Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die vom Vater, einem Rechtsanwalt, an seine beiden ehelichen Kinder zu leistenden Unterhaltsbeiträge wurden mit Beschluss des Rekursgerichts vom 13. Februar 1997 ON 141 festgesetzt. Verwiesen wird dazu auf die Vorentscheidung des erkennenden Senats 1 Ob 122/97s (ON 167 - veröffentlicht in RZ 1999/8).
Das Erstgericht bemaß nun den Unterhalt für die beiden Kinder, zum Teil auch für die Vergangenheit, neu; das Rekursgericht verhielt den Vater in teilweiser Stattgebung dessen Rekurses, soweit hier relevant, zu nachstehenden Unterhaltszahlungen:
1. für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Oktober 1996 an den Sohn unter Anrechnung seiner erbrachten Unterhaltsleistungen von insgesamt 22.400 S zusätzlich zu einem Unterhaltsbetrag von 5.400 S und an die Tochter unter Anrechnung seiner erbrachten Unterhaltsleistungen von insgesamt 20.800 S zusätzlich zu einem Unterhaltsbeitrag von 2.720 S.
3. unter Abweisung eines in dritter Instanz nicht mehr relevanten Mehrbegehrens zu folgenden monatlichen Unterhaltsbeträgen:
a) zusätzlich zu dem laut Beschluss ON 141 und laut Punkt 1. an den Sohn zu leistenden Unterhalt von monatlich 6.950 S und an die Tochter zu leistenden Unterhalt von monatlich 5.880 S an den Sohn zu einem weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.050 S vom 1. Februar 1996 bis 31. Mai 1998 und von 2.050 S ab 1. Juni 1998 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes sowie an die Tochter zu einem weiteren Unterhaltsbetrag von monatlich 2.120 S vom 1. Februar 1996 bis 31. Dezember 1998;
b) an die Tochter zusätzlich zu dem mit Beschluss ON 141 zuletzt festgelegten monatlichen Unterhalt von 5.880 S ab 1. Jänner 1999 zu einem weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.620 S, somit zu insgesamt 7.500 S.
Gegenstand des Revisionsrekurses des Vaters ist allein die Frage, ob die Vorinstanzen bei ihrer neuerlichen Unterhaltsbemessung zu Recht davon ausgingen, dass der Vater für seine nunmehrige Ehegattin infolge deren Berufstätigkeit nicht (mehr) sorgepflichtig sei.
Schon im Antrag vom 6. Juni 1997 ON 164 hatten die Kinder behauptet, die Ehegattin ihres Vaters arbeite in dessen Kanzlei als Angestellte mit. Im nun relevanten Antrag vom 28. Jänner 1999 ON 196 begründeten sie die begehrte Unterhaltserhöhung auch damit, dass Änderungen eingetreten seien, zumal der Antragsteller nicht mehr für seine Ehegattin unterhaltspflichtig sei. Der Vater sprach sich in der gemäß § 185 Abs 3 AußStrG aufgetragenen Äußerung gegen die Unterhaltserhöhung aus und behielt sich weiteres Vorbringen, insbesondere zur Frage seines Einkommens der Jahre 1996 bis 1998, vor (ON 198), ohne indes ein solches Vorbringen in der Folge zu erstatten; zur Frage, ob er weiterhin auch für seine Ehegattin sorgepflichtig sei, äußerte er sich nicht und stellte dazu auch keine Beweisanträge. Das Erstgericht unterstellte in seinem Beschluss erkennbar den Wegfall der Unterhaltspflicht des Vaters für seine Ehegattin, führte es doch aus, unter Bedachtnahme auf die Einkünfte (des Vaters) in der Höhe von monatlich 53.435 S sowie unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflicht für den Sohn Learco und des Wegfalls des Unterhaltspflicht für die Ehegattin ... sei dem Vater antragsgemäß eine erhöhte Unterhaltsleistung von monatlich 8.000 S ab Februar 1996 bis Mai 1998 und 9.000 S ab Juni 1998 für den Sohn sowie 8.000 S ab Februar 1996 für die Tochter "wirtschaftlich" zumutbar. An anderer Stelle (Begründung des Unterhalts für Juni 1994) ist ausgeführt, dass eine "damals noch bestandene Sorgepflicht" für die Ehegattin ... berücksichtigt werde. Weitere konkrete Feststellungen, ob die Ehegattin des unterhaltspflichtigen Vaters bis zur Beschlussfassung über den Unterhaltserhöhungsantrag ein Einkommen und bejahendenfalls, in welcher Höhe sie ein solches erzielte, wurden nicht getroffen.
