OGH 7Ob81/99h

OGH7Ob81/99h9.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Verlassenschaft nach Karl G*****, vertreten durch den erbserklärten Erben Karl G*****, 2. Martha P*****, 3. M***** GmbH & Co KG, *****, 4. Gabi P*****, 5. Wolf B*****, 6. Johanna M*****, 7. P***** GesmbH, *****, 8. Mag. Hans Peter F*****, 9. Waltraud M*****, 10. Gerhard A*****, 11. Dr. Josef E*****, 12. Ingrid T*****, 13. Reinhilde G*****, 14. Marianne K*****, 15. P***** Karl G***** GmbH, *****, alle vertreten durch DDr. Hubert Kinz und Dr. Hubert F. Kinz, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei Stadt *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch und Dr. Ursula Leissing, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Feststellung (Streitwert S 80.000,‑ ‑), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 10. November 1998, GZ 3 R 324/98i‑22, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 22. Juli 1998, GZ 2 C 1198/97s‑14, über Berufung der klagenden Parteien abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird hinsichtlich der Grundstücke Nr 226/1 und 226/3 in EZ 5403 GB ***** zur Gänze und hinsichtlich des Grundstückes Nr 244/1, EZ 211 GB ***** teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird betreffend die Grundstücke Nr 226/1 und 226/3 dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes in der Hauptsache mit der Maßgabe wieder hergestellt wird, daß nur das „Hauptbegehren“ abgewiesen wird.

Das „Eventualbegehren“ des Inhalts, es werde festgestellt, daß das mit Pachtvertrag vom 18. 2. 1827 eingeräumte Recht der beliebigen Benützung des Grundstücks Nr 7208 gegen einen jährlichen Pachtzins von 2 Kronen, mit der Beschränkung, daß weder eine Verbauung noch eine Überbauung oder sonst irgend etwas vorgenommen werden darf, was dem herrschaftlichen Gut nachteilig wäre und mit der weiteren Beschränkung der Belastung mit der öffentlich rechtlichen Dienstbarkeit des öffentlichen Verkehrs, für Grundstück Nr 244/1 in EZ Nr 211, und Grundstücke Nr 226/1 und 226/3 in EZ 5403 alle GB *****, aufrecht ist, wird zurückgewiesen.

Im übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abgeändert, daß das Urteil lautet:

Es wird festgestellt, daß das mit Pachtvertrag vom 18. 2. 1827 eingeräumte Recht der beliebigen Benützung des Grundstücks Nr 7208 gegen einen jährlichen Pachtzins von 2 Kronen, mit der Beschränkung, daß weder eine Verbauung noch eine Überbauung oder sonst irgendetwas vorgenommen werden darf, was dem herrschaftlichen Gut nachteilig wäre, mit der weiteren Beschränkung der Belastung mit der öffentlich rechtlichen Dienstbarkeit des öffentlichen Verkehrs für das Grundstück Nr 244/1 EZ 211 ***** aufrecht ist.

Das Mehrbegehren auf Feststellung, daß die Grunddienstbarkeit hinsichtlich des letztgenannten Grundstückes ohne diese letztere Beschränkung aufrecht sei, wird abgewiesen.

Die zweit- bis fünfzehntklagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die in allen Instanzen mit insgesamt S 64.582,78 (darin enthalten S 9.219,13 USt und S 9.268,‑ ‑ Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die in allen Instanzen der erstklagenden Partei einerseits und der beklagten Partei andererseits aufgelaufenen Verfahrenskosten werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Stadtgemeinde ist bücherliche Eigentümerin des Schloßplatzes in H***** (Grundstück Nr 7208, EZ 829, GB *****). Mit Pachtvertrag vom 18. 2. 1827 wurde den jeweiligen Eigentümern der drei angrenzenden Grundstücke Nr 244/1, EZ 211 sowie Nr 226/1 und 226/3, EZ 5403, jeweils GB ***** gegen einen jährlichen Pachtzins von zwei Kronen das Recht eingeräumt, den Schloßplatz - mit den im Urteilstenor genannten Beschränkungen - beliebig zu benützen. Bücherliche Miteigentümer der herrschenden Grundstücke sind neben ca 40 anderen Personen die Kläger und auch die Beklagte selbst: Der erstklagenden Partei gehört das Grundstück 244/1, auf dem das Haus Schloßplatz 2 steht, in dem der Gasthof „A*****“ etabliert ist, alleine. Am Grundstück 226/1 wurde der Wohnkomplex Schloßplatz 1 errichtet, an dem Wohnungseigentum begründet ist: Wohnungseigentümer sind neben etwa 40 anderen die Kläger und die Beklagte. Die Genannten sind auch Miteigentümer des dritten, nur 8 m2 großen Grundstückes 226/3.

