VwGH Ra 2017/20/0095

VwGHRa 2017/20/009520.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Christl, in der Rechtssache der Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Jänner 2017, Zl. L516 2120704-1/6E, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (Mitbeteiligter: S I T in J), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §18 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

 

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Mitbeteiligten gegen das als Bescheid bezeichnete Schriftstück des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19. Jänner 2016 gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 18 Abs. 3 AVG als unzulässig zurück. In seiner Begründung stützte sich das Verwaltungsgericht (zusammengefasst) darauf, dass mangels einer ordnungsgemäßen Unterschrift auf der mittels eines Textverarbeitungsprogrammes erstellten Urschrift keine dem Gesetz entsprechende Genehmigung der Erledigung im Sinn des § 18 Abs. 3 AVG vorliege. Auch sei eine Genehmigung auf eine andere in § 18 Abs. 3 AVG vorgesehene Art, "etwa durch Amtssignatur", nicht vorgenommen worden. Es fehle somit der gegenständlichen Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Bescheidqualität. Da mangels Vorliegens eines Bescheides das Verfahren über den vom Mitbeteiligten gestellten Antrag immer noch bei der Behörde anhängig sei und sich die Beschwerde gegen einen "Nichtbescheid" richte, sei sie als unzulässig zurückzuweisen. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit - auf das Wesentliche zusammengefasst - geltend, der auf der Urschrift ersichtliche Schriftzug enthalte entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts "entsprechende individuelle, charakteristische Merkmale", "die in Summe die Qualität einer Unterschrift aufweisen". Weiters sei das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Ermittlung des vollständigen Sachverhaltes und zum Parteiengehör abgewichen, indem das Bundesverwaltungsgericht nicht das Aussehen der Unterschrift auf der dem Mitbeteiligten übermittelten Ausfertigung ermittelt habe.

6 Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschrift im Sinn dieser Vorschrift ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein "individueller Schriftzug" sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 4. September 2000, 98/10/0013 und 0014, und vom 27. September 2005, 2004/06/0217). Eine Paraphe ist keine Unterschrift (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 4. September 2000).

8 Entgegen dem Revisionsvorbringen ist nicht zu sehen, dass in Bezug auf die hier vorzunehmende Beurteilung nach § 18 Abs. 3 AVG die Rechtsprechung uneinheitlich wäre. Der insoweit von der Revision ins Treffen geführte dem hg. Beschluss vom 10. März 2016, Ra 2015/15/0074, zugrundeliegende Fall ist schon deshalb nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, weil dort die Frage der ordnungsgemäßen Beglaubigung einer Ausfertigung nach § 43 Abs. 3 VwGG zu beurteilen war.

9 Der Verwaltungsgerichtshof ist nach dem Revisionsmodell nicht dazu berufen, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern - diese Aufgabe obliegt den Verwaltungsgerichten (vgl. den hg. Beschluss vom 23. September 2014, Ro 2014/01/0033). In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten, dass es sich bei der Beurteilung, ob eine konkrete Unterschrift lesbar ist oder nicht, um eine einzelfallbezogene Frage handelt, die nur dann revisibel ist, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise erfolgt ist (vgl. den hg. Beschluss vom 7. Oktober 2016, Ra 2016/08/0147). Nichts anderes gilt - was die Revision selbst einräumt - für die Beurteilung, ob ein Schriftgebilde die oben genannten Merkmale aufweist und daher als Unterschrift anzusehen ist. Der Revision gelingt es nicht aufzuzeigen, dass das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner einzelfallbezogenen Beurteilung im hier gegenständlichen Fall die oben genannten Leitlinien in einer unvertretbaren Weise zur Anwendung gebracht hätte.

10 Soweit die revisionswerbende Behörde Erhebungen und Feststellungen zum Aussehen des - nach dem Revisionsvorbringen ebenfalls vom Sachbearbeiter selbst angebrachten - Schriftzuges an dem dem Mitbeteiligten übermittelten Schriftstück vermisst, ist ihr entgegenzuhalten, dass insoweit die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers nicht aufgezeigt wird. In der Revision wird nicht dargetan, dass und inwieweit sich das Aussehen des dortigen Schriftgebildes von jenem, das an der Urschrift angebracht ist, unterscheiden würde.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 20. April 2017

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