VwGH Ro 2014/05/0073

VwGHRo 2014/05/007324.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lechner, über die Revision des Dr. W H in Wien, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 83- 85/18, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. Dezember 2012, Zl. BOB - 443/12, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. R R und 2. S R, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Franz-Christian Sladek und Dr. Michael Meyenburg, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Neustiftgasse 3; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §17;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §63;
BauO Wr §70;
BauRallg;
AVG §17;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §63;
BauO Wr §70;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die mitbeteiligten Parteien (im Folgenden: Bauwerber) sind grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft mit der Adresse W.- Gasse 4 in Wien.

Nach dem diesbezüglich geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Plandokument 7676) sind für diese Liegenschaft (u.a.) die Widmung "Bauland/Wohngebiet", die Bauklasse I (beschränkt mit 7,50 m) und die offene oder gekuppelte Bauweise festgesetzt. Die bebaubare Fläche ist auf 25 % der Bauplatzfläche beschränkt.

Der Revisionswerber ist grundbücherlicher Eigentümer der der Bauliegenschaft gegenüberliegenden Liegenschaft mit der Adresse W.- Gasse 1 in Wien.

Mit Eingabe vom 27. Juli 2011 beantragten die Bauwerber beim Magistrat der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung zweier Carports und die Adaptierung der Einfriedung auf ihrer Liegenschaft.

Nach Aufforderung durch den Magistrat änderten die Bauwerber ihr Bauansuchen dahin ab, dass sie nunmehr den Abbruch des Hauszugangs, die Errichtung einer Garage und eine Einfriedungsanpassung beantragten (Einreichplan vom 1. November 2011).

Mit Schreiben vom 3. Mai 2012 brachte der Revisionswerber vor, er frage vorsorglich an, ob die Behörde Einsicht in die Bestandspläne bzw. den Bauakt hinsichtlich des bestehenden Gebäudes gewähre. Vorweg wende er ein, dass eine Abwicklungsberechnung hinsichtlich der zulässigen Höhe des Garagengebäudes den Akten nicht zu entnehmen sei, obwohl dies bei der starken Hanglage der Liegenschaft notwendig erscheine. Auch halte das zu errichtende Gebäude offensichtlich den "Vorgarten" (Vorgartentiefe) von 5 m nicht ein. Die im Plan als Einfahrtsfläche bezeichnete Fläche von 29,7 m2 entspreche offenbar nicht den Bebauungsbestimmungen und sei als Zufahrt zur Garage keinesfalls notwendig. Diese Stellungnahme könne nicht endgültig sein, weil die Frage der Einsicht in die Bestandspläne noch ungeklärt sei.

In seinem Schreiben vom 4. Mai 2012 brachte der Revisionswerber ergänzend vor, es sei die vorhandene bebaute Fläche von angeblich 170,49 m2 in keiner Weise dokumentiert. Aus dem Einreichplan ergebe sich, dass der Vorgartenabstand nur 4,87 m betrage. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ein Gittergeflecht mit nur 50%iger Durchsicht errichtet werden solle, zumal die freie Durchsicht zu gewährleisten sei. Der Einreichung sei nicht zu entnehmen, wie breit das Einfahrtstor sei, und es entstehe, wenn man den in rechtswidriger Weise bepflasterten Bereich des Vorgartens einsehe, der Eindruck, dass hier offenbar ein Tor mit einer Spannweite von 6,58 m geplant sei, was zweifellos nicht der Gesetzeslage entspreche. Ferner sei die Einsicht in den Bestandsplan, um festzustellen, welche tatsächliche Bebauung auf dem Grundstück schon vorhanden sei bzw. ob die in der Einreichung angegebenen Höhenkoten den tatsächlichen Gegebenheiten entsprächen, nicht ermöglicht worden. Gehe man von den ausdrücklich noch unüberprüften Koten aus, ergebe sich eine Höhendifferenz zwischen Nord- und Südecke des Grundstücks von rund 3 m, was zweifellos verfahrensgegenständlich erscheine.

