OGH 10Ob52/16v

OGH10Ob52/16v11.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Schramm, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Greiml & Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, gegen die beklagten Parteien, 1. b***** Internet Ltd und 2. b***** Entertainment Ltd., beide in Malta, *****, beide vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 34.700 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 11. Mai 2016, GZ 4 R 199/15k-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz von 27. Oktober 2015, GZ 65 Cg 7/14m‑33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0100OB00052.16V.1111.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die beiden beklagten Gesellschaften haben ihren Sitz in Malta. Sie bieten über eine Internetadresse Glücksspiele wie Poker, Black Jack und Roulette sowie Glücksspiele an virtuellen Automaten an, wobei mit unbegrenzt hohen Einsätzen und von der ganzen Welt aus gespielt werden kann. Sie verfügen über aufrechte maltesische Lizenzen für Online‑Sportwetten bzw Online‑Glücksspiele, besitzen aber keine österreichischen Glücksspiellizenzen.

Die Klägerin (eine Verbraucherin im Sinn des Konsumentenschutzgesetzes) verspielte im Zeitraum April bis Dezember 2012 beim von den beklagten Parteien angebotenen „Online-Roulette“ 34.700 EUR.

Die Klägerin begehrt von den beklagten Parteien die Zahlung von 34.700 EUR aus dem Titel des Schadenersatzes mit dem Vorbringen, mangels Konzession nach dem österreichischen Glücksspielgesetz liege ein verbotenes Glücksspiel vor. Weiters brachte die Klägerin vor, sie leide unter pathologischer Spielsucht.

Die beklagten Parteien beantragten Klageabweisung und wendeten im Wesentlichen ein, dass weder ein pathologisches Spielverhalten der Klägerin noch deren Geschäftsunfähigkeit gegeben sei. Die Monopolregelung des österreichischen Glücksspielgesetzes stehe nicht im Einklang mit der Grundfreiheit des freien Dienstleistungsverkehrs. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH seien die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit nicht nur im Hinblick auf den rechtlichen Rahmen unionsrechtswidrig, sondern auch aufgrund der tatsächlichen Auswirkungen der einschlägigen Bestimmungen. Insbesondere sei die von den Konzessionären betriebene Werbung nicht maßvoll und begrenzt, sondern Ausdruck einer expansionistischen Geschäftspolitik, die das Ziel des Schutzes der Verbraucher vor übermäßigen Ausgaben für das Glücksspiel geradezu konterkariere. Da alle durch das österreichische Glücksspielrecht normierten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit unwirksam seien, seien die von den beklagten Parteien angebotenen Online-Glücksspiele weder rechtswidrig noch verboten. Die von der Klägerin verlorenen Spieleinsätze könnten deshalb nicht mit Erfolg rückgefordert werden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte – über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus – noch Folgendes fest:

„Die Klägerin leidet an Spielsucht in Form von pathologischem Spielen im Sinne einer psychischen Störung, einer ICD-10 Klassifikation. Im Zeitraum April bis Dezember 2012 war ihre Steuerungsfähigkeit bzw Impulskontrolle herabgesetzt, allerdings nicht aufgehoben. Die Freiheit der Willensentscheidung war in diesem Zeitraum nicht aufgehoben, es war sowohl die Einsichts- als auch Urteilsfähigkeit gegeben.

In Österreich verfügt nur die Österreichische Lotterien GmbH für den Lottobereich und die Casinos Austria AG für den Spielbankenbereich über die notwendigen Lizenzen zur Durchführung von Wetten und Glücksspielen. Sie bieten Roulette und andere Glücksspiele im Internet an und bewerben diese Glücksspiele in allen Medien wie Radio, Fernsehen, Printmedien, Online etc. In den Jahren 2009 bis 2011 schalteten sie insgesamt 2.352 Anzeigen. Diese Werbemaßnahmen dienten nicht ausschließlich dazu, Verbraucher zu den kontrollierten Spielzwecken zu lenken, sondern zielten darauf ab, den natürlichen Spieltrieb zu fördern, um zur aktiven Teilnahme am Glücksspiel anzuregen. Es wurden verführerische Gewinne in Aussicht gestellt, der Gewinn wurde teils als „automatisch“ oder zumindest als „leicht“ dargestellt. Es sollten auch neue Gruppen, etwa Frauen und junges Publikum wie Studenten, als Kunden für das Glücksspiel gewonnen werden. Das Spielen wurde mit Eigenschaften wie Schönheit, Glück oder Ruhm in Verbindung gebracht und sollte bewusst Sehnsüchte erwecken. Um dem Glücksspiel ein positives Image zu verleihen, wurde auf Sponsoring durch die Casino Austria AG und die österreichische Lotterien GmbH für Kultur und Sport hingewiesen sowie auf Spenden für soziale Projekte. Es kann nicht festgestellt werden, dass von 2009 bis 2012 kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit Glücksspiel und Spielsucht in Österreich erhebliche Probleme darstellten.“

