Spruch:
Der Plichtteil auch als Nachlaßquote hinterlassen werden. Entspricht diese ziffernmäßig der Pflichtteilshöhe, so kann nur ein Geldbetrag verlangt werden.
Entscheidung vom 9. Juni 1948, 1 Ob 182/48.
I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Beschluß des Rekursgerichtes, das den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung abgewiesen hatte.
Rechtliche Beurteilung
Begründung
Die gefährdete Partei hat die Antragsgegner auf Feststellung geklagt, daß sie zu 3/16 Miterbin nach W. N. sei, sie begehrt überdies die Herausgabe von 3/16 Anteilen der im einzelnen angeführten Nachlaßstücke und verlangt die Anerkennung, daß die gefährdete Partei zu 3/16 Gesellschafter an dem in die Verlassenschaft fallenden Anteile der offenen Handelsgesellschaften:
M. G., mechan. Weberei in H. und Erste H. mech. Weberei, Bleicherei, Färberei und Appretur M. G. & Co. ist und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, alle Erklärungen abzugeben, welche notwendig sind, um diese Anteile an den vorgenannten offenen Gesellschaften auf die Klägerin zu übertragen.
Zur Sicherung dieses Anspruches beantragte sie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit der Antragsgegnerin geboten wird, jede Belastung und Veräußerung der Nachlaßaktiven sowie jede Veränderung der bestehenden Gesellschaftsverträge über die vorgenannte Firma zu unterlassen.
Ihren Anspruch bescheinigt sie durch Vorlage des Testamentes ihres Vaters (Gatten der Antragsgegnerin), worin er die Gegnerin der gefährdeten Partei zur Universalerbin mit dem Beisatz ernannt hat, daß sie demnach 5/8 des Nachlasses zu erhalten habe. Die Antragstellerin hat nach diesem Testament "nach dem Gesetz 50 Prozent von 3/8 = 3/16 des Nachlasses" zu erhalten, die restlichen 3/16 gehören der Enkelin des Erblassers M. N. (Tochter eines vorverstorbenen Sohnes).
Damit will die Antragstellerin bescheinigen, daß sie zu 3/16 Miterbin sei. Nach dem Klagsvorbringen soll der Nachlaß der Antragsgegnerin eingeantwortet sein, doch sei die Einantwortung der Antragstellerin gegenüber nicht rechtskräftig, da sie den Einantwortungsbescheid angefochten habe.
Die Gefahrbescheinigung wird darin erblickt, daß laut vorgelegter Korrespondenz die Antragsgegnerin sich geweigert habe, bis zur endgültigen Klärung der Erbfrage auf jede Änderung am Verlassenschaftsvermögen und insbesondere an den dazu gehörigen Gesellschaftsrechten zu verzichten.
Das Erstgericht hat die erbetene einstweilige Verfügung gegen Sicherheitsleistung bewilligt, der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes hatdden Antrag abgewiesen. Die Antragstellerin hat dagegen Rekurs erhoben und Wiederherstellung des erstrichterlichen Beschlusses begehrt.
Der Rekurs ist nicht begrundet. Mit Recht hat der angefochtene Beschluß durch das vorgelegte Testament eine Miterbschaft der gefährdeten Partei nicht für bescheinigt angesehen, vielmehr angenommen, daß eine bloße Pflichtteileinsetzung anzunehmen sei.
Nach dem noch in Kraft stehenden Judikat 39 vom 30. April 1861, Z. 2693, ist die Allerhöchste Entschließung vom 31. Jänner 1844, JGS., Z. 781, laut welcher der Noterbe keinen Anspruch auf verhältnismäßige Anteile an den einzelnen zur Verlassenschaft gehörigen beweglichen und unbeweglichen Sachen, sondern nur auf den nach der gerichtlichen Schätzung berechneten Wert seines Erbteiles hat, auch dann anzuwenden, wenn dem Noterben der Pflichtteil zwar nicht unter diesem Namen, aber mittels eines denselben nicht übersteigenden Erbteiles hinterlassen wurde, ohne daß der Erblasser ausdrücklich erklärt oder auf unzweideutige Weise seine Absicht zu erkennen gegeben habe, daß dem Noterben ein Anspruch auf alle oder einzelne zur Verlassenschaft gehörige bewegliche oder unbewegliche Sachen zustehen solle.
Diese Absicht ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen; das Gegenteil ist aus dem Testament zu erschließen. Die erblasserische Witwe wird ausdrücklich als Universalerbin bezeichnet, die "demnach" 5/8 des Gesamtvermögens, das ist den gesamten Nachlaß nach Abzug dessen, was auf die Pflichtteilsberechtigten entfällt, zu erhalten hat. Daß der Erblasser die Noterben durch Zuwendung einer den Pflichtteil entsprechenden Quote auf den Pflichtteil beschränken wollte, ergibt sich aus der Bestimmung des Testamentes, daß die gefährdete Partei "nach dem Gesetz 50 Prozent von 3/8 = 3/16" zu erhalten habe. Der Erblasser wollte ihr also nur das hinterlassen, worauf sie nach dem Gesetze (§ 765 ABGB.) Anspruch hat. Er hat sie demnach auf den Pflichtteil gesetzt und sie nicht zur Miterbin ernannt.
Da demnach der Miterbenanspruch nicht glaubhaft gemacht worden ist, so kann der Klagsanspruch nicht als bescheinigt angesehen werden.
Der Anspruch auf Erlassung der beantragten einsteiligen Verfügung war daher abzuweisen, ohne daß zu der Frage, ob die behauptete Gefahr bescheinigt ist, Stellung zu nehmen war.
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