Nach Durchführung der mündlichen Bauverhandlung am 9. Mai 2012 erteilte der Magistrat mit Bescheid vom 13. August 2012 (unter Spruchpunkt I.) nach Maßgabe des mit einem amtlichen Sichtvermerk versehenen Planes (Einreichplan vom 1. November 2011) gemäß § 70 Bauordnung für Wien (BO) und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes 2008 (WGarG) die Bewilligung, im rechten Seitenabstand eine Kleingarage zu errichten, im Vorgarten Geländeveränderungen durchzuführen und die Einfriedung an der Baulinie abzuändern. Ferner (unter Spruchpunkt II.) traf der Magistrat gemäß § 54 Abs. 9 BO einen Ausspruch über die Bekanntgabe der Ausführung des Unterbaues einer Gehsteigauf- und überfahrt.

Zu den Einwendungen des Revisionswerbers führte der Magistrat zusammengefasst aus, dass die Gebäudehöhe der betreffenden Kleingarage an der höchsten Stelle des mit einem Gründach ausgestatteten Pultdaches 2,69 m betrage. Die bebaute Fläche betrage 36,53 m2 (= 9,32 m x 3,92 m). Die geplante Garage sei in einem Abstand von 4,87 m zur Baulinie und somit in der rechten Abstandsfläche und nicht im Vorgarten situiert. Der Bauplatz sei 682 m2 groß, die gesamte bebaute Fläche 207,02 m2. Somit sei die Bestimmung des § 76 Abs. 10 BO, wonach im Wohngebiet bei offener oder gekuppelter Bauweise das Ausmaß der bebauten Fläche nicht mehr als ein Drittel der Bauplatzfläche betragen dürfe, eingehalten. Zur Vorgartengestaltung habe die Magistratsabteilung 19 (Abteilung für Architektur und Stadtgestaltung) eine positive Stellungnahme abgegeben. Die Bestimmungen der BO und des WGarG sowie die Bebauungsbestimmungen seien somit eingehalten worden.

Die vom Revisionswerber gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die Bauoberbehörde für Wien (im Folgenden: Bauoberbehörde) aus, der Revisionswerber sei Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft im Sinne des § 134 Abs. 3 BO. Mit seinen rechtzeitig gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwendungen habe er subjektiv-öffentliche Nachbarrechte im Sinne des § 134a leg. cit. geltend gemacht, sodass ihm gemäß § 134 Abs. 3 leg. cit. im Baubewilligungsverfahren Parteistellung zukomme. An der Baulinie zur W.-Gasse sei ein 4 m tiefer Vorgarten ausgewiesen. Parallel zur rechten Grundgrenze verlaufe eine weitere Baufluchtlinie in die Tiefe der Liegenschaft. Wie dem vorliegenden Bauplan zu entnehmen sei, solle an der rechten Grundgrenze und somit in der rechten seitlichen Abstandsfläche des gegenständlichen Bauplatzes (§ 79 Abs. 3 BO) eine 2,69 m hohe Garage errichtet werden. Wenn in der Berufung vorgebracht werde, dass durch die Garage die nach dem Bebauungsplan zulässige bebaubare Fläche im Ausmaß von 25 % des Bauplatzes überschritten werde, so sei dazu festzuhalten, dass es sich bei dieser Anordnung um eine Bebauungsbestimmung nach § 5 Abs. 4 lit. d BO handle. Auf Grund ihrer Größe und Ausführung sei die Garage als Anlage zum Einstellen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 4 Abs. 3 WGarG zu qualifizieren. Somit gehe das Berufungsvorbringen ins Leere, weil nach § 4 Abs. 5 BO (offenbar gemeint: WGarG) die Nutzfläche einer Garage nach § 4 Abs. 3 WGarG auf Beschränkungen des Bebauungsplanes nach § 5 Abs. 4 lit. d BO nicht anzurechnen sei. Die behauptete Verletzung der Bestimmung der zulässigen bebaubaren Fläche liege daher nicht vor. Dass durch die Garage die gesetzliche Ausnutzbarkeitsbestimmung des § 76 Abs. 10 BO, wonach das Ausmaß der bebauten Fläche nicht mehr als ein Drittel der Bauplatzfläche betragen dürfe, nicht eingehalten werde, könne dem Bauplan und der dort enthaltenen Flächenaufstellung, die sich als schlüssig erweise, nicht entnommen werden. Gegenteiliges sei auch in der Berufung nicht behauptet worden. Da die Garage als Anlage im Sinne des § 4 Abs. 3 WGarG zu qualifizieren sei, sei ihre Errichtung in der seitlichen Abstandsfläche des gegenständlichen Bauplatzes, wie dies nach dem Bauplan vorgesehen sei, ohne weitere Voraussetzung zulässig. Entgegen der Berufung könnten dem Bauplan die Ausmaße der Garage anhand der darin enthaltenen Koten ohne Zweifel entnommen werden, und es sei auch die vom Revisionswerber angesprochene Gebäudehöhe durch entsprechende Höhenkoten nachvollziehbar ausgewiesen. Dies gelte insbesondere für die ihm zugekehrte straßenseitige Fassade der Garage, die in den Ansichten im Bauplan mit Höhenkoten dargestellt sei. Dieser gebe ihm daher jene Informationen, die er zur Verfolgung seiner Rechte benötige, sodass die behaupteten Planmängel nicht vorlägen.