Rechtlich war das Erstgericht unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 15. 9. 2011, Rs C‑347/09 , Dickinger/Ömer, der Auffassung, die Zulässigkeit eines Glücksspielmonopols richte sich danach, ob die Verfolgung einer expansionistischen Geschäftspolitik durch die mit einem Glücksspielmonopol betraute Einrichtung mit den von der Monopolregelung verfolgten Zielen im Einklang stehe. Da nicht festgestellt werden habe können, dass von 2009 bis 2012 kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Glücksspiel und der Spielsucht in Österreich ein erhebliches Problem dargestellt habe, sei das österreichische Glücksspielmonopol nicht mit derartigen Problemen zu rechtfertigen. Die von den Konzessionärinnen (der Lotterien GmbH und der Casinos Austria AG) betriebene Werbung sei nicht maßvoll und auf das begrenzt, was erforderlich sei, um den Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken und der Spielsucht sowie kriminellen Aktivitäten im Zusammenhang damit entgegenzuwirken. Vielmehr handle es sich um eine auf Wachstum abzielende Werbung, die den Spieltrieb fördern, zur aktiven Teilnahme an Glücksspielen anregen, das Glücksspiel verharmlosen und ihm ein positives Image verleihen soll. Aufgrund der (aggressiven) Bewerbung der von den Monopolisten angebotenen Glücksspiele seien die mit dem Glücksspielmonopol einhergehenden Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit mit Verbraucher- oder Spielerschutzerwägungen nicht zu rechtfertigen. Eine andere, mit Verbraucherschutz einhergehende Rechtfertigung im Allgemeininteresse komme ebenfalls nicht in Betracht, da die Konzessionsvoraussetzungen des § 24 GSpG nicht auf eine Verhinderung von Wirtschaftsverbrechen (Betrug, Geldwäsche) abzielen. Demnach sei das österreichische Glücksspielmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung unionsrechtswidrig. Die monopolisierenden Bestimmungen der §§ 14, 21 GSpG würden wegen Widerspruchs gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht verdrängt. Die beklagten Parteien seien daher berechtigt, die gegenständlichen Dienstleistungen in Österreich anzubieten. Ein Anspruch auf Rückzahlung des Spieleinsatzes bestehe nicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Rechtlich beurteilte es den Sachverhalt dahin, dass die Einsichts- und Urteilsfähigkeit der Klägerin nicht aufgehoben gewesen sei. Der Rückforderungsanspruch sei daher nicht mit der Geschäftsunfähigkeit der Klägerin und der Nichtigkeit der Glücksspielverträge begründbar. Der 4. Senat des Obersten Gerichtshofs sei jüngst in seinem mit Beschluss vom 30. 3. 2016 zu 4 Ob 31/16m an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Antrag auf Aufhebung ua des § 3 GSpG idF BGBl I 2010/54 davon ausgegangen, dass dem österreichischen Glücksspielmonopol die unionsrechtliche Rechtfertigung fehle. In dem Antrag werde ausgeführt, es liege keine maßvolle Werbung der Konzessionäre im Sinne der Judikatur des EuGH vor, die sich darauf beschränke, Verbraucher zu den kontrollierten Spielnetzwerken zu lenken, weshalb die Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch das österreichische Glücksspielmonopol gegenüber jenen Anbietern, die sich auf die unionsrechtlichen Freiheiten berufen können, keinen Bestand habe. Das Berufungsgericht teile diese Ansicht. Demnach würden die §§ 14 und 21 GSpG durch unmittelbar anwendbares Unionsrecht verdrängt, weshalb die beklagten Parteien berechtigt seien, das in Rede stehende Online‑Spiel anzubieten. Da es sich um kein verbotenes Spiel handle, sei das auf Rückforderung des Spieleinsatzes gerichtete Klagebegehren abzuweisen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision im Hinblick auf die aktuell vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil zur Frage, ob die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes aufgrund ihrer tatsächlichen Auswirkungen im verfahrensrelevanten Zeitraum den vom EuGH aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts entsprechen, keine abschließende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliegt, sondern nur der im Verfahren 4 Ob 31/16m gestellte Antrag des 4. Senats des Obersten Gerichtshofs an den Verfassungsgerichtshof sowie zu 2 Ob 92/15s ein Aufhebungsbeschluss vorliegen.

