Normen
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §18;
BauO NÖ 1996 §19;
BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §4 Z11;
BauO NÖ 1996 §4 Z7;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauO NÖ 1996 §70;
BauRallg;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §18;
BauO NÖ 1996 §19;
BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §4 Z11;
BauO NÖ 1996 §4 Z7;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauO NÖ 1996 §70;
BauRallg;
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von 57,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien (Bauwerber) sind jeweils Hälfteeigentümer des Grundstückes Nr. 2224/18, KG T. Die Revisionswerberin ist Hälfteeigentümerin des östlich unmittelbar daran angrenzenden Grundstückes Nr. 2224/19, KG T.
2 Mit Eingabe vom 19. Jänner 2012 beantragten die Bauwerber die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung von Einfriedungsmauern. Nach den Einreichunterlagen soll eine bestehende Mauer an der östlichen Grundgrenze erhöht und weitere Einfriedungsmauern an der östlichen und nördlichen Grundgrenze errichtet werden.
3 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung reichten die Bauwerber hinsichtlich der Darstellung des Bestandes abgeänderte Pläne ein, die laut Eingangsstempel am 19. Juni 2012 bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde einlangten.
4 Dazu wurde der Revisionswerberin mit Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 21. Juni 2012 Parteiengehör gewährt.
5 Die Revisionswerberin gab mit Schreiben vom 3. Juli 2012 eine schriftliche Stellungnahme ab.
6 Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 26. Juli 2012 wurde den Bauwerbern die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
7 Die gegen diesen Bescheid (unter anderem) von der Revisionswerberin erhobene Berufung wies der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 16. Oktober 2012 als unbegründet ab.
8 Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Niederösterreichische Landesregierung die dagegen erhobene Vorstellung der Revisionswerberin als unbegründet ab und führte begründend im Wesentlichen aus, das Baugrundstück liege im Bauland-Wohngebiet, als Bebauungsweise sei offen oder gekuppelt festgesetzt. Die Baubehörde habe die Frage des Lichteinfalles korrekt beurteilt. Die Revisionswerberin könne ihr Wohnhaus auf Grund der bereits bestehenden gekuppelten Bebauung ausschließlich in gekuppelter Bauweise verlängern und müsste an der Grundgrenze eine Feuermauer errichten. Daher gehe ihr Einwand, wonach der Lichteinfall bei Errichtung eines Gebäudes auf ihrem Nachbargrundstück in 3 m Entfernung von der Mauer oder der Errichtung eines im Bauwich zulässigen Wintergartens durch die gegenständliche, 2,2 m hohe Mauer beeinträchtigt werde, ins Leere. Auf Grundstücken, bei denen die gekuppelte Bebauungsweise vorgeschrieben sei, gebe es auf der zu kuppelnden Seite keinen Bauwich. Es fänden daher die Ausnahmen für Vorbauten im Bauwich nach § 52 NÖ Bauordnung 1996 (NÖ BauO 1996) keine Anwendung, sodass auch kein Lichteinfall eines zukünftigen Wintergartens beeinträchtigt werde.
Der Planverfasser habe ein Fundament mit einer Tiefe von 80 cm und einer Breite von 50 cm dargestellt. Die Baubehörde habe mittels einer Auflage vorgeschrieben, dass sich der Bauführer vor Baubeginn Klarheit über die Tragfähigkeit des Fundamentes im Bereich der bestehenden Einfriedung zu verschaffen und die Baubehörde darüber schriftlich zu informieren habe. Sollte bei einer Untersuchung herauskommen, das Fundament weise keine Breite von 50 cm auf, hätte der Bauwerber entsprechende Verstärkungen der Fundamentierung vorzunehmen. Eine Verletzung von Nachbarrechten sei insoweit nicht ersichtlich.
Sowohl das Baugrundstück als auch das Grundstück der Revisionswerberin seien im Grenzkataster, weshalb die Grundstücksgrenzen als rechtlich gesichert anzusehen seien. Laut den Planunterlagen solle auf die bestehende Einfriedung aufgebaut werden, weshalb das Vorbringen zum Grenzüberbau nicht nachvollzogen werden könne. Allein aus der Angabe der Grundstücksbreite von 12,04 m könne nicht geschlossen werden, dass die Bauwerber beabsichtigten, die Grundstücksgrenze zu überbauen. Außerdem könne ein eventueller Fehler von 4 cm in den Einreichplänen nicht zur Rechtswidrigkeit des gesamten Verfahrens führen. Die Planunterlagen seien ausreichend, damit sich Nachbarn ein Bild von dem geplanten Bauprojekt machen könnten.
