VwGH Ra 2020/17/0132

VwGHRa 2020/17/013222.3.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Berger, die Hofrätin Dr. Koprivnikar sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des E V in W, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 27. Oktober 2020, VGW‑002/V/059/13321/2020‑1, betreffend Vorschreibung von Barauslagen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §50 Abs10
GSpG 1989 §53
GSpG 1989 §54
VStG §31
VStG §31 Abs2
VStG §64 Abs3
VwGVG 2014 §44
VwGVG 2014 §44 Abs3
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020170132.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1.1. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (Verwaltungsgericht) vom 30. April 2018 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der L U GmbH unter Einschränkung des Tatzeitraums der zweifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 vierter Fall Glücksspielgesetz ‑ GSpG schuldig erkannt, weil sich diese Gesellschaft als Unternehmerin durch die Vermietung eines konkreten Lokals insoweit an der Veranstaltung verbotener Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG beteiligt habe, als die Mieterin und Lokalbetreiberin, die S.C. SRL, durch das Aufstellen und den Betrieb näher bezeichneter (vorläufig beschlagnahmter und in Folge eingezogener) Glücksspielgeräte Personen gegen Leistung von Geldeinsätzen vom Inland aus die Teilnahme an Glückspielen ermöglich habe. Das Verwaltungsgericht setzte die mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien (LPD) vom 2. August 2017 verhängten Geldstrafen (und die Ersatzfreiheitsstrafen) sowie den Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens herab. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe, und erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für unzulässig.

2 1.2. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 13. September 2018, Ra 2018/16/0126, 0127, zurück.

3 2.1. Mit Bescheid der LPD vom 29. September 2020 wurde dem Revisionswerber gemäß § 50 Abs. 10 GSpG die Bezahlung von im Zuge eines Beschlagnahme- und Einziehungsverfahrens gemäß § 53 Abs. 1 und § 54 Abs. 1 GSpG nach der am 10. März 2017 an einem näher bezeichneten Tatort erfolgten vorläufigen Beschlagnahme näher konkretisierter Eingriffsgegenstände in das Glücksspielmonopol erwachsenen Barauslagen in der Höhe von € 414,82 auferlegt.

4 Begründend wurde ausgeführt, der Revisionswerber sei wegen der „unternehmerischen Beteiligung“ an verbotenen Ausspielungen rechtskräftig bestraft worden. Die näher dargestellten Kosten (Abholung und Vernichtung der Geräte sowie anteilige Lagergebühren im Polizeilager) seien dem Revisionswerber als Bestraftem gemäß § 50 Abs. 10 GSpG vorzuschreiben.

5 2.2. Das Verwaltungsgericht wies die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 27. Oktober 2020 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 50 VwGVG als unbegründet ab und sprach aus, dass gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig sei.

6 Begründend führte das Verwaltungsgericht (u.a.) aus, die im Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheides näher bezeichneten Glücksspielgeräte samt Zubehör seien am 10. März 2017 in einem näher genannten Lokal vorläufig beschlagnahmt worden. In weiterer Folge sei durch die belangte Behörde ein mit 13. Juli 2017 datierter Beschlagnahme- und Einziehungsbescheid erlassen worden. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 30. April 2018 sei die mit Bescheid der belangten Behörde ausgesprochene Einziehung dieser Geräte gegenüber der S.C. SRL bestätigt worden. Unter einem sei die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der LPD vom 2. August 2017, mit welchem Geldstrafen wegen Übertretungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 vierter Fall GSpG verhängt worden seien, abgewiesen worden. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 2018, Ra 2018/16/0126 bis 0127‑4, sei unter anderem die dagegen erhobene Revision des Revisionswerbers zurückgewiesen worden. Aufgrund des rechtskräftigen Einziehungsbescheides bezüglich der beschlagnahmten und sodann eingezogenen Sachen habe die LPD gemäß § 54 Abs. 3 GSpG die Vernichtung der Geräte angeordnet und diese am 28. Mai 2019 durchgeführt. Für die Lagerung, Abholung und Vernichtung der betreffenden Geräte seien die im angefochtenen Bescheid dargestellten Kosten erwachsen. Die Feststellungen ergäben sich aus dem behördlichen Verwaltungsakt, in welchem die Kostenermittlung nachvollziehbar und schlüssig bescheinigt und dargelegt werde; insoweit sei von Seiten des Revisionswerbers nichts bestritten worden.

