen (siehe ON 34 S 37 f).

Die Frage, ob die angesprochenen Aktenteile ON 22, 25 und 34 bei der Hauptverhandlung am 3. November 2009 tatsächlich verlesen wurden, kann wegen der nach den Prozessregeln vorliegenden Entbehrlichkeit einer solchen Verlesung dahinstehen, kamen doch alle in diesen aufscheinenden Beweise jedenfalls in der - einheitlichen - Hauptverhandlung vor (vgl § 258 Abs 1 StPO); demgemäß durften sämtliche Beweise auch bei der Urteilsfällung verwertet werden.

Unabdingbare Voraussetzung einer erfolgversprechenden Rüge aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO ist stets ein Antrag oder ein nach Art von Anträgen substantiierter Widerspruch, ein gegen den Antrag oder Widerspruch gefasster Beschluss (oder die Nichterledigung eines Antrags oder Widerspruchs) sowie die genaue Angabe der Fundstelle von Antrag oder Widerspruch (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 302; Fabrizy, StPO10 § 281 Rz 36).

Indem die vorliegende Verfahrensrüge erneut bloß gegen das Tätigwerden eines „überbesetzten“ Schöffengerichts am 2. Juni 2009 remonstriert (Punkt 4./a./ der Beschwerdeschrift) und vorbringt, dass das Privatgutachten des Dr. Patrick W***** in unzulässiger Weise verwertet worden, der Befund des Genannten „in sich erheblich widersprüchlich und auch mit dem SV-Gutachten des Dr. Gri***** in Widerspruch“ sei, kann ihr schon von vornherein mangels Nennung eines Antrags (oder Widerspruchs) kein Erfolg beschieden sein.

In der Verfahrensrüge wird abschließend zusammengefasst (im Wesentlichen das zu § 281 Abs 1 Z 3 StPO Vorgebrachte wiederholend) behauptet, dass der Protokollberichtigungsbeschluss vom 7. Mai 2010 (ON 56) in zwei Punkten gesetzwidrig sei. Auch insoweit macht die Beschwerde nicht klar, durch welchen während der Hauptverhandlung gestellten Antrag oder Widerspruch welche Vorschriften verletzt worden sein sollen. Unter dem Aspekt der Z 4 erübrigt sich daher insoweit jede weitere Erörterung.

Der umfangreichen Mängelrüge (Z 5; S 14 bis 24 der Beschwerdeschrift), die weitgehend nach Art einer zur Anfechtung kollegialgerichtlicher Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter bekämpft und zum Teil nicht entscheidende Tatsachen anspricht, sind einleitend einige Grundsätze voranzustellen:

Das Gericht ist gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO verpflichtet, die schriftliche Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung abzufassen und darin mit Bestimmtheit anzugeben, welche Tatsachen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen wurden und aus welchen Gründen dies geschah, ohne dagegen sprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen. Es ist weder gehalten, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen und Verfahrensergebnisse zu erörtern, noch muss es sich mit den Beweisresultaten in Richtung aller denkbaren Schlussfolgerungen und mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzen. Es hat die Beweismittel nicht nur einzeln, sondern vor allem in ihrem inneren Zusammenhang sorgfältig zu prüfen und nicht nach starren Beweisregeln, sondern nach seiner freien, aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (§ 258 Abs 2 StPO; vgl RIS-Justiz RS0106642 uva). Dass aus den formell einwandfreien Prämissen auch für die Angeklagte günstigere Schlussfolgerungen möglich wären, die Erkenntnisrichter sich aber dennoch (mit plausibler Begründung) für eine für die Angeklagte ungünstigere Variante entschieden haben, ist als Akt freier Beweiswürdigung mit Mängelrüge nicht bekämpfbar (RIS-Justiz RS0098400, RS0098362). Unter Nichtigkeitsdrohung stehende Begründungspflicht besteht weiters ausschließlich für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen, somit solche, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluss haben (RIS-Justiz RS0099497 uva).

Unter diesen Prämissen ist der Mängelrüge im Einzelnen zu entgegnen:

Warum die Aussage der Zeugin Christine F***** auf US 26 f „teilweise aktenwidrig“ wiedergegeben worden sein soll, macht das diesbezügliche Beschwerdevorbringen (Punkt 6./a./ der Beschwerdeschrift) nicht deutlich (und ist dies auch sonst nicht nachvollziehbar).

