OGH 6Ob189/98g

OGH6Ob189/98g15.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kellner, Dr. Schiemer, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Gabriela R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Lenneis, Rechtsanwalt in Wien (8 Cg 141/97f des Landesgerichtes Feldkirch), 2. Felicitas V*****, vertreten durch Dr. Günter R. John, Rechtsanwalt in Wien (6 Cg 148/97w des Landesgerichtes Feldkirch), 3. Elisabeth R*****, vertreten durch Dr. Andreas Reiner, Rechtsanwalt in Wien (9 Cg 156/97v des Landesgerichtes Feldkirch), Nebenintervenient auf seiten der klagenden Parteien Dr. Hanno B*****, vertreten durch Dr. Ernst Stolz & Partner, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach KR Oskar R*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 5,239.500 S, 5,766.000 S und 5,335.463,20 S, infolge der Revisionen der klagenden Parteien und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 31. März 1998, GZ 1 R 61/98z‑44, womit infolge der Berufungen der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 18. November 1997, GZ 8 Cg 141/97f‑32, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1998:0060OB00189.98G.1015.000

 

Spruch:

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

1. Die beklagte Partei hat den klagenden Parteien und dem Nebenintervenienten die Kosten der Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen:

a) den klagenden Parteien jeweils 6.086,40 S (darin 1.014,40 S Umsatzsteuer), jeweils zu Handen des Rechtsvertreters;

b) dem Nebenintervenienten 13.725 S (darin 2.287,50 S Umsatzsteuer);

2. Die klagenden Parteien haben der beklagten Partei die Kosten der Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar:

a) die erstklagende Partei 33.849 S (darin 5.641,50 S Umsatzsteuer);

b) die zweitklagende Partei 34.559,10 S (darin 5.759,85 S Umsatzsteuer);

c) die drittklagende Partei 33.977,88 S (darin 5.662,98 S Umsatzsteuer).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Das Berufungsgericht ging von folgendem unstrittigen Sachverhalt aus:

KR Oskar R*****, der Vater der Klägerinnen, verstarb am 8. 10. 1991. Das Abhandlungsverfahren ist beim Bezirksgericht Dornbirn zu 3 A 1299/92d anhängig. Der Verstorbene hinterließ eine mit 6. 10. 1989 datierte, eigenhändig geschriebene letztwillige Verfügung nachstehenden Inhaltes:

"Testament

Ich, Oskar R*****, geb. am 11. 12. 1906, treffe hiemit folgende letztwillige Verfügung und setze alle vorherigen außer Kraft. Mein Sohn Viktor erbt mein gesamtes Vermögen zu sechzig Prozent und meine Töchter zu je zehn Prozent. Meine Töchter werden mit den von ihnen geerbten Anteilen an der Firma Franz M. R***** O.H.G. Unterbeteiligte am Hauptgesellschafter Viktor R*****. Von mir gehaltene Unterbeteiligung übernimmt mein Sohn Viktor."

Der folgende ‑ vor der Unterschrift des Erblassers ‑ gesetzte Vermerk:

"Im Hinblick auf die bereits gemachten Schenkungen an meine Frau habe ich diese testamentarisch nicht bedacht."

wurde durchgestrichen, wobei nicht festgestellt werden kann, wann, von wem und aus welchem Grunde dies geschah.

Die Kundmachung des letzten Willens des Verstorbenen erfolgte am 28. 11. 1991.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Dornbirn als Abhandlungsgerichtes vom 30. 1. 1992 wurde Viktor R***** zum Verlassenschaftskurator mit der Aufgabe bestellt, die ruhende Verlassenschaft in Firmenangelegenheiten zu vertreten. Auf Antrag der Erst‑ und Drittklägerinnen vom 7. 5. 1992 enthob das Abhandlungsgericht mit Beschluß vom 11. 12. 1992 Viktor R***** als Verlassenschaftskurator und bestellte an seiner Stelle ‑ vorerst ‑ Dr. Klaus F*****, Rechtsanwalt in Dornbirn. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 24. 2. 1993 wurde Dr. Reinhold M*****, Rechtsanwalt in Dornbirn, zum Verlassenschaftskurator mit dem Wirkungskreis bestellt, die ruhende Verlassenschaft in allen Angelegenheiten zu vertreten. Dieser Rechtsanwalt wurde mit Beschluß des Abhandlungsgerichtes vom 11. 5. 1995 seines Amtes als Verlassenschafts‑ und Absonderungskurator (die diesbezügliche Bestellung war mit Beschluß vom 6. 7. 1993 erfolgt) enthoben und an seiner Stelle Dr. Julius B*****, Rechtsanwalt in Dornbirn, bestellt.

Mit Beschluß des Abhandlungsgerichtes vom 23. 3. 1992 wurde den erbl. Kindern des Verstorbenen die Frist zur Abgabe der Erbserklärungen um 4 Monate erstreckt, gleichzeitig die Inventarisierung des Nachlasses angeordnet und der Gerichtskommissär beauftragt, diese durchzuführen.

Mit Schreiben vom 3. 3. 1993 übersandte Viktor R***** den Klägerinnen eine Urkunde beinhaltend einen mit Rosemarie B***** geb. R*****, deren Unterbeteiligungsanteile vom Erblasser gehalten wurden, abgeschlossenen Unterbeteiligungsvertrag vom 14. 12. 1971. Darüber hinaus bestand eine weitere Unterbeteiligung, bezüglich derer jedoch nicht festgestellt werden kann, ob ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wurde.

Die von der Drittklägerin mit Schriftsatz vom 4. 10. 1992 und von der Erstklägerin mit Schriftsatz vom 26. 4. 1993 dem Abhandlungsgericht gegenüber abgegebenen Erbserklärungen haben folgenden Wortlaut:

"Ich (Anmerkung "Elisabeth W***** ... bzw. "Gabriele R*****, ...") entschlage mich hiemit ausdrücklich und unwiderruflich, jedoch unter dem Vorbehalt des mir gesetzlich zustehenden Pflichtteiles auf das mir aufgrund des Testamentes meines am 8. 10. 1991 verstorbenen Vaters...., datierend (im Schriftsatz der Drittklägerin: datiert) vom 6. 10. 1989 oder des Gesetzes zustehende Erbrecht nach meinem verstorbenen Vater....

Gleichzeitig wähle ich anstelle des Zugedachten, da die Zuwendung wegen einer Belastung zur Pflichtteilsdeckung ungeeignet ist (auf die restriktiven Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages der Firma Franz M. R***** OHG, Dornbirn, welche die im Testament vom 6. 10. 1989 zugeteilte "Unterbeteiligung" jedenfalls auch zur nur teilweisen Pflichtteilsdeckung ungeeignet machen, wird ausdrücklich verwiesen) und die Belastung nicht auf die Mehrzuwendung beschränkt werden kann, meinen Geldpflichtteil.

Für den Fall, daß sich der Reinnachlaß (nach Inventarisierung des Verlassenschaftsvermögens etc) wider Erwarten als zur Deckung meiner gesetzlichen Geldpflichtteilsansprüche unzureichend erweisen sollte, melde ich unter Berufung auf die anrechnungspflichtigen Vorausschenkungsempfänge der erblasserischen Witwe, Felicitas R*****, ...sowie des erblasserischen Sohns, Viktor R*****, ... bereits jetzt ausdrücklich die Geltendmachung von Schenkungspflichtteilsergänzungsansprüchen an."

Mit Schriftsatz vom 11. 2. 1993 gab die Zweitklägerin folgende "Erbsentschlagungserklärung" unter gleichzeitiger "Geltendmachung des Pflichtteilsrechtes" ab:

"Unsere Bemühungen, und zwar gemeinsam mit den Schwestern ... die Inventarisierung des Nachlasses und eine Separierung desselben mit Einsetzung eines außenstehenden Verlassenschaftskurators vom Gericht zu erwirken, sind bisher an den Verschleppungstätigkeiten des Herrn Viktor R***** gescheitert ... Ich mache ausdrücklich meinen Pflichtteilsanspruch geltend und bin daher zur Antragstellung für die Inventarisierung berechtigt.

Ich werde als Pflichtteilsberechtigte auch die anrechnungspflichtigen Schenkungen des Erblassers an seine Gattin und Viktor R***** geltend machen..."

Das Abhandlungsgericht nahm mit Beschluß vom 24. 2. 1993 die Erbsentschlagungserklärungen der Zweitklägerin und der Drittklägerin und mit Beschluß vom 29. 4. 1993 die Erbsentschlagungserklärung der Erstklägerin zur Kenntnis.

Die von Viktor R***** mit Schriftsatz vom 30. 4. 1993 gegenüber dem Verlassenschaftsgericht unter Berufung auf die letztwillige Verfügung des Erblassers vom 6. 10. 1989 abgegebene unbedingte Erbserklärung wurde vom Bezirksgericht Dornbirn mit Beschluß vom 5. 5. 1993 angenommen.