Der Vater führte dazu in seinem Rekurs aus, es bleibe unerfindlich, wie das Erstgericht zur Auffassung gelangt sei, dass die Unterhaltspflicht des Vaters für seine Ehegattin weggefallen sei. Soweit erinnerlich, habe das Erstgericht insoweit jegliche Erhebungen unterlassen. Schon aus diesem Grund erweise sich der erstinstanzliche Beschluss als mangelhaft. Bei Durchführung von Erhebungen hätte das Erstgericht feststellen können, das tatsächlich die Unterhaltspflicht für die Ehegattin vollinhaltlich bestehe. Das Erstgericht sah sich offenbar angesichts dieses Rekursvorbringens zu ergänzenden Erhebungen veranlasst: Es lud den Vater und dessen Ehegattin wegen "Einvernahme bezüglich Bestehens einer weiteren Sorgepflicht des Kindesvaters ... für Ehegattin ..." (Zustellung der Ladung jeweils an der Kanzleiadresse) zweimal vor; beide leisteten diesen ihnen zugestellten Ladungen jeweils unentschuldigt nicht Folge. In ihrer Entscheidung führte die zweite Instanz aus, "die bisherigen Verfahrensergebnisse" ließen "noch nicht mit der nötigen Sicherheit erkennen, ob nun tatsächlich noch eine Sorgepflicht" (für die Ehegattin) bestehe oder nicht. Ein entscheidender Hinweis auf die Richtigkeit der Tatsachenfeststellung des Erstgerichts komme aber aus dem Internet. In der Home Page der Rechtsanwaltskanzlei des Vaters (http://www ...) werde neben dem Vater und einem Rechtsanwaltsanwärter auch seine Ehegattin präsentiert und vorgestellt. Diese sei demnach ausgebildete Mediatorin, Kanzleileiterin und Dolmetscherin. Im Zusammenhang damit, dass sich beide gegenüber dem Gericht trotz Aufforderung nicht über das Eigeneinkommen der Ehegattin (des Vaters) erklärt hätten, sei darauf zu schließen, dass die Ehegattin jedenfalls über ausreichendes Einkommen, vor allem als Kanzleileiterin, verfüge und daher kein Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater mehr bestehe. Damit erübrige es sich aber, auf das Argument des Vaters einzugehen, eine solche Sorgepflicht sei durch Abzug von 5 % statt 3 % zu berücksichtigen.
Das Rekursgericht hat im Verfahren nach § 14a AußStrG idFd WGN 1997 den ordentlichen Revisionsrekurs des Vaters nachträglich zugelassen, weil in der Verwertung eines Beweismittels (Internet), zu dem Stellung zu nehmen der Vater keine Gelegenheit gehabt habe, möglicherweise ein Verfahrensmangel zweiter Instanz liege.
Der Revisionsrekurs des Vaters ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Unterhaltsbemessung kann im Interesse der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle nach Prozentkomponenten erfolgen und bietet für durchschnittliche Verhältnisse eine brauchbare Handhabe, um den Unterhaltsberechtigten an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen angemessen teilhaben zu lassen. Diese Methode trägt auch den Grundsätzen einer angemessenen Berücksichtigung konkurrierender Unterhaltspflichten Rechnung, bestimmt sich doch der Unterhalt von Kindern nach den in der Rspr entwickelten und vom Schrifttum gebilligten Berechnungsformeln, für den hier relevanten Altersbereich für Kinder von sechs bis zehn Jahren mit rund 18 % des Nettoeinkommens. Von diesem Prozentsatz sind Abzüge für konkurrierende Unterhaltspflichten (für jedes weitere Kind je nach dessen Alter über oder unter zehn Jahren 1-2 %, für einen Ehegatten je nach dessen Eigenverdienst 0-3 % und für einen einkommenslosen Ehegatten ein solcher von 3 %) vorzunehmen (1 Ob 549/95; RZ 1999/8 uva; Pichler in Rummel 2, § 140 ABGB Rz 5a; Schlemmer/Schwimann in Schwimann 2, § 140 ABGB Rz 13 f; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 14). Die Rspr hat somit die Abschläge zur Berücksichtigung der Sorgepflicht für den Ehegatten in einer Bandbreite von 0 bis 3 % angenommen, je nach Höhe dessen Einkommens bzw umgekehrt je nach dem Umfang der für den Unterhaltspflichtigen daraus entstehenden Belastung (1 Ob 641/94 = EFSlg 74.597 ua). Die Frage, ob die Ehegattin des Vaters über ein Einkommen und bejahendenfalls, in welcher Höhe sie über ein solches verfügt, ist demnach für die Neubemessung des Unterhalts der Kinder relevant, ist doch eine weitere Sorgepflicht des Unterhaltspflichtigen bzw der Wegfall einer solchen gesetzlicher Bemessungsfaktor (1 Ob 2092/96w = ÖA 1997, 61 ua).