Die Parteien streiten darum, ob die hinsichtlich der genannten Grundstücke verbücherte Grunddienstbarkeit, wie die Kläger festgestellt haben möchten, nach wie vor - allenfalls mit der weiteren Beschränkung der Belastung mit der Dienstbarkeit des öffentlichen Verkehrs (Eventualbegehren) - aufrecht besteht (wobei von der Beklagten durch Nichteinhebung auf einen Pachtzins konkludent verzichtet worden sei), oder, wie die Beklagte meint, deshalb, weil der Schloßplatz seit mehr als 20 Jahren dem Gemeingebrauch diene und daher gemäß § 20 VbgStrG eine öffentliche Privatstraße darstelle, ganz oder teilweise erloschen ist.

Das Erstgericht wies sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren ab. Es stellte im wesentlichen fest:

Ursprünglich befand sich an der Stelle der heutigen Überbauung (gemeint der Häuser Schloßplatz 1 und 2) das Postamt und das Gasthaus zur Post. Der Schloßplatz 2war damals geschottert und diente den Besuchern der Post und des Gasthauses als allgemeiner Parkplatz. Der Platz wurde auch sonst von sämtlichen Bewohnern und Anrainern verwendet. Im Jahre 1982 wurde dann die derzeit bestehende Wohnanlage gebaut und war der Schloßplatz weiterhin ein öffentlich zugänglicher Parkplatz, auf dem vorwiegend die Anrainer parkten. Die Miteigentümer der Wohnanlage haben jedoch grundsätzlich ausreichend Parkplatz an der Rückseite der Häuser sowie in der Tiefgarage. Ab etwa 1975 stellten auf dem Schloßplatz hauptsächlich Grenzgänger ihre Fahrzeuge ab, die morgens mit dem Omnibus zur Arbeit in die Schweiz fuhren und erst abends wieder zurückkamen. Um solches lang dauerndes Parken zu verhindern wurde im Einvernehmen der (Rechtsvorgänger der) Kläger mit der beklagten Partei im Jahre 1986 eine Kurzparkzone eingerichtet. Seither wird der Schloßplatz als ein als Kurzparkzone gestalteter öffentlicher Parkplatz für jedermann zugänglich verwendet. Nach einer Besprechung zwischen den Parteien wurde die Kurzparkzeit mit Rücksicht auf die Gäste des Gasthauses „A*****“ über Mittag auf zwei Stunden verlängert. Vor dem Eingang des Gasthauses befindet sich ein Gastgarten, der die Größe von zwei Parkplätzen einnimmt und für dessen Benützung die Gasthauspächterin (der beklagten Partei) nichts bezahlt.

Der Schloßplatz wurde für verschiedene Veranstaltungen verwendet. Insbesondere hat die E***** im Jahr 1996 ein Stadtfest durchgeführt. Hinsichtlich der Aufstellung eines Zeltes wurde einerseits die beklagte Partei als Eigentümerin des Schloßplatzes gefragt und andererseits die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer und Nachbarn als Berechtigte nach dem Baugesetz eingeholt. Es gab weiters verschiedene Feste und Aktivitäten, so zB einmal eine Modenschau, ein Wettfrisieren und jährlich einmal ein Früh- bzw Dämmerschoppen des Gasthauses „***** A*****“. Insbesondere findet jeden Donnerstag auf dem Schloßplatz ein Wochenmarkt statt.

Derzeit ist der Großteil des Platzes asphaltiert und als Kurzparkzone eingerichtet. Ansonsten sind zwei Bäume und Blumenrabatten vorhanden. Vor den Häusern Schloßplatz 1 und 2 wurde ein Gehsteig errichtet.