Mit Schriftsatz vom 1. 6. 1993 gab Evelyne D***** (die vierte Tochter des Erblassers) aufgrund des Testamentes vom 6. 10. 1989 zu einem Zehntel des Nachlasses und aufgrund des Gesetzes unter Vorbehalt des Anspruches auf Geltendmachung des Schenkungspflichtteiles und eines Pflichtteilsergänzungsanspruches ohne Angabe einer Quote eine bedingte Erbserklärung ab, die mit Beschluß vom 3. 6. 1993 zu Gericht angenommen wurde.

Das Vermögen des Erblassers bestand zum größten Teil aus seinen 42/93 Anteilen an den Firmen "Franz M. R*****", Dornbirn, "Franz M. R*****", Lindau, und "Franz M. R***** & Co", St. Margarethen. Demgemäß wurde in der Tagsatzung zur Nachlaßregelung vom 2. 8. 1994 vom Gerichtskommissär nachstehendes Inventar festgestellt:

An Aktiva waren im Privatvermögen des Verstorbenen keine Liegenschaften vorhanden. An sonstigem Vermögen wurden im Nachlaß Inventar, Hausrat, Einrichtungsgegenstände, persönliche Wertgegenstände sowie ein PKW und Bargeld (auf einem Girokonto) mit einem Wert von 1,759.796 S festgestellt. Eine im Privatvermögen des Erblassers als Aktivpostesn aufscheinende Zinsforderung von 4,202.594 S ist uneinbringlich und somit als gegenstandslos anzusehen.

Die Aktiva des Betriebsvermögens, nämlich die 42/93 Anteile an den obangeführten Unternehmen, wurden mit 194,636.527 S festgesetzt.

Die Gesamtpassiva betrugen nach dem Protokoll der Verlassenschaftsverhandlung 13,807.676,84 S.

Über das Vermögen der als operative Betriebsgesellschaft fungierenden Firma "R***** Ges.m.b.H.", an der die "Franz M. R*****", Dornbirn, zu 100 % beteiligt war und ist, wurde am 19. 4. 1993 das Ausgleichsverfahren und am 18. 6. 1993 der Anschlußkonkurs eröffnet.

Die verfahrensgegenständlichen Klagen wurden von der Erst‑ und Zweitklägerin am 11. 6. 1997 und von der Drittklägerin am 18. 6. 1997 bei Gericht überreicht.

Die Klägerinnen begehren mit ihren Hauptbegehren von der beklagten Verlassenschaft jeweils die Zahlung eines Geldpflichtteils. Mit dem ersten Teil ihrer Eventualbegehren beantragen sie jeweils die Verpflichtung der beklagten Verlassenschaft zum Abschluß eines Unterbeteiligungsvertrages mit dem von den Klägerinnen detailliert ausformulierten Inhalt, von dem folgendes hervorzuheben ist:

Die Beklagte habe den Klägerinnen eine Unterbeteiligung im Umfang von 10 % an den 42/93 Anteilen der beklagten Partei an der Firma "Franz M. R*****", Dornbirn, sowie an den Firmen "Franz M. R*****", Lindau und Franz M. R***** & Co", St. Margarethen/Schweiz, derart einzuräumen, daß die Klägerinnen nur zur Verlassenschaft und nach der Einantwortung zu den Erben in unmittelbarer Rechtsbeziehung stünden. Diesen Erben (als Hauptgesellschafter bezeichnet) stünden die Gesellschaftsrechte gegenüber der Hauptgesellschaft (der OHG) selbständig zu, der Hauptgesellschafter müsse aber die Interessen der Unterbeteiligten wahren. Diese seien im Innenverhältnis mit einer Quote von 10 % an den 42/93 Anteilen des Hauptgesellschafters an dem Kapitalanteil des Hauptgesellschafters beteiligt. In dieser Höhe stehe den Unterbeteiligten eine Gewinn‑ und Verlustbeteiligung zu. Entnahmebeschränkungen des Hauptgesellschafters müßten die Unterbeteiligten gegen sich gelten lassen, ebenso wie Nachschußpflichten. Die Unterbeteiligten hätten (näher ausgeführte) Informationsrechte. Die Kündigung des Unterbeteiligungsverhältnisses sei nur aus wichtigen Gründen möglich. Das Unterbeteiligungsverhältnis sei auf beiden Seiten vererblich. Es ende mit der Auflösung der Hauptgesellschaft oder der Veräußerung seiner Beteiligung durch den Hauptgesellschafter. In diesen Fällen stünde den Unterbeteiligten ein Anteil am Liquidationserlös zu.

Die Klägerinnen bewerteten den Eventualanspruch auf Unterbeteiligung je mit 100.000 S. Mit dem zweiten Teil ihrer Eventualbegehren beantragen sie die Pflichtteilsergänzung in Geld (5,139.500 S; 5,666.000 S; 5,235.463,20 S).

Die Klägerinnen stützten ihre Begehren im wesentlichen auf folgenden Sachverhalt:

Sie seien berechtigt gewesen, die testamentarischen Zuwendungen auszuschlagen und den Geldpflichtteil zu verlangen, weil die ihnen vom Erblasser zugedachte Unterbeteiligung nicht oder nur teilweise zur Pflichtteilsdeckung tauglich gewesen wäre. Bei der Unterbeteiligung am Unternehmen handle es sich nicht um eine im Sinne des § 774 ABGB freie Pflichtteilsdeckung mit selbständiger Verwendungsmöglichkeit und freier Verfügbarkeit. Das Unternehmen sei mit Verbindlichkeiten in Millionenhöhe belastet gewesen, für welche die Klägerinnen aufgrund des abzuschließenden Unterbeteiligungsvertrages gehaftet hätten. Eine unkündbare, mit einem Abtretungsverbot belegte und einem Verpfändungsverbot belastete, nicht frei vererbliche Unterbeteiligung ohne jedwede Geschäftsführungsrechte habe keinen Marktwert und sei derart unteilbar belastet, daß sie zur Pflichtteilsdeckung nicht geeignet sei. Aus persönlichen Gründen, die im Verhalten des Viktor R***** lägen, sei den Klägerinnen das Eingehen eines Unterbeteiligungsverhältnisses unzumutbar. Ihre Ansprüche richteten sich aber nicht gegen den im Testament zum Ausdruck gebrachten Willen des Erblassers. Für die Pflichtteilsklage stehe daher die lange Verjährungsfrist des § 1478 ABGB zur Verfügung. Der Erblasser sei bei der Verfassung des Testaments vom Fortbestand der OHG und der die operativen Geschäfte führenden Gesellschaft mbH ausgegangen und habe den Klägerinnen jedenfalls 10 % des Nachlaßwertes zukommen lassen wollen. Die Ausschlagung des Erbrechts sei nicht wegen der vom Erblasser verfügten Belastungen, sondern insbesondere wegen der Dauer des nun fünfeinhalb Jahre anhängigen Abhandlungsverfahrens erfolgt. Hypothetischer Wille des Erblassers sei es gewesen, den Töchtern einen Geldbetrag zukommen zu lassen. Der von der Beklagten erhobene Verjährungseinwand verstoße gegen die guten Sitten, weil ständig Vergleichsgespräche stattgefunden hätten. Für die Pflichtteilsklage beginne analog zu den schadenersatzrechtlichen Verjährungsbestimmungen die Verjährungsfrist erst ab Kenntnis des Pflichtteilsanspruchs der Höhe nach. Die lange Verjährungsfrist gelte auch für die Pflichtteilsergänzungsansprüche. Diese unterlägen nur der kurzen Verjährungsfrist (des § 1487 ABGB), insoweit sie über das vom Erblasser dem Noterben Zugedachte hinausgingen. Derartige Ansprüche stellten die Klägerinnen aber nicht. Eine vergleichsweise Einigung sei an offenkundigen Verzögerungsmaßnahmen des Haupterben gescheitert, sodaß die Klägerinnen ihre Pflichtteilsansprüche gerichtlich geltend machen müßten. Der gemeine Pflichtteil belaufe sich auf jeweils 1/15 des Nachlasses, wobei Schenkungen in Anschlag zu bringen seien. Der reine Nachlaß errechne sich mit 60,000.000 S. Die vom Erblasser seiner Gattin gemachten Schenkungen seien mit 135,890.000 S zu bewerten gewesen. Unter Berücksichtigung des Wertes der an die Kinder des Verstorbenen getätigten Schenkungen ergebe sich eine rechnerische Bemessungsgrundlage von 213,490.000 S, wovon den Klägerinnen je 14,232.666,66 S zustünden. Der Nachlaßpflichtteilsanspruch der Klägerinnen betrage (zumindest) je 4,000.000 S, der Schenkungspflichtteilsanspruch belaufe sich auf jeweils 2,000.000 S. Unter Berücksichtigung des anteiligen Wertes erhaltener Schenkungen begehre die Erstklägerin 5,239.500 S, die Zweitklägerin 5,766.000 S und die Drittklägerin 5,335.463,20 S. Wenn die Ausschlagungen der vom Erblasser angeordneten Zuwendungen unzulässig sein sollten, so seien die verfügten Unterbeteiligungen als Legate zu qualifizieren. Der Wille des Erblassers sei es gewesen, den Klägerinnen keinen direkten Zugriff auf den Nachlaß einzuräumen. Sie sollten lediglich obligatorische Rechte gegen den Bruder im Sinne einer Unternehmensunterbeteiligung im Ausmaß von 10 % erhalten. Die Klägerinnen hätten nur ihr Erbrecht, nicht aber die Legate ausgeschlagen. Selbst wenn man aber von einer Entschlagung auch der Legate ausginge, hätte dies nur einen Verzicht auf die Legate unter der Bedingung bedeutet, daß die Klägerinnen den Geldpflichtteil erlangen würden. Im Sinne des Eventualbegehrens sei dann die Beklagte verpflichtet, mit den Klägerinnen die Unterbeteiligungsverträge abzuschließen. Diese Ansprüche seien mit 100.000 S zu bewerten gewesen. Wegen der Unterbeteiligung stünden den Klägerinnen Pflichtteilsergänzungsansprüche im Ausmaß der Wertdifferenz zwischen dem Pflichtteil und der zugedachten Unterbeteiligung (von je 100.000 S) zu.