Die Tatrichter haben vielmehr die Aussagen der genannten Zeugin (ON 2 S 47 ff und ON 22 S 119 ff) im Wesentlichen, insbesondere was die Tendenz des Krankheitsverlaufs bei Ferdinand G***** anlangt, richtig zusammengefasst referiert; dabei mussten sie nicht jeden einzelnen Satz dieser Zeugin einer besonderen Erörterung unterziehen (RIS-Justiz RS0106295).

Auch die - keine entscheidende Tatsache betreffende - Passage, wonach die Zeugin Christine F***** angab, dass Patienten und Mitarbeiter das Gefühl gehabt hätten, Ferdinand G***** werde von der Angeklagten „über das Ohr gehauen“ (US 27), entspricht - der Beschwerde zuwider - den diesbezüglichen Angaben der genannten Zeugin (siehe ON 22 insbesondere S 123 [unten] f). Die Beschwerdebehauptung, dass - laut Angaben der Zeugin Christine F***** - dieses Gefühl in Gesprächen mit Johanna Wo***** entstanden sei, ist ihrerseits nicht an der Gesamtheit der Aussage der Zeugin F***** orientiert. Warum die in diesem Zusammenhang getätigte Aussage der Zeugin K***** - diese habe „diesbezüglich nichts mitgekriegt“ (ON 34 S 22) - die Eignung gehabt haben soll, die dem Gericht durch die Gesamtheit der übrigen Beweisergebnisse vermittelte Einschätzung vom (Nicht-)Vorliegen einer entscheidenden Tatsache maßgeblich zu verändern und solcherart erörterungsbedürftig iSd Z 5 zweiter Fall gewesen sein soll, lässt sich der Beschwerde nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen.

Ebenso legt die Rüge nicht dar, warum die (auf S 16 unten der Beschwerdeschrift richtig wiedergegebene) Aussage des ehemaligen Mitpatienten des Ferdinand G*****, Gerhard Sch*****, näher (die Depositionen dieses Zeugen blieben nämlich ohnehin nicht unberücksichtigt, vgl US 30) erörterungsbedürftig gewesen wäre.

Der weiteren Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat sich das Erstgericht ausreichend (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428) auch mit den Depositionen der Zeugin Johanna Wo***** auseinandergesetzt (siehe US 28). Warum die Frage, ob diese Zeugin beim „Verwandtenbesuch“ am 21. Februar 2008 anwesend war, von Bedeutung sein soll, wird nicht klar gemacht, weshalb sich ein weiteres Eingehen auf das darauf bezogene Beschwerdevorbringen erübrigt.

Gleiches gilt in Bezug auf den Umstand, dass es sich bei der - laut Beschwerdevorbringen bestätigten - „Anwesenheit einer sich um G***** kümmernden Dame“ nicht um die Angeklagte gehandelt habe. Auch mit dem unter Punkt 6./c./ der Beschwerdeschrift erstatteten Vorbringen, womit spekuliert wird, warum Ferdinand G***** der Angeklagten und nicht etwa Mitgliedern seiner Familie sein Vermögen vermachen wollte, wird kein Begründungsdefizit iSd Z 5 aufgezeigt. Davon, dass sich die Angeklagte um diesen nach dessen Einlieferung ins Spital Anfang Februar 2008 insbesondere in Form von Besuchen kümmerte, ist das Erstgericht ohnedies ausgegangen (US 6 f).