Von Dipl.‑Ing. Otto A*****, der von 1965 bis 1990 Bürgermeister der Stadt H***** war, wurde das gegenständliche grundbücherlich eingetragene Benützungsrecht immer anerkannt. Sein Nachfolger Herbert A***** bestritt dieses Recht jedoch immer und vertrat insbesondere die Meinung, daß es verjährt sei. Irgendein Hinweis darauf, daß es sich beim Schloßplatz um einen privaten Platz handle, in Form einer Absperrung, Aufschrift oder ähnlichen Vorkehrungen, war nie vorhanden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, das Dienstbarkeitsrecht der Kläger sei nicht verjährt. Verjährung käme nur dann in Betracht, wenn das Recht über eine Zeit von mehr als 30 Jahren nicht ausgeübt worden wäre. Dies sei aber nicht der Fall. Die Dienstbarkeitsberechtigten hätten den Schloßplatz immer wieder für private Veranstaltungen benutzt und damit zu erkennen gegeben, daß sie auf ihr Dienstbarkeitsrecht nicht verzichteten. Dies sei auch vom früheren Bürgermeister immer anerkannt worden. Der Schloßplatz, der immer schon als Parkplatz gedient habe und derzeit als Kurzparkzone ausgebildet sei, falle unter den Begriff der Straße im Sinne des Vorarlberger Straßengesetzes. Nach § 20 des VbgStrG seien alle dem Gemeingebrauch gewidmeten Straßen, die nicht Bundes‑, Landes‑, Gemeinde- oder Genossenschaftsstraßen seien, öffentliche Privatstraßen. Für diese Straßen sei es ohne Bedeutung, ob sie vom Eigentümer ausdrücklich als solche erklärt oder stillschweigend dem Gemeingebrauch gewidmet seien. Eine stillschweigende Widmung liege vor, wenn der Eigentümer der Straße den Gemeingebrauch durch mindestens 20 Jahre geduldet habe, ohne daß er durch Absperrungen, Aufschriften oder ähnliche Vorkehrungen unmißverständlich zu erkennen gegeben habe, daß er den Gemeingebrauch nicht oder nur vorübergehend dulde. Der Schloßplatz sei daher zur öffentlichen Privatstraße geworden. Dies wirke sich nicht nur gegenüber der beklagten Partei als Eigentümerin aus, sondern betreffe auch die daran Dienstbarkeitsberechtigten. Deren Dienstbarkeitsrecht sei daher erloschen. Es könne nicht davon gesprochen werden, daß das Verhalten der beklagten Partei Treu und Glauben widerspreche. Es wäre Sache der Dienstbarkeitsberechtigten gewesen, wenigstens ein einziges Mal während der letzten 20 Jahre auch nach außenhin kundzutun, daß sie „gegen den Gemeingebrauch dieses Schloßplatzes sind“.