9 Gegen den angefochtenen Bescheid erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 19. September 2014, Zl. B 262/2013, ablehnte und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
10 In der auftragsgemäß ergänzten, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof als Revision geltenden Beschwerde begehrt die Revisionswerberin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
11 Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getretene Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte die Zuerkennung des Vorlageaufwandes.
12 Die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstattete eine schriftliche Stellungnahme.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 VwGbk-ÜG vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung erst nach dem Ablauf des 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass die Beschwerde als Revision gilt und für deren Behandlung nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. November 2015, Zl. Ro 2014/05/0073, mwN).
Im vorliegenden Fall ist die NÖ BauO 1996, LGBl. Nr. 8200-0, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 8200-20 maßgebend. Sie lautet auszugsweise:
"§ 4.
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes gelten als
...
3. Bauwerk: ein Objekt, dessen fachgerechte
Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist;
...
5. Bauwich: der vorgeschriebene Mindestabstand eines Gebäudes zu den Grundstücksgrenzen (seitlicher und hinterer Bauwich) oder zur Straßenfluchtlinie (vorderer Bauwich);
...
7. Gebäude: ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens zwei Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen;
Nebengebäude: ein Gebäude mit einer Grundrißfläche bis zu 100 m2, das
o oberirdisch nur ein Geschoß aufweist,
o keinen Aufenthaltsraum enthält und
o seiner Art nach dem Verwendungszweck eines Hauptgebäudes untergeordnet ist, unabhängig davon, ob ein solches tatsächlich besteht (z.B. Kleingarage, Werkzeughütte); es kann auch an das Hauptgebäude angebaut sein;
...
11. Hauptfenster: Fenster, die zur ausreichenden Belichtung von Wohn-, Arbeits- und anderen Aufenthaltsräumen erforderlich sind; alle anderen Fenster sind Nebenfenster;
...
14. Straßenfluchtlinie: die Grenze zwischen öffentlichen Verkehrsflächen und anderen Grundflächen;
... ."
"§ 6.
Parteien, Nachbarn und Beteiligte
(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:
...
3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), ...
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.
...
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4)
sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,
gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 11) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen.
... ."
"§ 52.
Bauwerke im Bauwich
(1) ...
(2) Im vorderen Bauwich sind zulässig:
...
3. Balkone, Erker, Sonnenblenden (starre Markisen), Schutzdächer, Werbezeichen, Stiegenhäuser, Aufzugsanlagen, Windfänge, Veranden, Wintergärten, Freitreppen und Terrassen bis zur halben Breite, sofern
o ihre Gesamtlänge höchstens ein Drittel der Gebäudelänge ohne Vorbauten und
o ihr Abstand von den Nachbargrundstücksgrenzen mindestens
3 m beträgt,
...
(3) Im seitlichen oder hinteren Bauwich sind zulässig:
...
3. Balkone, Erker Sonnenblenden (starre Markisen), Schutzdächer, Werbezeichen, Stiegenhäuser, Aufzugsanlagen, Veranden, Wintergärten, Windfänge, Freitreppen und Terrassen
o bis zu einer Gesamtlänge von höchstens einem Drittel der Gebäudelänge ohne Vorbauten, jedoch nicht mehr als 5 m, und
o bis zur Hälfte des Bauwichs, jedoch nicht mehr als 2 m.
... ."
"§ 70.
Regelung der Bebauung
(1) Die Bebauungsweise regelt die Anordnung der Gebäude auf dem Grundstück. Sie kann unter anderem auf eine der folgenden Arten festgelegt werden:
...
2. gekuppelte Bebauungsweise
die Gebäude auf zwei Bauplätzen sind an der gemeinsamen seitlichen Grundstücksgrenze aneinander anzubauen und an den anderen seitlichen Grundstücksgrenzen ist ein Bauwich einzuhalten; ...
...
Die Bebauungsweise darf wahlweise als offene oder gekuppelte festgelegt werden. Der Bauwerber darf ein Wahlrecht zwischen offener und gekuppelter Bebauungsweise nur unter Bedachtnahme auf die bereits bestehenden und bewilligten Gebäude ausüben, sofern das Wahlrecht nicht schon durch frühere Bauvorhaben verbraucht ist.
..."
13 Die Revisionswerberin bringt im Wesentlichen vor, die Breite des Baugrundstückes betrage genau 12 m und die Breite der bestehenden sowie projektierten Bauwerke laut Planunterlagen 12,04 m, weshalb diese die Grundstücksbreite zu Lasten der Revisionswerberin überschritten und die Revisionswerberin in ihrem Eigentumsrecht verletzten. Die Behörde treffe daher eine Verpflichtung zur Abklärung einer eventuellen Überschreitung der Grundgrenze. Entsprechend dem Einreichplan sei jedenfalls von einer Grenzüberschreitung auszugehen.
