OGH 1Ob178/97a

OGH1Ob178/97a27.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gertrude Z*****, 2. Hermann G*****, 3. Gertrude G*****, und 4. Dr.Kurt M*****, sämtliche vertreten durch Dr.Heimo Fürlinger und Mag.Klaus Michael Fürlinger, Rechtsanwälte in Linz, und der Nebenintervenienten 1. Sportanglerbund L*****, vertreten durch den Obmann Josef H*****, vertreten durch Dr.Heimo Fürlinger und Mag.Klaus Michael Fürlinger, Rechtsanwälte in Linz, und 2. Gertrude K*****, vertreten durch Dr.Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagten Parteien 1. Rudolf A*****, 2. Edeltraud A*****, beide ***** 3. Stefanie B*****, 4. Franz H*****, 5. August K*****, 6. Ernestina K*****, beide ***** 7. Franz S*****, 8. Verlassenschaft nach der in ***** wohnhaft gewesenen Geschäftsfrau Maria S*****, 9. Johann S*****, 10. Stefanie S*****, beide ***** 11. Maria T*****, und 12. Land Oberösterreich, alle vertreten durch Dr.Eckhard Pitzl und Dr.Gerhard W.Huber, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,- -) infolge Revision der klagenden Parteien und des Erstnebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 29.Jänner 1997, GZ 2 R 188/96x-38, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts Linz vom 4.Jänner 1995, GZ 8 Cg 132/93s-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit S 9.129,60 (darin S 1.521,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagenden Parteien und die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten gehören zu den insgesamt 11 Berechtigten der „L***** Koppelfischerei“, der im Fischereirevier „Donau A“ das Fischereirecht in der - stromabwärts gesehen - linken Donauhälfte zwischen Donaukilometer 2156,9 und 2169 zusteht. Die 12 beklagten Parteien sind Fischereiberechtigte der „W***** Koppelfischerei“ zwischen Donaukilometer 2153 und 2156,9.

Die klagenden Parteien behaupten, ihnen stünde das Fischereirecht auch im Bereich zwischen Donaukilometer 2154 bis 2156,9 zu. Auf dieser Strecke überschneide sich ihre Berechtigung mit jener der W***** Koppelfischerei. Der strittige Donaubereich sei seit jeher von den L***** Fischereiberechtigten genutzt worden. Die beklagten Parteien hätten erstmals im Jahre 1991 Widerspruch gegen diese Nutzung erhoben. Die klagenden Parteien begehrten daher die Feststellung, ihnen stehe das Fischereirecht an der Donau A zwischen den Donaukilometern 2169 stromabwärts bis 2154 zu.

Die beklagten Parteien wendeten ein, im Bereich der Donaukilometer 2154 bis 2156,9 alleinige Fischereiberechtigte zu sein. Die L***** Koppelfischereiberechtigten hätten das von den klagenden Parteien behauptete Recht im strittigen Donaubereich nie ausgeübt. Es mangle auch an der Aktivlegitimation der klagenden Parteien, weil nicht alle Berechtigten des L***** Fischereirechts Klage eingebracht hätten. Im übrigen sei die Begründung neuer Koppelfischereirechte nicht erlaubt und die Teilung von Fischwässern nur mit Genehmigung der Behörde, die nicht vorliege, zulässig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. An der Aktivlegitimation der klagenden Parteien sei nicht zu zweifeln, weil das Fischereirecht ein durch das Privatrecht eingeräumtes subjektives Recht sei. Die klagenden Parteien seien aber an der strittigen Donaustrecke nicht fischereiberechtigt, weil sie ein Fischereirecht nicht ersessen hätten und ein anderer Rechtstitel nicht in Betracht käme.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands S 50.000,-- übersteige; die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt. Bei dem den klagenden Parteien zustehenden Koppelfischereirecht handle es sich um ein selbständiges dingliches Recht. Die L***** Koppelfischerei umfasse außer den vier klagenden Parteien und den beiden Nebenintervenienten noch weitere fünf Fischereiberechtigte. Die klagenden Parteien wollten mit ihrer Feststellungsklage die Voraussetzung dafür schaffen, daß sie im Fischereikataster auch für den strittigen Donaubereich als Fischereiberechtigte eingetragen werden. Die Durchsetzung dieser Eintragung der L***** Koppelfischereiberechtigten bedinge aber, daß das Fischereirecht am strittigen Stromabschnitt für alle L***** Fischereiberechtigten festgestellt werde. Die L***** Koppelfischereiberechtigten seien als notwendige Streitgenossen im Sinne des § 14 ZPO anzusehen, weil unlösbare Verwicklungen zu befürchten seien, sollte nicht für alle gekoppelt Fischereiberechtigten das Recht am strittigen Fischwasser festgestellt werden. Gemäß § 5 Abs 4 des Gesetzes über die Regelung des Fischereiwesens in Oberösterreich (O.ö. Fischereigesetz) könnten auch keine neuen Koppelfischereirechte in Oberösterreich begründet werden. Die Aktivlegitimation der klagenden Parteien zur Führung des vorliegenden Rechtsstreits sei somit nicht gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Parteien und des Erstnebenintervenienten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Eine einheitliche Streitpartei liegt gemäß § 14 ZPO dann vor, wenn sich die Wirkung des zu fällenden Urteils kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf sämtliche Streitgenossen erstreckt. Von notwendiger Streitgenossenschaft spricht man, wenn es das materielle Recht gebietet, die Klage für oder gegen alle übrigen Partner zu erheben. Im Zweifel liegt eine einheitliche Streitpartei vor, wenn wegen Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Einzelentscheidungen besteht (Fucik in Rechberger, ZPO, Rz 1 zu § 14 mwN).

Die klagenden Parteien leiten das von ihnen behauptete Fischereirecht daraus ab, daß es der L***** Koppelfischerei zustehe und sie zu den insgesamt elf Berechtigten dieser Koppelfischerei gehörten. Unbestrittenermaßen haben nicht alle in der L***** Koppelfischerei vereinigten Berechtigten auf Feststellung des Fischereirechts im Bereich der strittigen Donaukilometer geklagt haben. Dies wäre aber erforderlich gewesen:

Mehrere nach dem O.ö. Fischereigesetz (LGBl 1983/60) gekoppelt Fischereiberechtigte bilden eine einfache (schlichte) Rechtsgemeinschaft ähnlich der Gemeinschaft von Miteigentümern (1 Ob 2003/96g; SZ 68/41). Die klagenden Parteien müssen den Nachweis führen, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur L***** Koppelfischerei Fischereiberechtigte im strittigen Bereich zu sein. Im vorliegenden Fall tritt das von den klagenden Parteien behauptete Fischereirecht - ebenso wie jenes der beklagten Parteien - vom Eigentum abgesondert in Erscheinung, stellt somit ein selbständiges dingliches Recht dar (1 Ob 2003/96g; SZ 47/88). Die L***** Koppelfischerei stellt also eine einfache (schlichte) Rechtsgemeinschaft ähnlich der Gemeinschaft von Miteigentümern dar. Lehre und Rechtsprechung stimmen darin überein, daß etwa die Feststellung des Bestehens einer Grunddienstbarkeit nur einheitlich von allen Miteigentümern (des herrschenden Grundstücks) und gegen alle Miteigentümer (des dienenden Grundstücks) gemeinsam verlangt werden kann. Sie bilden eine einheitliche Streitpartei, sodaß die Klage nur eines von mehreren Miteigentümern mangels Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand abzuweisen wäre (1 Ob 2003/96g mwN). Gleiches muß aber auch für Koppelfischereiberechtigte als gemeinschaftlich dinglich Berechtigte gelten, wenn einer oder einzelne von ihnen eine gerichtliche Entscheidung über den Bestand des (gekoppelten) Fischereirechts begehren. Bei isolierter Entscheidung über das Begehren einzelner der zu einer Koppelfischerei zusammengeschlossener Fischereiberechtigte würde die Gefahr unlösbarer Verwicklungen drohen. Sämtliche Kläger (und Nebenintervenienten) leiten nämlich das behauptete Recht aus ihrer Zugehörigkeit zur L***** Koppelfischerei ab. Es könnte daher das behauptete Fischereirecht nur allen Koppelfischereiberechtigten oder keinem von ihnen zustehen. Demnach gebietet aber das materielle Recht, daß alle zur L***** Koppelfischerei vereinigten und daraus berechtigten Personen auf Feststellung des Bestehens des von den klagenden Parteien behaupteten Fischereirechts am selben Fischwasser als notwendige Streitgenossen (§ 14 ZPO) auftreten müssen. Ist die Koppelfischerei eine dingliche Rechtsgemeinschaft iSd §§ 825 ff ABGB (1 Ob 2003/96g), so könnte dem Begehren der Kläger - wenn überhaupt - nur dann stattgegeben werden, wenn es von allen zur L***** Koppelfischerei vereinigten Personen erhoben worden wäre, wären doch sonst jene unlösbaren Verwicklungen zu befürchten, zu deren Vermeidung die Verschmelzung aller der Rechtsgemeinschaft angehörenden Personen zu einer unzertrennlichen Streitpartei erforderlich ist. Es könnte nämlich der Fall eintreten, daß bei - allenfalls - unterschiedlicher Entscheidung über die Koppelfischereirechte der klagenden Parteien einerseits und der aufgrund ihrer Mitgliedschaft zur L***** Koppelfischerei sonstigen Berechtigten andererseits einzelnen Koppelfischereiberechtigten gegenüber die Ausdehnung des Fischereirechts der Koppelfischerei festgestellt, anderen gegenüber aber nicht festgestellt wäre. An all dem kann auch der Umstand nichts ändern, daß die dinglichen Rechte der in der L***** Koppelfischerei vereinigten Fischereiberechtigten nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind.

Der Hinweis der Revisionswerber auf die Entscheidung SZ 68/41, die dort gekoppelt Fischereiberechtigte als Streitgenossen gemäß § 11 Z 1 ZPO beurteilte, kann den zuvor angestellten Erwägungen nichts anhaben: In dem in dieser Entscheidung beurteilten Fall hatten gekoppelt Fischereiberechtigte die gerichtliche Neufestsetzung einer angemessenen Entschädigung wegen eines ihnen durch die Errichtung bestimmter Anlagen entstandenen Vermögensschadens. Dort wurde ausgesprochen, daß die gekoppelt Fischereiberechtigten eine einfache (schlichte) Rechtsgemeinschaft im Sinne der §§ 825 ff ABGB bildeten und daß sie ihre Ansprüche im Entschädigungsverfahren nach § 15 Abs 1 letzter Satzund § 117 WRG unabhängig von der Geltendmachung von Ansprüchen durch die übrigen (gleichberechtigten) Fischereiberechtigten durchsetzen könnten, weil die Entschädigungsleistung teilbar sei. Lediglich wegen der Teilbarkeit der Entschädigungsleistung wurden die dortigen Antragsteller in diesem gerichtlichen Verfahren nicht als einheitliche Streitpartei beurteilt. Dieser Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht zu vergleichen, geht es doch hier um die Feststellung des Bestehens eines entweder allen oder keinem der in der L***** Koppelfischerei vereinigten Personen zustehenden Fischereirechts. Streitgegenstand ist keine teilbare Leistung wie in der Entscheidung SZ 68/41.

Die aktive Klagslegitimation der klagenden Parteien ist daher zu verneinen, sodaß sich ein Eingehen auf die Mängelrüge, die das Vorliegen der Aktivlegitimation voraussetzt, erübrigt.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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