Die Revision ist im Sinne des eventualiter gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

I. Zur Frage der Geschäftsfähigkeit der Klägerin:

I.1 Wenn die Klägerin im Hinblick auf die Beweiswürdigung zum psychiatrischen Gerichtsgutachten Nichtigkeit des Berufungsurteils nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO geltend macht, lässt sie außer Acht, dass eine unvollständige, mangelhafte, widersprüchliche oder sonst fehlerhafte Beweiswürdigung keine Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO begründet (RIS‑Justiz RS0106079). Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Begründung wäre nur dann gegeben, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt (RIS‑Justiz RS0007484), was hier aber nicht der Fall ist.

I.2 Ob das psychiatrische Sachverständigengutachten schlüssig und nachvollziehbar ist und die getroffenen Feststellungen rechtfertigt, betrifft die nicht revisible Beweiswürdigung, zu der auch die Frage gehört, ob noch eine weitere Beweisaufnahme erforderlich ist (RIS‑Justiz RS0043320). Nur wenn ein Gutachten gegen zwingende Denkgesetze oder zwingende Gesetze des sprachlichen Ausdrucks verstößt und dadurch das Gutachten unrichtig ist, betrifft dessen Anfechtung die rechtliche Beurteilung (RIS‑Justiz RS0043404). Beschränkt sich der Sachverständige im Rahmen seiner Erkenntnisquellen und Schlussfolgerungen auf die Beurteilung naturwissenschaftlicher, medizinischer Fragen, so liegt darin kein Verstoß gegen die Denkgesetze, mögen auch andere Beweisergebnisse in eine andere Richtung weisen (RIS‑Justiz RS0043404 [T2]).

I.3.1 Geschäftsunfähig im Sinne des § 865 ABGB sind nicht nur jene Personen, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben und somit vollkommen unfähig sind, die Bedeutung rechtsgeschäftlicher Handlungen zu erkennen, sondern auch solche, die aufgrund Geisteskrankheit oder Geistesschwäche unfähig sind, die Tragweite eines konkreten Rechtsgeschäfts und die Auswirkungen des konkreten Rechtsgeschäfts abzuschätzen und dieser Einsicht gemäß zu disponieren (vgl RIS‑Justiz RS0009075). Voraussetzung dafür ist, dass sich die geistige Störung bei dem konkreten Geschäft auf die geistigen Fähigkeiten des Betroffenen ausgewirkt hat und die Freiheit zur Willensentschließung durch die geistige Störung „aufgehoben“ und nicht nur „tangiert“ war (RIS‑Justiz RS0014623 [T3]). In diesem Fall spricht man von partieller Geschäftsunfähigkeit (8 Ob 102/12a). Erst wenn eine durch Geisteskrankheit oder Geistesschwäche bedingte vollkommene Unfähigkeit vorliegt, die Tragweite eines bestimmten Geschäfts einzusehen, ist ein verpflichtendes Rechtsgeschäft ungültig (Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 865 Rz 4 f).

I.3.2 Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen war die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum aber nicht derartig geistig beeinträchtigt, dass sie ihr rechtsgeschäftliches Handeln überhaupt nicht mehr überblicken konnte. Ihre Steuerungsfähigkeit bzw Impulskontrolle war nur herabgesetzt, sodass Urteils- und Einsichtsfähigkeit vorlag und nur von einer teilweisen Beeinträchtigung oder Motivierung der Willensentschließung durch die geistige Störung auszugehen ist. Diese reicht für die Annahme der Geschäftsunfähigkeit aber nicht aus (6 Ob 44/13h).