Die Hauptgebäude seien an der Ostseite des Baugrundstückes, zum Nachbargrundstück der Revisionswerberin hin, miteinander gekuppelt und die zukünftige Bebauung auf dem Grundstück der Revisionswerberin entweder gekuppelt mit einer öffnungslosen Brandwand oder mit einem Mindestabstand von 3 m zulässig. Auch die Errichtung eines Wintergartens bis zu einer Gesamtlänge von höchstens einem Drittel der Gebäudelänge sei bis zur Hälfte des Bauwichs zulässig, jedoch nicht mehr als 2 m. Die Ausführungen der belangten Behörde, wonach eine zukünftige Bebauung der Revisionswerberin nur gekuppelt mit einer öffnungslosen Brandwand oder mit mindestens 3 m Abstand zulässig wäre, sodass der Lichteinfall nicht beeinträchtigt werden könne, sei unzutreffend. Auch die Ausführungen, wonach es an der zu kuppelnden Seite keinen Bauwich geben könne, weshalb die Ausnahmen nach § 52 NÖ BauO 1996 für Vorbauten im Bauwich keine Anwendung fänden, seien daher verfehlt.
Nach Einbringung der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof habe sich herausgestellt, dass für das Baugrundstück und die Liegenschaft der Revisionswerberin kein Bebauungsplan, sondern ein Flächenwidmungsplan vorliege, wonach hinsichtlich beider Grundstücke die Wahlmöglichkeit zwischen einer offenen und einer gekuppelten Bauweise bestehe. Bereits mit (näher genanntem) Baubewilligungsbescheid vom 21. Mai 1997 sei den Bauwerbern die Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage, einer Einfriedung und einer SAT-Anlage auf dem Baugrundstück erteilt worden, wobei auch schon zu jenem Zeitpunkt laut Flächenwidmungsplan eine offene oder gekuppelte Bauweise zulässig gewesen sei. Auf Grund dieser Bewilligung sei das Hauptgebäude in gekuppelter Bauweise an die Liegenschaft der Revisionswerberin angebaut und eine Garage im Bauwich angrenzend an das westlich vom Baugrundstück gelegene Grundstück errichtet worden.
Die Bauwerber hätten als erste Anrainer der D-Gasse um eine baubehördliche Bewilligung angesucht. Durch die ihnen erteilte Baubewilligung aus dem Jahre 1997 sei sowohl eine Selbstbindung der Bauwerber als auch der Baubehörde eingetreten und seien auch die übrigen Anrainer hinsichtlich der Situierung von Haupt- und Nebengebäuden daran gebunden. Die Motorradgarage sei nunmehr an der östlichen Grundstücksgrenze projektiert, an der die Hauptgebäude der Bauwerber und der Revisionswerberin gekuppelt errichtet seien. Aufgrund der Selbstbindung der Behörde und der bereits im vorderen Bauwich an der westlichen Grundstücksgrenze rechtskräftig bewilligten, westseitigen Garage sei die beantragte Errichtung einer Motorradgarage im östlichen Bauwich nicht mehr zulässig (wurde näher ausgeführt).
Der Revisionswerberin wäre es sehr wohl gestattet, im Bauwich zum Baugrundstück einen Wintergarten beziehungsweise in einem Abstand von mehr als 3 m zur Einfriedungsmauer ein Bauwerk zu errichten. Bei dessen Hauptfenstern läge sodann wegen der Einfriedungsmauer eine Beeinträchtigung des Lichteinfallwinkels von 45 Grad vor.
Das Fundament der Einfriedungsmauer sei laut den Planunterlagen 80 cm tief und 50 cm breit, jedoch entspreche das bereits errichtete Fundament nicht diesen Maßen. Die Behörde wäre auf Grund ihrer Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes zu dessen Überprüfung angehalten gewesen. Dabei hätte sie festzuhalten gehabt, ob ein ausreichendes Fundament existiere.
14 Die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte sind in § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996 taxativ aufgezählt, sodass der Nachbar keine über die in dieser Gesetzesbestimmung festgelegten subjektivöffentlichen Rechte hinausgehenden Rechte geltend machen kann; ferner gehen die Verfahrensrechte einer Partei nicht weiter als ihre materiellen Rechte, sodass Verfahrensfehler für die Nachbarn nur dann von Relevanz sein können, wenn damit eine Verletzung ihrer materiellen Nachbarrechte gegeben wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. August 2016, Zl. Ro 2014/05/0003, mwN). Einwendungen müssen rechtzeitig im Verfahren erhoben werden.
15 Bei einem Baubewilligungsverfahren handelt es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren, bei dem die Zulässigkeit des beantragten Bauvorhabens auf Grund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist. Gegenstand des Verfahrens ist das in den Einreichplänen dargestellte Projekt, für das der im Einreichplan und der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 2. August 2016, mwN).
