OGH 2Ob79/08v

OGH2Ob79/08v29.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred M*****, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Herbert R*****, vertreten durch Dr. Johannes Bruck, Rechtsanwalt in Groß‑Enzersdorf, 2. Andrea P*****, vertreten durch D & D Koth Rechtsanwalts‑KG in Gänserndorf, 3. Ing. Andreas K*****, vertreten durch Mag. Doris Perl und Dr. Gerald Perl, Rechtsanwälte in Gänserndorf, wegen 5.964,84 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 5. Juni 2007, GZ 21 R 168/07i‑17, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 14. November 2006, GZ 4 C 1369/06i‑10, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0020OB00079.08V.0529.000

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie lauten:

„Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen 2.982,42 EUR samt 10 % Zinsen seit 28. 10. 2005 zu bezahlen sowie die mit 408,33 EUR (nur Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz zu ersetzen.

Das Klagebegehren,

1) die erstbeklagte Partei sei schuldig der klagenden Partei weitere 2.982,42 EUR samt 10 % Zinsen seit 28. 10. 2005 zu bezahlen,

2) die zweit- und drittbeklagten Parteien seien schuldig, der klagenden Partei 5.964,84 EUR samt 10 % Zinsen seit 28. 10. 2005 zu bezahlen,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, binnen vierzehn Tagen der zweitbeklagten Partei die mit 1.829,49 EUR (darin enthalten 304,91 EUR USt) und der drittbeklagten Partei die mit 1.594,80 EUR (darin enthalten 265,80 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz zu ersetzen."

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit 335,80 EUR (nur Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, binnen vierzehn Tagen der zweitbeklagten Partei und der drittbeklagten Partei jeweils die mit 556,99 EUR (darin enthalten 92,83 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Zweitbeklagte betreibt gemeinsam mit ihrem Ehemann als Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen landwirtschaftlichen Betrieb. Zu diesem gehört das an die Liegenschaft des Erstbeklagten angrenzende Feld, dessen Eigentümer es an den Ehemann der Zweitbeklagten verpachtete. Der Pächter übertrug die Nutzungsrechte mit einem auf ein Jahr befristeten, 2005 aufrechten Benutzungsvertrag teilweise an den Drittbeklagten. Der Kläger wurde vom Erstbeklagten beauftragt, auf dessen Liegenschaft Feldarbeiten durchzuführen.

Am 20. 4. 2005 säte der Kläger auf dem Feld des Erstbeklagten Mais aus. Am 16. 6. 2005 scherte er den Mais. Die Drescharbeiten führte er am 28. 10. 2005 durch. Dabei fuhr er mit seinem Mähdrescher über den 15 x 15 x 60 cm großen und ca 50 kg schweren Grenzstein, wodurch die Erntemaschine beschädigt wurde.

Dieser Grenzstein befand sich zunächst in seiner ursprünglichen Position „eingegraben" an der Grenze der beiden Felder. In der Folge wurde er (vor 2005) unter ungeklärten Umständen „herausgerissen". Als der Kläger den Mais aussäte und scherte, lag der „herausgerissene" Grenzstein noch an der Grenzlinie zwischen den beiden Feldern. Bei der Bewirtschaftung der Felder hatten die Nachbarn den Grenzstein sodann jeweils umfahren.

In weiterer Folge entfernten „unbekannte Täter" den Grenzstein von seiner Position an der Grenze und legten ihn auf das Feld des Erstbeklagten zwischen die erste und zweite stehende Maisreihe (95 cm von der Grenze bzw 75 cm vom Beginn der Wirtschaftslinie entfernt). Aufgrund der hohen Maisstauden war der Stein (auch für den Kläger) nicht sichtbar.

Die Reparatur des Mähdreschers kostete 5.964,84 EUR. Zur Finanzierung der Reparaturkosten nützte der Kläger den ihm eingeräumten Betriebsmittelkredit aus; die jährlichen Zinsen betrugen 8,5 % zuzüglich 1,5 % Bereitstellungsprovision.

Der Kläger begehrt Ersatz für die Beschädigung seines Mähdreschers. Er stützt seinen Anspruch auf a) § 1319 ABGB, b) die Verletzung der Fürsorgepflicht des Bestellers, c) die Verletzung allgemeiner Verkehrssicherungspflichten und d) das gemeinschaftliche Eigentum am Grenzstein (§ 854 ABGB) und die Erhaltungspflicht der Miteigentümer (§§ 856, 858 ABGB).