7 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht (u.a.) aus, der Revisionswerber sei rechtskräftig wegen Verwaltungsübertretungen nach dem GSpG bestraft worden; seinen in der Beschwerde erhobenen Einwänden komme „keinerlei rechtliche Relevanz“ zu. In verfahrensrechtlicher Hinsicht sei auszuführen, dass der in § 50 Abs. 10 GSpG statuierte Kostenersatz nur insoweit in Zusammenhang mit nach dem GSpG zu führenden Verwaltungsstrafverfahren stehe, als auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Strafverfahren, das zu einer Verurteilung des Beschuldigten geführt habe, abzustellen sei. Es handle sich bei einer Beschlagnahme bzw. Einziehung nach §§ 53 und 54 GSpG aber um keine Strafe, sondern um eine Sicherungsmaßnahme. § 50 Abs. 10 GSpG sei daher nicht als lex specialis zu § 64 Abs. 3 VStG zu verstehen sei, sondern „administrativrechtlicher Natur“. Ein Anwendungsbereich für die Kostenbestimmung des § 64 VStG sei daher in einem Verfahren nach § 50 Abs. 10 GSpG nicht eröffnet. Daraus folge im Weiteren auch, dass eine Auferlegung dieser Kosten bereits im Spruch des Straferkenntnisses wenigstens dem Grunde nach rechtlich nicht geboten sei, allerdings komme auch ein Haftungsausspruch nach § 9 Abs. 7 VStG in einem Verfahren nach § 50 Abs. 10 GSpG nicht in Betracht.

8 3.1. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

9 3.2. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

10 4.1. Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision unter anderem unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 64 Abs. 3 VStG vor, eine Vorschreibung von Barauslagen nach § 50 Abs. 10 GSpG dürfe nur innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG erfolgen, zumal es sich bei einem solchen Bescheid um einen im „Verwaltungsstrafverfahren“ ergangenen Bescheid handle und die Bestimmung ausdrücklich auf die Bestrafung des zum Barauslagenersatz Verpflichteten Bezug nehme. Die Vorschreibung der Barauslagen sei jedoch nach Ablauf der Verjährungsfrist am 10. März 2020 erfolgt. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht keine mündliche Verhandlung durchgeführt. Das Verfahren zur Erlassung des Einziehungsbescheides stelle eine „Verwaltungsstrafsache“ dar, sodass im Hinblick auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung § 44 VwGVG anzuwenden sei; Gleiches gelte für Beschlagnahmeverfahren. Insofern könne auch für Verfahren „auf Vorschreibung von Barauslagen gemäß § 50 Abs. 10 GSpG“ nichts anderes gelten. Ein Absehen von der Verhandlung wäre vom Verwaltungsgericht nach der Bestimmung des § 44 VwGVG zu beurteilen und zu begründen gewesen, was von diesem unterlassen worden sei.

11 4.2. Die Revision erweist sich mit diesem Vorbringen als zulässig und begründet:

12 4.3. Die für die Vorschreibung von Barauslagen in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem GSpG maßgebende Bestimmung des § 64 Abs. 3 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, lautet wie folgt:

Kosten des Strafverfahrens

§ 64. (...)

(3) Sind im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), so ist dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hienach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis (der Strafverfügung), sonst durch besonderen Bescheid ziffernmäßig festzusetzen. Dies gilt nicht für Gebühren, die dem Dolmetscher und Übersetzer zustehen, der dem Beschuldigten beigestellt wurde.

(...)“

13 § 50 Abs. 10 GSpG, BGBl. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2016, lautet wie folgt:

Behörden und Verfahren

§ 50. (...)

(10) Erwachsen einer Behörde bei einer Amtshandlung im Zusammenhang mit dem Beschlagnahme‑ oder Einziehungsverfahren Barauslagen, so sind diese den Bestraften zur ungeteilten Hand im Strafbescheid, allenfalls mittels gesonderten Bescheids, aufzuerlegen.

