OGH 5Ob53/94

OGH5Ob53/946.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller Willi (auch Willy) N*****, geboren am 25.7.1958, Landesbediensteter, *****und Werner N*****, geboren am 1.5.1962, Beamter, *****beide vertreten durch Dr.Werner Perscha, öffentlicher Notar in Graz, betreffend die Löschung eines Wohnrechtes in EZ ***** des Grundbuches ***** P*****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 11. März 1954, AZ 1 R 375/93, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 19.Juli 1993, TZ 16748/93, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs des Werner N***** wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs des Willy N***** wird hingegen Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Auf Grund der rechtskräftigen Einantwortungsurkunde des BG für ZRS Graz vom 1.6.1993, 17 A 97/93-13, sowie der vom Standesamt der Landeshauptstadt Graz am 7.1.1983 zu Nr 60/1983 ausgestellten Sterbeurkunde wird im Lastenblatt der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** P***** auf Ansuchen des Willy N*****, geboren am 25.7.1958, die Übertragung des unter CLNR 1 lit a zugunsten der Emilie N***** eingetragenen Wohnungsrechtes in das Verzeichnis der gelöschten Eintragungen angeordnet.

Hievon werden verständigt:

1. Dr.Werner Perscha, öffentlicher Notar, 8010 Graz, Raubergasse 20 unter Rückschluß der Einantwortungs- und Sterbeurkunde;

2. Willy N*****, geboren am 25.7.1958, Landesbediensteter, *****;

3. BG für ZRS Graz zu 17 A 97/93."

Text

Begründung

Bei Überreichung des gegenständlichen Grundbuchsgesuches war der am 13.3.1993 verstorbene Willibald N***** als Eigentümer der Liegenschaft EZ***** des Grundbuches ***** P***** eingetragen; aus CLNR 1 lit a ergab sich u.a. eine Belastung der Liegenschaft durch ein Wohnungsrecht für Emilie N***** im Haus W*****.

Mit Eingabe vom 8.7.1993 *****begehrten die beiden Antragsteller "als mit Einantwortungsurkunde vom 1.6.1993, 17 A 97/93 ausgewiesene Rechtsnachfolger des am 13.3.1993 verstorbenen Ing.Willibald N***** "gemäß § 136 GBG die Löschung des Wohnungsrechtes der Emilie N*****, weil es durch den Tod der Berechtigten gegenstandslos geworden sei. Sie legten dazu die im Spruch erwähnten Urkunden vor, die belegen, daß im Zuge der Einantwortung des Nachlasses des Ing.Willibald N***** an die beiden Antragsteller auf Grund eines Erb- bzw Pflichtteilsübereinkommens die Einverleibung des Alleineigentumsrechts für Willy N*****, geboren am 25.7.1958, an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches KG ***** P***** vorgesehen wurde, und daß Emilie Amalia N*****, bei der es sich nach dem zu TZ ***** erliegenden Kauf- und Schenkungsvertrag unzweifelhaft um die zu CLNR 1 lit a eingetragene Wohnungsberechtigte handelt, am 5.1.1983 verstorben ist. Mittlerweile wurde auf Grund der erwähnten Einantwortungsurkunde zu TZ ***** das Alleineigentumsrecht des Willy N***** an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft eingetragen.

Das Erstgericht wies das Löschungsgesuch mit der Begründung ab, daß nur der im Grundbuch eingetragene Ing.Willibald N***** zur Verfügung über die Liegenschaft berechtigt sei und die vorgewiesene Einantwortungsurkunde nicht als Bevollmächtigung der Antragsteller im Sinne des § 77 GBG angesehen werden könne.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Zu prüfen sei nicht die Befugnis der Einschreiter zur Vertretung des bereits eingeantworteten Nachlasses des Willibald N*****, sondern die Frage, ob auch außerbücherliche Eigentümer der Liegenschaft zur Antragstellung nach § 136 GBG legitimiert sind. Diese Berechtigung müsse im Lichte der §§ 21 und 94 GBG gesehen werden, wonach im Grundbuchsverkehr auf die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse grundsätzlich nicht Bedacht zu nehmen sei, solange sie nicht im Grundbuch ihren Niederschlag gefunden haben (SZ 49/104 u.a.). Ob dieser Aspekt auch dann gilt, wenn eingeantwortete Erben die (Einverleibung der) Löschung eines Rechtes verlangen, sei in der Rechtsprechung nicht näher behandelt, doch würde die Bejahung der Antragslegitimation im gegenständlichen Fall dazu führen, daß die Verbücherung der Abhandlungsergebnisse, die gemäß § 29 LiegTeilG sogar von Amts wegen zu überwachen ist, gleichsam obsolet würde, könnten dann eingeantwortete Erben, ohne daß ihr Eigentumsrecht einverleibt wurde, schon ab dem Zeitpunkt der Einantwortung wie bücherliche Eigentümer über unbewegliches Gut des Erblassers verfügen. Aus der Entscheidung JBl 1991, 51, wonach der eingeantwortete Erbe die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der in seinem außerbücherlichen Eigentum stehenden Liegenschaft erwirken könne, lasse sich insoweit für den Standpunkt der Antragsteller nichts gewinnen, weil die ausdehnende Interpretation des Begriffes "Eigentümer" im Zusammenhang mit § 23 GBG als Vorbereitungshandlung auf eine beabsichtigte Veräußerung der noch im bücherlichen Eigentum des Erblassers stehenden Liegenschaft zu sehen sei und vornehmlich der Absicherung des Käufers dienen solle. Derartige Überlegungen kämen bei einem Ansuchen wie im gegenständlichen Fall nicht zum Tragen.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs - mangels einschlägiger Rechtsprechung - zulässig sei.

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs machen die Antragsteller geltend, daß sich ihre Antragslegitimation schon allein daraus ergebe, daß ihnen die Löschung des gegenstandslosen Wohnungsrechtes zum Vorteil gereicht. Ein solches Ansuchen bedürfe nach § 77 Abs 2 GBG überhaupt nur einer allgemeinen Vollmacht, weshalb nicht einzusehen sei, warum die Einantwortungsurkunde, die etwa eine ausreichende Legitimation zur Erwirkung einer Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung verschaffe, nicht ausreichen sollte. Es könne dem außerbücherlichen Eigentümer nicht verwehrt sein, die Lastenfreistellung seiner Liegenschaft zu beantragen, ohne gezwungen zu sein, vorher die gebührenpflichtige Eintragung seines Eigentumsrechtes beantragen zu müssen. Von einem Widerspruch zu jener Regelung, die vom Gericht die amtswegige Verbücherung der Abhandlungsergebnisse verlange, könne keine Rede sein, weil § 23 GBG den Erwerb einer nachgelassenen Liegenschaft vom nicht verbücherten Erben ausdrücklich vorsieht. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht eine dem Grundbuchsgesuch stattgebende Entscheidung aufzutragen.

Der Rekurs ist zulässig und in Ansehung des Erstantragstellers, der bei Überreichung des Grundbuchsgesuches bereits außerbücherlicher Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft war, auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausführte, geht es bei der Frage, ob das Löschungsbegehren berechtigt ist, ausschließlich um das Problem der Antragslegitimation. Dabei kann als unstrittig vorausgeschickt werden, daß zumindest dem grundbücherlichen Eigentümer das Recht zuzubilligen ist, eine materiell nicht mehr bestehende Belastung seiner Liegenschaft auch im Grundbuch löschen zu lassen. Zu klären ist, ob ein solcher Anspruch auch dem außerbücherlichen Eigentümer zusteht.

In der Frage, wer die Anmerkung einer Rangordnungsanmerkung im Sinne des § 53 GBG erwirken kann, hat der Oberste Gerichtshof bereits den Standpunkt vertreten, daß die Antragslegitimation grundsätzlich auch dem außerbücherlichen Eigentümer zukommt, weil sich dessen Rechtsposition nicht von jener des verbücherten Eigentümers unterscheidet (WoBl 1991, 53/41 mit Anmerkung von Hoyer = NZ 1990, 235 mit Anmerkung von Hofmeister; NZ 1994, 44/287 mit Anmerkung von Hofmeister). Das dort verwendete Argument, § 23 GBG sehe diese Veräußerung einer zur Verlassenschaft gehörigen Liegenschaft durch den Erben ausdrücklich vor, ohne die Zwischeneintragung des Erben zu fordern, weshalb es dem Erben auch gestattet sein müsse, die grundbuchsrechtlichen Möglichkeiten zur Vorbereitung eines Verkaufes in Anspruch zu nehmen, gilt - entgegen der Meinung des Rekursgerichtes - auch hier. Der eingeantwortete Erbe, der die ihm zugefallene Liegenschaft veräußern will, kann ein erhebliches Interesse daran haben, das Grundbuch von nicht mehr bestehenden Lasten zu bereinigen, um die notwendige Vertrauensbasis für eventuelle Käufer herzustellen. Die vom Rekursgericht für den gegenteiligen Rechtsstandpunkt zitierte Entscheidung NZ 1970, 28 widerspricht dem keineswegs, weil sie keinen Fall echten außerbücherlichen Eigentums behandelt; gerade die Einantwortung ist jedoch als Ausnahme vom Eintragungsprinzip anerkannt (Spielbüchler in Rummel2, Rz 2 zu § 431 und Rz 4 zu § 436 ABGB).

Selbst die vom Rekursgericht angesprochene Verpflichtung des Verlassenschaftsgerichtes, für eine amtswegige Verbücherung der Verlassenschaftsergebnisse zu sorgen (§ 29 LiegTeilG), läßt sich eher für als gegen die Antragslegitimation des eingeantworteten Erben zu Grundbuchshandlungen nach § 136 GBG verwenden. Auch den außerbücherlichen Erwerbern von Liegenschaftseigentum und dem Grundbuchsgericht ist nämlich die gesetzliche Verpflichtung auferlegt, den Grundbuchsstand in Ordnung zu bringen (§ 28 LiegTeilG). Das bedeutet nichts anderes, als daß der eingeantwortete Erbe, der die Löschung bücherlicher Lasten auf einer ihm zugefallenen Liegenschaft verlangt, zur Verbücherung seines Eigentums aufgefordert werden müßte, wenn ihn das Grundbuchsgericht noch nicht als Eigentümer ausweist. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wollte man ihm gleichzeitig die Antragslegitimation zur Herstellung der richtigen Rechtslage im Grundbuch nach § 136 GBG verwehren.

Gerade im gegenständlichen Fall tritt dieser Wertungswiderspruch besonders auffällig zutage. Wäre der nunmehr ohnehin im Grundbuch als Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft eingetragene Erstantragsteller durch § 177 AußStrG nicht gehindert gewesen, um die Einverleibung seines Eigentums beim Grundbuchsgericht anzusuchen, so hätte er gemäß § 86 GBG diesen Verbücherungsantrag mit dem Antrag auf Löschung des gegenstandslos gewordenen Wohnungsrechtes verbinden können. So hat er offensichtlich auf die amtswegige Verbücherung seines Eigentumsrechtes durch das Verlassenschaftsgericht vertraut und ist mit seinem die wirkliche Rechtslage herstellenden Löschungsbegehren nach § 136 GBG (vgl SZ 31/112) dieser Verbücherungsanordnung nur zuvorgekommen. Ihm unter diesen Umständen die Antragslegitimation für ein Einschreiten nach § 136 GBG zu versagen, nur weil sein außerbücherliches Eigentum noch nicht verbüchert war, widerspräche dem schon vom Rekursgericht hervorgehobenen Grundsatz, daß zum Einschreiten in Grundbuchssachen jedenfalls auch der legitimiert ist, der durch die begehrte Eintragung unmittelbar in seiner Rechtsposition berührt wird.

Demnach war dem Revisionsrekurs des Erstantragstellers Folge zu geben und die begehrte Grundbuchseintragung zu bewilligen; aus demselben Grund konnte aber dem Rechtsmittel des Zweitantragstellers, der nach der Einantwortungsurkunde, die auch die Ergebnisse der Erbteilung zu berücksichtigen hatte (Kralik, Erbrecht, 339; vgl auch WoBl 1991, 53/41), nicht Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft geworden ist, kein Erfolg beschieden sein.

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