Die Beklagten bestreiten irgendeine Beteiligung an der Verlagerung des Grenzsteins. Die Zweitbeklagte beruft sich ausdrücklich auf ihre fehlende Passivlegitimation, weil sie nicht Eigentümerin des Nachbargrundstücks sei.

Die Vorinstanzen haben die Berechtigung des Ersatzanspruchs im Wesentlichen deshalb verneint, weil der Kläger aufgrund der durchgeführten Feldarbeiten die Gefahr hätte erkennen müssen.

Das Berufungsgericht ließ über Antrag des Klägers nachträglich die ordentliche Revision zu, weil zur Anwendung des § 1319 ABGB und der damit verbundenen Beweislastregel auf die vorliegende Fallkonstellation keine gesicherte Judikatur des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Der Kläger beantragt in seiner Revision die Abänderung der Urteile der Vorinstanzen im Sinn einer gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die zweit- und drittbeklagten Parteien beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils, der Revision nicht Folge zu geben; die Zweitbeklagte beantragt zusätzlich die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels als unzulässig. Der Erstbeklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und auch zum Teil berechtigt, weil entgegen der Auffassung der Vorinstanzen der Erstbeklagte wegen Verletzung vertraglicher Sorgfaltspflichten für den Schaden zum Teil haftet.

1. Die Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurden geprüft; sie liegen beide nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

2. § 1319 ABGB sieht eine Haftung vor, wenn Teile eines Gebäudes oder eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werks herabstürzen oder sich ablösen und dadurch ein Schaden verursacht wird. Der Besitzer des Gebäudes oder Werks haftet, wenn der Einsturz oder die Ablösung auf einer mangelhaften Beschaffenheit beruht.

2.1. Der Begriff „Werk" iSd § 1319 ABGB wird an sich weit ausgelegt (RIS‑Justiz RS0029880; Harrer in Schwimann³ VI § 1319 ABGB Rz 4). Als Werke gelten künstliche Aufbauten wie Gerüste, Dachgärten, Tribünen, Landungsstege etc (RIS‑Justiz RS0029970), Baugruben (RIS‑Justiz RS0029968), Schrankenanlagen (6 Ob 626/80 = SZ 53/143) oder Schächte (2 Ob 19/95; 7 Ob 2404/96x); weitere Beispiele finden sich bei Reischauer in Rummel³ § 1319 Rz 4, Harrer aaO Rz 5 sowie Danzl in KBB² § 1319 Rz 1).

2.2. § 1319 ABGB ist analogiefähig, was insbesondere die Begriffe des Werks oder des Einsturzes bzw Ablösens betrifft (Reischauer aaO Rz 14; 4 Ob 2334/96f = RIS‑Justiz RS0029932 [T10]).

2.3. Ungeachtet dieser extensiven Auslegung des Werksbegriffs und der Analogiefähigkeit hängt die Haftung nach § 1319 ABGB davon ab, dass sich eine typische Gefahr des Werks verwirklicht hat (Reischauer aaO Rz 2 und 14; vgl 2 Ob 281/01i = JBl 2002, 463; RIS‑Justiz RS0109820). Der Besitzer des Werks hat für Schäden durch dessen mangelhafte Beschaffenheit einzustehen, wenn sich der Geschädigte im gerechtfertigten Vertrauen auf die Gefahrlosigkeit des Werks dessen physikalischen Wirkungsbereich aussetzen durfte (7 Ob 2404/96x = RIS‑Justiz RS0029960 [T2]).

