OGH 7Ob129/05d

OGH7Ob129/05d28.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Brigitte S*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, gegen den Antragsgegner Wilhelm S*****, vertreten durch Dr. Gernot Kusatz, Rechtsanwalt in Wels, wegen §§ 81 ff EheG, über die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 16. März 2005, GZ 21 R 394/04x-36, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 14. Oktober 2004, GZ 25 C 23/03b-30, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beide Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs deshalb zulässig sei, weil ein Sachverhalt, bei dem die Ehewohnung bereits vor Eheschließung auf der von einem Ehegatten eingebrachten Liegenschaft errichtet wurde, dem anderen Ehegatten noch vor der Eheschließung das Fruchtgenussrecht daran eingeräumt und schließlich nach der Eheschließung die gesamte Liegenschaft der Tochter der Ehegatten unter Einräumung eines Fruchtgenussrechtes an der Ehewohnung für beide Ehegatten übertragen worden sei, vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt worden sei. Es könne durchaus auch die Auffassung vertreten werden, dass das beiden Ehegatten nach der Eheschließung im Zuge der Übergabe der von der Antragstellerin eingebrachten Liegenschaft an die Tochter eingeräumte Fruchtgenussrecht an der Ehewohnung als eheliches Gebrauchsvermögen der Aufteilung unterliege.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 14 Abs 1 AußStrG aF unzulässig. Die Zurückweisung des Rechtsmittels kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 16 Abs 4 AußStrG aF iVm § 510 Abs 3 ZPO iVm § 203 Abs 7 AußStrG nF).

Zur Klarstellung ist einleitend darauf hinzuweisen, dass auch im außerstreitigen Regelungsverfahren ergangene Entscheidungen der Teilrechtskraft fähig sind, jedoch nur dann, wenn die Teilregelung nur einen unstrittigen oder einen geringen Teil der Aufteilungsmasse betrifft, also die Teilregelung nicht für die Entscheidung in Ansehung der verbleibenden gerichtlich aufzuteilenden Vermögensmasse Ausgleichsmöglichkeiten verschließen (4 Ob 242/00t, RIS-Justiz RS0007209). Die vom Rekursgericht als unberührt bezeichneten Beschlusspunkte des Erstgerichtes (Punkt 4 und 5) betreffen unstrittige und geringe Teile der Aufteilungsmasse und es besteht keine Gefahr für eine Ausgleichsmöglichkeit hinsichtlich des verbleibenden Vermögens. Das Rekursgericht ist daher zu Recht von einer Teilrechtskraft ausgegangen.

Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

Mündet eine Lebensgemeinschaft in eine Ehe, so entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass die von den Lebensgefährten einzeln oder gemeinsam in die Ehe eingebrachten Sachen ihre bisherige rechtliche Zuordnung beibehalten, sei es als Eigentum eines der beiden Lebensgefährten, sei es als gemeinschaftliches Eigentum. Sie gehören im Falle der Auflösung der Ehe nicht in die Aufteilungsmasse, sofern es sich nicht um eine Sache handelt, die für die Sicherung des Lebensbedürfnisses der Ehegatten wichtig sind. Die Sicherung eines Lebensbedürfnisses liegt dann vor, wenn vitale Fragen der Existenz auf dem Spiel stehen, bei der Ehewohnung also, wenn eine länger dauernde Obdachlosigkeit droht (1 Ob 209/04y, 7 Ob 25/99y, 3 Ob 314/98t, 3 Ob 264/98i uva; RIS-Justiz RS0057386).

Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass die schon bei Eingehen der Lebensgemeinschaft im Eigentum der Antragstellerin gestandene Liegenschaft samt Haus, in dem sich die Ehewohnung befindet, nicht der Aufteilung unterliegt und hier auch nicht ausnahmsweise einzubeziehen ist, weil beiden Parteien keine Obdachlosigkeit droht, da sie beide je eine, wenn auch kleinere, andere Wohnung haben, hält sich im Rahmen der dargelegten Judikatur und ist im Einzelfall nicht zu beanstanden.

