VwGH Ra 2021/06/0130

VwGHRa 2021/06/013019.10.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des Dipl.‑Ing. P S, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 30. März 2021, VGW‑162/034/15022/2016‑2, betreffend Neubemessung des Pensionsbeitrages nach dem Ziviltechnikerkammergesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kuratorium der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten; weitere Partei: Bundesministerien für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2004 §37 Abs4
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2004 §6
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2004 §7
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2004 §8
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2004 §9
VwGG §34 Abs1
VwRallg
ZivTG 2019 §117 Abs16

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060130.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Das Kuratorium der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten gab dem Antrag des Revisionswerbers vom 22.12.2009 auf Neubemessung der Beiträge zum Pensionsfonds für das Jahr 2009 mit Bescheid vom 11.11.2016 gemäß §§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 4 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen WE 2004 (im Folgenden: Statut WE 2004) idF der 205. Verordnung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (im Folgenden: 205. VO) statt und setzte gemäß § 6 Abs. 6 des Statutes WE 2004 idF der 205. VO iVm § 32 Abs. 1 des Statutes WE 2004 idF der 211. VO und § 78 Abs. 5 Ziviltechnikerkammergesetz 1993 (ZTKG 1993) die Beiträge neu fest.

5 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien (VwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.

Begründend führte das VwG im Wesentlichen aus, die Frage der Beitragspflicht sei nach den im jeweiligen Zeitraum geltenden Rechtsvorschriften zu beurteilen (Hinweis auf VwGH 27.9.2007, 2005/11/0174). § 37 Abs. 4 des Statutes WE 2004 idF der 211. VO, wonach die Beitragspflicht für Ziviltechniker mit aufrechter Befugnis zum Pensionsfonds am 31. Dezember 2012 ende und die §§ 6 bis 9 des Statutes WE 2004 ab dem 1. Jänner 2013 nicht mehr anzuwenden seien, beziehe sich nur auf die Festsetzung der Beitragspflicht ab 1. Jänner 2013. Im vorliegenden Fall kämen für die Neubemessung der Beiträge für das Jahr 2009 jedoch die §§ 6, 7 des Statutes WE 2004 zur Anwendung.

6 Der Revisionswerber macht in der Zulässigkeitsbegründung ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung insofern geltend, als der „Bescheid“ ohne gültige Rechtsgrundlage erlassen worden sei (Hinweis VwGH 28.4.2011, 2009/07/0124); die §§ 6, 7 des Statutes WE 2004 seien seit 1.1.2013 nicht mehr in Kraft. Die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegte Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes 2005/11/0174 sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil im Ärztegesetz 1998 ‑ im Unterschied zum Statut WE 2004 ‑ Übergangsregelungen für anhängige Verfahren normiert seien. Das Statut WE 2004 enthalte zwar in § 37 [der 211. VO] Übergangsbestimmungen, allerdings sei in dessen Abs. 4 klar festgehalten, dass die „§§ 6 und 9 (des Statuts)“ ab 1. Jänner 2013 nicht mehr anwendbar seien.

7 Gemäß § 37 Abs. 4 des Statutes WE 2004 idF der 211. VO endete die Beitragspflicht für Ziviltechniker mit aufrechter Befugnis zum Pensionsfonds am 31. Dezember 2012; ab 1. Jänner 2013 unterliegen sie ausschließlich der Beitragspflicht nach dem Freiberuflichensozialversicherungsgesetz (FSVG); die §§ 6 bis 9 des Statutes WE 2004 sind ab dem 1. Jänner 2013 nicht mehr anzuwenden.

Die Übergangsbestimmung des § 117 Abs. 16 Ziviltechnikergesetz 2019 (ZTG 2019) sieht vor, dass ausständige Fondsbeiträge für die gesamten Wohlfahrtseinrichtungen nach dem Statut WE 2004 idF der 211. VO von den Mitgliedern der Länderkammern einzuheben sind.

8 Dem Revisionswerber ist zwar zuzustimmen, dass grundsätzlich die im Zeitpunkt der Erlassung eines Bescheides oder Erkenntnisses gegebene Rechtslage anzuwenden ist, sofern der Gesetzgeber (hier: Verordnungsgeber) nicht in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, dass auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz (bzw. die bisher geltende Verordnung) anzuwenden ist. Anderes gilt jedoch, wenn ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war (vgl. zum Ganzen VwGH 29.4.2005, 2005/05/0106; 23.6.2010, 2009/06/0007; 21.2.2014, 2013/06/0057 und 0058; 19.4.1988, 87/04/0259, betreffend Beiträge zum Versorgungsfonds der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten). § 37 Abs. 4 des Statutes WE 2004 legt in diesem Sinne fest, dass §§ 6 bis 9 für Beitragszeiten ab dem 1. Jänner 2013 nicht mehr anzuwenden sind, für Zeiträume davor jedoch ‑ unabhängig vom Entscheidungszeitpunkt ‑ schon. Darauf weist auch § 117 Abs. 16 ZTG 2019 betreffend die Einhebung ausständiger Beiträge hin; nichts Anderes kann gelten, wenn Beiträge für einen Zeitraum vor dem 1. Jänner 2013 nachträglich neu festgesetzt werden. Insofern ist die Rechtslage klar (vgl. zum Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei nach den in Betracht kommenden Normen klarer Rechtslage etwa VwGH 23.7.2021, Ra 2021/06/0108, Rn. 7, mwN).

Aus dem vom Revisionswerber zitierten hg. Erkenntnis 2009/07/0124 ist mangels Vergleichbarkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen. Der Hinweis im angefochtenen Erkenntnis auf die hg. Entscheidung 2005/11/0174 ist insofern zutreffend, als darin ausgesprochen wird, dass die Frage der Beitragspflicht nach den im fraglichen Zeitraum geltenden Rechtsvorschriften zu beurteilen ist.

9 Soweit der Revisionswerber das Vorliegen von Verfahrensmängeln (Begründungsmangel, unvollständiges Ermittlungsverfahren, mangelnde Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen) rügt, fehlt es schon an der für die Darlegung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung erforderlichen Relevanzdarstellung (vgl. etwa VwGH 26.03.2021, Ra 2021/06/0049, mwN).

10 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Oktober 2021

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