Das Gericht zweiter Instanz gab über Berufung der Kläger dem Klagebegehren (Hauptbegehren) statt. Es billigte die vom Erstgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen und teilte auch dessen (von den Parteien auch gar nicht mehr in Zweifel gezogene) Rechtsmeinung, daß das Dienstbarkeitsrecht nicht verjährt sei. Zum Einwand der Kläger, es liege weder der von § 20 VbgStrG geforderte Gemeingebrauch noch ein dringendes Verkehrsbedürfnis vor, weshalb der Schloßplatz keine öffentliche Privatstraße sei, führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, von öffentlichen Privatstraßen könne nur die Rede sein, wenn sie dem Gemeingebrauch gewidmet seien und damit von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden könnten. Die stillschweigende Widmung als öffentliche Privatstraße trete ohne Zutun des Straßeneigentümers ein, wenn dieser durch mindestens 20 Jahre hindurch keine, die stillschweigende Widmung ausschließende Handlung gesetzt habe, also nicht durch Absperrungen, durch Aufschriften oder auf andere Art zu erkennen gegeben habe, daß die Straße nicht dem Gemeingebrauch gewidmet sei. Es bestehe die unwiderlegliche Rechtsvermutung, daß derjenige, der den Gemeingebrauch durch mindestens 20 Jahre geduldet hat, die Straße durch konkludente Handlung dem öffentlichen Verkehr gewidmet habe. Für den Anwendungsbereich des § 20 VbgStrG sei auch die Frage des dringenden Verkehrsbedürfnisses bedeutsam. Nach den getroffenen Feststellungen könne nicht in Zweifel gezogen werden, daß der - mitten in H***** liegende - Schloßplatz eine Verkehrsbedeutung habe, die einem dringenden Verkehrsbedürfnis für die Allgemeinheit entspreche. Die festgestellten Feste und Aktivitäten der Dienstbarkeitsberechtigten stellten keine „ähnliche Vorkehrungen“ im Sinne des § 20 Abs 1 VbgStrG dar. In Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Überlegungen des Erstgerichtes sei daher Gemeingebrauch am Schloßplatz zu bejahen. Die Beklagte könne den Gemeingebrauch am Schloßplatz den Klägern gegenüber jedoch (noch) nicht erfolgreich entgegenhalten, da diese aufgrund des festgestellten Verhaltens (der Repräsentanten) der Beklagten bis zum Jahre 1990 keinen wie immer gearteten Anlaß gehabt hätten, bei dieser um Abhilfe anzusuchen, um einen Gemeingebrauch an der streitgegenständlichen Liegenschaft zu verhindern. Es widerspreche Treu und Glauben, wenn die Beklagte einerseits das Dienstbarkeitsrecht über Jahrzehnte anerkannt und dadurch den Eindruck vermittelt habe, daß die Rechtsposition der Kläger erhalten werde, andererseits nichts gegen einen möglichen Gemeingebrauch unternommen worden sei und nunmehr dieser Gemeingebrauch den Dienstbarkeitsberechtigten entgegengehalten werde.

Das Gericht zweiter Instanz erklärte die Revision für zulässig, weil die Frage, ob der Eigentümer des dienenden Grundstückes den Dienstbarkeitsberechtigten Gemeingebrauch iSd § 20 VbgStrG erfolgreich entgegenhalten könne, bislang vom Obersten Gerichtshof noch nicht behandelt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und hinsichtlich der Grundstücke Nr 226/1 und 226/3 zur Gänze, in Ansehung des Grundstückes Nr 244/1 hingegen teilweise auch berechtigt.

Zum Begehren hinsichtlich der Grundstücke Nr 226/1 und Nr 226/3:

Die Kläger haben sich hinsichtlich der beiden Grundstücke Nr 226/1 (= Schloßplatz 1) und 226/3 (eine nur 8 m2 große, in der Natur einen Teil des Schloßplatzes bildende Fläche) als Miteigentümer bezeichnet. Laut im Akt erliegendem Grundbuchsauszug sind außer den Klägern noch mehr als vierzig weitere Miteigentümer vorhanden, die sich am vorliegenden Verfahren nicht beteiligt haben. Damit fehlt es den Klägern hinsichtlich der beiden genannten Grundstücke an der Aktivlegitimation. Ein solcher Mangel der Sachlegitimation ist (im Rahmen der rechtlichen Beurteilung) von Amts wegen aufzugreifen, wenn er sich aus dem Vorbringen der Parteien oder aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt (SZ 30/38; SZ 34/186; MietSlg 16.645; MietSlg 25.515; JBl 1978, 429; SZ 51/57; 5 Ob 8/91; 5 Ob 2036/96i ua):

