OGH 5Ob149/03b

OGH5Ob149/03b7.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Leonore R*****, geb am *****, ***** wegen Berichtigung von Eintragungen über den Revisionsrekurs der Miteigentümer 1. Ilse P*****, geboren am *****, und 2. Willibald P*****, geboren am *****, beide ***** vertreten durch Dr. Friedrich Fuchs, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. März 2003, AZ 47 R 85/03b, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 22. Oktober 2002, TZ 4800/02, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben wie folgt:

"Der Antrag der Antragstellerin, eine "berichtigende Ergänzung" in EZ *****, Grundbuch ***** zu B-LNR 1 dergestalt einzutragen, dass mit ihrem Mindestanteil von 787/4480-Anteilen nicht nur das Wohnungseigentum am Geschäftsraum II und Kellermagazin, sondern auch an der Hoffläche im Ausmaß von 625 m2 verbunden ist, wird abgewiesen."

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist zu 787/4480stel Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch *****, mit dem Wohnungseigentum verbunden ist. Die Revisionsrekurswerber sind Miteigentümer, auch mit ihren Anteilen ist Wohnungseigentum verbunden.

Grundlage der Einverleibung des Rechtsvorgängers der Antragstellerin (sie ist Erbin) war der Kaufvertrag und das Übereinkommen vom 23. September 1960. Darin ist geregelt, dass mit den genannten Anteilen Wohnungseigentum am Geschäftsraum II, dem Kellermagazin sowie an einer Hoffläche im Ausmaß von 625 m2 verbunden sei.

Im C-Blatt wurde am 26. Jänner 1961, TZ 624, eingetragen, dass unter anderem auf Grund des Kaufvertrages und Übereinkommens vom 23. September 1960 von jeweils 35 der in BOZ 19 und 20a bis 20i bezeichneten Anteilen die Beschränkung des Miteigentumsrechtes für das zwischen sämtlichen Miteigentümern wechselseitig eingeräumte Wohnungseigentum nach Maßgabe des Kaufvertrages und des Übereinkommens des zugunsten des jeweiligen 36. Miteigentümers einverleibt sei. Im B-Blatt findet sich zu B-LNR 20 bis 21 die Ersichtlichmachung vom gleichen Tag, dass auf Grund des Kaufvertrages und Übereinkommens vom 23. September 1960 das Eigentumsrecht für (es folgen dann die Miteigentümer) einverleibt und das Wohnungseigentum ersichtlich gemacht werde, dass mit sämtlichen Anteilen das Wohnungseigentum an den im angeführten Kaufvertrag bezeichneten Bestandteilen der Liegenschaft untrennbar verbunden ist.

Im Wege der Grundbuchsumstellung im Jahr 1982 wurde nun im Hinblick auf § 19 Abs 1 GUG im B-Blatt zum gegenständlichen Anteil 1 zu lit c eingetragen: "Wohnungseigentum an Geschäftsraum II und Kellermagazin". Ein Hinweis auf die Urkundensammlung bzw auf die Hoffläche im Ausmaß von 625 m2 erfolgte nicht.

Die Revisionsrekurswerber erwarben ihre Anteile mit Kaufvertrag vom 3. Dezember 1990, in dessen Punkt VI geregelt ist, dass die Käufer in den mit allen Miteigentümern der Liegenschaft geschlossenen Wohnungseigentumsvertrag unter Übernahme aller Rechte und Pflichten eintreten. Auch andere Personen erwarben nach der Grundbuchsumstellung Miteigentumsanteile.

Die Antragstellerin beantragt nun die "berichtigende Ergänzung", dass mit ihrem Mindestanteil von 787/4480stel Anteilen (B-LNr 1) das Wohnungseigentum nicht nur an "Geschäftsraum II und Kellermagazin ", sondern auch an einer "Hoffläche im Ausmaß von 625 m2" verbunden sei.

