Spruch:
1. Die Revisionsrekursbeantwortung des Vaters Michael G***** wird zurückgewiesen.
2. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und es wird die Pflegschaftssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Zu 1.: Dem Vater Michael G***** wurde der Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 29. 11. 2007, womit ihm die Beantwortung des außerordentlichen Revisionsrekurses der Mutter freigestellt wurde, am 4. 12. 2007 durch Hinterlegung zugestellt. Der Vater erstattete eine am 19. 12. 2007 zur Post gegebene Revisionsrekursbeantwortung.
Die vierzehntägige Frist (§ 68 Abs 1 Satz 2 AußStrG) zur Beantwortung des Revisionsrekurses beginnt gemäß § 68 Abs 3 Z 3 AußStrG bei einem außerordentlichen Revisionsrekurs mit der Zustellung der Mitteilung des Obersten Gerichtshofs, dass den anderen aktenkundigen Parteien die Beantwortung des Rekurses freigestellt werde. Dies war im vorliegenden Fall am 4. 12. 2007, da an diesem Tag die hinterlegte Sendung mit der genannten Mitteilung erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt (§ 17 Abs 3 ZustG). Der letzte Tag der Frist für die Revisionsrekursbeantwortung war daher der 18. 12. 2007, weshalb die am 19. 12. 2007 zur Post gegebene Revisionsrekursbeanwortung verspätet ist und daher zurückzuweisen war (RIS-Justiz RS0108631). Es bedurfte daher keines Verbesserungsauftrags mehr wegen der fehlenden Unterschrift eines Rechtsanwalts (§ 6 Abs 1 letzter Halbsatz, § 65 Abs 3 Z 5 iVm § 68 Abs 1 letzter Halbsatz AußStrG) sowie wegen des Fehlens einer Gleichschrift (§ 10 Abs 2 iVm § 68 Abs 1 und 5 AußStrG; vgl RIS-Justiz RS0036281).
Zu 2.: Die Ehe der Eltern des am 15. 4. 1997 geborenen mj Bernhard G***** und der am 18. 9. 1999 geborenen mj Kathrin G***** wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 22. 10. 2002 geschieden. Im pflegschaftsbehördlich genehmigten Scheidungsfolgenvergleich vereinbarten die Eltern, dass die Obsorge beider Elternteile für die Kinder aufrecht bleibe und sich die Kinder überwiegend bei der Mutter aufhalten sollten.
Mit dem am 24. 11. 2005 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrten die durch ihre Mutter vertretenen Minderjährigen, die Zustimmung des Vaters auf Änderung des Familiennamens von „G*****" auf „M*****" zu ersetzen. Sie brachten im Wesentlichen vor, die Mutter habe unmittelbar nach der Scheidung wieder ihren Mädchennamen „M*****" angenommen. Sie habe am 11. 6. 2004 wieder geheiratet, nunmehr führe auch ihr Ehemann den Namen „M*****". Die Kinder verbrächten die überwiegende Zeit mit ihrer Mutter und deren Ehemann, während sich die Kontakte zum Vater auf durchschnittlich zwei Wochenenden im Monat und zwei Urlaubswochen im Jahr beschränkten. Die Kinder würden immer wieder den Wunsch äußern, denselben Familiennamen wie ihre Mutter und ihr Stiefvater zu tragen. Der Vater lehne eine entsprechende Namensänderung ab.
Der Vater sprach sich gegen diesen Antrag aus und wandte im Wesentlichen ein, es sei nicht der eigene Wunsch der Kinder, ihren Familiennamen zu ändern. Sie würden diesbezüglich von der Mutter beeinflusst und unter Druck gesetzt. Die beabsichtigte Namensänderung löse einen Loyalitätskonflikt bei den Kindern aus und verfolge lediglich den Zweck einer weiteren Abgrenzung zwischen ihnen und ihrem leiblichen Vater.