Lehre und Rechtsprechung stimmen darin überein, daß die Feststellung des Bestehens einer Grunddienstbarkeit (aufgrund einer actio confessoria) nur einheitlich von allen Miteigentümern des herrschenden Grundstücks und gegen alle Miteigentümer des dienenden Grundstücks gemeinsam verlangt werden kann. Sie bilden eine einheitliche Streitpartei, sodaß die Klage nur eines von mehreren Miteigentümern mangels Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand abgewiesen werden muß (SZ 69/110; 1 Ob 2003/96g; 1 Ob 178/97a; 5 Ob 216/98w jeweils mwN). In EvBl 1974/275 wurde vom Obersten Gerichtshof zwar dahin differenziert, daß der Miteigentümer an der Liegenschaft die Feststellung und Einverleibung einer Dienstbarkeit zugunsten der Gesamtliegenschaft nicht verlangen kann, soweit er damit nicht ein bereits vorhandenes Recht der Gemeinschaft wahren, sondern die Servitut für sich und die anderen Miteigentümer neu begründen wolle. Eine solche Differenzierung wurde in Folgeentscheidungen des Obersten Gerichtshofes jedoch nicht beibehalten, da auch in Fällen, in denen mit Servitutenklage der Bestreitung einer bereits verbücherten Grunddienstbarkeit entgegengetreten wird, es bei Klagsführung nur eines Teils der Miteigentümer zu unlösbaren Verwicklungen kommen könnte. Dies etwa dann, wenn das Klagebegehren zum Beispiel im Falle eines teilweisen Erlöschens zum Teil abgewiesen werden müßte und eine Klage der restlichen Miteigentümer zu keinem konformen Ergebnis führte. Auch soweit eine Servitutenklage auch nicht zur Begründung der Dienstbarkeit für sich und die anderen Miteigentümer erhoben, sondern damit nur ein bereits verbüchertes Recht der Gemeinschaft gewahrt werden soll, sind die Miteigentümer des herrschenden Grundstücks daher als einheitliche Streitpartei anzusehen. Klagt nur ein Teil der Miteigentümer, ist die Klage mangels aktiver Klagslegitimation abzuweisen.

Die Revision erweist sich demnach insoweit im Ergebnis jedenfalls als berechtigt, als das die Grundstücke Nr 226/1 und 226/3 betreffende Begehren der Kläger mangels deren Aktivlegitimation abgewiesen werden muß.

Auf die Besonderheit des vorliegenden Falles, daß die Beklagte selbst auch Miteigentümerin der genannten Grundstücke ist, muß nicht mehr näher eingegangen werden.

Hinsichtlich der genannten Grundstücke ist daher das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt wird. Dies allerdings mit der Maßgabe, daß nur das Hauptbegehren, nicht aber auch das Eventualbegehren abgewiesen wird. Dieses „Eventualbegehren“ ist nämlich als bloßes Minus ohnehin bereits im Hauptbegehren enthalten. Ist ein „Eventualbegehren“ als bloße Einschränkung des Hauptbegehrens in diesem bereits inbegriffen, kann es gar nicht als bedingtes, für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens selbständig zu erledigendes weiteres Begehren bestehen (vgl 4 Ob 42/88; 4 Ob 66/92). Daß es nicht wegen teilweiser Identität mit dem Hauptbegehren bereits vom Erstgericht zurückgewiesen wurde (was nun im Rahmen der „Maßgabeherstellung“ nachgeholt wurde), ändert nichts daran, daß in Wahrheit nur ein Begehren, nicht aber eine Eventualklagenhäufung (Fasching Zivilprozeßrecht2 Rz 1133) vorliegt (4 Ob 69, 70/92; vgl auch 4 Ob 66, 67/92; 6 Ob 639, 640/94; 9 ObA 245/97p; RIS‑Justiz RS0037601).

Zum Begehren der erstklagenden Partei hinsichtlich des Grundstückes Nr 244/1 (Schloßplatz 2):

Die erstklagende Partei ist als Alleineigentümerin dieses Grundstückes zur vorliegenden Servitutenklage hinsichtlich dieses Grundstückes aktiv legitimiert, weshalb diesbezüglich auf die Argumente der Revision einzugehen ist.

Vorweg ist festzuhalten, daß die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die gegenständliche Dienstbarkeit sei nicht verjährt, von der beklagten Partei, wie schon in der Berufung - zu Recht - nicht mehr in Frage gestellt, sondern nun offenbar geteilt wird. Darauf muß ebenso nicht mehr eingegangen werden, wie auf die im Zusammenhang mit der gegenständlichen Grunddienstbarkeit ursprünglich vereinbarte Entrichtung eines Pachtzinses. Die Behauptung der Kläger, diesbezüglich sei ein konkludenter Verzicht erfolgt, blieb unwidersprochen.