(...)“

14 4.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 50 Abs. 10 GSpG bereits ausgesprochen, dass diese Bestimmung eine lex specialis zu § 64 Abs. 3 VStG darstellt, sodass § 64 Abs. 3 VStG nur subsidiär zur Anwendung kommt, wenn die Vorschreibung von Barauslagen nach § 50 Abs. 10 GSpG nicht in Betracht kommt (vgl. VwGH 21.11.2018, Ra 2017/17/0322, mwN).

15 Bereits nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist (auch) die Vorschreibung von Barauslagen dem Grunde nach durch gesonderten Bescheid erfasst (vgl. VwGH 22.11.2018, Ro 2017/17/0026).

16 § 50 Abs. 10 GSpG setzt für die Vorschreibung von Barauslagen ‑ ebenso wie § 64 Abs. 3 VStG ‑ zunächst voraus, dass der Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung bestraft wurde. Zudem dürfen Kosten nach § 50 Abs. 10 GSpG nur in jenen Strafverfahren auferlegt werden, in denen eine Bestrafung wegen einer Tatbegehung unter Verwendung von der Beschlagnahme oder Einziehung unterliegenden Glücksspielgeräten erfolgt ist (vgl. erneut VwGH 21.11.2018, Ra 2017/17/0322).

17 4.5. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Barauslagen (im Sinne der Bestimmung des § 64 Abs. 3 VStG) jedoch von der belangten Behörde zu tragen, wenn das Verwaltungsstrafverfahren im Instanzenzug ‑ etwa wegen Verjährung ‑ eingestellt wird (vgl. VwGH 4.12.1967, 1035/67; VwGH 20.11.2017, Ra 2017/03/0095).

18 Gemäß § 31 Abs. 2 VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Demnach hat eine Bestrafung innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG zu erfolgen, wobei die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur dann gewahrt ist, wenn die Rechtsmittelentscheidung innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde (vgl. VwGH 13.11.2018, Ra 2018/17/0172, mwN). Es ist nicht ersichtlich und wird vom Revisionswerber auch nicht behauptet, dass hinsichtlich des ihm angelasteten Deliktes Verjährung gemäß § 31 Abs. 2 VStG eingetreten ist. Vielmehr ist der Revisionswerber rechtskräftig wegen der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG bestraft worden.

19 4.6. Weiters handelt es sich bei der Beschlagnahme und Einziehung nach § 53 GSpG und § 54 GSpG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht um Strafen, sondern um Sicherungsmaßnahmen (vgl. etwa VwGH 28.2.2018, Ra 2017/17/0703; 6.9.2016, Ra 2015/09/0103; 26.5.2014, Ro 2014/17/0031), die der Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen bzw. der Fortsetzung der Begehung einer Verwaltungsübertretung dienen und darauf abzielen, der Gefährlichkeit von bestimmten Sachen für die Allgemeinheit entgegenzuwirken (vgl. VwGH 3.7.2009, 2009/17/0065; 14.12.2011, 2011/17/0084).

20 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit Sicherungsmaßnahmen bereits mehrfach ausgesprochen, dass solche auch ungeachtet einer eingetretenen Verjährung nach § 31 VStG vorgenommen werden dürfen (vgl. etwa VwGH 24.10.1990, 90/03/0152; 22.6.1994, 93/01/0517; 28.2.1996, 94/03/0263, jeweils mwN).

21 Dürfen nun aber Beschlagnahme und Einziehung als Sicherungsmaßnahmen in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen der Übertretung des GSpG auch nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung vorgenommen werden, muss dies ebenso für die Vorschreibung der damit im Zusammenhang stehenden Kosten nach § 50 Abs. 10 GSpG gelten, sofern der Beschuldigte innerhalb der Strafbarkeitsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG wegen einer Tatbegehung unter Verwendung von der Beschlagnahme oder Einziehung unterliegenden Glücksspielgeräten bestraft wurde. Insofern durften dem Revisionswerber die der belangten Behörde im Zusammenhang mit der vorläufigen Beschlagnahme und Einziehung erwachsenen Barauslagen auch nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung der den Sicherungsmaßnahmen zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen auferlegt werden.