Auf die Einhaltung von Bestimmungen des Bebauungsplanes über die Begrünung von Flachdächern habe der Revisionswerber kein subjektiv-öffentliches Recht gemäß § 134a BO. Ebenso bestehe kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf die Einhaltung von Bebauungsbestimmungen, die den freien Durchblick in Bezug auf Einfriedungen anordneten, weil diese Bestimmungen nur dem örtlichen Stadtbild dienten. Der Revisionswerber könne daher durch die projektierte Ausgestaltung des Daches der Garage und der Einfriedung nicht in einem Nachbarrecht verletzt sein. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass im Akt eine positive Stellungnahme des für Fragen des örtlichen Stadtbildes zuständigen Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 19 einliege und gemäß § 86 Abs. 3 BO Abweichungen vom angeordneten freien Durchblick zulässig seien, wenn dadurch das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt werde.

Wenn der Revisionswerber die Einsicht in die Bestandspläne begehre, so lasse sein Vorbringen völlig offen, welche Rechte er mit der begehrten Akteneinsicht verfolgen wolle. Dass der im Einreichplan ausgewiesene Bestand nicht konsentiert sei, werde in der Berufung nicht behauptet. Für die Bauoberbehörde habe daher kein nachvollziehbarer Grund für die Gewährung der Akteneinsicht bestanden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 11. Juni 2014, B 126/2013, deren Behandlung ablehnte und sie an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In diesem Beschluss führte der Verfassungsgerichtshof (u.a.) aus, dass der genannte Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Plandokument 7676) vom Verfassungsgerichtshof nur insoweit anzuwenden sei, als er jenes Grundstück betreffe, auf welches sich der in Beschwerde gezogene Bescheid beziehe. Diesbezüglich seien dem Verfassungsgerichtshof, insbesondere hinsichtlich des mit 4 m festgelegten Vorgartenbereiches - bei den umliegenden Grundstücken sei ebenfalls ein Vorgartenbereich von 4 oder 5 m vorgesehen -, keine Bedenken entstanden. Soweit das Plandokument 7676 das Grundstück des Revisionswerbers betreffe, sei es im vorliegenden Verfahren nicht anzuwenden. Warum die §§ 1 ff BO idF LGBl. Nr. 46/2010 dem Bestimmtheitsgebot des Art. 18 B-VG nicht entsprächen, habe die Beschwerde vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur finalen Determinierung von Planungsnormen im Raumordnungsrecht nicht ausreichend dargetan.