Das Schweigen des gemäß § 185 Abs 3 AußStrG aufgeforderten Beteiligten ist nach stRspr dahin zu verstehen, daß er dem Antrag nicht entgegentritt und das dem Tatsachenbereich zuzuordnende Vorbringen - hier: zum Wegfall der Sorgepflicht für seine Ehegattin - nicht bestreitet (EFSlg 35.130/2; 6 Ob 1641/95, zuletzt 7 Ob 153/99v). Die Bestimmung des § 185 Abs 3 AußStrG stellt eine besondere Regelung der Art der Gewährung des rechtlichen Gehörs bzw des Verlusts des Anspruchs auf rechtliches Gehör in dringenden Vormundschafts- und Pflegschaftssachen dar; eine andere Betrachtungsweise der zitierten Gesetzesbestimmung würde die darin vorgesehene Rechtsfolge (Annahme, dass der säumige Beteiligte dem Antrag keine Einwendungen entgegensetzt) inhaltsleer machen und die Absicht des Gesetzgebers, eine Verfahrensbeschleunigung zu erwirken und möglichst rasch zu einer Sachentscheidung zu gelangen, zunichte machen (1 Ob 552/80; AnwBl 1990, 158 [Grill]; ÖA 1997, 61 ua; RIS-Justiz RS0008428). § 185 Abs 3 AußStrG ist auch bei einem rückwirkenden Unterhaltsbegehren anzuwenden (vgl 2 Ob 598/93 = ÖA 1994, 195 = RZ 1995/23 ua). Angesichts der Absicht des Gesetzgebers, auf eine Verfahrensbeschleunigung hinzuwirken, treten die Rechtsfolgen des § 185 Abs 3 AußStrG auch insoweit ein, als zu einzelnen relevanten Punkten eines Antrags (hier: bei einem Unterhaltserhöhungsantrag des Kindes zum behaupteten Wegfall einer weiteren Sorgepflicht des Unterhaltsverpflichteten) kein Vorbringen erstattet wird. Im vorliegenden Fall hat der Vater die Antragsbehauptungen gar nicht bestritten, sondern nur zur Höhe seines Einkommens weiteres Vorbringen in Aussicht gestellt, ohne in der Folge jedoch solches zu erstatten, und zu dem im Antrag behaupteten Wegfall der Sorgepflicht des Vaters für seine Ehegattin überhaupt nichts vorgebracht, sodass das Erstgericht im Tatsachenbereich schon deshalb vom Wegfall dieser Sorgepflicht ausgehen durfte.
Die Verfahrensvereinfachung nach § 185 Abs 3 AußStrG verbietet sich nur dann, wenn - anders als hier - das Kindeswohl eine amtswegige Aufklärung bzw Erhebung der erforderlichen Entscheidungsgrundlagen erfordert, wenn der Akteninhalt gegen die Richtigkeit des Vorbringens des Antragstellers spricht oder aus besonderen Gründen anzunehmen ist, dass der zur Äußerung Aufgeforderte ungeachtet seines Schweigens dem Antrag - hier: in einer Sachverhalts-Teilfrage - entgegentritt (ÖA 1992, 59; ÖA 1998, 112; RIS-Justiz RS0008420). Davon kann hier keine Rede sein.
Dem Beteiligten, der sich trotz Aufforderung nach § 185 Abs 3 AußStrG nicht geäußert und damit keine eigenen Tatsachenbehauptungen aufgestellt hat, ist es verwehrt, dem Sachverhalt, von dem das Gericht bei seiner Entscheidung im Hinblick auf dessen Schweigen ausgehen durfte, im Rekurs neue, davon abweichende Tatsachenbehauptungen entgegenzuhalten (ÖA 1992, 59 uva, zuletzt 6 Ob 181/97d = ÖA 1998, 112; RIS-Justiz RS0006783). Die hier erstmals im Rekurs des Vaters an die zweite Instanz aufgestellte Behauptung, er sei weiterhin für seine Ehegattin sorgepflichtig, stellt keine zulässige Neuerung (§ 10 AußStrG) dar, ganz abgesehen davon, dass auch im Rekurs insoweit kein konkretes Vorbringen erstattet wurde.
Es ist daher für den Sachausgang bedeutungslos, dass das Erstgericht sein Beweisverfahren nach Beschlussfassung zu ergänzen versuchte und ob das Rekursgericht amtswegige Erhebungsergebnisse aus dem Internet (Home Page des Vaters) zu den Sorgepflichten des Vaters ohne dessen Stellungnahme berücksichtigen durfte. Bei der hier zu beurteilenden Sachlage wurde jedenfalls das rechtliche Gehörs des Vaters nicht verletzt.
Dem Rechtsmittel kann demnach kein Erfolg beschieden sein.
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