Die Revision erweist sich daher in diesem Punkt als nicht erfolgreich.

II.1 Zur Zulässigkeit des von den beklagten Parteien am österreichischen Markt angebotenen Glücksspiels

Im Hinblick auf diese Frage ist die Revision im Sinne einer Aufhebung der Vorentscheidungen berechtigt:

II.1.1 Festzuhalten ist, dass Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens weder die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte noch die Anwendung österreichischen Sachrechts ist.

II.1.2 Beide Parteien gehen davon aus, dass das von der Klägerin über die Website der beklagten Parteien gespielte Glücksspiel „Roulette“ dem österreichischen Glücksspielmonopol unterliegt und bei Vereinbarkeit des Glücksspielmonopols mit dem Unionsrecht dieses Spiel verboten ist.

II.2.1 Auf dem Gebiet des Glücksspiels existiert keine Harmonisierung auf Unionsebene. Es steht daher den Mitgliedstaaten frei, die Ziele ihrer Politik auf diesem Gebiet festzulegen und das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen (EuGH 11. 6. 2015, C‑98/14 , Berlington Hungary Tanacsado es Szolgaltato kft ua, Rn 56).

II.2.2 Wenngleich die Einrichtung staatlicher Monopole eine Maßnahme ist, die den in Art 56 AEUV verbürgten freien Dienstleistungsverkehr und die in Art 49 AEUV verbürgte Niederlassungsfreiheit beschränkt, hat der EuGH bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine Monopolregelung, die insbesondere den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, zur Verwirklichung von im Allgemeininteresse liegenden Zielen dienen und einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen könne (EuGH 8. 9. 2010, Rs C‑316/07 Stoß ua Rn 79). Als solche Ziele hat der EuGH Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung und der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen anerkannt (EuGH 6. 3. 2007, verb Rs C‑338/04 ua, Placanica ua, Rn 46).

II.2.3 Die von den Mitgliedstaaten vorgesehenen Beschränkungen bei Durchführung ihrer Politik müssen den sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügen. Hiefür muss ein normativer Rahmen errichtet werden, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieser Ziele qualitativ bemessen und quantitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (EuGH 15. 9. 2011, Rs C‑347/09 , Dickinger/Ömer, Rn 71).

II.2.4 Der EuGH macht die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols somit nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers, sondern (kumulativ) auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (EuGH Rs C‑347/09 , Dickinger/Ömer, Rn 54 ff; 2 Ob 243/12t; 4 Ob 68/15a; RIS‑Justiz RS0129945 [T1]). Auch im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen hat sich die Unionsrechtskonformität nicht allein am Norminhalt zu orientieren (insbesondere an § 56 Abs 1 1. Satz GSpG, nach dem die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren haben), vielmehr kommt es auf die tatsächliche Wirkung dieser Bestimmung an. Eine nationale Regelung, die nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbegrenzung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen, ist unionsrechtswidrig. Nach der Rechtsprechung des EuGH zur Vereinbarkeit nationaler Glücksspielmonopole mit der im Unionsrecht garantierten Dienstleistungsfreiheit (EuGH 6. 3. 2007, verb Rs C‑338/04 , C‑359/04 , C‑360/04 , Placanica ua; EuGH 8. 9. 2010, Rs C‑46/08 , Carmen Media Group Ltd; EuGH 15. 9. 2011, Rs C‑347/09 , Dickinger/Ömer) sind nationale Gerichte zur Prüfung verpflichtet, unter welchen Voraussetzungen ein derartiges Monopol ein taugliches und verhältnismäßiges Instrument zur Eindämmung der Gefahren des Glücksspiels darstellen kann (2 Ob 252/09m).