Mit Beschluss vom 9. Juni 2006 idF des Beschlusses vom 20. 10. 2006 stellte das Erstgericht fest, die von der Mutter geplante Namensänderung von „G*****" auf „M*****" sei nicht zum Nachteil der Kinder. Das Erstgericht ersetzte die Zustimmung des Vaters zur Namensänderung. Zur Begründung führte das Erstgericht aus, aus einer Stellungnahme des Jugendwohlfahrtsträgers gehe hervor, dass die Minderjährigen während eines Gesprächs erklärt hätten, sie wollten den Mädchennamen ihrer Mutter annehmen. Da sowohl die Kinder als auch die Mutter die Namensänderung wünschten, diese ohne Zustimmung des Vaters aber nicht durchgeführt werden könne, sei die Zustimmung des Vaters zu ersetzen gewesen.
Das vom Vater angerufene Rekursgericht änderte die Beschlüsse des Erstgerichts dahingehend ab, dass der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Vaters zur Änderung des Familiennamens der beiden Kinder abgewiesen wurde, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Das Rekursgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, sofern beide Elternteile mit der Obsorge betraut seien, bedürfe die Antragstellung zur Namensänderung eines Minderjährigen gemäß § 154 Abs 2 ABGB der Zustimmung des anderen Elternteils. Gemäß § 176 Abs 1 dritter (letzter) Satz ABGB könne eine gesetzlich erforderliche Einwilligung oder Zustimmung des anderen Elternteils durch das Gericht ersetzt werden, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorlägen. Voraussetzung für eine solche Ersetzung der Einwilligung oder Zustimmung des anderen Elternteils sei die Gefährdung des Kindeswohls oder das Vorliegen besonders wichtiger Gründe. § 176 Abs 1 ABGB idF des KindRÄG 2001 normiere nämlich als einzige und generelle Voraussetzung für eine Verfügung nach dieser Bestimmung die Kindeswohlgefährdung. Dieser gleichzusetzen seien besonders wichtige Gründe, die eine Veränderung dringend geboten erscheinen ließen, etwa wenn dadurch aller Voraussicht nach eine beachtliche Verbesserung der Lage und der Zukunftserwartungen herbeigeführt werde. Die bloße fehlende Einigkeit der Eltern in wichtigen Angelegenheiten sei nach der Neufassung des § 176 ABGB durch das KindRÄG 2001 nicht angeführt. Besondere Umstände, die unter diesen Gesichtspunkten eine Namensänderung dringend geboten erscheinen lassen könnten, seien weder behauptet worden, noch ergäben sich solche aus der Aktenlage. Der behauptete - vom Vater bestrittene und aufgrund der im Beisein der Mutter und des Stiefvaters durchgeführten Anhörung durch eine Sozialarbeiterin des Jugendamts im erstinstanzlichen Verfahren nicht hinreichend geklärte - Wunsch der zum Zeitpunkt der maßgeblichen erstinstanzlichen Entscheidung neun und sieben Jahre alten Kinder, denselben Namen wie ihre Mutter und ihr Stiefvater zu tragen, stellten noch keinen derart gewichtigen Grund für eine Ersetzung der Zustimmung nach § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB dar. Selbst wenn die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens der Kinder und jener ihrer Mutter und des Stiefvaters dem Wohl der Kinder nicht abträglich sein möge, rechtfertige dies nicht eine Ersetzung der Zustimmung durch das Pflegschaftsgericht. Die Kinder führten seit der Namensänderung der Mutter unmittelbar nach der Scheidung im Jahr 2002 einen vom Namen der Mutter verschiedenen Namen, ohne dass dies bei ihnen zu erheblichen Irritationen oder gar psychischen Beeinträchtigungen geführt hätte. Es gebe daher auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine weitere Beibehaltung ihres bisherigen Familiennamens erheblich nachteilig sei oder gar ihr Wohl gefährde. Auch wenn die beiden Kinder in der Vergangenheit aufgrund der Unkenntnis Dritter von den genauen