Spruch:
Dem ordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsteller (im führenden Verfahren 30 Msch 38/04m) haben die Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung im Revisionsrekursverfahren selbst zu tragen.
Begründung
Die beiden Antragsteller im führenden Verfahren 30 Msch 38/04m sind Mieter, der Antragsgegner ist Mehrheitseigentümer (zu 3/4‑Anteilen) der Liegenschaft. Die Liegenschaft steht im schlichten Miteigentum. Der im Verfahren beteiligte, aber nicht als Antragsgegner genannte Minderheitseigentümer (zu 1/4‑Anteilen) der Liegenschaft ist Mag. Dr. Maximilian K*****. Die Zweitantragstellerin ist Fruchtgenussberechtigte am Miteigentumsanteil des Mag. Dr. Maximilian K*****.
Die Antragsteller (im führenden Verfahren 30 Msch 38/04m) begehrten nach der vermeintlich unsachgemäßen Entfernung einer tragenden Wand im Erdgeschoss durch den Antragsgegner die Sanierung dieser „Stützmauer", die Beseitigung der Setzungsschäden in der Wohnung top Nr 14/15 und die Wiederherstellung des Laubenganges sowie des Verputzes im Lager Nr 20.
Der Antragsgegner (im führenden Verfahren 30 Msch 38/04m) beantragte Antragsabweisung mit der wesentlichen Behauptung, es sei durch die Umbauarbeiten zu keinen Schäden gekommen.
Das Erstgericht wies mit seinem Sachbeschluss die im führenden Verfahren 30 Msch 38/04m erhobenen Anträge auf Durchführung der genannten Erhaltungsarbeiten ab. Der Antragsgegner sei als bloßer Mehrheitseigentümer allein nicht passivlegitimiert. Es hätte auch der Minderheitseigentümer als Antragsgegner in Anspruch genommen werden müssen.
Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der Antragsteller im führenden Verfahren 30 Msch 38/04m teilweise Folge und trug dem Antragsgegner die Sanierung der Wohnung top Nr 14/15 durch Wiederherstellung der im Erdgeschoss entfernten Stützmauer bzw Instandsetzung der verlegten Stützmauer und durch Behebung der Setzungsschäden binnen 2 Monaten auf; das Mehrbegehren, die Wiederherstellung des Laubenganges zwischen der Verbindung top Nr 14/15 entsprechend den baubehördlichen Bestimmungen und die Wiederherstellung des Verputzes des Lagers top Nr 20 sowie die Wiederherstellung einer ordnungsgemäßen Benutzbarkeit des Lagers top Nr 20 aufzutragen, blieb erfolglos. Rechtlich war das Rekursgericht der Ansicht, die zweitantragstellende Mitmieterin sei zugleich Fruchtgenussberechtigte am 25%igen schlichten Miteigentumsanteil des Mag. Dr. Maximilian K*****. Dem Fruchtgenussberechtigten komme anstelle des mit dem Fruchtgenuss belasteten Miteigentümers das ausschließliche Recht auf Ausübung der Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse zu (5 Ob 125/91). Mit der Begründung des Fruchtgenusses trete der Fruchtnießer im Sinn des § 1120 ABGB in bestehende Bestandverträge ein (l Ob 171/48 = SZ 21/152) und könne auch Hauptmietverträge vergeben. Mit Beendigung des Fruchtgenusses trete der mit dem Fruchtgenuss nicht mehr belastete Liegenschaftseigentümer in Bestandverträge analog § 1120 ABGB (wieder) ein. Während des Fruchtgenusses sei der Fruchtgenussberechtigte etwa für Feststellungsklagen des Mieters ausschließlich passiv legitimiert (5 Ob 607/84 = MietSlg 36/48). Die Erhaltungspflicht gemäß § 3 MRG obliege dem Vermieter bzw der Gesamtheit der Mitvermieter. Vermieter der beiden Antragsteller seien der Antragsgegner und die Zweitantragstellerin gemeinsam. Nachdem die in diesem Verfahren ergehende Sachentscheidung die Parteien, unabhängig ob sie Antragsteller oder Antragsgegner seien, binde, binde sie im vorliegenden Verfahren sämtliche Vermieter und die antragstellenden Mieter. Die notwendige Beteiligung aller Parteien des Rechtsverhältnisses sei daher gegeben. Diese Konstellation sei nicht anders, als wäre ein Miteigentümer zugleich Mieter. Solange Miteigentum bestehe, sei dies durchaus möglich. Lediglich der Alleineigentümer könne nicht auch sein Bestandnehmer sein. Es sei nicht notwendig, dass der Sachantrag auch gegen den mit dem Fruchtgenuss belasteten Minderheitseigentümer gerichtet werde, weil seine Mitverwaltungsbefugnisse der Zweitantragstellerin zukämen. Im Übrigen sei der Minderheitseigentümer sowohl im Schlichtungsstellenverfahren wie auch vor Gericht am Verfahren beteiligt gewesen und habe erklärt, den Sachantrag der Mieter zu unterstützen. Es sei daher die beantragte Behebung des ernsten Schadens des Hauses, das sei das Baugebrechen an der tragenden Wand und die dadurch verursachten Setzungen in der Wohnung top 14/15, aufzutragen gewesen. Die vom Erstgericht verweigerte Sanierung des Laubenganges sei im Rekurs nicht mehr angesprochen worden, weshalb die Antragsabweisung durch das Erstgericht insoweit in Rechtskraft erwachsen sei. Hinsichtlich der Verputzschäden im Lager top Nr 20 habe das Erstgericht unbekämpft eine Negativfeststellung zur Ursache getroffen, weshalb das Begehren auch in diesem Umfang erfolglos bleiben müsse.