Den noch zu klärenden Streitpunkt bildet demnach die Frage, ob die gegenständliche Grunddienstbarkeit zufolge eines von den Vorinstanzen bejahten, von den Klägern, insbesondere auch von der hier alleine noch zu beachtenden erstklagenden Partei, nach wie vor bestrittenen Gemeingebrauchs hinsichtlich des Schloßplatzes als dienendem Grundstück erloschen ist.

Zunächst ist daher zu untersuchen, ob bzw inwieweit von einem Gemeingebrauch des Schloßplatzes auszugehen ist.

Gemeingebrauch ist die jedermann zustehende Freiheit, die Sache ihrer Zweckbestimmung gemäß oder, wo diese Zweckbestimmung fehlt oder zweifelhaft ist, in der üblichen Weise zu gebrauchen, die von keiner besonderen Bewilligung abhängig ist (Spielbüchler in Rummel 2 § 287 ABGB Rz 4 mwN). Gemeingebrauch an Sachen im Privateigentum bewirkt deren Öffentlichkeit hinsichtlich ihrer Nutzung und schränkt die Verfügungsbefugnis des Eigentümers gleicherweise ein. Wesentlich ist dabei, daß die Erlaubnis zur Nutzung (nur) durch die für den Gemeingebrauch zuständige Behörde, nicht aber auch durch den Eigentümer erteilt werden muß (vgl Spielbüchler aaO). Der Gemeingebrauch ist also eine Art öffentlich‑rechtliche Dienstbarkeit, die bewirkt, daß der Eigentümer den Gebrauch dieser Sache durch jedermann nicht hindern kann, sofern sich dieser im Rahmen des Gemeingebrauches hält. Soweit der Gemeingebrauch reicht, kommt dem Eigentümer lediglich die rechtliche Verfügungsbefugnis über die Sache ohne tatsächliche Sachherrschaft zu (RIS‑Justiz RS0009781).

Unter Gemeingebrauch an einer Straße versteht man folglich deren Benützung durch jedermann unter den gleichen Bedingungen ohne behördliche Bewilligung und unabhängig vom Willen des über den Straßengrund Verfügungsberechtigten (RIS‑Justiz RS0009760).

Nach den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Erstgerichtes ist der gegenständliche Schloßplatz überwiegend (es sind auch Bäume, Blumenbeete und ein kleiner Gastgarten [Schanigarten] vorhanden) als asphaltierter Parkplatz ausgebildet, wobei keinerlei Tafeln, Abschrankungen etc vorhanden sind, die auf eine Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisen würden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einem solchen Parkplatz um eine Straße mit öffentlichem Verkehr (ZVR 1986/120; ÖJZ 1988/336 A (VwGH A); ZfVB 1991/168 uva).

Über Bestand und Umfang des Gemeingebrauches haben die sachlich einschlägigen Verwaltungsbehörden zu entscheiden; diese haben auch für seine ungehinderte Ausübung zu sorgen (Spielbüchler aaO § 287 Rz 6 mwN). Fehlt es wie im Fall des gegenständlichen Schloßplatzes an einer bindenden Entscheidung der zuständigen (Straßenrechts‑)Behörde, können die Gerichte über den Bestand und den Umfang des Gemeingebrauches als Vorfrage entscheiden (SZ 53/38; RZ 1984/18; SZ 69/101; 6 Ob 370/97y; Petrasch aaO § 523 Rz 2; Spielbüchler aaO; Fasching Komm I 86).

Im vorliegenden Fall sind für die Beantwortung der Frage, ob für den Schloßplatz Gemeingebrauch anzunehmen ist, die Bestimmungen des Vorarlberger Straßengesetzes maßgebend. § 2 Abs 1 VbgStrG definiert den Gemeingebrauch in dem oben dargestellten Sinne wie folgt:

„Der Gemeingebrauch einer Straße ist die jedermann unter den gleichen Bedingungen und innerhalb der durch die Art der Straße sowie durch die straßenpolizeilichen Vorschriften festgelegten Grenzen ohne ausdrückliche Bewilligung zustehende Benützung zum Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr sowie zum Reiten oder Viehtrieb“.