Das Erstgericht beschloss die Berichtigung des Grundbuchs im Sinne des Antrags.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Miteigentümer nicht Folge. Es kam zu dem Ergebnis, dass die Einverleibung im Jahr 1961 im Hinblick auf den Hinweis auf die Urkunde "Kaufvertrag und Übereinkommen vom 23. September 1960" dem § 5 WEG 1948 idF 1961 und § 5 GBG entsprach und daher auch die Einverleibung der Hoffläche als Wohnungseigentumszubehör umfasst habe. Der genaue Umfang des Wohnungseigentums habe sich nicht allein durch Einsicht in das Hauptbuch, sondern auch unter Berücksichtigung der Eintragungsgrundlagen der Urkundensammlung ergeben, sodass ein gutgläubiger Erwerb von Teilen der Liegenschaft ausscheide. Diese Grundsätze seien für das WEG 1975 aufrecht zu erhalten, obwohl nunmehr die Eintragung nicht mehr im Lastenblatt erfolge, sondern gemäß § 12 WEG 1975 im Eigentumsblatt auf dem Mindestanteil einzutragen sei. Bei Begründung des Wohnungseigentums war daher das Wohnungseigentumszubehör an der Hoffläche im Ausmaß von 625 m2 durch Verweis auf den Kaufvertrag und das Übereinkommen vom 23. September 1960 wirksam einverleibt. Aus der Tatsache, dass mit der Grundbuchsumstellung 1982 eine offensichtlich unvollständige Zuordnung hinsichtlich der der Antragstellerin gehörenden Teile erfolgt sei, sei für die Rekurswerber nichts zu gewinnen. Nach § 19 Abs 1 letzter Satz GUG sei das Wohnungseigentum auf den Mindestanteil einzutragen, mit dem es verbunden sei. Dies schaffe die gesetzliche Grundlage dafür, dass auch alte Eintragungen des Wohnungseigentums im Lastenblatt mit doppelter Ersichtlichmachung im Eigentumsblatt nach dem WEG 1948 und dem WEG 1975 in entsprechende Form zu bringen gewesen seien. Eine Grundlage für eine Veränderung des Rechtsbestandes sei dadurch aber nicht geschaffen worden. Auch nach dem WEG 1975 bestimme sich der genaue Umfang des Zubehörs nach der Urkundensammlung. Es sei daher jederzeit eine Berichtigung gemäß § 136 GBG, aber auch gemäß § 21 GUG möglich, liege doch kein Fall des § 21 Abs 3 GUG vor. Da sich nach dem WEG 1975 der Umfang des Zubehörs nach den in der Urkundensammlung erliegenden Urkunden richte, könne durch die vorgenommene Berichtigung bücherliche Rechte Dritter keinesfalls berührt werden, weshalb die Sechsmonatsfrist für die Berichtigung hier nicht anzuwenden sei. Im Übrigen seien die Revisionsrekurswerber durch Unterfertigung ihres Kaufvertrages vom 3. Dezember 1990 dem Vertrag von 1960 beigetreten. Für das reine Aktenverfahren seien die Voraussetzungen für die Begründung von Wohnungseigentumzubehör nach § 1 Abs 2 WEG 1948 an der streitgegenständlichen Hoffläche bescheinigt gewesen. Fragen der Zulässigkeit der Begründung von Wohnungseigentumszubehör seien nicht mehr zu prüfen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zuzulassen sei, da zur "vorliegenden Problematik" keine höchstgerichtliche Entscheidung vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Miteigentümer mit einem Abänderungsantrag.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Die Revisionsrekurswerber machen geltend, dass die Frist des § 21 Abs 3 GUG anzuwenden sei und dass die Begründung von Wohnungseigentumzubehör nicht möglich sei, da die Hoffläche der Benützung aller Bewohner zustehe, da sich dort eine Klopfstange sowie Abstellplätze befänden.

Rechtliche Beurteilung

Nach dem hier anzuwendenden Wohnungseigentumsgesetz 1948 war das Miteigentum im Grundbuch als Beschränkung des Eigentumsrechtes der übrigen Miteigentümer zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Anteils, mit dem es verbunden ist, einzutragen und bei dem Anteil des Berechtigten ersichtlich zu machen (§ 5 Abs 1 leg cit). Nach § 5 GBG müssen die wesentlichen Bestimmungen der bücherlichen Rechte im Hauptbuch eingetragen werden. Lassen sie eine kurze Fassung nicht zu, so ist im Hauptbuch eine Berufung auf die genau zu bezeichnenden Stellen der Urkunde, die der Eintragung zugrunde liegt, mit der Wirkung zulässig, dass die bezogenen Stellen als im Hauptbuch eingetragen anzusehen sind. Dass die vorgenommene Eintragung der damaligen Rechtslage entsprach, hat bereits das Rekursgericht zutreffend dargelegt und ist im Hinblick auf die Gesetzeslage nicht zweifelhaft. Dies bedeutete für die Einverleibung aus dem Jahr 1961, dass auch das gewidmete Wohnungseigentumszubehör, d.h. auch die gegenständliche Hoffläche, in das Hauptbuch durch Verweis auf die Urkunde, aus der sich der Umfang des Rechtes deutlich und mit der nötigen Bestimmtheit aus der angeschlossenen Tabelle ergab, eingetragen war (vgl. Borotha, Wohnungseigentumsgesetz 1948, 26). Zutreffend hat daher das Rekursgericht erkannt - was von den Revisionsrekurswerbern auch in dieser Hinsicht nicht bestritten wird -, dass die Einverleibung des Zubehörwohnungseigentums auch an der Hoffläche mit der Eintragung aus dem Jahr 1961 wirksam erfolgte.