II.3 Ausgehend vom tatsächlichen Werbeauftritt und dem Umstand, dass § 56 Abs 2 GSpG eine Überprüfung des unionsrechtlich gebotenen Maßstabs bei Werbeauftritten im Wege einer Klage von Mitbewerbern oder klagenden Verbänden nach dem UWG ausschließt, gelangte der 4. Senat in der Rechtssache 4 Ob 31/16m zu dem Ergebnis, dass die tatsächlichen Wirkungen der Normen nicht ausreichen, um dem Glücksspielmonopol die unionsrechtlich erforderliche Rechtfertigung zu geben. In diesem Verfahren nahm die klagende Gesellschaft, die über eine Bewilligung zur Durchführung von Glücksspielen in Form der „Landesausspielungen“ mit Automaten verfügt, die (dort) beklagten Parteien, die Gastlokale betreiben, in denen sich Glücksspielautomaten befinden und die nicht über die entsprechenden Bewilligungen verfügen, auf Unterlassung in Anspruch. Mit Beschluss vom 30. 3. 2016 stellte der 4. Senat in diesem Verfahren einen Antrag gemäß § 89 Abs 2 B‑VG (Art 140 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof, dieser möge verschiedene Bestimmungen des Glückspielgesetzes, ua dessen § 3 idF BGBl 2010/54 sowie diverse Bestimmungen des NÖ Spielautomatengesetzes 2011 idF LGBl 2013/98 7071‑3, als verfassungswidrig aufheben, in eventu wurde beantragt, das Glücksspielgesetz sowie das NÖ Spielautomatengesetz jeweils zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben. Der Antrag wurde– zusammengefasst – damit begründet, dass die Werbung der Konzessionärinnen im Ergebnis nicht ausschließlich dazu diene, Verbraucher den kontrollierten Spielnetzwerken zuzuführen, sondern den Zweck verfolge, neue Zielgruppen zum Spielen anzuregen. Die Werbung werde laufend inhaltlich ausgedehnt, sodass insgesamt keine maßvolle Werbung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vorliege. Die das Glücksspiel einschränkenden Bestimmungen wären daher nicht anwendbar, wenn ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen, das nach dem Recht seines Sitzstaates Glücksspiele anbieten dürfe, sein Angebot im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit auf Österreich erstrecken will. Der Umstand, dass sich ein Inländer nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten berufen könne, schließe nicht aus, dass der allfällige Verstoß einer nationalen Regelung gegen das Primärrecht in diesem Fall als Vorfrage für die nach nationalem (Verfassungs‑)Recht zu beurteilende Frage zu prüfen sei, ob ein Inländer durch die weitere Anwendung der nationalen Regelung faktisch schlechter behandelt werden dürfe als ein EU‑Ausländer, der sich auf die Nichtanwendbarkeit berufen könne.

