OGH 2Ob70/09x

OGH2Ob70/09x29.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Christian W*****, vertreten durch Dr. Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwältin in Graz, gegen die beklagte Partei Carola H*****, vertreten durch Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. Jänner 2009, GZ 40 R 260/08v-14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Scheidungsfolgenvergleich wird für den Fall der Ehescheidung geschlossen und ist durch diese bedingt (RIS-Justiz RS0106968). Dass es sich dabei nur um eine aufschiebende Bedingung handeln kann (so ausdrücklich SZ 60/95), ergibt sich schon aus dem allgemeinen Grundsatz, dass ein gerichtlicher Vergleich nicht resolutiv sondern nur suspensiv bedingt abgeschlossen werden kann (RIS-Justiz RS0032587). Die Bedingung ist hier auch eingetreten, sodass der dem Scheidungsbeschluss zu Grunde liegende Vergleich vom 15. 11. 1996 rechtswirksam geworden ist.

2. Der Scheidungsfolgenvergleich ist aber nicht nur Scheidungsvoraussetzung und allenfalls Exekutionstitel, sondern auch privatrechtlicher Vertrag, der die Ehegatten privatrechtlich bindet (vgl 6 Ob 2155/96x; RIS-Justiz RS0037397, RS0106968). Es steht ihnen daher frei, von im Scheidungsfolgenvergleich getroffenen Regelungen - vor oder nach Rechtskraft der Scheidung - einvernehmlich wieder abzugehen. Die Wirksamkeit des Scheidungsbeschlusses wird dadurch nicht berührt, wäre dies doch selbst dann nicht der Fall, wenn der Vergleich nur zum Schein geschlossen wurde, sittenwidrig oder mit Willensmängeln behaftet war (RIS-Justiz RS0057101).

3. Die Rechtswirkungen einer einvernehmlichen Ehescheidung sind an die materielle Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses geknüpft, die nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch im Falle eines nach Verkündung des Scheidungsbeschlusses abgegebenen Rechtsmittelverzichts erst mit der Zustellung der Entscheidungsausfertigung eintritt (vgl 1 Ob 411/97s; RIS-Justiz RS0041668 [je zu der hier maßgeblichen Rechtslage vor dem EheRÄG 1999]; ferner 6 Ob 259/02k; 2 Ob 181/06s). Auf diesen Zeitpunkt hat auch das Berufungsgericht erkennbar abgestellt. Seine Auffassung, die Eheleute hätten mit der Vereinbarung vom 18. 11. 1996 den die Mitmietrechte des Mannes betreffenden Teil des Scheidungsfolgenvergleichs noch vor dessen Rechtswirksamkeit revidiert, sodass dieser Vergleichspunkt nie wirksam vereinbart worden sei, ist im Lichte der erörterten Rechtsprechung unbedenklich und wirft keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Unter diesem Aspekt ist es auch entbehrlich, auf die im angefochtenen Urteil unter Berufung auf eine analoge Anwendung des § 12 Abs 1 MRG vertretene Rechtsansicht zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Übertragung der Mitmietrechte des die Wohnung verlassenden Ehegatten auf den in der Wohnung verbleibenden Ehegatten einzugehen.

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