Der weiteren Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider blieb der Ausspruch, wonach Ferdinand G***** der Angeklagten das Losungswort für seine sechs Sparbücher jedenfalls nicht bewusst oder gewollt mitgeteilt hatte (US 37), nicht unbegründet, weil die Tatrichter diesbezüglich auf die - ausführlichen sowie logisch und empirisch einwandfreien - Ausführungen zur Geschäfts(un)fähigkeit des Ferdinand G***** zur fraglichen Zeit verwiesen; die Beschwerdeführerin kritisiert insoweit bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer in kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Soweit es die Mängelrüge - in Bezug auf die Nachvollziehbarkeit des „Genesungsverlaufs“ in der Zeit vom 15. bis 22. Februar 2008 - für „unerlässlich“ erachtet, „die Krankenhausunterlagen vollständig beizuschaffen und den behandelnden Arzt Dr. We***** zu befragen“, ist ihr zu erwidern, dass eine - allfällige - Unvollständigkeit der Beweisaufnahme den Nichtigkeitsgrund der Z 5 zweiter Fall nicht herstellt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 426 f). Als Aufklärungsrüge (Z 5a) verstanden, fehlt es an einem Vorbringen, wodurch die Angeklagte selbst an entsprechender Antragstellung gehindert gewesen wäre (RIS-Justiz RS0114036, RS0115823).

Der unter Punkt 6./d./ der Beschwerdeschrift aufgestellten Behauptung ist zu entgegnen, dass die niederschriftlichen Angaben der Angeklagten vor der Polizei (ON 2 S 19 ff) im Urteil keineswegs aktenwidrig (iSd Z 5 letzter Fall - diese Nichtigkeit läge nämlich nur dann vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt [RIS-Justiz RS0099431]) - referiert wurden. Im Übrigen ist das weitere in diesem Zusammenhang erstattete Beschwerdevorbringen, das sich in einer bloßen Kritik an der Beweiswürdigung der Erstrichter (die nämlich ua den Umstand, dass die Angeklagte die Entlastungszeugin Jeanette Ge***** nicht bereits bei ihrer ersten Vernehmung vor der Polizei erwähnt hatte, in ihre Erwägungen miteinbezogen und daraus - für die Angeklagte nachteilige - Schlussfolgerungen gezogen haben) erschöpft, nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (siehe im gegebenen Zusammenhang insbesondere US 21 bis 26) orientiert, weswegen die Mängelrüge sich solcherart als nicht gesetzmäßig ausgeführt erweist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394).

Soweit die Rüge die erstrichterlichen Aussprüche in Bezug auf den Ehegatten der Angeklagten, Mag. Friedrich B*****, thematisiert, ist nicht ersehbar, warum daraus etwas für die Angeklagte gewonnen werden könnte.

Mit der Kritik am Ausspruch, dass die Angeklagte nicht jene Filiale der O*****, die die Sparbücher ausgestellt hatte, sondern eine weiter entfernt gelegene Filiale aufsuchte, spricht die Beschwerde keine entscheidende Tatsache an, sondern stellt solcherart bloß ein Indiz (von mehreren) beweiswürdigend in Frage.

Auch der Ausspruch, dass bei Unterfertigung der Schenkungsurkunde durch Ferdinand G***** sonst niemand anwesend war (US 9), tangiert keine entscheidende Tatsache. Allein der Umstand, dass dieser im Krankenhaus grundsätzlich in einem Mehrbettzimmer untergebracht war, schließt nach den Kriterien logischen Denkens nicht aus, dass gerade bei Unterfertigung des in Rede stehenden Dokuments niemand anderer anwesend war.

In Bekämpfung des Schuldspruchs I./ behauptet die Beschwerde, aufgrund dessen, dass Ferdinand G***** zunächst mit der Verwahrung der Sparbücher durch die Angeklagte einverstanden war, hätte geradezu zwingend darauf geschlossen werden müssen, der Genannte wäre auch mit der Verwahrung des in der Küchenlade befindlichen Bargeldbetrags einverstanden gewesen. Hierbei handelt es sich jedoch um eine reine Spekulation, die unter keine der in der Z 5 genannten Anfechtungskategorien fällt. Auch erhebliche Bedenken iSd Z 5a werden mit diesem Vorbringen nicht geweckt.

Die Behauptung fehlender bzw unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Schuldsprüche wegen des in Rede stehenden Vergehens des schweren Diebstahls ist schließlich mit Blick auf US 14, 33 f und 37 nicht nachvollziehbar.