2.3.1. Illustrative Beispiele für die Verwirklichung einer typischen Gefahr des Werks sind unter anderem die Fälle von mangelhaften Kanal- oder Schachtabdeckungen auf Fahrbahnen (4 Ob 2334/96f; 7 Ob 2404/96x und 10 Ob 2444/96a): Haftungsvoraussetzung war jeweils eine Gefahr, die sich aus der Statik und Dynamik des Werks dadurch ergab, dass die Festigkeit der Abdeckung den zu erwartenden Belastungen nicht mehr entsprochen hat oder die Abdeckung sich durch eine unzureichende Sicherung bewegen konnte. In dem zu 4 Ob 2334/96f entschiedenen Fall zerbrach aufgrund von Haarrissen ein Kanaldeckel beim Überfahren durch einen Lkw, wodurch die Bruchstücke des Kanaldeckels ausgehoben wurden und gegen die Vorderachse des Anhängers prallten. 7 Ob 2404/96x betraf einen beim Betreten in die Höhe schnellenden Sprungdeckel, der einen in die Tiefe führenden Fluchtschacht abgedeckt hatte. Ein ähnlich „dynamischer" Vorgang lag der Entscheidung 10 Ob 2444/96a zu Grunde (Einbruch eines Kanaldeckels bei Betreten). Zu dieser Kategorie (mangelhafte Beschaffenheit löst „dynamischen" Prozess aus, der unmittelbare Schadensursache ist) gehört auch der Fall einer mangelhaften Schrankenanlage, die beim Schließen oder Öffnen nicht funktioniert und ein durchfahrendes Fahrzeug beschädigt (Reischauer aaO Rz 2 mit Hinweis auf ZVR 2002/9; vgl allerdings 6 Ob 626/80 = SZ 53/143); ebenso wie die Verletzung eines Friedhofbesuchers durch Umkippen eines nicht ausreichend verankerten Grabsteins (3 Ob 190/99h).

2.4. Die Haftung nach § 1319 ABGB wird somit nicht schon durch ein Hindernis als solches begründet (Reischauer aaO Rz 2). Weder ein einzelner, etwas hervorstehender Pflasterstein (7 Ob 58/03k) noch leichte wellige Niveauunterschiede auf einem Zebrastreifen (7 Ob 227/03p) oder die im Vergleich zur Fahrbahn weniger griffige Oberfläche eines Kanaldeckels (9 Ob 27/04t) erfüllten die Voraussetzungen einer Haftung nach § 1319 ABGB.

2.5. Der Grenzstein war bereits vor 2005 ausgegraben worden, er lag danach längere Zeit noch auf der Grenze zwischen den Feldern, bis er im Zeitraum zwischen dem Scheren des Mais (16. 6. 2005) und dem Dreschen (28. 10. 2005) um fast einen Meter von seiner ursprünglichen Position entfernt wurde. Erst diese Verlagerung war unmittelbar Ursache für den Schaden am Mähdrescher des Klägers. Eine allfällige Mangelhaftigkeit eines Werks (Beseitigung der Fixierung des Grenzsteins im Boden durch das Ausgraben) steht somit nicht mehr im zeitlichen und örtlichen Konnex mit der Beschädigung der Erntemaschine. Die vom verlagerten Grenzstein ausgehende Gefahr ist nicht anders zu beurteilen als bei einem sonst „herumliegenden" Hindernis, wie etwa bei einem für ein erst zu errichtendes Bauwerk angelieferten Baumaterial oder bei einem nicht vom Menschen bearbeiteten, natürlichen Stein. Eine typische Gefahr eines Bauwerks hat sich im konkreten Fall daher nicht verwirklicht.

2.6. Bei diesem Ergebnis ist die - den Zulassungsausspruch tragende - Frage, ob § 1319 ABGB eine Verschuldenshaftung mit Umkehr der Beweislast (RIS‑Justiz RS0023525; vgl Harrer aaO Rz 12; Danzl aaO Rz 4) oder eine Gefährdungshaftung (vgl Reischauer aaO Rz 15; 1 Ob 93/00h = ZVR 2002/21; 1 Ob 129/02f = SZ 2002/87 = ZVR 2003/37) normiert, nicht zu lösen. Dasselbe gilt für die Eigenschaft insbesondere der Zweitbeklagten und des Drittbeklagten als Besitzer eines Werks.

3. Die nebenvertragliche Fürsorgepflicht des Erstbeklagten als Besteller (§ 1157 ABGB iVm § 1169 ABGB) erfasst auch Sachschäden (Rebhahn in Schwimann³ V § 1169 Rz 5; RIS‑Justiz RS0021602; RS0021591 [T1]). Zu diesen Schutz- und Sorgfaltspflichten gehört die Warnpflicht und Informationspflicht des Bestellers über gefährliche Umstände (6 Ob 242/03m mwN = RIS‑Justiz RS0021602 [T7]), soferne mögliche Gefahrenquellen nicht überhaupt beseitigt werden können (M. Bydlinski in KBB² § 1169 Rz 1). Den Besteller trifft auch insofern eine vertragliche Verkehrssicherungspflicht als Nebenpflicht aus dem Werkvertrag, als er mögliche Gefahrenquellen zu beseitigen hat. Der Umfang dieser nebenvertraglichen Warn- und Sicherungspflichten richtet sich danach, wie weit sich der Unternehmer in einen der Sphäre des Bestellers zuzuordnenden Bereich begibt, in dem er gefährdet ist. Eine Fürsorgepflicht des Bestellers fällt dann vollständig weg, wenn das Werk allein in der Sphäre des Unternehmers herzustellen ist und von Seiten des Bestellers keine Gefahr ausgeht (M. Bydlinski aaO).