Die beklagte Verlassenschaft beantragte die Abweisung der Klagebegehren. Die Pflichtteilsansprüche inklusive der Schenkungspflichtteilsansprüche der Klägerinnen seien verjährt. Gemäß § 1487 ABGB gelte die dreijährige Verjährungsfrist. Der Erblasser sei vom Fortbestand des Unternehmens ausgegangen und habe sich einen möglichst großen Einfluß auf das Unternehmen sichern wollen. Es sei sein Wille gewesen, den Kindern seine an der "Franz M. R***** OHG" gehaltenen Anteile zu hinterlassen, wobei der Sohn aufgrund des Gesellschaftsvertrages dieses Unernehmens die Stimmenmehrheit erhalten hätte sollen. Durch die Geltendmachung des Geldpflichtteils würde der Wille des Erblassers vereitelt werden. Die Ansprüche seien gegen das Testament gerichtet, weshalb die 30‑jährige Verjährungsfrist des § 1478 ABGB nicht zur Anwendung gelange. Die letztwillige Verfügung enthalte keine Beschränkungen oder Belastungen im Sinn des § 774 ABGB. Die Beschränkungen ergäben sich aus der Art des Nachlasses und würden alle Erben treffen. Nach dem Gesellschaftsvertrag der OHG könnten weibliche Erben einen Unternehmensanteil nur als Unterbeteiligte übernehmen, die Gesellschafterrechte seien einem männlichen Erben vorbehalten. Die Klägerinnen hätten zum Zeitpunkt ihrer Erbsentschlagungserklärungen von den wirtschaftlichen Probleme des Unternehmens gewußt und ausschließlich deshalb die Erbsentschlagungen erklärt. Sie hätten keinen Pflichtteilsanspruch, weil die vererbten Firmenanteile zur Befriedigung der Ansprüche geeignet gewesen wären.

Der auf seiten der Klägerinnen beigetretene Nebenintervenient (der frühere Rechtsvertreter der Klägerinnen bei den Verhandlungen der Miterben) brachte ebenfalls vor, daß die Ansprüche der Klägerinnen nicht gegen das Testament gerichtet seien, sodaß keine Verjährung vorliege. Es seien intensive Vergleichsgespräche geführt worden. Der Rechtsvertreter der Mutter der Klägerinnen habe deren gesetzlichen Pflichtteilsanspruch ausdrücklich anerkannt. Am 19. 9. 1994 hätten der Sohn des Erblassers und die Mutter der Klägerinnen eine Erklärung über den Verzicht der Verjährungseinrede, befristet bis 31. 12. 1995, abgegeben. Dieser Verzichtserklärung habe der Verlassenschaftskurator zugestimmt. Noch am 23. 1. 1996 habe der Nebenintervenient den Rohentwurf eines Übereinkommens präsentiert. Gegen Treu und Glauben sei am 6. 2. 1996 erstmals die Verjährung eingewendet worden. Selbst wenn man von einer dreijährigen Verjährung ausginge, sei die Verjährungsfrist durch die laufenden Verhandlungen gehemmt bzw unterbrochen worden.

Das Erstgericht wies sämtliche Haupt‑ und Eventualbegehren ab. Es traf die auf den S 31 bis 44 in ON 32 ersichtlichen Feststellungen, von denen über den schon wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt hinaus noch folgendes hervorzuheben ist:

Die mit den Eventualbegehren angestrebten Unterbeteiligungen mit dem von den Klägerinnen erwünschten Inhalt entsprächen dem Willen des Erblassers bei der Testamentserrichtung. Zwischen den Klägerinnen, ihrer Schwester und dem Bruder, aber auch mit der Mutter hätten Gespräche über eine vergleichsweise Regelung der Abhandlung stattgefunden. Bis zum 31. 12. 1995 hätten die Schwester, der Bruder und die Mutter auf die Einrede der Verjährung gegenüber Pflichtteils‑ und Pflichtteilsergänzungsansprüchen der Klägerinnen verzichtet. Am 6. 2. 1996 habe der Rechtsvertreter des Sohnes des Erblassers dem Nebenintervenienten mitgeteilt, daß künftigen Pflichtteilsforderungen der Einwand der Verjährung entgegengesetzt werde. Das Erstgericht traf noch die Negativfeststellungen, es könne nicht festgestellt werden, daß nach dem 6. 2. 1996 Verhandlungen der Klägerinnen mit der Verlassenschaft über Pflichtteilsansprüche geführt worden wären und daß auch seitens der Verlassenschaft auf die Einrede der Verjährung verzichtet worden wäre.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß der Pflichtteil dem Noterben gemäß § 774 ABGB ganz frei bleiben müsse. Jede einschränkende Bedingung oder Belastung sei ungültig. Wenn dem Noterben ein größerer Erbteil zugedacht sei, so könne nur der den Pflichtteil übersteigende Teil belastet werden. Demgegenüber bestimme § 808 ABGB, daß ein Noterbe die Erbschaft mit Vorbehalt des Pflichtteils ausschlagen könne. Nach der überwiegenden Lehre könne der letztwillig bedachte Noterbe aber nicht anstelle einer unbelasteten Pflichtteilsdeckung den Pflichtteil in Geld verlangen. Zu 6 Ob 666/95 habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß ein zugedachtes Legat bei der Bemessung des Pflichtteilsanspruchs zu berücksichtigen sei. Dies gelte auch für Legate mit einer unteilbaren Belastung, weil auch eine solche Zuwendung zu einer Pflichtteilsdeckung geeignet sei. Ein gänzlicher Entfall der Belastung könnte zur Folge haben, daß dem Pflichtteilsberechtigten wertmäßig mehr zukäme als der Pflichtteil. Das Erstgericht gehe daher davon aus, daß der Noterbe grundsätzlich die letztwillige Zuwendung ausschlagen und den Pflichtteil in Geld verlangen könne, wenn die Zuwendung wegen einer Belastung zur Pflichtteilsdeckung ungeeignet sei und die Belastung nicht auf die Mehrzuwendung beschränkt werden könne. Die für die Klägerinnen angeordnete Unterbeteiligung am Unternehmen stelle solche Beschränkungen und Belastungen dar, daß von keiner freien Pflichtteilsdeckung mit selbständiger Verwendungsmöglichkeit im Sinne des § 774 ABGB gesprochen werden könne. Die Klägerinnen seien daher grundsätzlich berechtigt, den Pflichtteil und auch den Schenkungspflichtteil zu begehren. Gemäß § 1487 ABGB verjähre der Pflichtteilsanspruch aber in drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginne ab dem Tag der Testamentskundmachung (hier am 28. 11. 1991). Die dreijährige Verjährungsfrist gelte nur bei Pflichtteilsverkürzungen, wenn also der Pflichtteilsanspruch gegen das Testament durchgesetzt werde. Sonst unterliege der Anspruch der langen Verjährungsfrist. Die Geldansprüche der Klägerinnen richteten sich hier gegen das Testament. Der größte Teil des Vermögens des Erblassers bestehe im Betriebsvermögen der OHG. Die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruches in Geld entspreche nicht dem Willen des Erblassers. Während der Dauer der Vergleichsverhandlungen sei der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt gewesen. Nach dem 6. 2. 1996 hätten keine Vergleichsverhandlungen mehr stattgefunden. Ab diesem Zeitpunkt hätten die Pflichtteilsklagen in angemessener Frist erhoben werden müssen. Da die Klagen aber erst im Juni 1997 bei Gericht eingebracht worden seien, liege eine Verjährung der Ansprüche vor. Auch die Eventualbegehren seien abzuweisen. Der Erblasser habe eine Erbeinsetzung vorgenommen und die Klägerinnen zu Universalsukzessoren und nicht zu Einzelrechtsnachfolgern gemacht. Selbst wenn die getroffene Verfügung des Erblassers als Legat angesehen werden könnte, müsse von einer Entschlagung auch der zugedachten Vermächtnisse ausgegangen werden.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Klägerinnen teilweise Folge und dem ersten Teil der Eventualbegehren statt, womit die Verpflichtung der beklagten Verlassenschaft zum Abschluß von Unterbeteiligungsverträgen angestrebt wurde. Im übrigen wurden die Hauptbegehren und die Eventualmehrbegehren abgewiesen. Es erachtete die erstinstanzlichen Feststellungen für ausreichend und beurteilte den Sachverhalt im wesentlichen wie folgt:

Gemäß § 774 ABGB müsse ein in Gestalt eines Erbteils oder Vermächtnisses zugewendeter Pflichtteil dem Noterben ganz freibleiben. Bedingungen oder Belastungen könnten nur auf den Teil, der den Pflichtteil übersteige, bezogen werden. Demgemäß könne gemäß § 775 ABGB ein enterbter Noterbe den ihm gebührenden vollen Pflichtteil bzw dessen Ergänzung fordern. Gemäß § 808 dritter Satz ABGB habe der Noterbe das Recht, die Erbschaft unter Vorbehalt des Pflichtteils auszuschlagen und sich auf den nach § 774 ABGB unbelasteten Pflichtteil zu beschränken. Die jüngere Lehre gehe im Hinblick auf die §§ 774 und 787 Abs 1 ABGB davon aus, daß der Noterbe die Pflichtteilsdeckung hinnehmen müsse und nicht an deren Stelle den Pflichtteil in Geld verlangen könne. Dieser Auffassung habe sich der Oberste Gerichtshof in jüngerer Rechtsprechung angeschlossen. In Höhe der durch Erbteil oder Legat zugewendeten Deckung bestehe kein Geldanspruch. Wenn aber die Belastung nicht auf die über den Pflichtteil hinausgehende Mehrzuwendung beschränkt werden könne, dann könne die Zuwendung auch mit der Belastung zumindest eine teilweise Bedeckung des Pflichtteils darstellen und damit nur einen Ergänzungsanspruch auslösen. Der Erblasser habe zwar den Sohn mit 60 % und die Töchter mit je 10 % zu Erben eingesetzt, jedoch zusätzlich verfügt, daß die Töchter mit den von ihnen geerbten Anteilen am Unternehmen (der OHG) lediglich Unterbeteiligte des Hauptgesellschafters (des Bruders) werden sollten. Wenn man bedenke, daß das Vermögen des Erblassers zum größten Teil aus den 42/93 Anteilen am Unternehmen bestanden habe, so zeige sich, daß die verfügte Unterbeteiligung mangels selbständiger Verwendungsmöglichkeit und freier Verfügbarkeit zu einer Pflichtteilsdeckung ungeeignet sei. Gemäß § 1487 ABGB müsse der Pflichtteil oder dessen Ergänzung binnen drei Jahren geltend gemacht werden. Die kurze Verjährungsfrist gelte für die Klage des ganz oder teilweise übergangenen Noterben, also dann, wenn der Anspruch gegen das Testament durchgesetzt werden solle. Demgegenüber unterliege der Pflichtteilsanspruch der langen Verjährungsfrist des § 1478 ABGB, wenn der Anspruch nicht gegen das Testament durchgesetzt werde, was etwa für den Anspruch des im Testament auf den Pflichtteil gesetzten Noterben auf Ausfolgung dieses Pflichtteils oder für die Pflichtteilsforderung aufgrund eines Pflichtteilsübereinkommens gelte. Der gesetzgeberische Grund für die kurze Verjährungsfrist liege darin, dem Testamentserben möglichst rasch Gewißheit darüber zu verschaffen, ob und wieweit der letzte Wille des Erblassers einer Anfechtung unterliege. Hier habe der Erblasser seine Töchter mit einer über den Pflichtteil von 1/15 hinausgehenden Quote von 10 % zu Erben eingesetzt, jedoch gleichzeitig hinsichtlich der Gesellschaftsanteile eine Unterbeteiligung angeordnet. Diese Unterbeteiligung entspreche nicht nur dem Willen des Verstorbenen zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung, sondern auch den Gesellschaftsverhältnissen. Im Gesellschaftsvertrag sei eine qualifizierte Nachfolgeklausel mit der Beschränkung der Vererbung von Gesellschafterrechten auf eheliche und männliche Nachkommen vorgesehen. Die Klägerinnen hätten daher nicht unmittelbar Gesellschafterinnen der OHG im Erbweg werden können. Ziel der vom Erblasser angeordneten Unterbeteiligungen sei es gewesen, daß die OHG vom Gesellschaftererben fortgesetzt werde und nicht durch Geldabfindungen finanziell geschwächt werden sollte. In der Forderung auf den Geldpflichtteil sei ein gegen den Willen des Erblassers gerichtetes Handeln zu erblicken. Demgemäß gelte hier die dreijährige Verjährungsfrist.

Das Berufungsgericht verneinte den von den Klägerinnen gerügten Feststellungsmangel zu den Themen, daß die Verlassenschaft beabsichtige, die OHG zu liquidieren und daß der hypothetische Wille des Erblassers dahin gegangen sei, den Klägerinnen bei Nichtweiterführung der OHG zumindest 10 % des Liquidationserlöses zukommen zu lassen und führte zum behaupteten Wegfall der Geschäftsgrundlage (durch Einschränkung oder Einstellung der Unternehmenstätigkeit) aus, daß bei der Auslegung letztwilliger Verfügungen das zentrale Anliegen in der Erforschung des wahren Willens des Erblassers liege. Der Text des Testaments sei nicht die einzige Auslegungsquelle; es seien auch außerhalb der Anordnung liegende Umstände heranzuziehen. Hier hätte die letztwillige Verfügung jedoch einen klaren und unzweideutigen Inhalt. Für die von den Klägerinnen angestrebte hypothetische Auslegung finde sich in der letztwilligen Anordnung kein (noch so geringer) Anhaltspunkt. Ihr Auslegungsergebnis würde dem unzweifelhaft ausgedrückten Willen des Verstorbenen zuwiderlaufen. Schon nach den übereinstimmenden Parteienbehauptungen sei die OHG weder in Liquidation, noch seien hiefür Gesellschafterbeschlüsse vorgelegen. Nach herrschender Auffassung beginne die Verjährungsfrist des § 1487 ABGB bei gewillkürter Erbfolge ab der Testamentskundmachung zu laufen. Das Erstgericht habe daher zutreffend eine Verjährung der Hauptansprüche der Klägerinnen angenommen.

Zu den Eventualbegehren führte das Berufungsgericht aus, daß die angeordneten Unterbeteiligungen als Legate zu qualifizieren seien. Die Anordnung sei wegen der Regelung im Gesellschaftsvertrag notwendig geworden. Bei Widersprüchen zwischen der gesellschaftsrechtlichen und der erbrechtlichen Nachfolgeregelung komme es zu einem Ende der Beteiligung, wenn keine Einigung aller Beteiligung zustande käme. Beim Tod eines persönlich haftenden Gesellschafters komme es gemäß § 131 Z 4 HGB zu einer Auflösung der Gesellschaft, es sei denn, im Gesellschaftsvertrag sei etwas anderes vorgesehen. Die höchstpersönliche Rechtsstellung des Gesellschafters könne im Gesellschaftsvertrag vererblich gemacht werden. Wenn der Gesellschaftsvertrag in einer "qualifizierten Nachfolgeklausel" den Nachfolger in der Gesellschaft bestimme, so hätten die nicht zugelassenen Miterben ein Recht auf Wertausgleich. Hier habe der Gesellschaftsvertrag die Nachfolge eines männlichen, ehelichen Nachkommens vorgesehen. Die Töchter hätten somit nicht den Gesellschaftsanteil ihres Vaters erben können. Der Erblasser habe ihnen nur eine Unterbeteiligung vermachen können, nicht aber die Rechtsstellung eines Gesamtrechtsnachfolgers (auch in der OHG). Hinsichtlich des Gesellschaftsanteils des Erblassers und der angeordneten Unterbeteiligung seien die Klägerinnen als Vermächtnisnehmerinnen anzusehen. Es komme nicht auf die Rechtsansicht des Empfängers der Zuwendung und die Wortwahl des Erblassers an. Entscheidend sei es, ob der Erblasser den Empfänger der Zuwendung zum Gesamtrechtsnachfolger oder zum Einzelrechtsnachfolger machen habe wollen. Aufgrund der gesellschaftsrechtlich vorgegebenen Nachfolgeklausel habe der Erblasser nur in Form von Legaten über den Gesellschaftsanteil verfügen können. Mit der Erbsentschlagung hätten die Klägerinnen nicht auch auf die angeordneten Legate verzichtet. Zum Erwerb des Vermächtnisses bedürfe es nach herrschender Ansicht keiner besonderen Erklärung. Die Erbsentschlagungserklärungen seien nur gegenüber dem Gericht abgegeben worden. Daß die Entschlagungserklärungen auch gegenüber der beklagten Verlassenschaft oder gegenüber dem Haupterben abgegeben worden wäre und allfällige Verzichtserklärungen dem Vermächtnisschuldner zugegangen wären, sei nicht einmal behauptet worden. Die Klägerinnen hätten daher einen Anspruch darauf, daß ihnen die vom Erblasser mit der Unterbeteiligungsregelung angeordnete Rechtsstellung verschafft werde. Diese Verschaffungspflicht treffe bis zur Einantwortung die Verlassenschaft, ab diesem Zeitpunkt den Gesellschaftererben. Die Einräumung einer derartigen Rechtsstellung könne nur in Form von Unterbeteiligungsverträgen erfolgen. Die Eventualbegehren seien daher teilweise berechtigt, die Pflichtteilsergänzungsansprüche aber gemäß § 1487 ABGB verjährt.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Die Klägerinnen beantragen mit ihren ordentlichen Revisionen jeweils die Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen dahin, daß dem Hauptbegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird die Abänderung dahin beantragt, daß auch den Eventualmehrbegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird zu den Abänderungsanträgen auch jeweils ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt mit ihren ordentlichen Revisionen die Abänderung der Berufungsentscheidung dahin, daß auch die Eventualbegehren zur Gänze abgewiesen werden.