II.4 Wenige Monate nach Erhebung der Gesetzesbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof hatte der 2. Senat des Obersten Gerichtshofs eine Entscheidung in einem – bezogen auf das vorliegende Verfahren – Parallelverfahren zu treffen (2 Ob 92/15s). In diesem Verfahren, in dem ein Kläger gegen die – auch hier – beklagten Parteien seine verlorenen Spieleinsätze unter Berufung auf die Verbotswidrigkeit des Spiels zurückfordert, ging der 2. Senat des Obersten Gerichtshofs bei einer ähnlichen Feststellungsklage davon aus, dass eine umfassende Gesamtbeurteilung der Vereinbarkeit eines nationalen Glücksspielmonopols mit dem Unionsrecht (auch im zweiten Rechtsgang) noch nicht möglich sei. Es seien zwar umfangreiche Feststellungen zum Werbeverhalten der Konzessionärinnen sowie kursorische negative Feststellungen zur Kriminalitätsproblematik getroffen worden, es fehlten aber weiterhin Feststellungen zu wesentlichen Verfahrensthemen wie der Überwachungstätigkeit des Monopolinhabers und zur Kohärenz der Regelungen des Glücksspielmonopols und seiner Anwendung, weshalb mit einer Aufhebung und Zurückverweisung an das Erstgericht vorgegangen werden müsse. Zur Behauptungs- und Beweislast wurde unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung ausgeführt, dass die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht grundsätzlich als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen sei, sodass sich Fragen einer Darlegungspflicht (Behauptungslast) nicht stellen. Könnten aber bei Regelungen, bei denen sowohl der Wortlaut als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetzgebers gegen die Annahme eines Verstoßes gegen Unionsrecht sprächen, ausnahmsweise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, habe sich diese Prüfung grundsätzlich an den diesbezüglichen Parteibehauptungen zu orientieren. Dabei treffe den Beklagten die Behauptungspflicht, weil es sich beim Einwand der Unionsrechtswidrigkeit um einen anspruchsvernichtenden Einwand handle (RIS‑Justiz RS0129945; vgl auch RS0106638). Da allerdings die Geltung oder Anwendbarkeit eines Gesetzes letztlich nicht von Behauptungs‑ oder Beweisanboten einer Partei abhängen könne, werde das Erstgericht dann, wenn es aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel an der Unionsrechtskonformität des Glücksspiels haben sollte, auch von Amts wegen entsprechende Beweise aufzunehmen und Feststellungen zu treffen haben. Verblieben letztendlich Zweifel über die zu prüfenden Tatsachen, liege also ein non liquet vor, gehe das zu Lasten der damit beweisbelasteten Partei (RIS‑Justiz RS0037797). Im Hinblick darauf, dass der EuGH die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols auch von den tatsächlichen Wirkungen der Regelungen abhängig mache, habe der Staat dem Gericht alle Umstände darzulegen, anhand derer sich das Gericht vergewissern könne, dass diese Bedingungen erfüllt seien. Eine umfassende Gesamtbeurteilung der Kriterien der Vereinbarkeit eines nationalen Glücksspielmonopols mit Unionsrecht sei nur dann möglich, wenn eine Stellungnahme des Bundes als Monopolinhaber zu den wesentlichen Verfahrensthemen, insbesondere der Frage der Überwachungstätigkeit der Regelung des Glücksspielmonopols durch die Behörde in Bezug auf die Werbetätigkeit der Konzessionsinhaberinnen eingeholt und auch die Frage geprüft werde, ob eine expansive Geschäftspolitik nach der Faktenlage bzw allenfalls auch nach Einschätzung der Behörde zur Eindämmung bestehender oder potenzieller Kriminalität und von Spielsucht und Spielanreizen notwendig gewesen sei und mit welchem Ergebnis in welcher Zeit behördliche Interventionen stattgefunden hätten oder aufgrund welcher Überlegungen/Datenlage/Einschätzungen solche unterlassen worden seien. Nur auf diesem Weg könne geklärt werden, aufgrund welcher Überlegungen und empirischer Daten die Kohärenz der Regelung des Glücksspielmonopols in Österreich erreicht und gewährleistet werden sollte und wurde.

II.5.1 Mit Erkenntnis G 103-104/2016 ua vom 15. 10. 2016 (somit nach Einbringung der Rechtsmittelschriften im vorliegenden Fall) wies der Verfassungsgerichtshof den Gesetzesprüfungsantrag des 4. Senats des Obersten Gerichtshofs sowie gleichlautende Gesetzesprüfungsanträge des Landesgerichts Krems an der Donau, des Landesgerichts Korneuburg und des Landesgerichts Wiener Neustadt aus formalen Gründen zurück.