Die Kritik, das Erstgericht hätte den Zeugen Richard Gr***** dazu vernehmen müssen, „ob denn tatsächlich eine Täuschungshandlung oder eine Zueignungshandlung hinsichtlich der vier angeführten Sparbücher der Raiffeisenbank G***** erfolgte“, lässt sich erneut weder den in der Z 5 genannten Anfechtungskategorien unterordnen noch enthält die Beschwerde das bereits zuvor bezeichnete erforderliche Vorbringen einer prozessordnungsgemäßen Aufklärungsrüge.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung (wie sie die Berufung wegen Schuld im Einzelrichterverfahren vorsieht) abzielen, werden vom Obersten Gerichtshof grundsätzlich ohne eingehende eigene Erwägungen beantwortet, um über den Umfang der Eingriffsbefugnisse des Obersten Gerichtshofs keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0119583, RS0118780; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 470 ff und 490).

Fallaktuell werden beim Obersten Gerichtshof zunächst mit dem sinngemäßen Hinweis darauf, dass Ferdinand G***** nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus am 29. Februar 2008 „sehr gezielt gehandelt“ habe, keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs, wonach der Genannte bei Unterfertigung des Schenkungsvertrags am 18./20. Februar 2008 geschäftsunfähig war, geweckt.

Was aus der - vorgeblich übergangenen (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) - Aussage der Zeugin K*****, wonach Ferdinand G***** ihr erzählt habe, „dass er etwas unterschrieben hat, was er nicht hätte sollen“, für die Angeklagte zu gewinnen sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Tatrichter haben sich im Übrigen ausreichend (Ratz, WK-StPO Rz 428; RIS-Justiz RS0098519) mit den relevanten Depositionen dieser Zeugin auseinandergesetzt (US 27). Mit der bloßen Behauptung, die Begründung (siehe insoweit insbesondere US 32) für den Ausspruch, dass der Angeklagte die bei Ferdinand G***** vorliegende Geschäftsunfähigkeit auch erkannt hatte, sei „geradezu unhaltbar“, werden ebenfalls keine qualifizierten Bedenken geweckt, sind doch die Bezug habenden Ausführungen der Tatrichter als logisch und empirisch einwandfrei anzusehen. Nichts anderes gilt für den Hinweis der Tatsachenrüge auf den Umstand, dass Ferdinand G***** am 21. Februar 2008 von seinem Bruder Richard G***** aufgefordert wurde, sein Testament zu machen. Denn von einer solchen Aufforderung - für sich genommen - kann weder auf das eine (Geschäftsfähigkeit) noch auf das andere (Geschäftsunfähigkeit) geschlossen werden.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) verkennt im Weiteren, dass der Schöffensenat die Annahme der Geschäftsunfähigkeit des Opfers zur fraglichen Zeit nicht allein auf die Angaben der Zeugen Karl N*****, Richard G***** sen., Richard G***** jun. und Christine G*****, sondern auf eine Indizienkette stützte (siehe insbesondere US 26 bis 32). Im Übrigen will die Tatsachenrüge durch isoliertes Herausgreifen von diversen Details aus den Angaben der Angeklagten, mehrerer Zeugen sowie des Sachverständigen Dr. Gri***** anhand eigener Beweiswerterwägungen für die Angeklagte günstige Schlüsse ableiten.

Das Vorbringen, zur Feststellung der Geschäftsunfähigkeit des Ferdinand G***** wäre die Beischaffung der vollständigen Krankengeschichte, des Pflegeprotokolls, „der Aufzeichnungen des Spitals der Barmherzigen Brüder über die Fieberkurve und der Ergebnisse der Blutuntersuchungen des Patienten“ erforderlich gewesen, lässt nicht erkennen, aus welchem Grund die Beschwerdeführerin insoweit an einer entsprechenden Antragstellung gehindert gewesen sein soll, und entzieht sich demgemäß einer inhaltlichen Antwort (RIS-Justiz RS0114036, RS0115823). Auf S 13 [unten] der Beschwerdeschrift spekuliert die Nichtigkeitswerberin zwar über die Gründe für das Unterbleiben einer entsprechenden Antragstellung; ein konkreter Anlass oder ein Motiv dafür, an der Ausübung des Rechts, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, tatsächlich gehindert gewesen zu sein, wird in der Beschwerde aber nicht genannt.