Familienverhältnissen vereinzelt mit dem Familiennamen ihrer Mutter bezeichnet worden seien, ändere dies nichts an dieser Einschätzung, zumal derartige Missverständnisse einfach aufgeklärt werden könnten. Aufgrund der immer größer werdenden Zahl von Patchwork-Familien sei es durchaus kein vereinzeltes Phänomen, dass Kinder einen anderen Familiennamen trügen als jener Elternteil, bei dem sie überwiegend lebten. Mangels Gefährdung des Kindeswohls bzw dieser gleichzusetzender anderer wichtiger Gründe sei die Sache im Sinn einer Abweisung des Antrags spruchreif, ohne dass es noch weiterer Erhebungen bedurft hätte.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag, den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist wegen des Fehlens einer ausreichenden Rechtsprechung zu § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin führt aus, nach dem Wortlaut von § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB hänge die Ersetzung der Zustimmung nur davon ab, ob gerechtfertigte Gründe für die Weigerung durch den anderen Elternteil vorlägen. Die Gefährdung des Kindeswohls werde in § 176 ABGB zwar als Voraussetzung erwähnt, jedoch nur in direktem Zusammenhang mit nötigen Verfügungen des Gerichts, besonders der Entziehung der Obsorge, aber nicht im dritten Satz des ersten Absatzes hinsichtlich der Ersetzung der Zustimmung. In § 176 ABGB seien daher zwei getrennte Regelungsbereiche enthalten, nämlich einerseits Verfügungen zur Wahrung des Wohls des Kindes und andererseits die Ersetzung der Zustimmung. Gegen die Annahme, dass die Ersetzung der Zustimmung nur unter der Voraussetzung erfolgen könne, dass die zustimmungspflichtige Maßnahme „dringend geboten" sei, spreche jedenfalls der Umstand, dass der Gesetzgeber dies überdies von einer Interessenabwägung abhängig mache: Wenn aber das Kindeswohl ernsthaft gefährdet sei, könnten die Weigerungsgründe des Elternteils nie triftig und gerechtfertigt sein, da sie sich praktisch immer gegen das Kindeswohl richteten; der Halbsatz „wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen" wäre sinnentleert. Dies könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, zumal das Kindschaftsrecht mehrfach novelliert worden sei.
Diese Ausführungen sind berechtigt.
Der erste Absatz von § 176 ABGB, der mit der Überschrift „Entziehung oder Einschränkung der Obsorge" versehen ist, lautet in der geltenden (BGBl I 2000/135: KindRÄG 2001) Fassung:
„Gefährden die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes, so hat das Gericht, von wem immer es angerufen wird, die zur Sicherung des Wohles des Kindes nötigen Verfügungen zu treffen. Besonders darf das Gericht die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise, auch gesetzlich vorgesehene Einwilligungs- und Zustimmungsrechte, entziehen. Im Einzelfall kann das Gericht auch eine gesetzlich erforderliche Einwilligung oder Zustimmung ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen."
Zur Auslegung von § 176 Abs 1 ABGB allgemein bzw zu dessen Satz 1 und 2 existiert hinreichend oberstgerichtliche Rechtsprechung, aus der sich insbesondere ergibt, dass für Maßnahmen nach § 176 Abs 1 ABGB, und zwar für solche des ersten und zweiten Satzes der Bestimmung, eine Gefährdung des Kindeswohls erforderlich ist (RIS-Justiz RS0048699; RS0007035; RS0085168; RS0109763; RS0118189).
Zu der vom Rekursgericht bejahten, von der Revisionsrekurswerberin verneinten Frage, ob Voraussetzung für die Ersetzung der Einwilligung oder Zustimmung gemäß § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB die Gefährdung des Kindeswohls, das Vorliegen besonders wichtiger Gründe oder besondere Dringlichkeit erforderlich ist, existiert hingegen keine oberstgerichtliche Rechtsprechung.