II.5.2 Mit am selben Tag ergangenen Erkenntnis E 945/2016‑24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19 wies der Verfassungsgerichtshof mehrere gegen die gesetzliche Beschränkung des Glücksspiels gerichtete Beschwerden nach Art 144 B-VG ab. Diesen Beschwerden lagen Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zugrunde, in denen die Beschlagnahme und Einziehung wegen unerlaubten Glücksspiels verfügt bzw Verwaltungsstrafen wegen unerlaubten Glücksspiels mit solchen Automaten verhängt worden waren. Sie waren jeweils unter Verweis auf den Antrag des 4. Senats des Obersten Gerichtshofs begründet worden. Der Verfassungsgerichtshof führte – zusammengefasst – aus, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union seien die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit, insbesondere des Betriebs von Glücksspielautomaten, durch das Glücksspielmonopol des Bundes (§§ 3 ff GSpG) sowie die zahlenmäßige Beschränkung der Konzessionen zum Betrieb von Glücksspielautomaten nicht unionsrechtswidrig. Das Glücksspielgesetz enthalte zahlreiche Regelungen, die dem Spielerschutz und der Vorbeugung der Spielsucht sowie der Reduktion von Kriminalität im Zusammenhang mit Glücksspielen dienen und auch sicherstellen sollen, dass Werbemaßnahmen der Inhaber von Glücksspielkonzessionen nicht mit den Zielen dieses Gesetzes, die auch in der Vorbeugung der Spielsucht bestehen, in Konflikt geraten. In diesem Sinne ordne § 56 GSpG an, dass die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren haben. Damit entspreche der österreichische Rechtsrahmen im Hinblick auf die Regulierung des Glücksspielsektors den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union festgelegten Anforderungen. Der Verfassungsgerichtshof könne auch nicht erkennen, dass die einschlägigen Bestimmungen aufgrund ihrer tatsächlichen Auswirkungen dem Unionsrecht widersprächen. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich habe sich in den den Beschwerdefällen zugrundeliegenden Erkenntnissen aufgrund des dort erhobenen Sachverhalts und unter Zugrundelegung der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst, Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg, des Berichts des Bundes-ministeriums für Finanzen „Glücksspiel-Bericht 2010–2013“ und des Evaluierungsberichts des Bundesministeriums für Finanzen gemäß § 60 Abs 25 Z 5 GSpG „Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010–2014“ eingehend mit den tatsächlichen Auswirkungen der einschlägigen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, unter anderem auch den Auswirkungen der Werbetätigkeiten der Konzessionäre und Bewilligungsinhaber auseinandergesetzt. Ausgehend davon könne der Verfassungsgerichtshof keine Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols bzw der zahlenmäßigen Beschränkungen der Glücksspielkonzessionen orten. Der Verfassungsgerichtshof folge daher nicht der vom 4. Senat des Obersten Gerichtshofs in dessen Gesetzesprüfungsantrag zu 4 Ob 31/16m vertretenen Rechtsauffassung. Der Oberste Gerichtshof habe aufgrund des in dem Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof festgestellten Sachverhalts zum tatsächlichen Werbeauftritt der Konzessionäre nach dem Glücksspielgesetz nur isoliert konkrete Werbetätigkeiten einzelner Konzessionäre betrachtet, ohne eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt vorzunehmen. Dieses Ergebnis werde auch durch die jüngere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gestützt, der in seinem Erkenntnis vom 16. 3. 2016, Ro 2015/17/0022, ebenfalls davon ausgegangen sei, dass aufgrund der Ergebnisse des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Unionsrechtswidrigkeit der einschlägigen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht zu erkennen sei.

II.6.1 Im vorliegenden Verfahren macht die Klägerin in der Revision – zusammengefasst – geltend, das Berufungsgericht habe sich nicht damit befasst, dass die Ziele der österreichischen Monopolregelung nicht fiskalpolitischer Natur seien, sondern das Hauptziel im Erhalt der öffentlichen Ordnung, der Sicherheit, des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung und der Vermeidung von Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie der Verhütung von Spielsucht und Störungen der sozialen Ordnung und die Sicherung einer verantwortungsbewussten Entwicklung des Glücksspiels sei. Vor allem habe das Berufungsgericht aber die Prüfung, ob die österreichische Monopolregelung in ihren Auswirkungen geeignet sei, die vom österreichischen Gesetzgeber verfolgten Zielsetzungen zu erreichen, nicht umfassend und insbesondere rechtlich nicht hinreichend betrieben, sodass rechtliche Feststellungsmängel gegeben seien.

II.6.2 Diesem Vorbringen kommt – wie sich aus dem mittlerweile vorliegenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, aber auch schon aus dem im Parallelverfahren ergangenen Aufhebungsbeschluss des 2. Senats des Obersten Gerichtshofs (2 Ob 92/15s) ergibt – Berechtigung zu:

Wie bereits dargelegt, bleibt es bei den nationalen Gerichten zu prüfen, ob das Verbot des Glücksspiels angesichts seiner konkreten Anwendungsmodalitäten tatsächlich den Zielen Rechnung trägt, die es rechtfertigen könnten, und ob die mit ihm auferlegten Beschränkungen nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen stehen (EuGH 6. 11. 2003, C‑243/01 , Gambelli ua, Rn 76). Insbesondere muss im Lichte der Entwicklung des Glücksspielmarkts im betreffenden Mitgliedstaat geprüft werden, ob die staatlichen Kontrollen, denen die Tätigkeit des Monopolunternehmens grundsätzlich unterliegt, wirksam durchgeführt und damit die Ziele in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden, die mit der Errichtung der Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines Monopolunternehmens angestrebt werden (EuGH 30. 6. 2011, C‑212/08 , Zeturf Ltd, Rn 62).