Auch mit der Kritik sowohl an der Verwertung der Depositionen des als Zeugen befragten Dr. Patrick W***** als auch am Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. Gri***** werden beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen den Ausspruch betreffend die Geschäftsunfähigkeit des Ferdinand G***** geweckt, zumal die aus diesen beiden Beweismitteln gewonnenen Erkenntnisse auch Indizien für die letztlich gewonnen - durch andere Beweise abgesicherte - Überzeugung der Tatrichter waren. Es wäre der Beschwerdeführerin im Übrigen in der Hauptverhandlung freigestanden, einen in § 127 Abs 3 erster Satz StPO angeführten Mangel von Befund oder Gutachten aufzuzeigen und das dort beschriebene Verbesserungsverfahren einzuleiten; ein solches Vorgehen ist aber unterblieben.

Die Kritik, das Erstgericht habe zwar Krankenschwestern „über Gerüchte und Gespräche unter Krankenschwestern“, nicht aber die kompetenteste Person, nämlich den behandelnden Oberarzt Dr. Johann We***** befragt, lässt erneut nicht erkennen, warum die Beschwerdeführerin an einer entsprechenden Antragstellung gehindert gewesen wäre. Zuletzt wird noch die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin die Geschäftsunfähigkeit des Ferdinand G***** erkannt hatte, im Wesentlichen mit dem Hinweis darauf, dass dies der Sachverständige - entgegen der Urteilsbegründung - nicht eindeutig bejaht habe, bloß beweiswürdigend (iS einer bloßen Schuldberufung) in Frage gestellt. Erhebliche Bedenken iSd Z 5a werden solcherart erneut nicht geweckt.

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Unerheblich ist, ob die mit dem Gesetz zu vergleichenden Feststellungen einwandfrei zu Stande gekommen oder dargestellt sind oder erheblichen Bedenken begegnen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581).

Indem die vorliegende Rüge (Z 9 lit a) unter Verweis auf diverse Beweisergebnisse und mit eigenen Beweiswerterwägungen behauptet, dass bei der Angeklagten jedweder Vorsatz fehle, nimmt sie den gebotenen Vergleich des tatsächlich festgestellten Sachverhalts mit dem zur Anwendung gebrachten materiellen Recht nicht vor, sondern ersetzt ihr missliebig erscheinende Feststellungen durch eigene. Solcherart erweist sich die Rechtsrüge von vornherein als nicht prozessförmig ausgeführt (Ratz, WK-StPO Rz 593). Soweit behauptet wird, für „eine vorsätzliche Entziehungshandlung oder eine vorsätzliche Schädigung im Vermögen des Ferdinand G*****“ würden die erforderlichen Feststellungen fehlen, sagt sie nicht, welche - über die vorliegenden Konstatierungen hinausgehenden - Fest-stellungen für die rechtsrichtige Subsumtion unter § 146 StGB noch erforderlich gewesen wären. Die aufgeworfene Frage, wie die Beschwerdeführerin zum Losungswort gekommen ist, betrifft keinen entscheidungswesentlichen Umstand.

Mit dem Hinweis darauf, dass die Sparbücher „mit Zustimmung der Beschwerdeführerin bis zur Klärung der Rechtsfrage gesperrt und zuletzt gerichtlich gemäß § 1425 ABGB hinterlegt“ wurden, wird keine Urteilsnichtigkeit aufgezeigt.

Die Behauptung, es würden Feststellungen zum „Tatbild des Wegnehmens einer fremden beweglichen Sache aus dem Gewahrsam des Ferdinand G*****“ fehlen, ist mit Blick auf US 9 ebenso wenig nachvollziehbar wie jener Beschwerdestandpunkt, dass auch zur subjektiven Tatseite keine ausreichenden Konstatierungen vorliegen würden (insoweit siehe erneut US 9 iVm 33 und 37 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Landesgerichts Salzburg vom 7. Mai 2010 (ON 56), die sich - abgesehen von den in Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde behandelten Punkten - auf im Hauptverhandlungsprotokoll angeblich unvollständig oder unrichtig wiedergegebene Vorgänge und Umstände bezieht, die als Urteilsanfechtungsgründe gar nicht geltend gemacht wurden, ist damit erledigt (vgl 14 Os 10/10t = EvBl 2010/99; RIS-Justiz RS0126057, RS0120683).

Auf die „Anregung einer Wiederaufnahme gemäß § 362 StPO“ war nicht einzugehen (§ 362 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte