VwGH 87/04/0259

VwGH87/04/025919.4.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde des Mag. EL in W, vertreten durch Dr. Andrea Wukovits, Rechtsanwalt in Wien XXII, Wagramerstraße 81/1/3, gegen den Bescheid des Kammertages der Bundes-Ingenieurkammer vom 9. Oktober 1987, Zl. 1173/87/kl, betreffend Ablehnung der Ermäßigung des Beitrages zum Versorgungsfonds, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
IngKG §29 Abs1;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §6 Abs3 idF 15.6.1987;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
IngKG §29 Abs1;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §6 Abs3 idF 15.6.1987;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Kammertages der Bundesingenieurkammer vom 9. Oktober 1987 (ausgefertigt am 2. November 1987) wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 17. April 1987 auf rückwirkende Ermäßigung des Beitrages zum Versorgungsfonds abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe vom Beginn seiner Mitgliedschaft bis zum Ende des 3. Quartals 1985 am Versorgungsfonds mit einem Beitragssatz von 15,75 % und in der Folge bis Ende 1986 mit einem solchen von 50 % teilgenommen. Seit dem 1. Quartal 1987 nehme der Beschwerdeführer mit einem ermäßigten Beitragssatz von 15,75 % am Versorgungsfonds teil. Mit Schreiben vom 17. April 1987 habe er den Antrag an das Kuratorium der Wohlfahrtseinrichtungen gestellt, seine Teilnahme am Versorgungsfonds rückwirkend für die Zeitspanne seiner 50-%igen Teilnahme von Oktober 1985 bis einschließlich 1986 von 50 % auf 15,75 % zu verringern, da sein Einkommen aus Ziviltechnikertätigkeit für diese Zeitspanne weniger als das 300- fache der Zeitgrundgebühr betragen habe. Das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen sehe in § 6 Abs. 3 vor, dass Ermäßigungen auf Antrag gewährt werden könnten, wenn bestimmte Einkommensgrenzen unterschritten würden. Diesem Anspruch werde ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bei Vorliegen der Voraussetzungen Rechnung getragen. Die Höhe der Leistungen des Versorgungsfonds im Anspruchsfall sei gemäß § 11 Abs. 3 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen direkt abhängig von der Höhe der geleisteten Beiträge. Das Versicherungsrisiko sei daher auch bis zum Zeitpunkt der Antragstellung gemäß der damaligen Einstufung abgedeckt. Zwar ließen sich auch Beiträge, die nicht konsumiert worden seien, theoretisch zurückzahlen, doch sei es unmöglich, längst durch Zeitablauf verstrichene Risken und ihre Bedeckung rückgängig zu machen. Es seien daher im Statut der Wohlfahrtseinrichtungen und im Ingenieurkammergesetz keine Bestimmungen über die nachträgliche Herabsetzung und Rückzahlung von Beiträgen zum Versorgungsfonds bei aufrechter Befugnis enthalten. Ein Begehren auf Rückzahlung von Beiträgen an Beitragspflichtige sei nicht vorgesehen und die Gewährung einer derartigen Rückzahlung sei ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Abschriften der Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem durch § 6 Abs. 3 letzter Satz des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen (StWE) gewährten Recht auf nachträgliche Ermäßigung der Beiträge zum Versorgungsfonds bei Vorliegen der Voraussetzungen verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, Voraussetzung für die Teilnahme am Versorgungsfonds mit einem geringeren Betrag sei gemäß § 6 Abs. 3 letzter Satz StWE der Nachweis, dass das steuerpflichtige Einkommen das genannte Vielfache der Zeitgrundgebühr unterschreite. Unter steuerpflichtigem Einkommen könne wohl bei gesetzeskonformer Auslegung nur das Jahreseinkommen verstanden werden und die Beitragsermäßigung könne sich nur auf das Einkommen in jenem Zeitraum beziehen, in dem ein entsprechend geringes Einkommen vorliege. Da Fondsbeiträge einerseits vierteljährlich im Vorhinein zu entrichten seien und andererseits der Nachweis der Höhe des steuerpflichtigen Einkommens durch Einkommensteuerbescheide regelmäßig erst nach Ablauf des Folgejahres möglich sei, könne bei rechtsrichtiger Auslegung der Bestimmung des § 6 Abs. 3 StWE die Festsetzung bzw. die Herabsetzung der Beiträge bei Vorliegen der Voraussetzungen immer nur nachträglich erfolgen. Es sei daher die entgegenstehende Rechtsansicht der belangten Behörde unrichtig. Würde man der Rechtsansicht der belangten Behörde folgen, so hätte dies zur Konsequenz, dass die Ermäßigung in einem Zeitraum zum Tragen komme, in dem die Voraussetzung des geringen Einkommens möglicherweise nicht mehr gegeben ist. Darüber hinaus richte sich die Höhe der Fondsbeiträge nach dem Lebensalter, was bei Zugrundelegung der Rechtsansicht der belangten Behörde zur Folge habe, dass die ermäßigten Beiträge in dem Jahr, in dem ein solcher Anspruch nach Ansicht der belangten Behörde auf Grund der Einkommen der Vorjahre zustehe, höher seien, als in jenem Jahr, in dem die Voraussetzungen für eine Ermäßigung geschaffen worden seien.