In der Lehre vertritt nur Hopf in KBB² § 176 Rz 3 (auf den sich auch das Rekursgericht gestützt hat) ausdrücklich die Ansicht, für die Ersetzung einer Einwilligung oder Zustimmung gemäß § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB sei, sofern diese Ersetzung nicht besonders geregelt sei (§ 181 Abs 3 ABGB, § 3 Abs 3 EheG), sie sich also allein auf § 176 ABGB stütze, die Gefährdung des Kindeswohls Voraussetzung.
Pichler in Klang³, §§ 176, 176a, 176b Rz 5, und Weitzenböck in Schwimann³, § 176 Rz 4, verlangen für Maßnahmen nach § 176 ABGB ganz allgemein eine Gefährdung des Kindeswohls. Speziell zu den Erfordernissen einer Ersetzung der Einwilligung oder Zustimmung gemäß § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB findet sich bei diesen Autoren eine derartige Aussage aber nicht.
Stabentheiner in Rummel³, erster Ergänzungsband, § 176 Rz 4, führt aus, nach § 176 Abs 1 ABGB in der Fassung vor dem KindRÄG 2001 (BGBl I 2000/135) habe man die Fälle der Nichteinigung der Eltern in solche, in denen dadurch das Kindeswohl gefährdet werde (§ 176 Abs 1 erster Halbsatz ABGB) und in andere, in denen wohl eine wichtige Angelegenheit, aber ohne solche Gefährdung, zwischen den Eltern strittig sei, unterteilen können. In § 176 Abs 1 ABGB in der Fassung des KindRÄG 2001 sei aber als einzige und generelle Voraussetzung für eine Verfügung nach § 176 ABGB nur noch die Kindeswohlgefährdung (nicht auch die fehlende Einigung der Eltern in wichtigen Angelegenheiten) genannt. Aus den Gesetzesmaterialien zum KindRÄG 2001 ergebe sich aber nicht der geringste Hinweis dafür, dass mit der neuen Textierung des § 176 ABGB diese Änderung beabsichtigt gewesen wäre. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass die sich nach dem Wortlaut an sich ergebende Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 176 ABGB um die bloß wichtigen, aber nicht gerade das Kindeswohl gefährdenden Uneinigkeitsfälle nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche, sondern ihre Wurzeln nur in einer redaktionellen Unachtsamkeit habe. Daher könne auch künftig ein Elternteil eine Verfügung nach § 176 ABGB auch ohne Gefährdung des Kindeswohls dann beantragen, wenn es sich um eine wichtige Angelegenheit handle, in der die Eltern kein Einvernehmen erzielen könnten.
An diese Ausführungen Stabentheiners anknüpfend, ergibt sich Folgendes: Die Möglichkeit der Ersetzung der Einwilligung oder Zustimmung (eines Elternteils) war auch vor dem KindRÄG 2001 in § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB vorgesehen, und zwar nach der damals im selben Absatz zuvor deutlich erfolgten Unterscheidung in Fälle der Kindeswohlgefährdung und der sonstigen „wichtigen Angelegenheiten". Im damaligen Sinnzusammenhang des § 176 Abs 1 ABGB war daher dessen dritter Satz zwanglos dahingehend zu verstehen, dass die Ersetzung der Einwilligung oder Zustimmung nicht nur bei Gefährdung des Kindeswohls, sondern auch in einer (sonstigen) „wichtigen Angelegenheit" möglich war. Da - wie Stabentheiner aaO ausführt - hinsichtlich der Berücksichtigung der „wichtigen Angelegenheiten" für Verfügungen gemäß § 176 ABGB vom Gesetzgeber des KindRÄG 2001 keine Änderung beabsichtigt war, ist auch für § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB davon auszugehen, dass sich durch das KindRÄG 2001 hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen die Einwilligung oder Zustimmung ersetzt werden können, nichts geändert hat.