Das Rekursgericht sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 10.000 EUR und der Revisionsrekurs sei zulässig, weil - soweit überblickbar ‑ zur Notwendigkeit der Antragstellung gegen den mit einem Fruchtgenussrecht belasteten Miteigentümer im Verfahren nach § 6 MRG, wenn ohnehin der Fruchtgenussberechtigte am Verfahren beteiligt ist, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners (zu 30 Msch 38/04m) wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses.
Die Antragsteller (zu 30 Msch 38/04m) erstatteten eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, den angefochtenen (Sach‑)Beschluss vollinhaltlich zu bestätigen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Der Antragsgegner macht in seinem Revisionsrekurs im Wesentlichen geltend, eine Antragstellung müsse immer auch berücksichtigen, dass während des Verfahrens - gewillkürt oder von Todes wegen ‑ eine Rechtsnachfolge auf Seiten einer Partei eintreten könne. Da es sich bei einem Antrag gemäß § 6 MRG um ein in die Zukunft weisendes Begehren handle, sei im Fall des Eigentümerwechsels während des Verfahrens von Amts wegen der Rechtsnachfolger beizuziehen. Komme es nach einem Verfahren vor der Schlichtungsstelle erst während des gerichtlichen Verfahrens zum Eigentümerwechsel, so schade es nicht, dass der Erwerber dem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - zwangsläufig - nicht beigezogen gewesen sei. Das Gericht habe in diesem Fall nach Kenntnis vom Eigentümerwechsel dem Erwerber vor Fällung eines Sachbeschlusses rechtliches Gehör einzuräumen. Diese Lösung sei wohl auch bei einem Fruchtgenussberechtigten anzuwenden, setze aber voraus, dass die Position, die der Rechtsnachfolger des Fruchtgenussberechtigten erwerben solle, durch eine vorangehende Schaffung einer Stellung als Partei ermöglicht werde, weshalb der Antrag den Antragsgegner schon umfassend und ausreichend bezeichnen müsse. Sterbe der Fruchtgenussberechtigte oder erlösche das Fruchtgenussrecht aus anderem Grund, wie etwa durch Verzicht oder Übertragungsvertrag so stehe dem Grundeigentümer die Parteistellung zu, dessen Eigentum ebenso weiter übertragen werden könne. Da die Fruchtgenussberechtigte hier nur Mitmieterin sei, habe die Mietergemeinschaft der Antragsteller, nur diese sei antragslegitimiert, den Antrag gegen die Fruchtgenussberechtigte zu stellen. Immerhin könne nicht gesagt werden, dass die Interessen der Mieter synchron mit der Meinung der Fruchtgenussberechtigten liefen. Die Willensbildung zwischen den Antragstellern könne zu Blockaden führen, die der Fruchtgenussberechtigten die Mitsprache, wäre sie nur auf ihre Mitmieterposition verwiesen, unmöglich mache. Das Argument des Rekursgerichts, wonach der mit dem Fruchtgenuss belastete Minderheitseigentümer im Schlichtungsstellenverfahren wie auch vor Gericht am Verfahren beteiligt gewesen sei, gehe fehl, weil diesem Miteigentümer nur nach Wegfall des Fruchtgenussrechts Anspruch auf Gehör zukommen könne. Abschließend sei festzuhalten, dass die Antragsteller nur als Mietergemeinschaft aufgetreten seien, die Fruchtgenussberechtigte dem gerichtlichen Verfahren aber nie allein und auch nicht als solche beigezogen worden sei.
Dazu hat der erkennende Senat erwogen:
1. Sämtlichen Überlegungen des Antragsgegners zu den verfahrensrechtlichen Konsequenzen einer Rechtsnachfolge muss deshalb nicht nachgegangen werden, weil hier während des anhängigen Verfahrens eine solche Rechtsnachfolge auf keiner Parteiseite stattgefunden hat.
2. Im Übrigen laufen die Revisionsrekursausführungen des Antragsgegners auf den Standpunkt hinaus, die Antragsteller, zu denen auch die fruchtgenussberechtigte Zweitantragstellerin als Mitmieterin gehört, hätten ihren Antrag auch gegen die Fruchtgenussberechtigte richten müssen. Diese Ansicht widerspricht schon im Ansatz dem nicht zuletzt aus § 2 AußStrG folgenden Konzept des Zwei- oder Mehrparteiensystems, das wohl selbstverständlich davon ausgeht, dass ein und dieselbe (hier: natürliche) Person nicht zugleich Antragsteller und Antragsgegner sein und demnach keinen Anspruch gegen sich selbst geltend machen kann (vgl Schubert in Fasching/Konecny2, Vor § 1 ZPO Rz 12). Daraus folgt hier:
3. Es entspricht einem in ständiger Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsatz, dass der Fruchtnießer mit der Begründung des Fruchtgenusses im Sinn des § 1120 ABGB (iVm § 509 ABGB) in bestehende Bestandverträge eintritt (RIS‑Justiz RS0011849 [T2]; RS0069898 [insb T1]; vgl auch RS0011877; Binder in Schwimann³, § 1120 ABGB Rz 22; Koch in KBB², § 509 ABGB Rz 5). Der Fruchtnießer wird zum Bestandgeber, ohne dass es einer Verständigung des Mieters vom Bestandgeberwechsel bedürfte. Es handelt sich um eine vom Willen der Beteiligten unabhängige, kraft Gesetzes wirksam werdende Übernahme des Bestandvertrags (5 Ob 90/01y mwN = MietSlg 53.255 = immolex 2001/159, 294; Binder in Schwimann³, § 1120 ABGB Rz 13), mit der der Fruchtnießer zum Bestandgeber wird (6 Ob 368/97d = MietSlg 49.162) samt allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten (vgl RIS‑Justiz RS0011877; Koch in KBB², § 509 ABGB Rz 5; Iro, aaO, § 1120 ABGB Rz 5). Unberührt von dieser Rechtsnachfolge bleiben zwar jene vertraglichen Pflichten des bisherigen Bestandgebers gegenüber dem Bestandnehmer, die sich aus seiner Rechtsstellung als (Haus- bzw Liegenschafts‑)Eigentümer ergeben und nicht die dem Fruchtnießer zustehende Nutzung und Verwaltung der Sache betreffen (8 Ob 678/90 [Unterfertigung eines Bauansuchens] = WoBl 1992/3, 11 = MietSlg 42.093); der erkennende Senat hat allerdings jüngst zu 5 Ob 88/08i für ein Verfahren betreffend die Durchführung von Erhaltungsarbeiten die Passivlegitimation des Fruchtnießers anstelle des Eigentümers bejaht. Daraus ergibt sich zunächst, dass auch im vorliegenden Kontext die Mitvermieterstellung der Fruchtgenussberechtigten und nicht dem Minderheitseigentümer zukommt.
4. Eine Situation, in der in einer Person die Rechtspositionen eines (hier: Mit‑)Bestandnehmers und eines Bestandgebers (im Rahmen der Rechtsgemeinschaft der Miteigentümer) zusammentreffen, ist etwa, worauf schon das Rekursgericht zutreffend hinwies, auch in dem - in Lehre und Rechtsprechung als durchaus zulässig erkannten Fall - einer Miete durch einen Miteigentümer möglich (RIS‑Justiz RS0013179; Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann³, § 834 ABGB Rz 27 mwN). In einer solchen, mit dem vorliegenden Fall durchaus vergleichbaren Konstellation stehen dem mietenden Miteigentümer die Ansprüche nach dem Mietrechtsgesetz zu (vgl 3 Ob 236/75 = MietSlg 28.474; RIS‑Justiz RS0013179 [T2]). In welcher verfahrensrechtlichen Position der (hier: mit‑)mietende Miteigentümer dann in einem mietrechtlichen Außerstreitverfahren teilzunehmen, ob er also als Antragsteller oder als Antragsgegner aufzutreten hat, hängt vom Sachantrag (Verfahrensgegenstand) ab (vgl dazu auch Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann³, § 834 ABGB Rz 29). Im vorliegenden Fall bezweifelt auch der Antragsgegner - zutreffend - die Notwendigkeit des gemeinsamen Einschreitens beider Mitmieter nicht, was aber eine gleichzeitige Antragsgegnerschaft der Fruchtgenussberechtigten notwendigerweise ausschließt und im Hinblick auf die Bindungswirkung der Sachentscheidung auch für die Rechtsnachfolger (vgl dazu RIS‑Justiz RS0021160) erübrigt.
Das Rekursgericht hat somit die vom Antragsgegner allein aufgegriffene Frage der Passivlegitimation zutreffend gelöst, weshalb dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG aF, weil das führende Verfahren 30 Msch 38/04m vor dem 1. 1. 2005 anhängig wurde (Art 10 § 2 Abs 3 WohnAußStrBeglG).
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