Gemäß § 27 Abs. 1 Ingenieurkammergesetz sind als gemeinsame Wohlfahrtseinrichtungen für die Ziviltechniker und deren Hinterbliebene ein Versorgungsfonds und ein Sterbekassenfonds zu errichten und zu betreiben. Diese Fonds besitzen keine eigene Rechtspersönlichkeit, sie bilden zweckgebundene Sondervermögen der Bundeskammer. Die Mittel des Fonds sind zufolge Abs. 4 aus Fondsbeiträgen aufzubringen. Diese sind vom Kammertag unter Bedachtnahme auf das Ausmaß der gemäß dem Statut (§ 29) zu erbringenden Leistungen in einer solchen Höhe festzusetzen, die den Erfordernissen der Fonds unter Berücksichtigung ihres dauernden Bestandes und der Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit entspricht.

Nach § 29 Abs. 1 Ingenieurkammergesetz sind nähere Bestimmungen über die Aufgabe des Versorgungs- und des Sterbekassenfonds, die Aufbringung und Verwaltung der Mittel, die Geschäftsführung des Kuratoriums, die Beitragspflicht, die Gewährung und Höhe der Zuwendungen, die Art der Auszahlung, allfällige Beschränkungen der Auszahlung und die Pflichten des Leistungsempfängers u.a. unter Berücksichtigung der Versicherungsmathematik sowie der verwaltungsorganisatorischen Zweckmäßigkeit in einem Statut festzusetzen.

Gemäß § 4 Abs. 3 des in Ausführung der zuletzt zitierten Gesetzesstelle ergangenen Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen sind die Fondsbeiträge spätestens vierteljährlich im Vorhinein, und zwar jeweils bis 15. Jänner, 15. April, 15. Juli und 15. Oktober zu entrichten.

Gemäß § 6 Abs. 3 StWE in der bis zum 30. Juni 1987 geltenden Fassung ermäßigt sich der Beitrag zum Versorgungsfonds über Ansuchen auf 75 von Hundert oder auf 50 von Hundert, wenn glaubhaft gemacht wird, dass Gründe vorliegen, welche eine höhere Beitragspflicht als unzumutbar erscheinen lassen; er ermäßigt sich auf 25 von Hundert, wenn das steuerpflichtige Einkommen des Ziviltechnikers das 400-fache der jeweils in den Gebührenordnungen (§ 31 des IGK) festgesetzten Ziviltechniker-Stundenqebühr (Zeitgrundgebühr) unterschreitet; eine Ermäßigung auf 25 von Hundert kann gewährt werden, wenn Ziviltechniker den Nachweis erbringen, dass ihnen und ihren Hinterbliebenen die Anwartschaft oder der Anspruch auf eine anderweitige Versorgungsleistung oder Pension zusteht. Wird nachgewiesen, dass das steuerpflichtige Einkommen weniger als das 300-fache der Zeitgrundgebühr beträgt, ermäßigt sich der Beitrag auf 15,75 von Hundert.

Zufolge § 11 Abs. 3 (Altersversorgung) und § 12 Abs. 3 (Zuwendungen aus dem Grund der dauernden Berufsunfähigkeit) richtet sich die Höhe der Leistungen aus dem Fonds unter anderem danach, ob vom Anspruchsberechtigten die Beiträge an den Versorgungsfonds in voller Höhe oder in einem verminderten Ausmaß geleistet wurden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, hat die Rechtsmittelbehörde im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden. Eine andere Betrachtungsweise wird - neben dem Fall einer davon abweichenden ausdrücklichen Übergangsregelung dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war (vgl. die hg. Erkenntnisse verstärkter Senate vom 4. Mai 1977, 898/75, Slg. N. F. Nr. 9315/A, vom 28. November 1983, Slg. N. F. Nr. 11.237/A, und vom 15. Juni 1987, Zl. 86/04/0010).

Der im vorliegenden Fall zu beurteilende Antrag ist insofern zeitbezogen, als darüber zu entscheiden ist, welche Beiträge der Beschwerdeführer für die Zeit des 4. Quartals 1985 bis Ende 1986 zum Versorgungsfonds zu leisten hatte. Es ist somit darüber abzusprechen, was in diesem Zeitraum rechtens war. Da die Verordnung der Bundes-Ingenieurkammer vom 15. Juni 1987, mit der das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundes-Ingenieurkammer vom 30. Juni 1970 geändert wurde, keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält und das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundes-Ingenieurkammer in seiner ab dem 1. Juli 1987 geltenden Fassung ausdrücklich vorsieht, dass Anträge auf Ermäßigung der Beiträge zum Versorgungsfonds nur für die Zukunft wirken, ist daher auf den vorliegenden Fall das im damaligen Zeitraum geltende Recht, also das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen in seiner Fassung vor der zitierten Verordnung vom 15. Juni 1987 anzuwenden.

In der Sache selbst ist auszugehen von dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach Anträge im allgemeinen nur pro futuro wirken. Soll ein Antrag auch auf einen Sachverhalt pro praeterito wirken, so müsste ausdrücklich eine Normgrundlage dafür vorhanden sein. Da § 6 Abs. 3 StWE (als) eine derartige Normgrundlage nicht bietet, ist somit die Rechtsansicht der belangten Behörde, eine Ermäßigung der Beiträge zum Versorgungsfonds auf Grund eines (nachträglichen) Ansuchens für einen vor der Antragstellung liegenden Zeitraum sei durch die Rechtslage nicht gedeckt, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde erweist sich damit als nicht berechtigt. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 19. April 1988

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