OGH 3Ob223/99m

OGH3Ob223/99m22.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann W*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Georg Pertl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Eleonora W*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in Tamsweg, wegen S 3,531.295,28 sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 14. April 1999, GZ 2 R 236/98h-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 17. Juli 1998, GZ 2 Cg 246/96t-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben. Die Rechtssache wird an dieses Gericht zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind wie weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.

Text

Begründung

Der Kläger und seine Schwester sind die beiden ehelichen Kinder der Beklagten und ihres verstorbenen Ehemannes. Mit einem in Notariatsaktform errichteten Pflichtteilsverzichtsvertrag vom 29. 6. 1981 verzichtete der Kläger "ausdrücklich und unwiderruflich für sich und seine Nachkommenschaft auf das ihm gegenüber seinen Eltern ... zustehende gesetzliche Pflichtteilsrecht. Dieser Verzicht beinhaltet nicht den Verzicht auf das testamentarische oder gesetzliche Erbrecht". Mit Notariatsakt vom 14. 4. 1983 schlossen die Eltern des Klägers auch mit ihrer Tochter einen inhaltsgleichen Pflichtteilsverzichtsvertrag ab.

Am 13. 12. 1984 übergab der Vater des Klägers der Beklagten zwei Hotelliegenschaften ins Alleineigentum. Am selben Tag errichteten er und die Beklagte ein gemeinsames notarielles Testament, mit welchem sie sich gegenseitig zu Universalerben einsetzten und ihre Kinder auf den gesetzlichen Pflichtteil verwiesen. Weiters legten sie einander die Verpflichtung auf, die beiden Liegenschaften (samt den darauf errichteten Hotels) einem oder beiden gemeinsamen Kindern oder deren Kindern unter Lebenden zu übergeben oder von Todes wegen zu hinterlassen. Der Zeitpunkt einer Übergabe unter Lebenden, die Auswahl des Übernehmers unter den beiden Kindern hinsichtlich des erwähnten Realbesitzes oder einzelner Teile hievon sowie die Bestimmung der Quoten bei einer gemeinsamen Übergabe an beide Kinder blieb dem überlebenden Ehegatten allein überlassen. Für den Fall, dass sie gleichzeitig versterben sollten oder der Überlebende keine andere Wahl treffen sollte, bestimmten sie beide Kinder gleichteilig zu Universalerben, wobei jedes Kind eine bestimmte Hotelliegenschaft erhalten sollte.

Am 18. 8. 1989 verfasste der Vater des Klägers ein Schreiben an den Kläger, in dem er ua ausführte: "... Es wurde von Dir kein Erbschaftsverzicht unterschrieben, sondern nur verzichtet, dass der gesetzl. Pflichtanteil nicht innerhalb eines Jahres ausbezahlt werden muss. Erben kann man nur, wenn der Erblasser verstorben ist. Mit Ausnahme des gesetzl. Pflichtanteils kann man jederzeit ein Testament ändern. Gesetzl. Erbteil kann Dir nicht entzogen werden. Der Anspruch entsteht erst bei Ableben des Erblassers."

Der Vater des Klägers verstarb am 23. 5. 1991, ohne zuvor das Testament vom 13. 12. 1984 geändert zu haben. Das Verlassenschaftsverfahren endete damit, dass sein gesamter Nachlass am 30. 10. 1991 der Beklagten eingeantwortet wurde. Diese erlangte dadurch Eigentum an zwei unbebauten Liegenschaften. Nach dem Inhalt des von ihr am 25. 10. 1991 erstatteten eidesstättigen Vermögensbekenntnisses belief sich der Reinnachlass (unter Einbeziehung der beiden Liegenschaften mit dem steuerlichen Einheitswert) auf S 859.038,34. Kurz zuvor, nämlich mit Vertrag vom 9. 10. 1991 hatte die Beklagte die (bereits seit der Übergabe vom 13. 12. 1984 in ihrem Alleineigentum stehenden) beiden Liegenschaften mit den Hotels an ihre Tochter übergeben. Der Kläger, der vom Tod des Vaters sofort erfahren und am Begräbnis teilgenommen hatte, beteiligte sich nicht am Verlassenschaftsverfahren und erfuhr spätestens im Dezember 1991 von der Übergabe der beiden Hotels an seine Schwester und vom Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens.

Mit seiner am 4. 10. 1996 eingebrachten Klage begehrte der Kläger den Zuspruch von S 12,229.000 sA (zuletzt eingeschränkt auf S 3,531.295,28 sA) sowie die Feststellung, die Beklagte sei schuldig, ihm 1/6 der Gesamtaktiva der ihr außerhalb der Einantwortungsurkunde vom 30. 10. 1991 zugekommenen, aus dem Vermögen seines Vaters stammenden Vermögenswerte zu bezahlen.

Der Kläger brachte dazu im Wesentlichen vor, er sei vor Unterfertigung der Pflichtteilsverzichtserklärung vom 29. 6. 1981 nicht ausreichend über deren Bedeutung aufgeklärt bzw darüber absichtlich von der Beklagten und dem vertragsverfassenden Notar in Irrtum geführt worden. Der Vater habe ihm damals und auch mehrfach in den Folgejahren erklärt, dass es sich dabei nur um einen Formalakt handle, der notwendig sei, weil er daran denke, der Beklagten Liegenschaften zu übergeben, und diese Liegenschaften im Fall seines Todes nicht Gegenstand des Verlassenschaftsverfahrens seien, also bei der Bemessung des gesetzlichen Erb- oder Pflichtteils der Kinder nicht berücksichtigt werden sollten, um eine Zahlungspflicht der Beklagten aus den ihr zugewendeten Liegenschaften gegenüber den Kindern zu vermeiden; nach dem Ableben auch der Beklagten werde dann jedoch für die Kinder in Ansehung der gesamten Liegenschaften das gesetzliche Erbrecht gelten und dem Kläger sein ungeschmälerter Erbteil zukommen, und zwar jedenfalls ein (namentlich bezeichnetes) Hotel. Demnach sei es klar und Wille des Vaters gewesen, dass der Kläger (zumindest) dasjenige Vermögen anteilig erbe, welches sein Vater zum Zeitpunkt seines Ablebens noch besitze. In diesem Sinne habe ihm der Vater noch mit dem Schreiben vom 18. 8. 1989 bestätigt, dass er keine Erbverzichtserklärung abgegeben, sondern nur auf eine Auszahlung des gesetzlichen Pflichtteils (aus einer Berücksichtigung der der Beklagten übereigneten Liegenschaften) innerhalb eines Jahres verzichtet habe und dass ihm sein gesetzlicher Erbteil nicht entzogen worden sei. Dennoch sei er dem Verlassenschaftsverfahren nach dem Tod des Vaters nicht beigezogen worden und habe erst lange nach Erlassung der Einantwortungsurkunde von dessen Ausgang erfahren. Dadurch und mit all den vorangehenden, von ihr "gesteuerten" Verträgen und Urkunden habe die Beklagte bewirkt, dass er irregeführt und entgegen dem wahren und erklärten Willen des Vaters nicht an dessen Vermögen beteiligt werde. Tatsächlich sei er aber gesetzlicher und (auf Grund des Testaments vom 13. 12. 1984) testamentarischer Erbe bzw stehe ihm jedenfalls der gesetzliche Pflichtteil zu, weshalb er zumindest Anspruch auf ein Sechstel des Nachlasswertes habe, welches sich (hinsichtlich des von der Beklagten in der Verlassenschaftsabhandlung deklarierten Nachlassvermögens) mit dem Klagsbetrag errechne. Er stütze diesen Anspruch auf alle erdenklichen rechtlichen Gründe, vor allem auf das Testament vom 13. 12. 1984, mit dem er entsprechend dem Willen des Erblassers auf den Pflichtteil verwiesen worden sei. Da die begründete Annahme bestehe, die Beklagte habe im Verlassenschaftsverfahren erhebliches Vermögen des Erblassers verschwiegen, bestehe ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass er auch in Ansehung eines Sechstels dieser Vermögenswerte pflichtteilsberechtigt sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, dem Pflichtteilsverzichtsvertrag seien ausführliche Vorbereitungsgespräche vorangegangen; der Kläger sei vor der Unterfertigung des Vertrags umfassend und verständlich belehrt worden. Das Schreiben des Erblassers vom 18. 8. 1989 sei unter aufklärungsbedürftigen Umständen zustande gekommen, es sei unklar und rechtlich vollkommen unerheblich. Tatsächlich habe der Erblasser mit dem Pflichtteilsverzichtsvertrag eine Verschleuderung von Teilen seines Vermögens durch den Kläger verhindern, sich aber gleichzeitig die Möglichkeit offenhalten wollen, den Kläger im Falle einer bis zuletzt erhofften Besserung seines Verhaltens letztwillig zu bedenken, wovon er aber dann aus Enttäuschung über den weiteren Werdegang des Sohnes keinen Gebrauch gemacht habe. Das Testament vom 13. 12. 1984 enthalte weder eine Erbseinsetzung noch ein Vermächtnis zugunsten des Klägers, sondern verweise bloß auf den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch, auf den er jedoch verzichtet habe. Der Erblasser habe dem Kläger bis zuletzt nichts zukommen lassen wollen. Ihm stünden daher keinerlei erbrechtliche Ansprüche gegen sie zu. Sie wären jedenfalls verjährt. Er sei auch vom Verlassenschaftsverfahren nicht ausgeschlossen worden, sondern habe einfach nicht daran teilgenommen und keinerlei Ansprüche geltend gemacht. Die Klage stelle sich als untauglicher Versuch dar, nach Ablauf der Verjährungsfrist Pflichtteils(ergänzungs-)ansprüche zu erheben. Auch ein allfälliger Anspruch auf Anfechtung des Pflichtteilsverzichtsvertrags wegen Irrtums sei verfristet. Im Übrigen habe der Kläger ihr gegenüber am 23. 1. 1998 auf allfällige Forderungen verzichtet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Auffassung, der Pflichtteilsverzicht vom 29. 6. 1981 sei mangels Vorliegens eines Irrtums des Klägers über den Inhalt und die Bedeutung dieses Rechtsaktes wirksam und könne auch gar nicht mehr angefochten werden, weil das Recht, den Pflichtteil zu verlangen, gemäß § 1487 ABGB innerhalb von drei Jahren verjähre und die Klage erst fünf Jahre nach Kundmachung des Testamentes vom 13. 12. 1984 eingebracht worden sei. Auch dieses Testament scheide als Anspruchsgrundlage für den Pflichtteil aus, weil aus dem darin enthaltenen Verweis der Kinder auf den gesetzlichen Pflichtteil nicht abgeleitet werden könne, dass damit der abgegebene Pflichtteilsverzicht rückgängig gemacht werden solle. Vielmehr handle es sich dabei um einen Standardsatz, um zu verhindern, dass ein ungültiges Testament zustande komme. Im Übrigen sei auch eine auf das Testament gestützte Klage verjährt.

Der dagegen erhobenen Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil nicht Folge.

Das Erstgericht habe die Klagsabweisung ua auch mit Verjährung der Klagsansprüche begründet. Da der Kläger seine Ansprüche vor allem auf das Testament seiner Eltern vom 13. 12. 1984 stütze, mit welchem er "auf den gesetzlichen Pflichtteil verwiesen" worden sei, erhebe sich die Frage, was damit gemeint sei und ob daraus ein bestimmter Rechtsanspruch abgeleitet werden könne. Dies sei durch Auslegung der letztwilligen Verfügung zu klären, welche sich am subjektiven Willen des Erblassers zu orientieren habe, bei dessen Erforschung alle Umstände (insbesonders sich darauf beziehende mündliche und schriftliche Äußerungen des Erblassers) zu berücksichtigen seien, für den sich aber jedenfalls noch irgendein Anhalt im Wortlaut der letztwilligen Verfügung selbst finden müsse und einer völlig unzweideutigen Erklärung nicht gerade zuwiderlaufen dürfe (Welser in Rummel, ABGB**2 Rz 7 ff zu §§ 552 f mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Außerhalb des Testaments liegende Umstände zur Aufklärung der vom Erblasser ins Auge gefassten Bedeutung und Rechtsqualität der Verweisung der beiden Kinder auf den gesetzlichen Pflichtteil seien vom Kläger allerdings nicht aufgezeigt worden. Er behaupte lediglich diverse Äußerungen des Vaters einerseits zum Umfang und Zweck des Pflichtteilsverzichts und andererseits allgemein in die Richtung, dass ihm sein gesetzlicher Erbteil nicht entzogen, sondern ungeschmälert zukommen und er insbesondere das (von der gegenständlichen Klagsführung allerdings nicht mitumfasste) Hotel erhalten werde.

Eine Berufung des Klägers als Erbe (zu einer dem Wert des Pflichtteils entsprechenden Quote) komme schon deshalb nicht in Betracht, weil sich seine Eltern ausdrücklich gegenseitig zu Universalerben eingesetzt hätten, also entsprechend der unzweifelhaften sprachlichen Bedeutung dieses Begriffs zu Erben des gesamten Nachlasses bzw Alleinerben, was eine Interpretation der getroffenen Verfügung in die Richtung, dass der Erblasser den Kläger und seine Schwester zu Miterben einsetzen oder insoweit gar das gesetzliche Erbrecht zukommen habe lassen wollen, von vornherein ausschließe. Dass er eine Miterbschaft für sich in Anspruch nehmen könnte, sei aus dem Prozessvorbringen des Klägers auch schwerlich abzuleiten und stehe im Übrigen in einem gewissen Gegensatz dazu, dass er nicht den aliquoten Teil des (vorwiegend in Liegenschaftsbesitz bestehenden) väterlichen Nachlasses, sondern einen verhältnismäßigen Teil des Nachlasswertes in Geld fordere.

Die zweite Möglichkeit bestünde darin, die in Rede stehende Testamentsbestimmung als Hinterlassung des Geldpflichtteils in Form eines Vermächtnisses zu deuten. Zu diesem Ergebnis gelange die Rechtsprechung in Fällen, in denen der (einem Universalerben gegenüberstehende) Anspruchsteller nach dem Wortlaut des Testaments

"3/16 des Nachlasses zu erhalten" (SZ 21/102 = EvBl 1948/696), "den

Elternpflichtteil zu erhalten" (SZ 45/36 = EvBl 1972/316 = NZ 1973,

186) bzw "nur den Pflichtteil zu erhalten" (SZ 54/23) hatte, also jeweils ausdrücklich (durch die Verwendung des Wortes "erhalten") angeordnet worden war, dass dem Noterben der Pflichtteil zuzukommen habe. Dies sei aber beim gegenständlichen Testament nicht der Fall, würden doch darin die Kinder nicht positiv mit dem gesetzlichen Pflichtteil im Sinne einer Zuwendung bedacht, sondern bloß darauf "verwiesen", was sprachlich nichts anderes bedeuten könne, als dass sie eben auf die Möglichkeit beschränkt und hingewiesen werden, gegen den überlebenden, als Universalerben eingesetzten Elternteil Pflichtteilsansprüche geltend zu machen. Dass die Eltern damit den Kindern keine Forderung kraft testamentarischer Anordnung, insbesondere kein Legat, einräumen, sondern sozusagen nur das belassen wollten, worauf sie einen - von wenigen Ausnahmen abgesehen - unentziehbaren gesetzlichen Anspruch haben, ergebe sich schon daraus, dass die Verweisung ausdrücklich auf den "gesetzlichen" Pflichtteil erfolgt sei. Aus dem elterlichen Testament sei demnach für den Kläger nur der bloße Verweis auf den schon von Gesetzes wegen bestehenden Pflichtteilsanspruch abzuleiten (in diesem Sinn Koziol/Welser, Grundriss II10, 381 für den ähnlichen Fall, dass der Erblasser den Noterben "auf den Pflichtteil setzt"; vgl auch zur deutschen Rechtslage Palandt, BGB58 Rn 102 zu § 2304 und Haas in Staudinger, BGB V13 Rn 17 zu § 2304). Vor diesem Hintergrund und mangels sonstiger in Betracht kommender Rechtsgründe könne somit die Klagsforderung ausschließlich unter dem Aspekt berechtigt sein, dass man sie als Geltendmachung des gesetzlichen Pflichtteilsanspruchs gegen die Beklagte als Erbin werte.

Nach § 1487 ABGB müsse nun ua das Recht, den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern (ebenso wie die Rechte, eine Erklärung des letzten Willens umzustoßen oder einen vom Erblasser Beschenkten wegen Verkürzung des Pflichtteils in Anspruch zu nehmen), binnen drei Jahren geltend gemacht werden; nach Verlauf dieser Zeit sei es verjährt. Der Grund, der zur Festsetzung einer besonderen Verjährungsfrist in diesem Fall (und in den anderen in dieser Gesetzesstelle geregelten Konstellationen) geführt habe, sei derselbe wie für die kurze Verjährung überhaupt: Die Gesetzesverfasser seien der Meinung gewesen, dass es sich bei den in § 1487 ABGB aufgezählten Ansprüchen durchwegs um Rechtslagen handle, die keine lange Unsicherheit vertrügen, weshalb für die Geltendmachung der auf ihre Änderung gerichteten Ansprüche eine kürzere als die allgemeine Verjährungszeit festgesetzt worden sei (Klang in Klang, ABGB**2 VI 626 f). Den in § 1478 ABGB enthaltenen erbrechtlichen Tatbeständen sei also die Tendenz zu entnehmen, dass alle Ansprüche, die von einer Gestaltung der Rechtslage durch den Anspruchsberechtigten abhängig seien, der kurzen Verjährung unterliegen sollten (SZ 54/23; Mader in Schwimann, ABGB Rz 2 zu § 1487). Aus dieser ratio heraus gelte die kurze Verjährungsfrist nach Lehre und Rechtsprechung nur für die Klage des zu Unrecht enterbten oder ganz oder teilweise übergangenen Noterben auf Leistung des Pflichtteils oder auf Ergänzung der letztwilligen Zuwendung auf die gesetzliche Höhe des Pflichtteils, nicht jedoch für die Klage des mit dem Pflichtteil bedachten Noterben auf dessen Ausfolgung. Ein solcher aus der letztwilligen Verfügung abgeleiteter bzw nicht gegen sie gerichteter Anspruch liege auch dann vor, wenn der Noterbe im Testament ausdrücklich auf den Pflichtteil beschränkt worden sei und es nur um die Erfüllung dieser Forderung gehe. Da der gesetzgeberische Grund für die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB - nämlich das Bestreben, dem Testamentserben möglichst rasch Gewissheit darüber zu verschaffen, ob und wie weit der letzte Wille des Erblassers einer Anfechtung durch dritte Personen unterliegt - in einem solchen Fall nicht zum Tragen komme, greife insoweit die 30jährige Verjährungsfrist des § 1478 ABGB Platz (SZ 57/170 = NZ 1985, 209 mwN; RIS-Justiz RS0034375 und RS0034392). Der kurzen Verjährungsfrist unterlägen damit nur jene Pflichtteilsansprüche, die gegen den testamentarisch ausgedrückten Willen des Erblassers durchgesetzt werden sollten (Mader aaO Rz 5 zu § 1487). Darunter fielen etwa auch Pflichtteilsforderungen, die erhoben werden, obwohl der Erblasser den Noterben im Testament auf den Pflichtteil beschränkt, aber zugleich festgestellt hat, dass er diesen bereits erhalten habe (SZ 57/170 = NZ 1985, 209).

Im Lichte dieser Ausführungen würden die Pflichtteilsansprüche des Klägers dann grundsätzlich nicht der kurzen Verjährung des § 1487 ABGB, sondern der langen Verjährung des § 1478 ABGB unterliegen, wenn man ausschließlich das elterliche Testament im Auge hätte, welches ihn weder enterbt noch ganz oder teilweise übergangen, sondern ihn ausdrücklich auf seinen gesetzlichen Pflichtteil verwiesen habe. Allerdings stehe dieser testamentarische Verweis im Widerspruch zu der Tatsache, dass ja der Kläger rund dreieinhalb Jahre vorher mit Vertrag ausdrücklich und unwiderruflich auf das ihm gegenüber seinen Eltern zustehende gesetzliche Pflichtteilsrecht verzichtet habe. Im Hinblick darauf stelle sich die Frage, wieso unter diesen Umständen überhaupt ein testamentarischer Verweis auf den gesetzlichen Pflichtteil erfolgt sei, würde man doch statt dessen einen Hinweis darauf erwarten, dass die Kinder auf ihren gesetzlichen Pflichtteil verzichtet hätten. Dieser Widerspruch sei nur dadurch aufzulösen, dass man entweder den vertraglichen (und damit einseitig nicht widerruflichen, sondern nur einvernehmlich aufhebbaren:

Koziol/Welser, aaO 302) Pflichtteilsverzicht oder die im Testament enthaltene Verweisung auf den gesetzlichen Pflichtteil als unwirksam bzw unbeachtlich qualifiziere. Damit bestehe aber bezüglich des Bestandes oder Nichtbestandes der Pflichtteilsansprüche eine zweifelhafte und unklare Situation, die in gleicher Weise wie die oben erwähnten Tatbestände keine lange (im Extremfall 30 Jahre währende) Unsicherheit vertrage, sondern zu Gunsten des eingesetzten Erben eine ehestmögliche Klarstellung erfordere. Damit seien die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche tatsächlich vor Klagseinbringung verjährt gewesen, weil die kurze Verjährungsfrist für den auf das Gesetz gestützten Pflichtteilsanspruch hinsichtlich der Pflichtteilsbeträge, die sich aus dem Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Todes des Erblassers ergeben, nach einhelliger Rechtsprechung und ganz überwiegender Lehre mit der Kundmachung des Testaments zu laufen beginne (JBl 1991, 190 mwN), und zwar unabhängig von der Kenntnis des Berechtigten (EvBl 1993/177 = NZ 1993, 261). Das Testament vom 13. 12. 1984 sei jedenfalls noch 1991 kundgemacht worden. Die Klage habe der Kläger erst rund fünf Jahre später eingebracht. Es sei daher seiner Berufung ein Erfolg zu versagen, ohne dass es noch notwendig wäre, auf seine Rechtsmittelausführungen weiter einzugehen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu der im gegenständlichen Fall den Ausschlag gebenden Rechtsfrage, ob bei einer testamentarischen Verweisung des Noterben auf den gesetzlichen Pflichtteil, auf welchen der Noterbe vorher allerdings bereits verzichtet hatte, die kurze Verjährungsfrist des § 1487 ABGB gelte, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung aufgefunden werden habe können.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der er in erster Linie die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht begehrt. Hilfsweise stellt er auch einen Abänderungsantrag.

Die Revision ist im Sinne ihres Aufhebungsantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vor Eingehen auf die Frage der Verjährung, die den Kern sowohl der Berufungsentscheidung als auch der Revision bildet, ist auf Grund des ausländischen Wohnsitzes des Klägers zu prüfen, ob ein Fall mit Auslandsberührung im Sinn des § 1 Abs 1 IPRG vorliegt. Als Kollisionsregeln kommen hier § 28 Abs 1 und § 30 Abs 1 und 2 IPRG in Betracht. Nach diesen Bestimmungen ist für die internationalrechtliche Beurteilung jeweils das Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes bzw im Zeitpunkt der Rechtshandlung (hier Testament bzw Pflichtteilsverzichtsvertrag) maßgebend (vgl Schwimann in Rummel, ABGB**2 Kommentierung zu §§ 28, 30 IPRG; zum Noterben- und Pflichteilsrecht derselbe aaO Rz 1c zu § 28 IPRG und die dort zitierten E; weiters ZfRV 1993, 164 [Hoyer]; SZ 70/273). Personalstatut einer natürlichen Person ist nach § 9 Abs 1 IPRG das Recht des Staates, dem die Person angehört. Es findet sich nun im vorliegenden Prozessakt (unter Einbeziehung der vorgelegten Urkunden) kein Hinweis darauf, dass irgendeiner der darin aufscheinenden Verwandten des Klägers, der sich selbst als österreichischer Staatsbürger bezeichnet, insbesondere aber dessen verstorbener Vater, der Erblasser, ausländische Staatsbürger sei bzw gewesen wäre. Demnach sind die Vorinstanzen zutreffend ohne weiters von der Anwendbarkeit österreichischen Sachrechts ausgegangen (vgl dazu Schwimann aaO Rz 1 zu § 1 IPRG).

Zu Recht wendet sich der Kläger aber gegen die Auffassung der Vorinstanzen, sein Pflichtteilsanspruch (zu dessen Unterscheidung von Pflichtteilsrecht vgl Ehrenzweig, System**2 II/2, 574 f; Koziol/Welser10 II 377 f; Welser in Rummel, ABGB**2 Rz 2 vor § 762 und Eccher in Schwimann, ABGB**2 Rz 1 zu § 762) sei verjährt.

Nach den beiden ersten Alternativen des § 1487 ABGB verjähren in drei Jahren die Rechte, eine Erklärung des letzten Willens umzustoßen oder den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern. Die der zweiten Alternative dieser Bestimmung entsprechende Umschreibung des Pflichtteilsanspruches findet sich auch in § 775 ABGB. In § 774 ABGB wird unter der Überschrift "Wie der Pflichtteil zu hinterlassen" dem Erblasser freigestellt, den Pflichtteil in Gestalt eines Erbteiles oder Vermächtnisses zu hinterlassen. Abgesehen von dem hier vom Sachverhalt her keinesfalls in Betracht kommenden Fall einer Schenkung auf den Todesfall (§ 956 ABGB) stellt sich demnach die Frage, ob es auch eine dritte Art der Hinterlassung des Pflichtteiles gibt, die das Gesetz in § 774 ABGB nicht erwähnt. Diese bereits von Weiß (in Klang**2 III 858 f) gestellte, in der Folge aber nicht beantwortete Rechtsfrage scheint Eccher (in Schwimann, ABGB**2 Rz 7 zu § 774) zu verneinen, unterscheidet er doch bei Hinterlassung des Pflichtteils Erbseinsetzung, Vermächtnisanordnung und bloßen Verweis auf den Pflichtteilsanspruch. Das dürfte auch die Ansicht von Kralik (Erbrecht 318 f) sein, der bei testamentarischen Wendungen, mit denen der Erblasser den Noterben "auf den Pflichtteil setzt" oder verfügt, dass er nur "den Pflichtteil bekommen" soll, ausschließlich Erbseinsetzung (auf die Pflichtteilsquote) oder Vermächtnis annimmt. Ein bloßer Verweis (so Ehrenzweig, System**2 II/2 575) soll dagegen ausscheiden. Welser (in Rummel, ABGB**2 Rz 5 zu § 774) unterscheidet wiederum zwischen Berufung als Erbe, Hinterlassung des Pflichtteils als Vermächtnis und bloßem Verweis auf den schon von Gesetzes wegen bestehenden Anspruch. Auch Ehrenzweig (System**2 II/2, 575) führt aus, dass Pflichtteilsberechtigte einen ihnen zustehenden Wert entweder in Gestalt eines Erbteiles oder in der eines Vermächtnisses oder kraft des Pflichtteilsanspruches in Geld erhalten. Im Zweifel werde bei Beschränkung auf den Pflichtteil angenommen, dass der Erblasser den Bedachten nicht zum Erben einsetzen oder mit einem Vermächtnis bedenken, sondern auf sein gesetzliches Forderungsrecht verweisen habe wollen. Für die hier zu treffende Entscheidung ist es allerdings, wie zu zeigen sein wird, unerheblich, ob es auch einen letztwillig, aber weder in Form einer Erbseinsetzung noch in der eines Legates hinterlassenen Pflichtteil gibt.

Untersucht man die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Verjährung des Pflichtteilsanspruches, dann zeigt sich, dass in der Regel eine Qualifikation dahin fehlt, ob Erbseinsetzung oder Vermächtnis einerseits bzw Verweisung auf einen gesetzlichen Pflichteilsanspruch andererseits angenommen wurde. Im Fall der Entscheidung GlU 4.764, dem die Beschränkung einer Tochter des Erblassers auf den Pflichtteil zugrunde lag, bestätigte der Oberste Gerichtshof die Entscheidungsgründe des OLG Triest, welches ausgeführt hatte, dass in § 1487 ABGB der ungerecht enterbte oder ganz oder zum Teil übergangene, nicht auch der im Testament mit dem vollen Pflichtteil bedachte Noterbe gemeint sei und nur auf den ersteren sich die statuierte kürzere Verjährungsfrist beziehe. Das auf Grund des Testaments geltend gemachte Pflichtteilsrecht unterliege daher nicht dieser, sondern der allgemeinen dreißigjährigen Verjährung. In dem der Entscheidung GlU 10.767 zugrunde liegenden Testament hatte ein Vater seine Tochter auf den Pflichtteil eingesetzt. Wiederum begnügte sich der Oberste Gerichtshof, was die hier zu behandelnde Frage angeht, auf die Bestätigung der Gründe des OLG Triest, welches die Auffassung vertreten hatte, der kurzen Verjährung sei nur der Pflichtteilsanspruch des unrechtmäßig übergangenen oder in dem Pflichtteil verkürzten Noterben ausgesetzt, welcher Fall hier nicht vorliege, weil der Klägerin der Pflichtteil in dem Testament ihres Vaters ausdrücklich zugedacht worden sei. Das Klagebegehren war in Form einer Stufenklage formuliert und in erster Linie auf Zahlung eines Sechstels des reinen Nachlasses oder aber, wenn es der Testamentserbe vorziehen sollte, den Pflichtteil in Natur zu entrichten, darauf gerichtet, im Einverständnis mit der Klägerin im Wege der gerichtlichen Erbteilung zur Ausscheidung des der Wertermittlung entsprechenden sechsten Teiles der Verlassenschaft für die Klägerin mitzuwirken. In EFSlg 2.119 = NZ 1960, 59 berief sich der Oberste Gerichtshof auf die beiden soeben zitierten Entscheidungen aus den Jahren 1872 und 1885, wonach der Anspruch des im Testament auf den Pflichtteil gesetzten Noterben nicht der dreijährigen Verjährungsfrist unterliege. Wenn dem Noterben der Pflichtteil in der letztwilligen Verfügung ausdrücklich hinterlassen worden sei, handle es sich um einen aus der letztwilligen Verfügung fließenden Anspruch und gelte die allgemeine dreißigjährige Verjährungsfrist. Es gehe dann nur um die Bezahlung des sonst unbestrittenen Anspruches. Für diesen bestehe nicht der gesetzgeberische Grund, aus welchem die außerordentliche dreijährige Verjährungsfrist bestimmt worden sei, dass nämlich der Testamentserbe im Interesse aller Personen, die an die Verlassenschaft irgendwelche Ansprüche stellen, so rasch wie möglich die Gewissheit erlange, ob und wie weit der letzte Wille von der Anfechtung dritter Personen unberührt bleibe. Unter Berufung auf die genannten drei Entscheidungen sowie auf Klang und Ehrenzweig und die unveröffentlichte Entscheidung 5 Ob 1/63 wird in EFSlg 22.672 der zuletzt zitierte Rechtssatz im Wesentlichen wiederholt, aber der aus der letztwilligen Verfügung fließende Anspruch ausdrücklich als Legat bezeichnet. Der Rechtssatz aus NZ 1960, 59 wurde in der Folge auch in 8 Ob 551/77 und EFSlg 36.275 wiederholt.

Im Fall der Entscheidung SZ 57/170 = EFSlg 46.142 = NZ 1985, 209 ging es um ein Testament, in dem die Erblasserin einen außerehelichen Sohn auf den gesetzlichen Pflichtteil beschränkt und dazu festgestellt hatte, dass er bereits eine Haushälfte erhalten habe und damit sein Pflichtteil erfüllt sei. Sie erwarte, dass der Sohn keine Pflichtteilsansprüche geltend mache. Zur Frage der Verjährung des geltend gemachten Pflichtteilsanspruches verwies der Oberste Gerichtshof zunächst auf den Grundsatz, dass das Recht, den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern, gemäß § 1487 ABGB binnen drei Jahren geltend gemacht werden müsse. Danach sei es verjährt. Diese kurze Verjährungsfrist gelte jedoch nach Lehre und Rechtsprechung (zitiert werden die veröffentlichten der vorangeführten Entscheidungen) nur für die Klage des zu Unrecht enterbten oder ganz oder teilweise übergangenen Noterben auf Leistung des Pflichtteils oder auf Ergänzung der letztwilligen Zuwendung auf die gesetzliche Höhe des Pflichtteils, nicht aber für die Klage des mit dem Pflichtteil bedachten Noterben auf dessen Ausfolgung. Ein solcher aus der letztwilligen Verfügung abgeleiteter und nicht gegen diese gerichteter Anspruch liege auch dann vor, wenn der Noterbe im Testament ausdrücklich auf den Pflichtteil beschränkt worden ist und es nur um die Erfüllung dieser Forderung geht. Da der gesetzgeberische Grund für die dreijährige Verjährungsfrist - nämlich das Bestreben, dem Testamentserben möglichst rasch Gewissheit darüber zu verschaffen, ob und wie weit der letzte Wille des Erblassers einer Anfechtung durch dritte Personen unterliege - in einem solchen Fall nicht zum Tragen komme, greife insoweit die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1478 ABGB Platz. Bei der Entscheidung der für die zur Anwendung gelangende Verjährungsfrist maßgebenden Frage, ob der Pflichtteils(ergänzungs-)anspruch aus der letztwilligen Verfügung des Erblassers abgeleitet werde oder gegen den testamentarischen zum Ausdruck gebrachten Willen des Erblassers durchgesetzt werden solle, komme es nicht darauf an, ob der erblasserische Wille gegen die zwingenden Normen des Pflichtteilsrechtes verstoße oder nicht; der gesetzgeberische Grund für die Normierung der dreijährigen Verjährungsfrist treffe in beiden Fällen zu. Angesichts des wiedergegebenen, als Einheit zu betrachtenden Testamentspunktes mache der Kläger seinen Pflichtteilsanspruch nicht auf Grund des Testamentes, sondern gegen dieses geltend, weshalb der Anspruch wegen Ablaufs der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1487 ABGB verjährt sei.

In dem der Entscheidung 6 Ob 189/98g = NZ 2000, 44 = RdW 1999, 68 (im hier relevanten Teil nicht veröffentlicht in ecolex 1999, 267) zugrunde liegenden Fall hatte ein Erblasser Noterbinnen eine Unterbeteiligung an einer OHG vermacht. Diese begehrten in erster Linie die Zahlung ihrer Pflichtteilsansprüche in Geld und nur hilfsweise die Erfüllung der vermachten Zuwendung einer Unterbeteiligung. Unter Berufung auf die zuletzt zitierte Entscheidung SZ 57/170 und Schubert in Rummel sowie Mader in Schwimann, jeweils ABGB**2, verwies auch diese Entscheidung auf die dort umschriebene ratio der kurzen Verjährungsfrist des § 1487 ABGB. Die kurze Frist gelte also nicht für den im Testament ohnehin berücksichtigten, auf den Pflichtteil gesetzten oder in anderer Form, etwa durch ein Legat bedachten Noterben, der die Ausfolgung des Pflichtteils begehre. Demnach unterliege der Eventualanspruch (auf Zuwendung einer Unterbeteiligung) keinesfalls der kurzen Verjährung, weil dieser Anspruch nicht gegen den Testierwillen gerichtet sei, sondern diesem voll entspeche. Die Anspruchsberechtigten seien auch keine in der Testamentsverfügung nicht genannten dritten Personen, über die dem Erben in der kurzen Verjährungsfrist Klarheit verschafft werden müsste. Dieses Bedürfnis als tragende Begründung für die kurze Verjährungszeit gelte für den Hauptanspruch auf Auszahlung eines Geldpflichtteiles anstelle der vermachten Unterbeteiligung. Dieser auf das Anfechtungsrecht nach § 774 ABGB gestützte Geldanspruch sei zwangsläufig auf die Umstoßung des testamentarisch ausdrücklich erklärten Willens des Erblassers gerichtet (ablehnend dazu Zankl, Pflichtteilsdeckung und Pflichtteilsverjährung, NZ 2000, 36 [39 f]).

In der - soweit ersichtlich - jüngsten Entscheidung NZ 1999, 211 war die Verjährung des Pflichtteilsanspruches des (einzigen) Adoptivsohnes der Erblasserin zu beurteilen, dem diese als Legatar einen Hausanteil, Wertpapiere und andere Vermögensgegenstände vermacht und darüber hinaus verfügt hatte, dass - soweit diese Legate dem Pflichtteil nicht entsprächen - die Differenz von einem weiteren Legatar auszuzahlen sei. In seinen Entscheidungsgründen berief sich der Oberste Gerichtshof auf die beiden zuletzt zitierten Vorentscheidungen und die darin genannte Literatur. Hier könne keine Rede davon sein, dass der Kläger im Testament übergangen worden sei. Er mache daher mit seiner Klage einen Anspruch geltend, der dem in den letztwilligen Verfügungen zum Ausdruck kommenden erblasserischen Willen entspreche und nicht gegen diesen Willen durchgesetzt werden solle; ein solcher Ausfolgungsanspruch unterliege aber der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 1478 ABGB, die im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen sei.

In der außerhalb dieser Rechtsprechungslinie stehenden Entscheidung SZ 45/130 wird ohne Bezugnahme auf den Willen des Erblassers generell die Auffassung vertreten, dass das Recht, den Pflichtteil zu fordern, binnen drei Jahren geltend gemacht werden müsse, wobei die Verjährung des Anspruches mit der Kundmachung des Testamentes beginne. Ein wechselseitiges Testament, nach welchem die Nachkommenschaft aus dem Nachlass des Erstversterbenden nur den Pflichtteil zu erhalten habe, betraf die Entscheidung SZ 54/23. Ein Sohn hatte den Schenkungspflichtteil gegen seine Mutter als Alleinerbin geltend gemacht. In dieser Entscheidung wird ausgeführt, den in § 1487 ABGB enthaltenen erbrechtlichen Tatbeständen sei die Tendenz zu entnehmen, dass alle Ansprüche, die von einer Gestaltung der Rechtslage durch den Anspruchsberechtigten abhängig seien, der kurzen Verjährung unterliegen sollten. Ein Anspruch auf Pflichtteilsergänzung, der sich aus einem Verlangen gemäß § 785 Abs 1 ABGB auf Berücksichtigung von Schenkungen errechne, unterliege demnach auch dann der kurzen Verjährung, wenn der Erblasser den Noterben - ohne erkennbare Anordnung bei Berücksichtigung bestimmter Schenkungen im Sinne des § 785 ABGB - in seiner letztwilligen Verfügung auf den Pflichtteil gesetzt habe.

Ehrenzweig (System**2 II/2 575) vertritt zur Beschränkung des Noterben auf den Pflichtteil im Testament (unter Berufung ua auf die E GlU 4764 und 10.767) die Auffassung, der Anspruch verjähre nicht nach § 1487 ABGB in drei Jahren, weil er sich nicht gegen den letzten Willen wende, vielmehr sich auf ihn stütze. Auch Klang (in Klang**2 VI 628) verweist neben älterer Lehre auf die zitierten Entscheidungen aus dem 19. Jahrhundert und vertritt die Auffassung, das Gesetz verstehe (in § 1487 zweite Alternative ABGB) nur die Klage des ganz oder teilweise übergangenen Noterben auf den Pflichtteil oder Ergänzung der letztwilligen Zuwendung auf die gesetzliche Höhe des Pflichtteils. Dagegen gelte die dreißigjährige Verjährung für die Klage des mit dem Pflichtteil bedachten Noterben auf dessen Ausfolgung. Eine Unterscheidung dahin, ob dieses "Bedenken" in Form eines Legates bzw einer Erbseinsetzung oder eines Setzens (Beschränkens) auf den Pflichtteil erfolgt ist, wird demnach nicht getroffen. Weiß (in Klang**2 III 863) verweist darauf, dass die Hinterlassung des Pflichtteils in Form eines Vermächtnisses die Stellung des Pflichtteilsberechtigten nach der Richtung sogar verbessern könne, dass das Recht, den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern, schon in drei Jahren verjähre, während die Vermächtnisklage der ordentlichen Verjährungszeit von 30 Jahren unterliege (ähnlich auch derselbe aaO 860). Kralik (Erbrecht 318 f) wendet in Fällen, in denen der Erblasser den Noterben auf den Pflichtteil setzt oder verfügt, dass er nur den Pflichtteil bekommen soll, soweit nicht Erbseinsetzung vorliegt, Vermächtnisrecht an. Insbesondere seien die kürzeren Verjährungsfristen des § 1487 nicht anzuwenden, weil der Noterbe das Geld nicht gegen den Willen des Erblassers erhalte. Seiner Auffassung nach scheidet ja die Beurteilung einer solchen testamentarischen Erklärung als bloßer Verweis auf den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch aus, weil § 775 als Voraussetzung des Geldpflichtteilsanspruchs die widerrechtliche Enterbung oder Verkürzung im Pflichtteil aufstelle, die hier nicht vorliege, weil der Erblasser, wenn auch nur in Befolgung der gesetzlichen Anordnung, wolle, dass der Noterbe seinen Pflichtteil erhalte. Schubert (in Rummel, ABGB**2 Rz 3 zu § 1487) verweist im Wesentlichen auf die dargestellte Judikatur.

Auch Mader (in Schwimann, ABGB**2 Rz 5 zu § 1487) läßt diejenigen Ansprüche der kurzen Verjährungsfrist unterliegen, die gegen den testamentarisch ausgedrückten Willen des Erblassers durchgesetzt werden sollen. In den Fällen der §§ 777, 778 führe dies zur (teilweisen) "Umstoßung" des letzten Willens, sodass auch der erste Tatbestand des § 1487 berührt sei. Die kurze Frist gelte hingegen nicht für die Ansprüche des nicht übergangenen, sondern auf den Pflichtteil gesetzten oder in anderer Form (etwa durch ein Legat) bedachten Noterben auf Ausfolgung seines Pflichtteils. Eccher (in Schwimann, ABGB**2 Rz 10 zu § 774 ABGB) unterscheidet die Fälle der Pflichtteilsverkürzung, in welchem Fall die dreijährige Verjährungsfrist für die Geltendmachung des Pflichtteils gelte, und den durch Legat abgedeckten Pflichtteil, welcher in 30 Jahren verjähre. Nach ihm (aaO Rz 7 zu § 764) soll dagegen das Recht, den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu verlangen, immer dann in drei Jahren verjähren, wenn sich der Anspruch unmittelbar auf das Gesetz stütze. Bei Zuwendung des Pflichtteils als Vermächtnis gelte die dreißigjährige Verjährung.

Zankl (Pflichtteilsdeckung und Pflichtteilsverjährung, NZ 2000, 36) hat jüngst die im Wesentlichen einheitliche Lehre und Rechtsprechung dahin zusammengefasst, dass der Pflichtteilsanspruch der allgemeinen (30-jährigen) Frist des § 1478 ABGB unterliegt, wenn er nicht gegen das Testament durchgesetzt wird, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn der Geldpflichtteil als solcher letztwillig zugewendet wurde, sodass er sich nicht gegen den letzten Willen richtet, sondern sich auf diesen stützt. Die kurze Verjährungsfrist solle dem Erben rasch Gewissheit darüber verschaffen, inwieweit der ihm letztwillig zugedachte Vorteil durch Ansprüche Dritter geschmälert werde. Da eine solche Schmälerung klar sei, wenn sie durch testamentarische Pflichtteilszuwendung Ausdruck finde, komme die ratio des § 1487 ABGB und damit die Bestimmung selbst nicht zum Tragen. Mit anderen Worten müsse darauf abgestellt werden, ob die Schmälerung im Testament ihre Grundlage habe, also daraus abzuleiten und damit für den Erben sofort erkennbar sei, oder sich erst daraus ergebe, dass sich ein Dritter gegen das Testament richte.

Sieht man also von den Entscheidungen SZ 45/130 und SZ 54/23 ab, kommt es nach praktisch einhelliger Rechtsprechung und Lehre für die Frage der Länge der Verjährungszeit darauf an, ob der Pflichtteilsanspruch gegen den im Testament zum Ausdruck kommenden Willen des Erblassers durchgesetzt werden soll oder sich auf das Testament stützen kann. Ob es sich im letztgenannten Fall noch um einen bloß gesetzlichen oder aber einen im Gesetz nicht genannten testamentarischen Anspruch handelt, ist dafür unerheblich. Daraus folgt aber, dass es für den hier zu beurteilenden Fall entgegen der Ansicht der zweiten Instanz nur auf den testamentarisch geäußerten Willen ankommt, der auf Verweisung auf den Pflichtteilsanspruch lautet, nicht aber auf einen bereits früher vertraglich vereinbarten Pflichtteilsverzicht des Klägers. Wie der Revisionswerber zu Recht geltend macht, stützt er seinen Pflichtteilsanspruch auf das Testament selbst, weshalb dieser der allgemeinen (30-jährigen) Verjährungsfrist unterliegt und noch keinesfalls verjährt sein kann. Die Frage ob der vom Berufungsgericht angesprochene Widerspruch zwischen dem Testament und dem Pflichtteilsverzicht besteht, ist demnach für die Frage der Verjährungsfrist ohne Bedeutung.

Demnach hat das Berufungsgericht zu Unrecht die Klage als verjährt angesehen. Da dieses auf Grund seiner unrichtigen Rechtsansicht die Berufungsgründe, die sich mit dem Tatsachenbereich befassen, nicht behandelt hat, ist die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung erforderlich. Im Hinblick darauf, dass der vom Berufungsgericht angenommene Widerspruch davon abhängt, wie die entsprechenden Willenserklärungen ausgelegt werden, scheint eine Stellungnahme dazu derzeit noch nicht zweckmäßig.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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