3.1. Der Kläger hätte zwar aufgrund seiner Feldarbeiten im April und Juni 2005 erkennen können, dass ein - nicht mehr „eingegrabener" - Grenzstein die Grenze zwischen den beiden Feldern markierte. Ist dieser Grenzstein bei den Drescharbeiten nicht mehr in der ursprünglichen Position vorhanden, geht das für den Lohndrescher erkennbare Risiko einer Beschädigung der Erntemaschine durch Verlegung des Grenzsteins im vorliegenden Fall nicht ausschließlich zu Lasten des Unternehmers. Dieser hatte sich mit seiner Erntemaschine nicht ausschließlich in der eigenen Sphäre bewegt; er bewirtschaftete das Feld seines Vertragspartners, des Erstbeklagten. Das Risiko der Beschädigung eines Mähdreschers durch Verlagerung eines 60 cm hohen Grenzsteins war für den Auftraggeber genauso erkennbar wie für den Kläger. Der Erstbeklagte hatte seiner eigenen Aussage (AS 49) nach vom Herumliegen des „herausgerissenen" Grenzsteins Kenntnis. Der nicht mehr im Boden verankerte Grenzstein war naturgemäß leichter zu bewegen und damit zu verlagern, als zuvor. Dennoch hat der Erstbeklagte nicht für ein Wiedereinsetzen gesorgt. Diese Nachlässigkeit des Erstbeklagten rechtfertigt seine Haftung wegen schuldhafter Verletzung nebenvertraglicher Sorgfaltspflichten. Das Mitverschulden des Klägers, der sich trotz Erkennbarkeit einer Gefahrenquelle nicht davon überzeugte, ob sich der Grenzstein noch in seiner ursprünglichen Position befand, wiegt gleich schwer wie das Verhalten des Erstbeklagten. Der Erstbeklagte hat demnach für 50 % des Schadens einzustehen.

4. Entscheidend für das Ausmaß von Verkehrssicherungspflichten ist, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind (RIS‑Justiz RS0110202; RS0029874 [T5]; RS0023397; 2 Ob 99/07h). Der Verkehrssicherungspflichtige hat die verkehrsübliche Aufmerksamkeit anzuwenden und die notwendige Sorgfalt zu beachten (RIS‑Justiz RS0023487). Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich vor allem danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können (RIS‑Justiz RS0023726). Deliktische Verkehrssicherungspflichten sind nicht zu überspannen (RIS‑Justiz RS0023950; RS0023487); sie soll keine vom Verschulden abhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben (RIS‑Justiz RS0023950; 2 Ob 265/06v).

4.1. Im Verhältnis zu den zweit- und drittbeklagten Parteien kommt nur eine deliktische Verkehrssicherungspflicht in Betracht. Die vertragliche Verkehrssicherungspflicht, die den Erstbeklagten trifft, wurde bereits behandelt. Die Revision zeigt nicht auf, welche konkreten Maßnahmen zur Verkehrssicherung von den zweit- und drittbeklagten Parteien zu erwarten waren. Die Zweitbeklagte war an der Bewirtschaftung der Felder nicht unmittelbar beteiligt. Der Drittbeklagte hat wiederum nur einen Teil des Nachbarfelds bestellt. Eigentümer eines der Grundstücke ist keiner der beiden. Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist eine vom Sicherungspflichtigen geschaffene oder ihm zurechenbare Gefahrenquelle (Harrer in Schwimann³ VI § 1295 Rz 44; RIS‑Justiz RS0022778). Die Verpflichtung, erforderliche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, setzt somit eine faktische Verfügungsmacht und Einflussnahme auf die Gefahrenstelle voraus (RIS‑Justiz RS0023355 [T28]). Die Verkehrssicherungspflicht trifft denjenigen, der die Gefahr erkennen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen kann (RIS‑Justiz RS0022778 [T26]), eine Gefahrenquelle schafft oder in seiner Sphäre bestehen lässt (RIS‑Justiz RS0023355 [T32]). Inwieweit es den zweit- und drittbeklagten Parteien möglich gewesen sein soll, auf die Positionierung des Grenzsteins einerseits und Sicherungsmaßnahmen im Feld des Erstbeklagten andererseits Einfluss zu nehmen, zeigt die Revision nicht überzeugend auf. Von den zweit- und drittbeklagten Parteien Kontroll- bzw Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Position des Grenzsteins zu verlangen, bedeutet jedenfalls eine Überspannung von Verkehrssicherungspflichten.