In seinem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten, die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom 11. September 2014 stellte der Revisionswerber den Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Das an die Stelle der Bauoberbehörde getretene Verwaltungsgericht Wien legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Die Bauwerber erstatteten eine Gegenschrift, auf die der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 13 November 2014 replizierte. Dazu erstatteten die Bauwerber mit Schriftsatz von 26. November 2014 eine Replik.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG, BGBl. I Nr. 33/2013, vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung erst nach dem Ablauf des 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass die Beschwerde als Revision gilt und für deren Behandlung nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 18. September 2015, Ro 2014/05/0068, mwN).

Für die Beurteilung des Revisionsfalles sind die Bestimmungen der BO, LGBl. Nr. 11/1930, idF LGBl. Nr. 46/2010 maßgeblich.

Die §§ 5, 76, 134 und 134a BO lauten auszugsweise wie folgt:

"Inhalt der Bebauungspläne

§ 5. ...

(4) Über die Festsetzungen nach Abs. 2 und 3 hinaus können die Bebauungspläne zusätzlich enthalten:

...

d) Bestimmungen über die flächenmäßige beziehungsweise volumenbezogene Ausnützbarkeit der Bauplätze und der Baulose oder von Teilen davon;

..."

"Bauweisen; bauliche Ausnützbarkeit

§ 76. ...

(10) Im Wohngebiet und im gemischten Baugebiet mit Ausnahme der Geschäftsviertel und Betriebsbaugebiete darf bei offener, bei offener oder gekuppelter, bei gekuppelter und bei der Gruppenbauweise das Ausmaß der bebauten Fläche nicht mehr als ein Drittel der Bauplatzfläche betragen. ...

..."

"Parteien

§ 134. ...

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134 a erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134 a gegen die geplante Bauführung erheben; das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

(4) Weist ein Nachbar der Behörde nach, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach § 134 Abs. 3 zu erlangen, kann er seine Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die Bauführung auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn vorbringen und ist vom Zeitpunkt des Vorbringens dieser Einwendungen an Partei; eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 3) ist ausgeschlossen. Solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Bauverhandlung anberaumt hat.

..."

"Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§ 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

  1. b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
  2. c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

    d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

    e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;

    f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen.

    ..."

    § 4 WGarG, LGBl. Nr. 34/2009, idF LGBl. Nr. 46/2010 hat

    auszugsweise folgenden Wortlaut:

    "Städtebauliche Vorschriften

§ 4. (1) Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen sind im Bauland grundsätzlich zulässig. ...

...

(3) Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen sind auf gärtnerisch auszugestaltenden Teilen der Liegenschaft grundsätzlich unzulässig. Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen mit einer Nutzfläche von nicht mehr als 50 m2 sind in der Bauklasse I und II auf seitlichen Abstandsflächen, im Vorgarten jedoch dann zulässig, wenn ihre Errichtung auf seitlichen Abstandsflächen oder auf Teilen der Liegenschaft, die der Bebauung offenstehen, im Hinblick auf die Geländeverhältnisse oder wegen des vorhandenen Baubestandes nicht zumutbar ist.

...

(5) Die durch Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen gemäß Abs. 3 in Anspruch genommene Grundfläche ist auf die nach den gesetzlichen Ausnutzbarkeitsbestimmungen bebaubare Fläche des Bauplatzes anzurechnen, auf die nach § 5 Abs. 4 lit. d der Bauordnung für Wien durch den Bebauungsplan beschränkte bebaubare Fläche jedoch nicht.

(6) Beschränkungen des Bebauungsplanes in Bezug auf die Anzahl und Größe von Nebengebäuden finden auf Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen gemäß Abs. 3 keine Anwendung."

§ 17 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, idF BGBl. I Nr. 5/2008 lautet:

"Akteneinsicht

§ 17. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muß auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.

(3) Von der Akteneinsicht sind Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.

(4) Gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ist kein Rechtsmittel zulässig."

Die Revision bringt vor, der Revisionswerber habe in seinen beiden Eingaben vom 3. Mai 2012 und 4. Mai 2012 zum Ausdruck gebracht, dass er zur Wahrung seiner Parteienrechte im Sinne des § 134a BO in den Bestandsplan samt Plänen des auf der Liegenschaft der Bauwerber befindlichen Objektes Einsicht nehmen wolle; dies, um festzustellen, ob die tatsächliche Bebauung, so wie unüberprüft ausgeführt, wirklich nur 170,49 m2 betrage. Diese Akteneinsicht hätte ihm z.B. darüber Auskunft geben können, ob der ostseitig errichtete Baukörper Teil des Konsenses bzw. in den Quadratmeterangaben des Altbestandes im Ausmaß von angeblich 170,5 m2 enthalten sei oder nicht. Ferner habe der Revisionswerber die im Einreichplan angeführten Höhenkoten mit dem Altbestand kontrollieren wollen; dies, um gleichfalls festzustellen, ob das geplante Gebäude die Höhenbeschränkung von 3,5 m einhalte oder nicht. Ansatzweise sei nämlich im Einreichplan eine Anschüttung zu erahnen, die aber keine Kotierung aufweise. Dieser Antrag bzw. dieses Vorbringen sei von den Baubehörden nicht beachtet worden, obwohl gemäß § 134a Abs. "3" lit. b BO die Bestimmungen über die Gebäudehöhe die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte des Revisionswerbers berührten und gemäß lit. c Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten den Anrainern "zugänglich" seien. Der angefochtene Bescheid sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die Bauoberbehörde dem Revisionswerber in rechtswidriger Auslegung der Bestimmungen des § 134a BO die Akteneinsicht verwehrt habe. Es bestehe kein vernünftiger Grund, warum einem Nachbarn im Zuge eines Rechtsmittelverfahrens nicht die Einsichtnahme in die Bauakten des Altbestandes gewährt werde, vergebe sich doch weder die Baubehörde etwas in rechtlicher Hinsicht, noch entstehe den Bauwerbern durch die Geltendmachung dieses Rechtes ein Schaden.

Auch sei ein Begründungsmangel darin gelegen, dass dem Einwand des Revisionswerbers, wonach die Einfahrt mit 6,58 m Breite nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt werde, in keiner Weise Rechnung getragen worden sei; dies deswegen, weil "dies" in der Bestimmung des § 134a Abs. 1 lit. c BO "enthalten" sei.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Der Revisionswerber ist unstrittig Nachbar im Sinne des § 134 Abs. 3 BO.

Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Die genannten Nachbarrechte werden durch die Tatbestandsvoraussetzung "sofern sie ihrem" (gemeint: der Nachbarn) "Schutze dienen" eingeschränkt. Dies bedeutet, dass trotz objektiven Verstoßes gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn dann nicht vorliegt, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechte des Nachbarn nicht eingegriffen werden kann (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 24. Februar 2015, Zl. 2013/05/0129, mwN).

Mit seinem Vorbringen, dass ihm die zur Wahrung seiner Nachbarrechte im Sinne des § 134a BO erforderliche Einsichtnahme in die Bauakten des Altbestandes (Bestandsplan samt Plänen des auf der Liegenschaft der Bauwerber befindlichen Objektes) durch die Bauoberbehörde verwehrt worden sei, zeigt der Revisionswerber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Gemäß § 134 Abs. 3 BO steht einem Nachbarn das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu.

Nach der hg. Judikatur werden dem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren die zur Verfolgung seiner Rechte erforderlichen Informationen durch die für die Bauverhandlung nach § 70 BO gemäß § 41 AVG vorgesehene Kundmachung im Zusammenhalt mit dem Antrag samt den dem Bewilligungsantrag anzuschließenden Urkunden, insbesondere den Bauplänen (§ 63 BO), vermittelt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. September 2007, Zl. 2006/05/0042, mwN; ferner in diesem Zusammenhang etwa das Erkenntnis vom 23. August 2012, Zl. 2010/05/0006).