Diese Auslegung wird durch folgende weitere Überlegung gestützt: Würde man für die Ersetzung der Einwilligung oder Zustimmung gemäß § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB über dessen Wortlaut hinaus verlangen, dass andernfalls das Kindeswohl gefährdet wäre, so bliebe - worauf bereits die Rechtsmittelwerberin hingewiesen hat - für diese Bestimmung kein (sinnvoller) Anwendungsbereich. Dass bei Gefährdung des Kindeswohls gesetzlich vorgesehene Einwilligungs- und Zustimmungsrechte entzogen werden können, ergibt sich nämlich schon aus § 176 Abs 1 Satz 2 ABGB. Gesetze sind aber so auszulegen, dass sie einen Anwendungsbereich haben (vgl RIS-Justiz RS0010053; Bydlinski in Rummel³ § 6 Rz 18 mwN).
Der erkennende Senat gelangt daher zu folgendem Ergebnis: Die Ersetzung einer gesetzlich erforderlichen Einwilligung oder Zustimmung durch das Gericht im Einzelfall gemäß § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB erfordert nicht, dass andernfalls das Kindeswohl gefährdet wäre.
Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass aus der vom Rekursgericht (ohne entsprechende Feststellungen des Erstgerichts) zugrundegelegten Mutmaßung, es sei bei den Kindern wegen der Namensunterschiedlichkeit zu ihrer Mutter und ihrem Stiefvater zu keinen erheblichen Irritationen oder gar psychischen Beeinträchtigungen gekommen, noch nicht abgeleitet werden kann, die Weigerung des Vaters, der von der Mutter angestrebten Namensänderung gemäß § 154 Abs 2 ABGB zuzustimmen, sei gerechtfertigt.
Nach herrschender Lehre ist bei Anwendung von § 176 Abs 1 Satz 3 ABGB eine Interessenabwägung vorzunehmen (Pichler aaO Rz 10; Stabentheiner aaO Rz 9). Für diese Interessenabwägung ist hier einerseits zu berücksichtigen, dass es nach der jüngeren oberstgerichtlichen Rechtsprechung dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers entspricht, dass im Allgemeinen dem Wohl des Kindes die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens des Kindes mit dem der Familie, in der es aufwächst, in einem höheren Maße entspricht als die Beibehaltung seines bisherigen anderslautenden Familiennamens (RIS-Justiz RS0111773). Andererseits ist zu prüfen, ob - wie der Vater befürchtet - die angestrebte Namensänderung geeignet ist, die Kinder vom Vater zu entfremden.
Zur umfassenden Interessenabwägung ist jedoch die Entscheidungsgrundlage mangelhaft. Schon das Rekursgericht hat bemängelt, der Wunsch der Kinder, denselben Namen wie ihre Mutter und ihr Stiefvater zu tragen, sei im erstinstanzlichen Verfahren nicht hinreichend geklärt worden, da die Kinder im Beisein der Mutter und des Stiefvaters von der Sozialarbeiterin des Jugendamtes befragt worden seien. Dieser vom Rekursgericht bejahte Verfahrensmangel des Verfahrens erster Instanz führte nur deshalb nicht zu einer Aufhebung durch das Rekursgericht, weil dieser Verfahrensmangel aufgrund der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichts nicht entscheidungsrelevant war. Nach der nunmehr vom Obersten Gerichtshof vorgenommenen rechtlichen Beurteilung ist jedoch der - möglichst unbeeinflusst zu erhebende - wahre Wille der Kinder weitere notwendige Entscheidungsgrundlage zur Frage, ob die Weigerung des Vaters gerechtfertigt ist.
Im fortgesetzten Verfahren werden daher die Kinder in Abwesenheit der Mutter, des Stiefvaters, aber auch des Vaters in geeigneter Form zu befragen sein, welchen Familiennamen sie tragen wollen. Erst nach Klärung dieses Umstands wird das Erstgericht unter Anwendung der hier aufgezeigten Grundsätze neuerlich zu entscheiden haben.
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