16 Eine Motorradgarage ist nach den maßgeblichen Einreichunterlagen hier nicht Sache des Baubewilligungsverfahrens. Das diesbezügliche Vorbringen geht daher ins Leere.
17 Zum Vorbringen betreffend das Fundament der Einfriedungsmauer ist zu bemerken, dass § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ BauO 1996 nur ein Nachbarrecht in Bezug auf die Standsicherheit der rechtmäßig bestehenden Bauwerke des Nachbarn gewährt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2010, Zl. 2009/05/0016, mwN). Dass diese gefährdet würde, wird von der Revisionswerberin nicht dargelegt.
Die Revisionswerberin bestreitet nicht, dass der Lichteinfall auf ihr bestehendes Hauptgebäude durch die gegenständlichen Einfriedungsmauern im Sinne des § 6 Abs. 2 Z 3 NÖ BauO 1996 gewährleistet bleibt. Da das Hauptgebäude der Revisionswerberin bereits an der gemeinsamen Grundgrenze gekuppelt errichtet wurde, ist das Wahlrecht zwischen dem Anbau an einer gemeinsamen Grundgrenze oder der Einhaltung eines Abstandes zur seitlichen Grundgrenze bereits verbraucht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Jänner 2014, Zl. 2011/05/0043, sowie vom 8. April 2014, Zl. 2011/05/0078). Eine Errichtung oder Vergrößerung eines Hauptgebäudes der Revisionswerberin kommt daher ebenfalls nur gekuppelt an dieser Grundgrenze in Frage. Insoweit scheidet eine Verletzung des Lichteinfalles und damit des Nachbarrechtes nach § 6 Abs. 2 Z 3 NÖ BauO 1996 somit aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2013, Zl. 2011/05/0049).
Je nachdem, ob ein künftiger Wintergarten der Schaffung eines Aufenthaltsraumes dienen soll, wäre er als Aufenthaltsraum eines Hauptgebäudes oder als Nebengebäude zu qualifizieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2008, Zl. 2007/05/0099, mwN). Wollte die Revisionswerberin einen Wintergarten errichten, der als Aufenthaltsraum Wohnzwecken diente, wäre dieser als Teil eines Hauptgebäudes zu qualifizieren und müsste sie diesen auf Grund der obigen Ausführungen gekuppelt an die Grundgrenze bauen.
Sollte die Revisionswerberin hingegen die Errichtung eines Wintergartens als Nebengebäude projektieren, kann sie durch das gegenständliche Bauvorhaben ebenfalls nicht in ihrem Recht auf entsprechende Belichtung von Hauptfenstern verletzt werden, da Nebengebäude gemäß § 4 Z 7 NÖ BauO 1996 keine Aufenthaltsräume enthalten dürfen, Hauptfenster aber gemäß § 4 Z 11 NÖ BauO 1996 der ausreichenden Belichtung von Wohn-, Arbeits- und anderen Aufenthaltsräumen dienen, während alle anderen Fenster Nebenfenster sind. Für Nebengebäude ist also ein Lichteinfall im Sinne des § 6 Abs. 2 Z 3 NÖ BauO 1996 gar nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2014, Zl. 2012/05/0164).
Der Niederösterreichischen Landesregierung kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass der Lichteinfall auf Bauwerke der Revisionswerberin im Sinne des § 6 Abs. 2 Z 3 NÖ BauO 1996 nicht verletzt sein kann.
Die Revisionswerberin bestreitet nicht, dass sowohl das Baugrundstück als auch ihre Liegenschaft im Grenzkataster sind. Die belangte Behörde hat richtig erkannt, dass dann, wenn ein Grundstück im Grenzkataster aufgenommen ist, der verbindliche Nachweis für die darin enthaltenen Grundstücksgrenzen gegeben ist (vgl. das bereits angeführte Erkenntnis vom 15. Mai 2014, mwN). Im Übrigen ist ausschließlich der eingereichte und bewilligte Bauplan ausschlaggebend, in dem ein Überbau der Grundstücksgrenze nicht eingezeichnet ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2014). Bemerkt wird, dass Unklarheiten und Fehler der Baupläne (hier: in Bezug auf die Angaben zur Breite des Baugrundstückes) zu Lasten des Bauwerbers gehen (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Mai 2016, Ra 2016/05/0029, mwN).
18 Die Revision erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
19 Die Revisionswerberin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof kann gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal habe, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichthof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige. Der EGMR hat in seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte ausschließlich Rechtsfragen zu lösen, wozu im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2015, Zl. 2013/05/0190).
20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG und §§ 3 und 4 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 29. September 2016
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