II.6.3 Das Erstgericht hat bisher aber lediglich die Art und den Umfang der Werbemaßnahmen beschrieben und ist davon ausgegangen, dass zu allfälligen kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Glücksspiel und der Spielsucht keine Feststellungen getroffen werden könnten. Ohne Rücksichtnahme auf die Zielsetzungen und Auswirkungen der Monopolregelungen, auf die weiteren Schritte zu deren Durchführung und – wie die Revision aufzeigt – auch ohne Einbeziehung des Marktumfelds, in dem die Werbemaßnahmen der Österreichischen Lotterien GmbH und der Casinos Austria AG erfolgten, gelangten die Vorinstanzen zum Ergebnis, diese Werbemaßnahmen hätten jedenfalls jene Schranken überschritten, die der EuGH an eine vom Inhaber des Monopols einzuhaltende Werbung anlege. Die tatsächlichen Wirkungen der Normen würden daher nicht ausreichen, um dem Glücksspielmonopol die unionsrechtlich erforderliche Rechtfertigung zu geben.

Der EuGH fordert jedoch, dass das nationale Gericht jeweils eine Gesamtwürdigung der Umstände vorzunehmen habe, unter denen eine restriktive Regelung erlassen worden ist und durchgeführt wird (EuGH 30. 4. 2014, Rs C‑390/12 , Pfleger ua, Rn 52). Diese, nach der Rechtsprechung des EuGH gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt – die auch vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis E 945/2016‑24, E 947/2016‑23, E 1054/2016‑19 vom 15. 10. 2016 angesprochen wurde – wird im fortzusetzenden Verfahren nachzuholen sein.

II.6.4 Die Klägerin hat dazu erstinstanzliches Vorbringen erstattet und sich ua auf die ordnungspolitischen Zielsetzungen der Monopolregelungen und auf von der Casinos Austria AG eingehaltene „Responsible-Gaming-Prinzipien“ sowie Jugendschutzmaßnahmen berufen und als Beweis verschiedene Unterlagen (Zeitungsberichte und Studien zur Prävention der Glücksspielsucht, eine Resolution des Sozial-, Gesundheits‑ und Jugendausschusses des Österreichischen Städtebundes zum Glücksspiel etc) angeboten. Im fortgesetzten Verfahren wird den Parteien im Hinblick auf das zwischenzeitig vorliegende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19 sowie den Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs 2 Ob 92/15s ergänzend Gelegenheit zu bieten sein, Vorbringen und Beweisanbote zu erstatten, um eine ausreichende Grundlage für Feststellungen zur gesamthaften Würdigung aller Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt zu schaffen. Vor allem sind Feststellungen nötig, aus denen sich ableiten lässt, ob als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spieler-, Verbraucher- und Jugendschutz tatsächlich umgesetzt wurden, allenfalls welche Maßnahmen dies waren und welche Wirkungen diese Maßnahmen erzielt haben. Es werden aber auch – wie in der Revision gefordert – ergänzende Feststellungen zum Auftreten der „nichtkontrollierten Spielenetzwerke“ am österreichischen Glücksspielmarkt und die von deren Anbietern allenfalls durchgeführten Werbemaßnahmen zu treffen sein, um prüfen zu können, ob die Werbeaktivitäten der Monopolinhaber im maßgeblichen Zeitraum als Reaktion auf Werbeaktivitäten der illegalen Anbieter erfolgten, um die Verbraucher zu dem Angebot des Inhabers des staatlichen Monopols zu lenken, oder ob sie vorwiegend fiskalischen Interessen des Staats dienten.

Aufgrund der auf diese Weise erweiterten Entscheidungsgrundlage wird eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt vorzunehmen sein und erst dann beurteilbar werden, ob die Gesamtwirkung der (bisher festgestellten) Werbetätigkeit die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des Glücksspielgesetzes beeinträchtigt hat oder dies nicht der Fall war.

Der Revision der Klägerin war daher Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen zwecks ergänzender Feststellungen und neuerlicher Beurteilung durch das Erstgericht aufzuheben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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