OGH 2Ob598/93

OGH2Ob598/9313.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 14.Oktober 1991 geborenen Simone ***** R*****, vertreten durch den Unterhaltssachwalter Magistrat Villach-Jugendamt, infolge Rekurses des Unterhaltssachwalters gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 6.Oktober 1993, GZ 2 R 467/93-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Villach vom 31.August 1993, GZ 10 P 79/93-3, zum Teil aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Mit Antrag vom 26.7.1993 begehrte das Kind von seinem Vater die Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von 2.000,-- S ab Geburt. Es behauptete ein monatliches Einkommen des Vaters von 20.000 S; im Hinblick auf seine weiteren Unterhaltspflichten für zwei 1981 und 1983 geborene Söhne sei der Vater in der Lage, den begehrten Unterhalt zu bezahlen.

Der Antrag wurde dem Vater gemäß § 185 Abs.3 AußStrG unter Setzung einer Frist von 14 Tagen zur Äußerung zugestellt. Der Vater wurde darauf hingewiesen, daß bei Nichtäußerung innerhalb dieser Frist angenommen werde, daß er dem Unterhaltsfestsetzungsantrag keine Einwendungen entgegensetze.

Die Aufforderung wurde durch Hinterlegung zugestellt, der Vater erstattete keine Einwendungen.

Das Erstgericht setzte den vom Vater zu leistenden Unterhaltsbeitrag mit 2.000 S ab Geburt fest und verpflichtete ihn, die bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen, die in Hinkunft fällig werdenden am 5. jedes Monats im vorhinein zu bezahlen.

Der Vater erhob dagegen Rekurs und brachte vor, arbeitslos zu sein, er sei jedoch in der Lage, monatlich 1.500 S sowie 500 S zur Abtragung der aufgelaufenen Alimente zu bezahlen. Hinsichtlich der Bestimmung des Unterhaltsanspruches mit 1.500 S ab Geburt erwuchs der angefochtene Beschluß sohin in Rechtkraft.

Das Rekursgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung insoferne, als der Unterhaltsanspruch ab Antragstellung (26.7.1993) mit zusätzlich 500 S (insgesamt somit S 2.000) monatlich festgesetzt wurde. Im Umfang der Unterhaltsbemessung eines 1.500 S übersteigenden monatlichen Betrages ab der Geburt bis zum 25.7.1993 wurde der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Hinsichtlich des aufhebenden Teiles dieser Entscheidung wurde der Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt.

Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, der Bestimmung des § 185 Abs.3 AußStrG liege der Gedanke zugrunde, daß die hiedurch erzielte Beschleunigung des Verfahrens nur im Falle besonderer Dringlichkeit geboten sei. Auf rückwirkende Unterhaltsfestsetzungen sei diese Bestimmung mangels Dringlichkeit der Erledigung nicht anzuwenden. Besonders dringlich sei nur die gegenwärtige Alimentierung (ab Antragstellung), darüber hinausgehende Säumnisentscheidungen seien dem Verfahren außer Streit fremd.

Das Erstgericht sei somit zu Recht von den schlüssigen Tatsachenbehauptungen der Antragstellerin, bezogen auf den Zeitraum ab Antragstellung, ausgegangen und habe sie der Unterhaltsbemessung zugrundegelegt; der Höhe nach sei ein Unterhalt von 2.000 S nach der von der Rechtsprechung für durchschnittliche Verhältnisse gebilligten Prozentsatzmethode angemessen. Für den Zeitraum vor Antragstellung könne allerdings nicht von den Tatsachenbehauptungen der Antragstellerin ausgegangen werden und werde das Erstgericht daher Erhebungen über die Leistungsfähigkeit des Vaters durchzuführen haben.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde hinsichtlich des aufhebenden Teiles dieser Entscheidung für zulässig erklärt, weil zur Frage der Anwendbarkeit des § 185 Abs.3 AußStrG im Falle der erstmaligen Unterhaltsbemessung mit Wirkung auch für die Vergangenheit eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Unterhaltssachwalters mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

In dem Rekurs wird geltend gemacht, auch bei Anträgen auf Festsetzung bzw. Erhöhung des Unterhaltes für die Vergangenheit sei eine besondere Dringlichkeit im Sinne des § 185 Abs.3 AußStrG gegeben.

Diese Rechtsansicht ist grundsätzlich zutreffend.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 185 Abs.3 AußStrG kann das Gericht, wenn das Wohl eines Minderjährigen oder Pflegebefohlenen die dringende Erledigung eines Antrags erfordert, einen Beteiligten unter Setzung einer angemessenen Frist zur Äußerung auffordern und im Fall der Nichtäußerung annehmen, daß der Beteiligte dem Antrag keine Einwendungen entgegensetzt. Das gesetzgeberische Ziel des § 185 Abs.3 AußStrG ist es, in dringenden außerstreitigen Angelegenheiten eine Verfahrensbeschleunigung zu bewirken und möglichst rasch zu einer Sachentscheidung zu gelangen (1 Ob 503/93; EFSlg. 37.470 ua). Die Verfahrensvereinfachung nach § 185 Abs.3 AußStrG verbietet sich nur dann, wenn das Kindeswohl eine amtswegige Aufklärung bzw. Erhebung der erforderlichen Entscheidungsgrundlagen erheischt oder der Akteninhalt gegen die Richtigkeit des Vorbringens des Antragstellers spricht oder auch dann, wenn aus besonderen Gründen anzunehmen ist, daß der zur Äußerung Aufgeforderte ungeachtet seines Schweigens dem Antrag entgegentritt (6 Ob 553/93). Auch der Zuspruch von Unterhalt für die Vergangenheit (erst seit SZ 61/143 möglich) entspricht dem Wohl des Minderjährigen und gebietet eine rasche Entscheidung. Wenn der Unterhaltsberechtigte schon keinen laufenden Unterhalt bekommen hat, so erfordert es sein Wohl, ihm möglichst rasch die entgangenen Leistungen zuzuerkennen. Dringlich ist es nicht nur, für den laufenden Unterhalt zu sorgen, sondern auch für die Vergangenheit den Entfall auszugleichen. Die vom Rekursgericht zitierten gegenteiligen Entscheidungen (zB EFSlg. 67.616; 61.680) sind solche Gerichte zweiter Instanz; der Oberste Gerichtshof hat hingegen bereits in der Entscheidung RZ 1991/26 gestützt auf § 185 Abs.3 AußStrG Unterhalt für die Vergangenheit zugesprochen.

Nach Ansicht des erkennenden Senates ist somit von den Tatsachenbehauptungen der Antragstellerin auszugehen, gegen die Höhe des vom Erstgericht zugesprochenen Unterhaltsbeitrages bestehen, ausgehend von dieser Grundlage, keine Bedenken.

Es war daher dem Rekurs des Kindes stattzugeben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

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