5. Nach § 854 ABGB wird das gemeinschaftliche Eigentum der Eigentümer benachbarter Grundstücke an Grenzeinrichtungen (wie zB Zäunen, Hecken und Mauern) vermutet (Gamerith in Rummel³ § 854 ABGB Rz 1; Sailer in KBB² § 854 Rz 2). Die Erhaltungspflicht trifft nach § 856 Satz 1 ABGB alle Miteigentümer verhältnismäßig, das heißt nach der Grenzlänge (Sailer aaO § 856 Rz 1). Im Gegensatz zur Miteigentumsvermutung des § 854 ABGB wird nach § 857 ABGB das Alleineigentum in jenen Fällen vermutet, in denen der Verlauf und die Gestaltung der Grenzeinrichtung darauf hinweisen (Sailer aaO § 857 Rz 1). § 858 Satz 1 ABGB sieht eine Pflicht des ausschließlichen Besitzers (§ 857 Satz 2 ABGB), seine Grenzeinrichtung (Mauer oder Planken) zu erhalten, nur dann vor, wenn dem Grenznachbarn durch die Öffnung ein Schaden droht oder sogar schon eingetreten ist (Sailer aaO § 858 Rz 3).

5.1. Der Kläger leitete aus den eben zitierten Normen ab, dass ihr Schutzzweck auch den Kläger als Vertragspartner des Erstbeklagten (Werkvertrag) und über § 1311 zweiter Satz ABGB als Begünstigter von Schutzgesetzen im Verhältnis zu der zweit- und drittbeklagten Partei erfasse.

5.2. § 858 Satz 1 ABGB, den die Revision heranzieht, ist schon nach seinem Wortlaut nicht auf Fälle des gemeinschaftlichen Eigentums an Grenzeinrichtungen anzuwenden. Er betrifft nur den ausschließlichen Besitz (§ 857 Satz 2 ABGB). Wie die Revision selbst hervorhebt, diente der Grenzstein in seiner früheren Position zwischen den Feldern als Markierung der Grenze. Nach der Zweifelsregel des § 854 ABGB wäre (bei Qualifikation des Grenzsteins als Grenzeinrichtung) somit vom gemeinschaftlichen Eigentum der Grundeigentümer, zu denen die zweit- und drittbeklagten Parteien jedenfalls nicht gehören, auszugehen.

5.3. Schutzgesetze iSd § 1311 ABGB sind abstrakte Gefährdungsverbote mit der Bestimmung, die Mitglieder eines bestimmten Personenkreises vor der Verletzung ihrer Rechtsgüter zu schützen (RIS‑Justiz RS0027710; Harrer in Schwimann³ V § 1311 Rz 9; Karner in KBB² § 1311 Rz 3 mwN). Die Übertretung einer Schutznorm macht jedenfalls nur insofern für den durch die Übertretung verursachten Schaden haftbar, als durch die Schutznorm gerade dieser Schaden verhindert werden sollte (RIS‑Justiz RS0027553; Karner aaO Rz 5). Dabei ist zu überprüfen, ob die jeweilige übertretene Vorschrift den im konkreten Fall eingetretenen Schaden verhindern wollte (vgl RIS‑Justiz RS0027553 [T7]; Harrer aaO Rz 10; Karner aaO).

5.4. Die Regeln über die Instandhaltungspflicht an gemeinschaftlichen Grenzeinrichtungen betreffen das Verhältnis zwischen den Nachbarn. Vergleichbar der Regelung des § 839 Satz 1 ABGB über die Aufteilung von Lasten bei Miteigentum wird im Innenverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang zur Erhaltung einer Grenzeinrichtung verpflichtet ist (vgl Gamerith aaO § 856 Rz 1). Damit ist eindeutig klargestellt, dass es sich nicht um eine Schutznorm handelt, die eine Beschädigung der Rechtsgüter Dritter durch eine Verlagerung einer Grenzeinrichtung verhindern soll.

6. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten sämtlicher Instanzen gründet sich auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO (zweit- und drittbeklagte Parteien) und §§ 43 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO (Erstbeklagter).

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