Die Parteien beantragen jeweils, den Revisionen der Gegenseite nicht stattzugeben.

Auch der Nebenintervenient beantragt, den Revisionen der Beklagten nicht Folge zu geben.

Die Revisionen sind jeweils zulässig, aber nicht berechtigt.

 

Rechtliche Beurteilung

Wohl geht es primär um Fragen der Auslegung von Willenserklärungen (der erb‑ und pflichtteilsberechtigten Klägerinnen bei ihrer Erbsentschlagung sowie der Erklärung des Erblassers) nach den Umständen des Einzelfalls. Für die Auslegung bedeutsam ist aber die rechtliche Qualifikation der vom Erblasser angeordneten "Unterbeteiligungen" der pflichtteilsberechtigten Klägerinnen am Gesellschaftsrecht des zum Haupterben eingesetzten Sohnes des Erblassers an der OHG, deren Vermögen die maßgebliche Verlassenschaftsmasse darstellt. Schließlich ist auch die relevierte Verjährungsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.

Die zu lösenden Rechtsfragen sind im wesentlichen folgende:

1. Haben die pflichtteilsberechtigten Klägerinnen trotz der Anordnung des Erblassers hinsichtlich einer zu verschaffenden "Unterbeteiligung" einen Pflichtteilsanspruch in Geld?

2. Ist dieser auf Pflichtteilsrecht gestützte Geldanspruch verjährt, weil seine Geltendmachung gegen den Testierwillen des Erblassers gerichtet ist und daher die kurze Frist des § 1487 ABGB gilt?

3. Haben die Klägerinnen mit ihrer Erbsentschlagung auch auf die allenfalls als Legat vermachte "Unterbeteiligung" verzichtet?

4. Ist bei der Auslegung auf den hypothetischen Willen des Erblassers Bedacht zu nehmen und sind dabei nachträglich eingetretene Umstände (hier eine Einschränkung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens der OHG) zu berücksichtigen?

Alle Revisionswerber wiederholen in ihren Revisionen und Rechtsmittelgegenschriften im wesentlichen nur ihre schon früher vorgetragenen Argumente, so daß dazu auf das schon dargestellte Parteienvorbringen verwiesen werden kann.

Zu den auf Pflichtteilsrecht gestützten, auf Geldzahlung gerichteten Hauptansprüchen hat der Senat folgendes erwogen:

Wie der Pflichtteil zu hinterlassen ist, regelt § 774 ABGB. Danach kann der Pflichtteil als Erbteil oder Vermächtnis hinterlassen werden. Er muß aber dem Noterben ganz frei bleiben. Jede einschränkende Bedingung oder Belastung ist ungültig. Wenn dem Noterben ein größerer Erbteil zugedacht ist, kann die Bedingung oder Belastung nur auf den Teil, der den Pflichtteil übersteigt, bezogen werden. § 808 ABGB bestimmt folgendes: Wird jemand zum Erben eingesetzt, dem auch ohne letzte Willenserklärung das Erbrecht ganz oder zum Teil gebührt hätte, so ist er nicht befugt, sich auf die gesetzliche Erbfolge zu berufen, und dadurch die Erklärung des letzten Willens zu vereiteln. Er muß die Erbschaft entweder aus dem letzten Willen antreten, oder ihr ganz entsagen. Personen aber, denen einen Pflichtteil gebührt, können die Erbschaft mit Vorbehalt ihres Pflichtteiles ausschlagen. Zur Frage, ob ein mit einer Beschränkung des Erbteils belasteter pflichtteilsberechtigter Noterbe die Belastung durch Ausschlagung der Erbschaft und Geltendmachung des Pflichtteils nach § 808 dritter Satz ABGB unwirksam machen kann und ihm ein Geldpflichtteil zusteht, oder ob dies nur für den Pflichtteilsergänzungsanspruch gilt, besteht in der Lehre ein Meinungsstreit, zu dem unter dem Schlagwort "Antinomie der §§ 774 und 808 ABGB" zahlreiche Veröffentlichungen vorliegen (dazu kann auf die Zusammenfassung der Meinungen bei Rechberger, Die Ausschlagung der letztwilligen Zuwendung, JBl 1973, 295 verwiesen werden; weiters Koziol/Welser, Grundriß II2 381 f mwN; Welser in Rummel, ABGB2 Rz 3 § 808; Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 7 f zu §§ 808, 809 ABGB). Der erkennende Senat hatte sich mit dem Thema in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 6 Ob 666/95 = JBl 1997, 166 = NZ 1997, 225 = SZ 69/155 auseinanderzusetzen. Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, wonach die Erblasserin einer pflichtteilsberechtigten Tochter einen Miteigentumsanteil an einer Liegenschaft (ein Viertel) und der Enkelin den weiteren Liegenschaftsanteil von drei Viertel vermacht und weiters verfügt hatte, daß die Tochter der Enkelin auf dem vermachten 1/4‑Anteil der Liegenschaft ein Fruchtgenußrecht einzuräumen hätte. Die Tochter gab eine bedingte Erbserklärung ab, entschlug sich des Vermächtnisses (der 1/4‑Anteil wuchs nach der weiteren Verfügung der Erblasserin der Enkelin an) und klagte die Enkelin auf Pflichtteilsergänzung durch Geldzahlung. Der erkennende Senat verwarf die von einem Teil der Lehre im Antinomiestreit vertretene Meinung, daß der Noterbe einen unbedingten Geldanspruch habe, wenn er eine belastete Zuwendung ausschlage, und folgte den nun als herrschend anzusehenden Lehrmeinungen, daß der Noterbe die erblasserischen Zuwendungen im Ausmaß der Pflichtteilsdeckung akzeptieren müsse und nur die unbequeme Mehrzuwendung ausschlagen könne. § 808 Satz 3 ABGB gebe dem Noterben entgegen der allgemeinen Regel bloß das Recht, den zugewendeten Erbteil teilweise, das heißt soweit er den Pflichtteil decke, lastenfrei anzunehmen und die unbequeme Mehrzuwendung auszuschlagen, während in Höhe der durch Erbteil oder Legat zugewendeten Deckung kein Geldanspruch geltend gemacht werden könne. Dies gelte im Sinne der Lehrmeinung Schauers (in RdW 1987, 149) auch bei unteilbaren Belastungen. Auch belastete Zuwendungen könnten eine zumindest teilweise Bedeckung des Pflichtteils darstellen. Bei unteilbaren Belastungen sei aber auf den hypothetischen Willen des Erblassers, welche Anordnungen er getroffen hätte, wäre ihm die fehlende Abdeckung des Pflichtteilsanspruchs bekannt gewesen, abzustellen (in casu hatte der vermachte 1/4‑Liegenschaftsanteil wegen der Fruchtgenußbelastung aber einen "Minuswert", weshalb der Noterbin ein Pflichtteilsanspruch in Geld zuerkannt wurde). Die dargelegten Rechtsansichten des erkennenden Senats wurden in der Folge im wesentlichen auch vom ersten Senat geteilt (1 Ob 2364/96w = SZ 70/47). Sie sind auch hier anzuwenden:

Alles was die Noterben durch Legate oder andere Verfügungen des Erblassers erhalten, wird bei der Bestimmung des Pflichtteils in Rechnung gebracht (§ 787 Abs 1 ABGB). § 808 letzter Satz ABGB gibt dem Erben das Ausschlagungsrecht zur Vermeidung der von ihm nicht erwünschten Universalsukzession. An der zitierten Anrechnungsregel ändert sich dadurch jedoch nichts. Bei der Frage nach dem zustehenden Geldpflichtteil kommt es nur darauf an, ob mit der letztwillig verfügten Zuwendung eine Pflichtteilsdeckung herbeigeführt wurde (bzw werden kann). Es ist der Vermögenswert der Zuwendung maßgeblich. Alles was im gemeinen Verkehr steht: Sachen, Rechte, Arbeiten und andere Handlungen, die einen Wert haben, können vermacht werden (§ 653 ABGB). Zweifelsfrei stellt die Gesellschafterstellung in einer OHG, wenn sie (wie hier nach dem Gesellschaftsvertrag) vererblich ist, den maßgeblichen wirtschaftlichen Wert am Unternehmen dar. Es kann aber auch nicht bezweifelt werden, daß die vom Erblasser vorgesehene "Unterbeteiligung" am Gesellschaftsrecht des OHG‑Gesellschafters Vermögenswert hat, was schon aus den Rechten der Untergesellschafter auf Gewinnbeteiligung und Liquidationserlös klar hervorgeht. Wenn die Klägerinnen daher durch die erblasserische Verfügung einer Unterbeteiligung Vermögenswerte erhielten oder erhalten hätten können, die jeweils dem rechnerisch nach den Aktiva der Verlassenschaft zu ermittelnden Pflichtteil entsprachen oder diesen sogar überstiegen, haben sie keinen aus § 808 ABGB ableitbaren Geldanspruch. Dem steht die von den Revisionswerberinnen immer wieder ins Treffen geführte Bestimmung des § 774 ABGB nicht entgegen. Danach muß der Pflichtteil dem Noterben ganz frei bleiben. Jede denselben einschränkende Bedingung oder Belastung ist ungültig. Dieser Gesetzestext ist nach der zitierten Vorentscheidung (SZ 69/155) dahin auszulegen, daß der vom Erblasser zugewendete vermögenswerte Gegenstand (Sachen im weiten Sinn des § 653 ABGB) nicht an Bedingungen oder Belastungen geknüpft werden darf, die den Vermögenswert mindern. Nur dieser muß dem Noterben zukommen ("ganz freibleiben"). Unter den Bedingungen und Belastungen der zitierten Gesetzesstelle sind nicht solche zu verstehen, die einen Wertfaktor darstellen, also schon in der Natur des vermachten Gegenstands liegen und bei der Ermittlung des Vermögenswerts der Zuwendung ohnehin als wertmindernd zu berücksichtigen sind. Eine mit dinglichen Rechten belastete Liegenschaft hindert oder beeinträcht zwar die Verwertung der Liegenschaft, einen anrechenbaren Vermögenswert vermag sie dennoch darzustellen. Eine ungehinderte ("freie") Verwertungsmöglichkeit hat der Gesetzgeber im § 774 ABGB nicht im Auge. Dies würde auch dem Grundgedanken der Testierfreiheit zuwiderlaufen. Dem Erblasser ist es überlassen, wie er den Pflichtteil hinterläßt. Seine Zuwendungen sind auf den Pflichtteil anzurechnen. Die diesbezüglichen Gesetzesstellen (§ 774 erster Satz, § 787 Abs 1 ABGB) wären obsolet, wenn der Noterbe durch einfache Ausschlagung des Erbrechts einen Geldanspruch auslösen könnte und vermögenswerte Zuwendungen nur dann zu akzeptieren hätte, wenn diese sofort verwertbar, also in Geld ausgetauscht werden könnten. Es kann dem historischen Gesetzgeber durchaus zugesonnen werden, daß er ‑ wenn er ein solches Ergebnis gewollt hätte ‑ in einfacher Formulierung eine Regelung getroffen hätte, etwa durch die Anordnung, daß der Pflichtteil vom Erblasser nur in Geld oder in sofort verwertbaren Sachen mit Verkehrswert zugewendet werden dürfe. Gerade im vorliegenden Fall, wo es um die Erhaltung eines Unternehmens geht, wird die Bedeutung der Testierfreiheit deutlich: Sofort in Geld auszuzahlende Pflichtteilsansprüche können die Fortführung eines Unternehmens gefährden oder verhindern, zumindest dann, wenn der Gesellschaftererbe nicht über ausreichendes eigenes Vermögen verfügt, um Geldansprüche der Pflichtteilsberechtigten zu befriedigen. Kapitalreserven der Gesellschaft (des Unternehmens), die in die Verlassenschaft fallen, wären bedeutungslos, weil sie ja auf den Vermögenswert des Unternehmens und damit auf die Höhe des Pflichtteils durchschlagen. Die Problematik ist mit der im land‑ und forstwirtschaftlichen Unternehmensbereich vergleichbar, wo der Gesetzgeber mit dem Anerbenrecht eine Einschränkung der Rechte der Miterben zugunsten eines Anerben und damit zugunsten des Fortbestands des Unternehmens vornimmt. Aufgrund bäuerlichen Gewohnheitsrechts erachtete die Rechtsprechung sogar außerhalb des Geltungsbereichs des Anerbenrechts eine Einschränkung der Erbenrechte zugunsten des Weiterbestehens des Betriebs für zulässig. Die Ausnahmegesetzgebung des Anerbenrechts kann gewiß nicht analog auf Erbschaftsfälle angewendet werden, in denen Unternehmen, die dem Handelsrecht unterliegen, die wesentlichen Verlassenschaftsaktiva darstellen. Ein Gewohnheitsrecht existiert hier nicht. Immerhin kann aber auch hier unterstellt werden, daß der Gesetzgeber eine Zerschlagung von Unternehmen nach dem Tod eines Gesellschafters einer Personengesellschaft keineswegs beabsichtigt, wenn auch mangels gegenteiliger Regelung im Gesellschaftsvertrag mit dem Tod eines Gesellschafters die OHG aufgelöst wird (§ 131 Z 4 HGB). Das Berufungsgericht hat sich mit der Problematik der eingeschränkten Testiermöglichkeiten des Erblassers aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Bindung eingehend auseinandergesetzt und dazu auf grundlegende Gedanken Kastners (in ÖJZ 1958, 365 und in der Sondernummer der NZ 1971, 20) verwiesen. Dieser zeigt im Zusammenhang mit den zu wahrenden Pflichtteilsansprüchen die Möglichkeit der Einräumung von Unterbeteiligungen auf, die nach herrschender Auffassung als Gesellschaften bürgerlichen Rechts zu qualifizieren wären (Sondernummer aaO 26 mwN). Dies stellt auch nach Ansicht des erkennenden Senats einen zulässigen Weg dar, den aufgrund der Testierfreiheit legitimen Wunsch des Erblassers auf Erhaltung des Unternehmens und dessen Fortführung durch den von ihm bestimmten Gesellschaftererben mit den Pflichtteilsansprüchen der Noterben in Einklang zu bringen. Ihr Pflichtteil kann zwar nicht wertmäßig wie im Anerbenrecht zum Zwecke des "Wohlbestehens" des Untenehmens gekürzt werden, die vorgesehene Unterbeteiligung verletzt aber nach den schon dargelegten Grundsätzen jedenfalls dann nicht die Rechte der Noterbinnen, wenn die Unterbeteiligungen wertmäßig dem rechnerisch nach den Verlassenschaftsaktiva zu ermittelnden Pflichtteilsansprüchen entsprechen. Zur Frage der Pflichtteilsdeckung werden von den Klägerinnen fehlende Feststellungen über die Höhe des Nachlaßvermögens sowie des Wertes der Unterbeteiligungen gerügt. Eine mangelnde Spruchreife liegt jedoch nur dann vor, wenn die Pflichtteilsansprüche (Ergänzungsansprüche) noch nicht verjährt sein sollten. Dazu ist folgendes auszuführen:

Gemäß § 1487 ABGB verjährt das Recht, den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern, in drei Jahren. Nach Lehre und Rechtsprechung gilt die kurze Verjährungsfrist nur für die Klage des zu Unrecht enterbten oder übergangenen Noterben, nicht aber für die Klage des vom Erblasser ohnehin bedachten Noterben. Ein solcher aus der letztwilligen Verfügung abgeleiteter, nicht gegen diese gerichteter Anspruch liegt auch dann vor, wenn der Noterbe im Testament auf den Pflichtteil beschränkt wurde und es nur um die Erfüllung dieser im Testament angeordneten Forderung geht. Der gesetzgeberische Grund für die kurze Verjährungsfrist des § 1487 ABGB besteht ‑ worauf das Berufungsgericht richtig hinwies ‑ darin, daß dem Testamentserben möglichst rasch Gewißheit verschafft werden soll, ob der letzte Wille des Erblassers einer Anfechtung durch dritte Personen unterliegt (SZ 57/170 mwN; Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 3 zu § 1487 mwN; Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 5 zu § 1487 mwN). Die kurze Frist gilt also nicht für den im Testament ohnehin berücksichtigten, auf den Pflichtteil gesetzten oder in anderer Form, etwa durch ein Legat bedachten Noterben, der die Ausfolgung des Pflichtteils begehrt (Mader aaO mwN). Nach den dargelegten, in ständiger oberstgerichtlicher Judikatur vertretenen Grundsätzen unterliegt demnach der Pflichtteilsanspruch auf Erfüllung der vermachten Zuwendung einer Unterbeteiligung (also der Eventualanspruch) keinesfalls der kurzen Verjährung, weil dieser Anspruch nicht gegen den Testierwillen gerichtet ist, sondern diesem voll entspricht und die Anspruchsberechtigten keine in der Testamentsverfügung nicht genannten dritten Personen sind, über die dem Erben in der kurzen Verjährungsfrist Klarheit verschafft werden müßte. Dieses Bedürfnis als tragende Begründung für die kurze Verjährungsfrist gilt aber nach Auffassung des erkennenden Senates für den Hauptanspruch auf Auszahlung eines Geldpflichtteils anstelle der vermachten Unterbeteiligung. Dieser auf das Anfechtungsrecht nach § 774 ABGB gestützte Geldanspruch ist zwangsläufig auf die Umstoßung des testamentarisch ausdrücklich erklärten Willens des Erblassers gerichtet. Die Klägerinnen führen für ihren gegenteiligen Standpunkt vor allem den hypothetischen Parteiwillen des Erblassers ins Treffen. Hätte der Erblasser gewußt, daß das Familienunternehmen nicht fortgeführt werden wird, hätte er anders verfügt und den Töchtern den Pflichtteil als reinen Geldanspruch zugewendet. Die Revisionswerberinnen machen dazu auch Feststellungsmängel geltend und verweisen auf ihr Prozeßvorbringen, wonach der Sohn des Erblassers die Liquidation des Unternehmens plane. Dem setzt die beklagte Verlassenschaft entgegen, daß sich die wahre Absicht des Erblassers für den nicht vorbedachten Fall nicht ermitteln lasse, weil kein Anhaltspunkt für die von den Klägerinnen gewünschte Auslegung vorliege. Bisher sei es auch noch nicht zu einer Einstellung der gewerblichen Tätigkeiten der OHG gekommen. Zur gestellten Frage, ob das Verlangen der Klägerinnen auf Zahlung des Geldpflichtteils dem hypothetischen Willen des Erblassers entspreche, daher nicht als gegen das Testament gerichtet angesehen werden könne und daß demgemäß wegen der langen Verjährungsfrist der Pflichtteilsanspruch noch nicht verjährt sei, ist folgendes auszuführen:

Zentrales Anliegen der Auslegung letztwilliger Verfügungen ist die Erforschung des wahren Willens des Erblassers (SZ 69/247 mwN). Der Wortlaut der letztwilligen Anordnung ist nicht die einzige Quelle der Auslegung. Es sind auch außerhalb dieser Anordnung liegende Umstände aller Art, insbesondere weitere Erklärungen des Erblassers heranzuziehen. Die Auslegung muß allerdings in der letztwilligen Verfügung einen Anhaltspunkt finden und darf dem in der Verfügung ausgedrückten Willen des Erblassers nicht geradezu zuwiderlaufen (NZ 1991, 315 mwN). Die Auslegung muß darauf beschränkt bleiben, den Sinn des Wortlauts der letztwilligen Anordnung zu klären. Eine noch so deutlich erwiesene Absicht des Testators ist unbeachtlich, wenn sie im letzten Willen keinerlei Ausdruck gefunden hat (NZ 1984,.130 mwN). Was der Erblasser bei der Testamentserrichtung gedacht und gewollt hat, sind in der Vergangenheit liegende Tatsachen, sodaß es für die Auslegung des Willenserklärung auf die damaligen Verhältnisse ankommt (SZ 38/144). Da die letztwillige Verfügung in die Zukunft wirkt, sind aber auch nachträgliche, vom Erblasser nicht vorbedachte Umstände beachtlich. Einer Änderung der Verhältnisse kann durch eine ergänzende hypothetische Auslegung Rechnung getragen werden. Dabei ist zu fragen, was der Erblasser bei Kenntnis der geänderten Umstände verfügt hätte (4 Ob 520/83). Die Beachtung dieser Umstände und die Maßgeblichkeit eines hypothetischen Willens des Testators darf aber nach den schon zitierten Grundsätzen nicht dazu führen, daß ein ausdrücklich erklärter Testamentswille durch einen damit in Widerspruch stehenden hypothetischen Willen ersetzt wird. Die Anerkennung des hypothetischen Testatorwillens wurde in der oberstgerichtlichen Judikatur vor allem dort vertreten, wo es um die Aufrechterhaltung einer mit einer Bedingung versehenen letztwilligen Verfügung ging (SZ 38/144), die aus nachträglich entstandenen Gründen nicht erfüllt werden konnte, nie aber dort, wo das Ergebnis der Auslegung nach dem hypothetischen Parteiwillen geradezu im Gegensatz zum ausdrücklich erklärten Willen des Erblassers stand. In der von den Klägerinnen für ihren Standpunkt zitierten Entscheidung 8 Ob 2017/96t = NZ 1997, 190 ging es um ein Testament, mit dem die Lebensgefährtin des Erblassers zur Erbin unter der Bedingung eingesetzt wurde, "nur wenn sie mich pflegt, da ich nicht im Spital sterben will". Der Erblasser verstarb nach einer medizinisch indizierten Spitalseinweisung im Spital. Der Oberste Gerichtshof erachtete die Erforschung des hypothetischen Willens des Erblassers für erforderlich. Wenn sich die Erfüllung einer Bedingung aus anderen Gründen als den vom Erblasser vorgestellten als undurchführbar erweise, sei durch hypothetische Auslegung das Schicksal der bedingten Verfügung zu klären. Es sei zu beurteilen, was der Erblasser gewollt hätte, wenn er zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung vorausschauend die sich später darstellende Lage bedacht hätte. Die Anwendung der dargestellten Auslegungsgrundsätze spricht gegen das von den Klägerinnen gewünschte Auslegungsergebnis. Zunächst einmal ist auszuführen, daß ihr Geldanspruch dem ausdrücklich erklärten Wortlaut der letztwilligen Verfügung widerspricht, wonach die Klägerinnen eine "Unterbeteiligung" und eben keinen Pflichtteil in Geld erhalten sollten. Die zitierte Judikatur zum hypothetischen Testatorwillen wäre nur dann voll anwendbar, wenn die Verschaffung einer Unterbeteiligung gar nicht mehr möglich wäre, weil das Unternehmen bereits stillgelegt und die OHG schon liquidiert wäre. In diesem Fall könnte die Auslegung duchaus ergeben, daß die Klägerinnen ihren Pflichtteil in Geld verlangen können, weil im Testament genügend Anhaltspunkte vorhanden sind (arg: Erbeinsetzung), daß die Klägerinnen Vermögenszuwendungen erhalten, also keineswegs leer ausgehen sollten. Daß entgegen dem Wortlaut des Testaments die Töchter nach dem Willen des Erblassers aber schon einen Geldanspruch statt der noch möglichen Gesellschafterstellung (Unterbeteiligung) erhalten sollten, weil das Unternehmen nicht mehr im bisherigen Umfang betrieben wird und sich gewissermaßen im Vorstadium der Liquidation befindet, ist im ausdrücklich erklärten Testamentswillen nicht einmal ansatzweise erkennbar. Dazu fehlt - wie das Berufungsgericht richtig erkannte ‑ jeder Anhaltspunkt. Der auf Pflichtteilsrecht gestützte Hauptanspruch der Klägerinnen ist wegen Verjährung nach § 1487 ABGB nicht berechtigt, was sowohl für die auf § 774 ABGB gestützte Anfechtung als auch für den Ergänzungsanspruch (für den Fall, daß die vermachte Unterbeteiligung den Pflichtteil nicht deckt) und auch für den Schenkungspflichtteil nach § 785 ABGB gilt (Eccher aaO Rz 7 und 8 zu § 764; Welser aaO Rz 26 zu § 785 mwN). Zutreffend ist das Berufungsgericht vom Tag der Kundmachung des Testaments als Beginn der Verjährungsfrist ausgegangen (Schubert aaO Rz 3 zu § 1487 mwN). Die Revisionen der Klägerinnen sind daher nicht berechtigt.

Zu den getrennt ausgeführten Revisionen der beklagten Verlassenschaft gegen die teilweise Stattgebung der Eventualbegehren ist folgendes auszuführen:

Die Beklagte steht in ihren Rechtsmitteln im wesentlichen auf dem Standpunkt, daß den Klägerinnen nach dem Wortlaut des Testaments keine Legate eingeräumt worden seien. Sie seien vielmehr zu Erbinnen eingesetzt worden. Der Erblasser habe eine Universalsukzession angeordnet. Sollte aber von der Anordnung von Legaten auszugehen sein, hätten die Klägerinnen mit ihren Erbsentschlagungserklärungen und der Forderung nach einem Geldpflichtteil auch auf die Legate verzichtet. Keinesfalls hätten sie Anspruch auf Abschluß eines schriftlichen Unterbeteiligungsvertrages.

Die Klägerinnen verweisen in ihren im wesentlichen gleichlautenden Revisionsbeantwortungen zur Abgrenzung von Erbrecht und Legat auf die §§ 532 bis 535 ABGB, woraus sich ergebe, daß die Zuwendung einer erst zu schaffenden Unterbeteiligung an einem OHG‑Gesellschafteranteil nur ein dem Gläubigerzugriff entzogenes Vermächtnis, also ein obligatorisches Recht gegen den Erben (die Verlassenschaft) sein könne. Eine Erbeinsetzung wäre aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Bedingungen in der OHG gar nicht möglich und vom Erblasser auch nicht gewollt gewesen. Die Erbsentschlagung der Töchter bedeute nicht gleichzeitig auch einen Verzicht auf die Legate.