§ 20 VbgStrG definiert den Begriff der öffentlichen Privatstraßen in Vorarlberg. Danach sind alle dem Gemeingebrauch gewidmeten Straßen, die nicht Bundes‑, Landes‑, Gemeinde- oder Genossenschaftsstraßen sind, öffentliche Privatstraßen. „Für diese Straßen ist es ohne Bedeutung, ob sie vom Eigentümer ausdrücklich als solche erklärt oder stillschweigend dem Gemeingebrauch gewidmet sind. Eine stillschweigende Widmung liegt vor, wenn der Eigentümer der Straße den Gemeingebrauch auf dieser Straße durch mindestens 20 Jahre geduldet hat, ohne daß er durch Absperrungen, Aufschriften oder ähnliche Vorkehrungen unmißverständlich zu erkennen gegeben hat, daß er den Gemeingebrauch nicht oder nur vorübergehend duldet.“

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist unter dem Blickwinkel dieser Bestimmungen des VbgStrG der Ansicht der Vorinstanzen beizupflichten, daß der Schloßplatz, soweit er als Parkplatz ausgebildet ist, zufolge mindestens 20 Jahre währender Duldung des Gemeingebrauchs eine öffentliche Privatstraße iSd § 20 VbgStrG darstellt.

Damit bleibt zu prüfen, ob oder inwieweit dadurch die gegenständliche Grunddienstbarkeit beseitigt oder eingeschränkt wurde. Voraussetzung für das Erlöschen einer Servitut iSd § 484 ABGB ist, daß die Dienstbarkeit ihren Sinn ganz verloren hat. Jeder auch nur einigermaßen ins Gewicht fallende Vorteil genügt für die Aufrechterhaltung des erworbenen Rechtes (7 Ob 650/82; 8 Ob 644/93).

Hinsichtlich jener Flächen des Schloßplatzes, die nicht asphaltiert sind und nicht seit mindestens 20 Jahren als Parkplatz gedient haben, ist die Frage nach einer Beseitigung oder Einschränkung der vorliegenden Servitut daher leicht zu beantworten: Diesbezüglich wurde und wird das Dienstbarkeitsrecht des Eigentümers des herrschenden Grundstückes Nr 244/1 in keiner Weise tangiert und bleibt unberührt.

Aber auch hinsichtlich der Parkflächen stehen sich öffentlich‑rechtlicher Gemeingebrauch und die gegenständliche privatrechtliche Dienstbarkeit nicht unvereinbar gegenüber. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, können privatrechtliche Nutzungsbefugnisse etwa auch an einem Grundstück zustehen, das zum öffentlichen Weg erklärt wurde (SZ 23/331; RIS‑Justiz RS0009834; 10 Ob 507/94 ua).

Tatsächlich war es den Eigentümern des herrschenden Grundstückes 244/1 und der Beklagten ja offenbar möglich, ihre Interessen, einerseits den Schloßplatz beliebig benützen zu können und andererseits ihn im Rahmen der Parkplatzbewirtschaftung der Stadt zu verwenden, über mehrere Jahrzehnte hinweg, miteinander zu vereinbaren. So wurde etwa der Pächterin der erstklagenden Partei von der Beklagten (ohne weiteres) die Möglichkeit eingeräumt, eine kleine Fläche des Schloßplatzes ohne Entgelt als „Schanigarten“ zu nutzen.

Im Zusammenhang mit der Erwähnung der Interessen der beklagten Partei als Eigentümerin des dienenden Grundstücks erscheint grundsätzlich beachtenswert, daß die gegenständliche Dienstbarkeit ja ausdrücklich dahin beschränkt ist, daß seitens der Berechtigten nicht „sonst irgendwie etwas vorgenommen werden darf, was dem herrschaftlichen Gute nachteilig wäre“. Unter dem „herrschaftlichen Gute“ wurde offensichtlich das Gut des Eigentümers des dienenden Grundstückes verstanden, das ja bis 1953 im „herrschaftlichen Eigentum“ (zuletzt der Gräfin Clementine W*****) stand. Feststellungen, wonach eine nähere Beurteilung dieser die gegenständliche Dienstbarkeit einschränkenden Interessenswahrung möglich wäre, wurden nicht getroffen, sind aber letztlich im Hinblick darauf entbehrlich, daß die Rechtsvorgänger der erstklagenden Partei ihre Interessen durch die Nutzung des Schloßplatzes als Parkplatz für jedermann offenbar selbst nicht beeinträchtigt gesehen haben. Daß sich daran nichts ändern kann, nachdem ein Teil des herrschenden Grundstückes zufolge Gemeingebrauchs öffentliche Privatstraße wurde, ist wohl selbstverständlich.

