OGH 3Ob21/09y

OGH3Ob21/09y25.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Adoptionssache der Antragsteller 1.) Mag. Franz N*****, und

2.) Andrea N*****, als Wahleltern und 3.) Verica N*****, als Wahlkind, alle *****, alle vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in Wien, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 9. Dezember 2008, GZ 6 R 343/08w-5, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Braunau am Inn vom 3. November 2008, GZ 3 Fam 21/08w-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit ihrem Antrag begehrten zwei miteinander verheiratete österreichische Staatsbürger als Wahleltern sowie eine am 30. November 1984 geborene Staatsbürgerin der Republik Serbien als Wahlkind den zwischen ihnen am 30. Juli 2008 geschlossenen Adoptionsvertrag zu bewilligen. Vorgebracht wurde, es bestehe zwischen den Wahleltern und dem Wahlkind bereits eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Bei volljährigen Wahlkindern seien die Voraussetzungen der Adoption kumulativ nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des erwachsenen Wahlkindes zu beurteilen. Nach serbischem Recht sei die Adoption der volljährigen Drittantragstellerin nicht zulässig. Nach dem Familiengesetz der Republik Serbien vom 24. Februar 2005, 4. Teil, I Art 90 Abs 1 könne nur ein minderjähriges Kind als Kind angenommen werden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Art 8 der - mittlerweile auch in der Republik Serbien in Kraft getretenen - EMRK, nach dessen Wortlaut jedermann Anspruch auf Achtung seines Familien- und Privatlebens habe, stehe dem in der Republik Serbien geltenden Verbot Erwachsenenadoption nicht entgegen. Auch im Fall einer Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Annahme an Kindesstatt bleibe das Privat- und Familienleben der Antragsteller gewahrt, weil es diesen unbenommen bleibe, ihre Lebensverhältnisse autonom zu gestalten. Eine solche Gestaltung bedürfe nicht der Einbindung des Wahlkindes in das Familienleben der Wahleltern im Wege der Annahme an Kindesstatt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem Vertreter der Antragsteller am 24. Dezember 2008 zugestellt. Da es nach Art XXXVI EGZPO im außerstreitigen Verfahren keine verhandlungsfreie Zeit gibt, endete die 14-tägige Rekursfrist für den außerordentlichen Revisionsrekurs am 7. Jänner 2009. Der erst am 18. Jänner 2009 zur Post gegebene außerordentliche Revisionsrekurs ist daher verspätet. Nach § 46 Abs 3 AußStrG können Beschlüsse auch nach Ablauf der Rekursfrist angefochten werden, wenn ihre Abänderung oder Aufhebung mit keinem Nachteil für eine andere Person verbunden ist. Dies gilt gemäß § 71 Abs 4 AußStrG auch im Verfahren über den Revisionsrekurs (RIS-Justiz RS0007078 [T2], [T3]). Voraussetzung ist, dass die materiell-rechtliche oder die verfahrensrechtliche Stellung einer vom Rechtsmittelwerber verschiedenen Person nicht nachteilig berührt wird (RIS-Justiz RS0007126 [T2]), wobei die Beeinträchtigung der verfahrensrechtlichen Stellung genügt (RIS-Justiz RS0007180). Da im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 46 Abs 3 AußStrG vorliegen, ist bei der Entscheidung über einen verspäteten Revisionsrekurs zunächst zu prüfen, ob dieser sachlich berechtigt wäre (RIS-Justiz RS0007086; RS0111098). Dies ist zu verneinen:

Nach § 26 Abs 1 erster Satz IPRG sind die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des Kindes zu beurteilen. Demnach ist in Österreich eine Erwachsenenadoption dann nicht zulässig, wenn das anzuwendende fremde Recht eine solche nicht vorsieht. Die Personalstatuten aller an der Adoption beteiligten Personen kommen nämlich kumulativ zur Anwendung (7 Ob 2/05b = SZ 2005/11 ua; RIS-Justiz RS0119783; Verschraegen in Rummel3 § 26 IPRG Rz 16). Im vorliegenden Fall war das Wahlkind im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits volljährig. Lässt aber das serbische Heimatrecht des Wahlkindes die beantragte Adoption nicht zu, weil nach Art 90 Abs 1 und 3 des Familiengesetzes der Republik Serbien vom 24. Februar 2005 nur ein minderjähriges Kind als Kind angenommen werden kann und nach Erreichung der vollständigen Geschäftsfähigkeit eine Annahme an Kindesstatt nicht mehr zulässig ist, steht die Entscheidung des Rekursgerichts im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Auch mit dem von den Revisionsrekurswerbern ins Treffen geführten Argument, die EMRK sei Bestandteil der serbischen Rechtsordnung und besitze Verfassungsrang, weshalb sie „über" der einfach gesetzlichen Bestimmung des Art 90 des Familiengesetzes der Republik Serbien stehe, wird eine erhebliche Rechtsfrage nicht aufgezeigt. Ziel des Art 8 EMRK ist es, gegen unberechtigte und willkürliche Eingriffe in das Familienleben zu schützen. Für staatliche Behörden folgen aus Art 8 EMRK negative und positive Verpflichtungen, durch deren Beachtung ein gerechter Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen von Einzelpersonen und der Gemeinschaft gefunden werden soll. Dem Staat kommt dabei ein Beurteilungsspielraum zu, der nach den Umständen, dem Gegenstand und Hintergrund variiert (Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention2, Art 8 Rz 20). Die Regelung, unter welchen Voraussetzungen Adoptionsverträge zu genehmigen sind, steht im Rahmen dieses Ermessensspielraums allein dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber zu (Gutknecht in Korinek-Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 12 EMRK, Rz 48). Die EMRK als solche räumt hingegen kein Recht auf Adoption ein (EGMR vom 26. Februar 2002, Frette/Frankreich, mwN = FamRZ 2003, 149). Auch im Falle der Ablehnung der Bewilligung der Annahme an Kindesstatt bleiben die im vorliegenden Fall bereits bestehenden engen persönlichen Beziehungen zwischen den Wahleltern und dem Wahlkind gewahrt, ist es ihnen doch (weiterhin) unbenommen, ihre Lebensverhältnisse autonom zu gestalten. Wie bereits die Vorinstanzen ausführten, bedarf diese Gestaltung aber nicht der Einbindung der Drittantragstellerin in das Familienleben des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin im Wege der Annahme an Kindesstatt (1 Ob 284/03a).

Aus diesen Erwägungen wäre der Revisionsrekurs sachlich nicht gerechtfertigt, weshalb das Rechtsmittel der Antragsteller als verspätet zurückzuweisen ist.

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