Der Nebenintervenient vertritt in seiner Revisionsbeantwortung zu den Rechtsfragen der Verjährung der Pflichtteilsansprüche, der Qualifikation der Unterbeteiligung auch als Vermächtnis sowie zum fehlenden Verzicht auf die Legate den Standpunkt der Klägerinnen und führt zusätzlich noch ins Treffen, daß die Klägerinnen wegen vorliegender Pflichtteilsdeckung sich ihres Erbrechts nicht wirksam hätten entschlagen können. Die Entschlagung sei "rechtlich unwirksam". Unter Aufstellung einer Vermögensberechnung (wobei der Nebenintervenient die erstinstanzlichen Feststellungen und die Parteivorbringen insbesondere zu den Vorempfängen zu einer Einheit vermengt), vertritt er die Auffassung, daß die Klagen mit ihren Hauptansprüchen wegen gänzlicher Befriedigung der Pflichtteilsansprüche abzuweisen gewesen wären.

Die Revisionen der Beklagten sind nicht berechtigt:

Die Gesellschafterstellung des Erblassers in der OHG war nach dem Gesellschaftsvertrag nicht an die Töchter vererblich. Da niemand (unter Lebenden oder von Todes wegen) mehr Rechte übertragen kann, als er selbst hat, konnte der Erblasser seine Gesellschafterstellung nicht im Wege der Erbeinsetzung seinen Töchtern zuwenden. Aus der Anordnung einer Unterbeteiligung geht klar hervor, daß der Erblasser die rechtliche Problematik erfaßt hatte. Die Zuwendung eines dinglichen Rechts im Wege der Universalsukzession durch Erbeneinsetzung nach § 532 ABGB war nicht möglich, wohl aber die Anordnung eines Legats zugunsten des männlichen Nachkommens und die Belastung dieses Legats mit einem Sublegat zugunsten der Töchter. Da die Anordnung eines Legats auch hinsichtlich des wertvollsten Teils des gesamten Nachlasses zulässig ist (EvBl 1973/314 ua) und auch zugunsten eines Erben verfügt werden darf (Koziol/Welser, Grundriß II2 367), ist die vorliegende letztwillige Verfügung schon im Sinne der Aufrechterhaltung der erblasserischen Anordnungen als doppelte Legatsanordnung auszulegen. Dem Haupterben wurde der Unternehmensanteil des Erblassers, also dessen Gesellschafterstellung, als Legat vermacht und mit dem weiteren Damnationslegat (Sublegat im Sinne des § 649 ABGB; SZ 49/148) die schuldrechtliche Verpflichtung zur Einräumung der Unterbeteiligungen auferlegt. Die Klägerinnen haben ein Forderungsrecht gegen den Hauptvermächtnisnehmer (Welser in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 650), der ihnen die vermachte Rechtsstellung zu verschaffen hat (Verschaffungsvermächtnis). Vor der Einantwortung ist die Verlassenschaft passiv legitimiert (Eccher aaO Rz 3 zu § 649 mwN und Rz 4 zu § 547). Der auf Vermächtnisrecht gestützte Eventualanspruch der Klägerinnen ist nicht verjährt, weil die kurze Frist des § 1487 ABGB für Vermächtnisklagen nicht gilt (Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 8) und das Eventualbegehren in diesem Umfang auch nicht gegen den erblasserischen Willen gerichtet ist, sondern diesem vielmehr voll entspricht.

Die Klägerinnen haben auf die eingeräumten Legate auch nicht verzichtet:

Für die gegenteilige Auffassung der beklagten Revisionswerberin sprechen zwar der Leitsatz und das Ergebnis der in EvBl 1979/390 veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, wonach durch die Forderung nach Auszahlung des Pflichtteils in Geld der Anspruch des Noterben auf das ihm zugedachte Vermächtnis erloschen sei. Nach dem nur kursorisch wiedergegebenen Sachverhalt hatte der offensichtlich nicht als Erbe eingesetzte Pflichtteilsberechtigte vor dem Gerichtskommissär den Pflichtteil in Geld gefordert. Da er nicht etwa eine Ergänzung seines ihm durch Vermächtnis zugedachten Pflichtteils gefordert habe, sei sein Anspruch auf dieses Vermächtnis erloschen. Diese Vorentscheidung ist schon vom Sachverhalt her mit dem vorliegenden Fall nicht ohne weiteres vergleichbar, weil damals die Erklärung eines ausschließlich mit einem Legat bedachten Noterben zu beurteilen war, während es hier um Erbsentschlagungen der vom Erblasser mit bestimmten Quoten (die die gesetzlichen Pflichtteilsquoten übersteigen) eingesetzten Erben geht. Die Erbsentschlagung ist als negative Erbserklärung wie die positive Erbserklärung eine gegenüber dem Abhandlungsgericht erklärte Prozeßhandlung mit materiellrechtlichen Wirkungen (SZ 54/98 ua), die - wie der erkennende Senat erst jüngst entschied ‑ nicht an Bedingungen geknüpft werden darf (6 Ob 193/98w). Die Erbsentschlagung ist unwiderruflich und verhindert den Erbanfall. Die Klägerinnen haben die Erbschaft unter Vorbehalt des Geldpflichtteils ausgeschlagen. Die Ansicht, daß sie damit gleichzeitig auch auf allfällige Legatsansprüche verzichtet hätten, ist nicht zu teilen. Eine Legatsausschlagungserklärung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Dieses normiert nur in § 805 ABGB die positive oder negative Erbserklärung. Die Legatsausschlagung müßte als Prozeßerklärung ebenfalls unbedingt erklärt werden. Bei der Auslegung von Prozeßhandlungen kommt es darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung (die für Legatsausschlagungen fehlt), des Prozeßzwecks und der dem Gericht und dem Gegner bekannten Prozeß ‑ und Aktenlage objektiv verstanden werden muß (RZ 1990/44; SZ 69/57; Fasching, ZPR2 Rz 757). Danach besteht hier zwar kein Zweifel, daß die Klägerinnen einen Geldpflichtteil anstelle der in Legatsform angeordneten Zuwendung einer Unterbeteiligung verlangten, daß sie aber für den Fall der fehlenden rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeit eines Geldpflichtteils das Legat auch ausschlagen wollten, ist schon im Hinblick auf den Wert der Legatszuwendung mit massiven Zweifeln behaftet. Ein solcher Verzichtswille müßte aber sowohl bei der Auslegung von Prozeßerklärungen als auch von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen geradezu zweifelsfrei feststehen (§ 863 ABGB). Insbesondere gilt für die Annahme eines nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilenden stillschweigenden oder konkludenten Verzichts nach herrschender Auffassung ein besonders strenger Maßstab (Apathy in Schwimann, ABGB2 Rz 25 zu § 863 mwN; Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 18 zu § 863 mwN). Ein solcher Verzicht nach materiellem Recht setzte überdies voraus, daß die Verzichtserklärung dem Gegner auch zugekommen ist und von diesem angenommen wurde. Eine Annahmeerklärung der Verlassenschaft oder des Praelegatars wurde hier nicht festgestellt. Dies ist aber auch nicht entscheidungswesentlich, weil schon die Vorfrage des zweifelsfrei erkennbaren Verzichtswillens zu verneinen ist.

Die Beklagte bekämpft schließlich ihre Verpflichtung zum Abschluß von Unterbeteiligungsverträgen in Schriftform, nicht aber den Inhalt der Verträge. Es kann nach den Feststellungen der Vorinstanzen davon ausgegangen werden, daß dieser Inhalt dem Willen des Erblassers entspricht. Dies gilt aber auch für die verfügte Schriftlichkeit der Unterbeteiligungsverträge. Nach den schon erläuterten Grundsätzen zum hypothetischen Willen des Erblassers für die Fälle, die er nicht vorbedacht hatte bzw nicht vorbedenken konnte, ist die Unterstellung, daß der Erblasser eine schriftliche Fixierung der einzuräumenden Beteiligungen gewollt hätte, schon im Hinblick auf die rechtliche Kompliziertheit der Regelung, die insgesamt zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts führt, unbedenklich. Die Revisionen der Beklagten sind daher auch in diesem Punkt nicht berechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Parteien haben jeweils Anspruch auf Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortungen, was auch für den Nebenintervenienten gilt. Der Beklagten stehen entgegen ihren Kostenverzeichnissen keine Streitgenossenzuschläge zu. Sie hat zu den drei Revisionen der Klägerinnen jeweils getrennt drei Revisionsbeantwortungen eingebracht. Damit stehen für jede einzelne Revisionsbeantwortung der Beklagten nicht mehrere Klägerinnen, sondern jeweils nur eine gegenüber. Die Voraussetzungen für den Zuspruch eines Streitgenossenzuschlags nach § 15 RATG liegen somit nicht vor.

 

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