Bei der Grundbuchsumstellung im Jahr 1982, also noch vor Erwerb der Liegenschaftsanteile durch die Revisionsrekurswerber, wurde gemäß § 19 Abs 1 GUG das Wohnungseigentum auf den Mindestanteil eingetragen, mit dem es verbunden ist. Hier wurde irrtümlicherweise zwar das Geschäftslokal II und das Kellermagazin, nicht jedoch die Hoffläche genannt. Grundsätzlich wären derartige Versehen nach § 21 Abs 3 GUG zu berichtigen gewesen, wenn die Antragstellerin einen entsprechenden Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Eröffnung des umgestellten Grundbuches beim Grundbuchsgericht eingebracht hätte oder eine amtswegige Berichtigung innerhalb dieser Frist erfolgt wäre. Nach Ablauf der Frist ist eine Berichtigung nicht möglich, wenn bücherliche Rechte dritter Personen berührt werden, die auf Grund eines Rechtsgeschäftes nach der Umstellung des Grundbuches eingetragen wurden. § 21 Abs 2 GUG bezweckt den Schutz desjenigen, der im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des umgestellten Grundbuchs bücherliche Rechte erwirbt. Nur wo dieser Vertrauensschutz nicht in Frage kommt, ist eine Berichtigung von Fehlern bei der Ersterfassung des umgestellten Grundbuchs auch nach Ablauf der sechsmonatigen Frist möglich (5 Ob 24/89). § 21 Abs 2 GUG erklärt aber schlichthin jeden für schutzwürdig, dessen bücherliche Rechte auf Grund eines Rechtsgeschäfts nach der Umstellung des Grundbuches eingetragen wurden. Dies ist daher nur nach den objektiven Kriterien des Vertrauensschutzes zu urteilen, und nicht nach der - nur im ordentlichen Rechtsweg zu prüfenden - Gut- oder Schlechtgläubigkeit einer konkreten Person (5 Ob 21/91 = NZ 1991/217 [Hofmeister], 5 Ob 24/89, 5 Ob 17/94; RIS-Justiz RS0060708). Die Versäumung der im § 21 Abs 3 GUG bestimmten Frist für einen Antrag auf Berichtigung durch Aufnahme einer bei der Ersterfassung nicht mehr gespeicherten Eintragung in das umgestellte Grundbuch bewirkt jedoch nicht das Erlöschen des betroffenen Rechtes. Der Fristablauf hat nur Auswirkungen auf das materielle Publizitätsprinzip (4 Ob 506/91 = ecolex 1991, 680 [Hoyer]).

Die sachenrechtliche Zuordnung eines Raums oder einer Fläche als Wohnungseigentumzubehör erfolgt jedenfalls durch die Einverleibung des Wohnungseigentums und des Umfangs des Zubehörs im Grundbuch. Erst dann teilt das Zubehör notwendig das Schicksal des Wohnungseigentumsobjektes. Eine Absonderung mit dinglicher Wirkung ist dann nur durch einen entsprechenden Vertrag, neuerliche Nutzwertfestsetzung und Einverleibung möglich (5 Ob 73/99t).

Zu Unrecht ging das Rekursgericht davon aus, dass durch die Berichtigung bücherliche Rechte dritter Personen nicht berührt wären. Es haben nämlich sowohl die Revisionsrekurswerber als auch andere Miteigentümer nach Umstellung des Grundbuches, sohin im Hinblick auf den damaligen (unvollständigen) Grundbuchsstand Eigentum an ihren Anteilen erworben. Da der Ausschluss der Berichtigung nach § 21 Abs 3 GUG rein formal den Gutglaubensschutz des erwerbenden Dritten bezweckt, ist auf die konkrete - nur im streitigen Verfahren zu klärende - Gutgläubigkeit oder Schlechtgläubigkeit des Erwerbers vom Grundbuchsgericht nicht abzustellen. Der im Wohnungseigentumsvertrag der Revisionsrekurswerber aufgenommene Passus, dass sie in die Rechte und Pflichten der Rechtsvorgänger laut dem ursprünglichen Wohnungseigentumsvertrag eintreten, ändert daran nichts, da es dem Grundbuchsgericht verwehrt ist, beweiswürdigend den Inhalt eines Vertrages zu beurteilen. Eine Berichtigung nach § 21 GUG scheidet daher wegen Ablaufes der sechsmonatigen Frist aus.

Nach § 104 Satz 3 GBG ist eine Berichtigung einer Eintragung, die Rechtsfolgen nach sich gezogen hat, unzulässig, wenn keine Einigung zwischen den Beteiligten über die Berichtigung erzielbar ist (vgl auch 5 Ob 4/96, 1 Ob 244/97g; RIS-Justiz RS0059552). Da unter den Beteiligten, wie sich schon aus den Rechtsmitteln ergibt, keine Einigung zu erzielen ist, kann auch nach dieser Bestimmung wegen der bereits dargelegten Erwägungen zum Gutglaubensschutz eine Berichtigung nicht erfolgen.

Eine Berichtigung nach § 136 GBG scheidet schon deshalb aus, weil es am Eintritt einer außerbücherlichen, im Grundbuch nur noch nachvollziehbaren Rechtsänderung fehlt (5 Ob 129/01h, RIS-Justiz RS0061010, RS0079847, RS0060992).

Es musste daher der Berichtigungsantrag abgewiesen werden.

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