22 4.7. Da die Vorschreibung von Barauslagen im Sinne des § 50 Abs. 10 GSpG somit auch nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG zulässig ist, wird mit diesem Vorbringen des Revisionswerbers keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufgezeigt.

23 4.8. Soweit der Revisionswerber in der Revision erstmalig vorbringt, es wären ihm Lagerkosten verrechnet worden, die der belangten Behörde jedenfalls entstanden wären, weil die Anmietung der Lagerhalle „offenbar“ in keinem Zusammenhang mit der Beschlagnahme und Einziehung dieser Glücksspielgeräte stünde, wird damit im Hinblick darauf, dass das angefochtene Erkenntnis mangels entsprechenden Vorbringens des Revisionswerbers im Beschwerdeverfahren dazu keine Feststellungen enthält, unter Bedachtnahme auf das im Revisionsverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 erster Satz VwGG) keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Erkenntnisses aufgezeigt (vgl. z.B. VwGH 20.1.2016, 2013/17/0033; 18.5.2016, Ro 2014/17/0117).

24 4.9.1. Die Revision macht jedoch zu Recht eine Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

25 4.9.2. Gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in Verwaltungsstrafsachen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In den Abs. 2 bis 5 leg. cit. finden sich zulässige Ausnahmen von der Verhandlungspflicht. Ein Absehen von der Verhandlung ist vom Verwaltungsgericht nach dieser Bestimmung zu beurteilen und zu begründen (vgl. VwGH 29.9.2020, Ra 2020/17/0074, mwN).

26 4.9.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Beurteilung der Verhandlungspflicht in Verfahren betreffend die in § 50 Abs. 10 GSpG genannten Sicherungsmaßnahmen anhand der Bestimmung des § 44 VwGVG zu erfolgen hat (vgl. hierzu VwGH 23.7.2020, Ra 2020/17/0048, und VwGH 12.4.2018, Ra 2017/17/0810, jeweils mwN). Auch der Abspruch betreffend die Barauslagen ist Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens (vgl. VwGH 20.11.2017, Ra 2017/03/0095).

27 Nichts anderes kann in einem Verfahren betreffend die Vorschreibung der im Zusammenhang mit dem Beschlagnahme- oder Einziehungsverfahren erwachsenen Barauslagen gelten, wenn diese in einem gesonderten Bescheid auferlegt wurden.

28 4.9.4. Eine Begründung für das Absehen von der Durchführung einer Verhandlung findet sich im angefochtenen Erkenntnis nicht. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde mit abweisendem Erkenntnis entschieden, weshalb ein Absehen weder nach § 44 Abs. 2 VwGVG noch nach § 44 Abs. 4 VwGVG in Betracht kommt (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2017/17/0334, mwN). Auch ein ausdrücklicher Verzicht auf die Durchführung einer Verhandlung im Sinn des § 44 Abs. 5 VwGVG ist nicht ersichtlich.

29 4.9.5. Die Beschwerde des Revisionswerbers richtete sich zwar gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid im Sinne des § 44 Abs. 3 Z 4 VStG und der eigenhändig geschriebenen Beschwerde des im Beschwerdeverfahren unvertretenen Revisionswerbers kann kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung entnommen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits zu § 51e Abs. 3 VStG (in der Fassung bis zum Außerkrafttreten am 31.12.2013), der inhaltlich weitgehend § 44 Abs. 3 VwGVG entspricht, festgehalten, dass die normierten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, sodass ein Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur zulässig ist, wenn keine Partei die Durchführung einer solchen beantragt hat. Die Unterlassung eines Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann zwar als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet werden, vom Vorliegen eines schlüssigen Verzichts kann aber insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VwGH 28.10.2015, 2013/10/0215, mwN). Dass diese Voraussetzungen für die Annahme eines schlüssigen Verzichts im Revisionsfall erfüllt wären, lässt sich den vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnehmen.

30 4.9.6. Das Verwaltungsgericht wäre somit gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG verpflichtet gewesen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

31 5.1. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

32 5.2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. März 2021

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