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor, dass dem Revisionswerber - nach dessen Verständigung von der Anberaumung der genannten Bauverhandlung - am 3. Mai 2012 Einsicht in den das gegenständliche Bauansuchen betreffenden Bauakt gewährt wurde. Es ergibt sich aus diesem Akt nicht, dass damit der Revisionswerber die zur Verfolgung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte in diesem Verfahren erforderlichen Informationen nicht erhalten habe.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Nachbar hinsichtlich der Planunterlagen nur so weit einen Anspruch auf Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen hat, als die Unterlagen ausreichen müssen, um ihm jene Informationen zu geben, die er zur Verfolgung seiner Nachbarrechte braucht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 2013, Zl. 2013/05/0019, mwN), bzw. um zu erkennen, inwieweit durch das Bauvorhaben in seine Rechte eingegriffen werden könnte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2015, Zl. 2013/05/0054, mwN). Solche Unklarheiten der Pläne, die den Revisionswerber an der Verfolgung seiner Nachbarrechte hätten hindern können, zeigt die Revision, in der insoweit lediglich vorgebracht wird, dass der Revisionswerber die Quadratmeterangaben und die Höhenkoten "mit dem Altbestand kontrollieren" (offenbar gemeint: vergleichen) wolle bzw. dass der Einreichplan eine Anschüttung "erahnen" lasse, nicht auf. Damit hat die Revision die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargelegt.

Schließlich zeigt die Revision mit ihrem weiteren Vorbringen, es liege ein Begründungsmangel vor, weil dem Einwand des Revisionswerbers, wonach die Einfahrt mit 6,58 m Breite nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt werde, in keiner Weise Rechnung getragen worden sei, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Denn abgesehen von dem Hinweis auf § 134a Abs. 1 lit. c BO enthält die Revision keine näheren Ausführungen, inwieweit der Revisionswerber durch die "Einfahrt" (bzw. das Einfahrtstor) in einem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht beeinträchtigt wäre. In welcher Hinsicht die Breite der "Einfahrt" einen Einfluss auf die flächenmäßige Ausnützbarkeit des Bauplatzes (§ 134a Abs. 1 lit. c BO) habe, kann auf Grund des Revisionsvorbringens nicht nachvollzogen werden.

Wenn der Revisionswerber die Regelung des Plandokumentes 7676 über die Festsetzung der Vorgartentiefe (mit 4 m) für das Baugrundstück mit dem Vorbringen, dass für seine Liegenschaft eine Vorgartentiefe von 8 m verordnet sei, dadurch der Wert seiner Liegenschaft in unsachlicher Weise geschmälert sei und der Verfassungsgerichtshof in seinem Verfahren, Zlen. B 338/12, B 339/12, die Verfassungsmäßigkeit dieses Plandokumentes prüfe, angreift und die Stellung eines Verordnungsprüfungsantrages beim Verfassungsgerichtshof anregt, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zur Stellung eines solchen Normenprüfungsantrages nicht veranlasst. So hat der Verfassungsgerichtshof in dem oben genannten Beschluss vom 11. Juni 2014 unter Hinweis darauf, dass bei den in Bezug auf das gegenständliche Baugrundstück umliegenden Grundstücken ebenfalls ein Vorgartenbereich von 4 oder 5 m vorgesehen sei, ausgeführt, dass gegen dieses Plandokument hinsichtlich des mit 4 m festgelegten Vorgartenbereiches - unter dem Blickwinkel der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums - keine Bedenken bestünden.

Der Revisionswerber hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine neuen Gesichtspunkte betreffend eine allfällige Rechtswidrigkeit des genannten Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes dargelegt, und auch sonst hegt der Verwaltungsgerichtshof dagegen keine Bedenken. In diesem Zusammenhang sei noch bemerkt, dass der Verfassungsgerichtshof in dem vom Revisionswerber ins Treffen geführten Beschwerdeverfahren, Zlen. B 338/12, B 339/12, mit Beschluss vom 24. Februar 2014 die Behandlung der an ihn vom Revisionswerber gegen einen anderen Baubewilligungsbescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt hat (vgl. dazu die mit demselben Beschluss des Verfassungsgerichtshofes dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene, zur hg. Zl. Ro 2014/05/0051 protokollierte Beschwerde des Revisionswerbers).

Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Z 1 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. November 2015

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