Der Einwand, die Beklagte hätte Maßnahmen zu setzen gehabt, die den Gemeingebrauch am dienenden Grundstück verhindert hätten, verfängt nicht. Wäre es doch auch den Rechtvorgängern der erstklagenden Partei unbenommen gewesen, selbst derartige Maßnahmen zu ergreifen oder zumindest von der beklagten Partei zu fordern. Daß dies seitens der Rechtsvorgänger der erstklagenden Partei geschehen wäre, wurde aber nicht einmal behauptet. Lagen mangels solcher Maßnahmen, wie etwa das Aufstellen von auf einen Privatparkplatz hinweisender Tafeln, Abschrankungen etc, aber die Voraussetzungen für Gemeingebrauch zumindest über einen Zeitraum von 20 Jahren vor, so ist die Widmung als öffentliche Privatstraße iSd § 20 VbgStrG unabhängig vom Willen der Streitteile eingetreten. Da die jahrzehntelange allgemeine Nutzung als Parkplatz, wie bereits mehrfach betont, ganz offensichtlich mit Billigung (auch) der Eigentümer des herrschenden Grundstückes Nr 244/1 geschah (so wurde etwa im Jahr 1986 von Klägerseite nur darauf gedrungen, Dauerparken durch die Einführung einer Kurparkzone unmöglich zu machen), kann der beklagten Partei nicht zum Vorwurf gemacht werden, die allgemeine Nutzung des Schloßplatzes als Parkplatz nicht verhindert zu haben. Umstände, wonach es die beklagte Partei darauf angelegt gehabt hätte, die Dienstbarkeitsrechte der Kläger (insbesondere der Rechtsvorgänger der erstklagenden Partei) dadurch zu beschneiden, wurden nicht festgestellt, ja nicht einmal behauptet. Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit der allgemeinen Nutzungsmöglichkeit des Schloßplatzes als Parkplatz ist daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht zu erkennen.

Diese Überlegungen führen zu dem Ergebnis, daß die gegenständliche Dienstbarkeit zwar aufrecht ist, im Hinblick auf den stattgehabten Gemeingebrauch über mindestens 20 Jahre jedoch mit der (weiteren) Beschränkung der Belastung der Parkflächen des dienenden Grundstücks mit der öffentlich‑rechtlichen Dienstbarkeit des öffentlichen Verkehrs.

In Ansehung der erstklagenden Partei sind daher hinsichtlich des in EZ 211 vorgetragenen Grundstückes Nr 244/1 mit dem Haus Schloßplatz 2 die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne des „Eventualbegehrens“ abzuändern. Auf den Umstand, daß das „Eventualbegehren“ lediglich ein minus des Hauptbegehrens darstellt, sodaß diesem auch ohne „Eventualbegehren“ teilweise stattzugeben wäre, wurde bereits hingewiesen. Hinsichtlich des im Alleineigentum der erstklagenden Partei stehenden herrschenden Grundstückes Nr 244/1 war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf §§ 41, 43 Abs 1 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens auf die §§ 41, 43 Abs 1 und 50 ZPO. Da die erstklagende Partei insgesamt etwa als zur Hälfte erfolgreich angesehen werden kann, sind ihre und die sie betreffenden Prozeßkosten der Beklagten gegeneinander aufzuheben. Dies gilt auch für die in § 43 Abs 1 Schlußsatz ZPO genannten Barauslagen. Die übrigen Kläger haben der Beklagten die sie betreffenden Prozeßkosten erster, zweiter und dritter Instanz zu ersetzen, wobei hier im Hinblick auf die besondere Konstellation bzw die praktische Bedeutung des Prozeßausgangs eine Aufteilung der Verfahrenskosten nach Köpfen letztlich angemessen erscheint; die zweit- bis fünfzehntklagenden Parteien haben daher insgesamt 14 Fünfzehntel der Prozeßkosten der Beklagten zu tragen.

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