Daran ändert sich auch nichts, wenn während der Ehe die Antragstellerin ihr Eigentum an der Liegenschaft auf die gemeinsame Tochter überträgt und der Antragsgegner auf sein vor Eheschließung eingeräumtes Fruchtgenussrecht verzichtet und dann beide ein gemeinsames Fruchtgenussrecht an der Ehewohnung von der Tochter eingeräumt bekommen. Die Rechte wurden zwar während aufrechter Ehe begründet, sie ersetzen aber nur die bereits während der Lebensgemeinschaft bestandenen Rechte als von den ehelichen Ersparnissen klar abgegrenzte Vermögenswerte (vgl RIS-Justiz RS0057478, RS0057298), sodass in keiner Hinsicht von einem im Rahmen der Ehe gemeinschaftlich geschaffenen Vermögen gesprochen werden kann. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, das Fruchtgenussrecht sei, wenn auch während aufrechter Ehe begründet, weder eheliches Gebrauchsvermögen noch eheliches Ersparnis (vgl 4 Ob 185/99f) hält sich im Rahmen der Rechtsprechung.

Eine Klärung der wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse kann daher nicht in einem Verfahren nach §§ 81 ff EheG angestrebt werden.

Die Beurteilung, welche Gegenstände oder Rechte zum ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen gehören und der Aufteilung unterliegen, ist eine Rechtsfrage, die der Richter aufgrund des festgestellten Sachverhalts zu lösen hat.

Die vom Rekursgericht dargelegte Rechtsansicht, dass nur jene während aufrechter Ehe angeschafften Fahrnisse und Ersparnisse in die Aufteilungsmasse fallen, hält sich im Rahmen der dargelegten Judikatur. Wenn es nun die Ansicht vertritt, dass die Tatsachengrundlage noch nicht ausreichend geklärt ist, so ist dies vom Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht weiter zu prüfen.

Gemäß § 91 Abs 1 EheG ist der Wert des Fehlenden in die Aufteilung einzubeziehen, wenn ein Ehegatte ohne ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung des anderen frühestens zwei Jahre vor Einbringung der Klage auf Scheidung das eheliche Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse in einer Weise verringert, die der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widerspricht (§ 91 Abs 1 EheG). Es ist so vorzugehen, als ob dem Ehegatten der Vermögenswert, um den er die Aufteilungsmasse verringert hat, bei der Aufteilung zugekommen wäre (7 Ob 1597/95, 6 Ob 181/01p, RIS-Justiz RS0057913, RS0057915). Von § 91 Abs 1 EheG sind alle Verringerungen von Ersparnissen erfasst, die während der ehelichen Krise dadurch entstehen, dass ein Ehegatte plötzlich, sei es für sich allein, sei es schon zusammen mit einem künftigen Partner, einen aufwendigen Lebensstil pflegt und mehr für seinen persönlichen Bedarf ausgibt, als es bisher den Lebensgewohnheiten in der Ehe entsprochen hat (RIS-Justiz RS0057929).

Die Beurteilung, ob eine Verringerung des gemeinsamen Vermögens der bisherigen Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten entspricht oder nicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Beurteilung des Rekursgerichtes, dass die Ausgaben für die Solaranlage, die das gesamte Haus versorgt, und damit auch der Antragstellerin als Fruchtgenussberechtigten zugute kommt, den bisherigen Lebensverhältnissen ebenso entsprochen hat wie eine Schenkung an die gemeinsame Tochter, die ein behindertes Kind hat, ist im Einzelfall vom Obersten Gerichtshof nicht aufzugreifen.

Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:

Der Antragsgegner ist auf die oben dargelegten Grundsätze nach § 91 EheG zu verweisen. Soweit er argumentiert, dass die Antragstellerin der Zahlung an seine Tochter Doris zugestimmt hat, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt. Die Entscheidung des Rekursgerichtes hält sich auch hinsichtlich seiner Beschwerdepunkte an die oben dargelegte Judikatur.

Es machen daher beide Revisionsrekurse keine erheblichen Rechtsfragen geltend.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte