VwGH 2010/04/0007

VwGH2010/04/000717.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerden des X in Y, vertreten durch Holter - Wildfellner Rechtsanwälte OG in 4710 Grieskirchen, Roßmarkt 21, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich 1.) vom 30. November 2009, Zl. VwSen- 222245/15/Bm/Sta, und 2.) vom 30. November 2009, Zl. VwSen- 222246/16/Bm/Ga, betreffend Übertretungen der GewO 1994 (jeweils weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §81;
AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §81;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60, somit insgesamt in der Höhe von EUR 1.221,20, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F (BH) vom 8. September 2008 wurde - auf das Wesentlichste zusammengefasst - dem Beschwerdeführer als nach § 9 VStG 1991 strafrechtlich Verantwortlichem der X Betriebs- und Verwaltungs-GmbH vorgeworfen, er habe - wie dies bei einer Überprüfung des Schlachthofes durch die BH am 7. Jänner 2008 festgestellt worden sei - Folgendes zu verantworten (Wiedergabe nur soweit beschwerdegegenständlich):

Spruchpunkt 2:

Durch folgende Maßnahmen sei im Überprüfungszeitpunkt ohne erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung eine konsenslos geänderte Betriebsanlage betrieben worden, wobei die Änderung der Betriebsanlage geeignet sei, die im § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen, insbesondere Nachbarn durch Lärm und Geruch zu belästigen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Verfahren wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:

1. Zu Spruchpunkt II. des erstangefochtenen Bescheides (Lärmschutzwand):

Zum Inhalt der die Errichtung einer Lärmschutzwand "auf der bestehenden Stützmauer" betreffenden Auflage 20 und zu der in einem anderen Verwaltungsstrafverfahren festgestellten Nichterfüllung dieser Auflage wird zunächst auf das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, Zl. 2009/04/0154, verwiesen.

Im Beschwerdefall wendet der Beschwerdeführer gegen die ihm vorgeworfene Nichterfüllung der Auflage 20 im Wesentlichen ein, dieser Auflage fehle es an der erforderlichen Bestimmtheit, da für die Errichtung der vorgeschriebenen Lärmschutzwand nicht nur eine, sondern vielmehr zwei Stützmauern in Betracht kämen.

Die belangte Behörde hat zu diesem Vorbringen im erstangefochtenen Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, es sei klar erkennbar, dass es sich bei der in der Auflage genannten Stützmauer um jene im Bereich der Verladerampe beim Schlachtstallzubau handle. Die vom Beschwerdeführer angeführten Stützmauern (auf dem Vorplatz zu den Kellerräumlichkeiten) könnten schon auf Grund ihrer Länge (sie seien für die Errichtung der vorgeschriebenen Lärmschutzwand zu kurz) nicht gemeint sein. Diesem Argument hält die Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegen.

Soweit die Beschwerde behauptet, die im Jahre 1986 vorgeschriebene Auflage wäre durch einen Befund in einer Verhandlungsschrift aus 1998, welche die Errichtung des Lärmschutzwalles betroffen habe und Bestandteil einer späteren Genehmigung geworden sei, materiell derogiert worden, fehlen konkrete Anhaltspunkte für eine Zulassung von Abweichung nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 durch die Gewerbebehörde (vgl. idS bereits das hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, Zl. 2009/04/0154, mwN).

Das Beschwerdevorbringen, der gewerbetechnische Amtssachverständige habe seine Aussagen als Zeuge und nicht als Sachverständiger gemacht, kann eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung nicht dartun.

2. Zu Spruchpunkt III. des erstangefochtenen Bescheides (nicht geschlossenes Fenster im Schlachtstall):

Zu diesem Vorwurf bringt die Beschwerde im Wesentlichen vor, die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei mangelhaft, weil unterschiedliche Beweisergebnisse vorlägen. So sei zum einen davon die Rede, dass "ein Fenster (äußerst südwestlich)" entgegen der Auflage 8 geöffnet gewesen sei, zum anderen sei von dem "äußerst südwestlichen Fenster" die Rede. Auch sei unklar, ob der Sachverständige das geöffnete Fenster von innen oder von außen geöffnet wahrgenommen habe. Schließlich habe der Sachverständige angegeben, sämtliche Fenster seien geöffnet gewesen und zum Zeitpunkt, in dem das geöffnete Fenster fotografiert worden sei, habe es auch sein können, dass die Schlachtung bereits abgeschlossen worden sei.

Mit diesem Vorbringen wird nicht konkret bestritten, dass - wie im erstangefochtenen Bescheid vorgeworfen - entgegen Auflage 8 (zumindest) ein Fenster im Zeitpunkt der gewerbebehördlichen Überprüfung geöffnet gewesen sei, und kann somit eine Unschlüssigkeit der beweiswürdigenden Überlegungen der belangten Behörde nicht dargetan werden.

Auf das Vorbringen, die Niederschrift betreffend die gewerbebehördliche Überprüfung sei auf Grund näher bezeichneter formaler Mängel nicht entsprechend § 14 AVG zustande gekommen, braucht nicht eingegangen werden, hat sich die belangte Behörde doch im Wesentlichen in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise auf die Aussagen des gewerbetechnischen Sachverständigen gestützt.

3. Zum zweitangefochtenen Bescheid (konsenslose Änderung der Betriebsanlage):

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der Vorwurf bestätigt, der Beschwerdeführer habe es zu verantworten, dass die Betriebsanlage durch näher bezeichnete Anlagenteile konsenslos geändert worden sei.

Die dabei erwähnte Kühlanlage in Form einer sog. York-Station sowie der nicht konsensgemäß errichtete Lärmschutzwall waren bereits Gegenstand des zitierten hg. Erkenntnisses vom 15. September 2011, Zl. 2009/04/0154, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

Zu den einzelnen Anlagenteilen bringt die Beschwerde (auf das Wesentlichste zusammengefasst) vor:

3.1. Zur ölbefeuerten Zentralheizungsanlage:

Diese sei bereits mit dem (ersten) gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheid vom 11. Juni 1976 genehmigt worden.

Dagegen führte die belangte Behörde im zweitangefochtenen Bescheid aus, aus der dieser Genehmigung zu Grunde liegenden Verhandlungsschrift ergebe sich, dass die Heizung einem gesonderten gewerbepolizeilichen Verfahren vorbehalten werde. Auch sei als Auflage vorgeschrieben worden, dass für den Einbau der Zentralheizungsanlage mit Ölfeuerung und Öllagerung bei der Gewerbebehörde unter Vorlage eines entsprechenden Projektes und einer technischen Beschreibung anzusuchen sei.

Wenn nun die Beschwerde dem entgegen hält, aus der Baubeschreibung und der Verhandlungsschrift lasse sich ableiten, die Zentralheizungsanlage sei doch Gegenstand dieser Genehmigung gewesen, so gesteht sie dennoch zu, dass in der Verhandlung "davon die Rede" gewesen sei, dass die Heizungsanlage einem gesonderten gewerbebehördlichen Verfahren zu unterziehen sei.

Das Vorbringen, die Heizungsanlage habe - ausgehend davon, dass sie ursprünglich einem gesonderten gewerbebehördlichen Verfahren vorbehalten worden sei - nachträglich Eingang in die nachfolgenden Betriebsanlagengenehmigungsbescheide gefunden, weil dort immer vom "Bestand" der Altanlage die Rede gewesen sei und die Änderungsgenehmigung nach § 81 GewO 1994 die bereits genehmigte Anlage insoweit zu umfassen habe, als es zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen erforderlich sei, überzeugt nicht. Hiezu hat die belangte Behörde nämlich in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise angeführt, dass mit den angeführten Aussagen zum Altbestand lediglich zum Ausdruck gebracht worden sei, dass diese Altanlagen nicht Gegenstand der Änderungsgenehmigung nach § 81 GewO 1994 seien.

3.2. Zur Flüssiggasanlage:

Dem Beschwerdevorbringen zufolge habe sich der bei der gewerbebehördlichen Überprüfung am 7. Jänner 2008 vorgefundene oberirdische Flüssiggasbehälter bereits seit 27 Jahren an dieser Örtlichkeit befunden und sei sehr wohl gewerbebehördlich genehmigt.

Die belangte Behörde führte hiezu aus, der Flüssiggasbehälter sei abweichend vom genehmigten Standort aufgestellt worden und der vom Beschwerdeführer angeführte Aktenvermerk könne eine gewerbebehördliche Genehmigung nicht ersetzen, da zum geänderten Standort kein Ansuchen aufliege und dieser Aktenvermerk auch nicht Bestandteil des Genehmigungsbescheides sei.

Die Beschwerde hält dem entgegen, der Flüssiggasbehälter sei spätestens mit Bescheid aus 1998, mit dem "wiederum die gesamte Betriebsanlage bewilligt" worden sei, (mit)genehmigt worden. Der genannte Aktenvermerk sei zur Auslegung der seinerzeitigen Änderungsgenehmigung vom 6. August 1984 heranzuziehen und zeige, dass der geänderte Standort der Flüssiggasanlage zu diesem Zeitpunkt sehr wohl genehmigt worden sei.

Zu diesem Vorbringen ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in dem (die gegenständliche Betriebsanlage betreffenden) Erkenntnis vom 3. September 2008, Zl. 2008/04/0085, mwN, zu verweisen, wonach die Betriebsbeschreibung insbesondere präzise Angaben zu allen jenen Faktoren enthalten muss, die für die Beurteilung der auf den Nachbarliegenschaften zu erwartenden Immissionen von Bedeutung sind, und die Betriebsbeschreibung (dort die sich aus der Betriebsbeschreibung ergebende Limitierung von Schlachtzahlen für einen Schlachthof) so klar gefasst sein muss, dass sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens zweifelsfrei erkennen lässt. Ausgehend davon, dass sich die Beschwerde vorliegend nicht auf einen Antrag samt einer derartigen Betriebsbeschreibung zu dem geänderten Standort des Flüssiggasbehälters beruft, kann die Auffassung der belangten Behörde, dieser sei nicht als genehmigt anzusehen, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Wenn sich die Beschwerde gegen die Feststellung wendet, dieser Behälter sei zum Zeitpunkt der Überprüfung in Betrieb gewesen, so beschränkt sie sich darauf hinzuweisen, dass nicht mit Sicherheit festgestellt habe werden können, ob die Flüssiggasanlage betrieben worden sei oder nicht und rügt lediglich die Aussagen des maschinentechnischen Amtssachverständigen, wonach dem Behälter während des Lokalaugenscheins offenbar Gas entnommen worden sei. Einen wesentlichen Begründungsmangel kann die Beschwerde mit diesem Vorbringen nicht dartun.

Auch das Vorbringen, alleine die unterschiedliche Situierung des Behälters stelle keine Beeinträchtigung der Interessen nach § 74 Abs. 2 GewO 1994 dar, kann eine Rechtswidrigkeit des zweitangefochtenen Bescheides nicht aufzeigen, ist doch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf abzustellen ob die vorliegende Änderung einer genehmigten Betriebsanlage grundsätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 bezeichneten Beeinträchtigungen hervorzurufen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 22. November 2011, Zl. 2011/04/0189, mwN).

3.3. Zur Dampfkesselanlage:

Hiezu bringt die Beschwerde im Wesentlichen vor, die Dampfkesselanlage sei bereits 1976 gewerbebehördlich bewilligt worden, weil der gewerbetechnische Amtssachverständige ausgesagt habe, die Notwendigkeit der Dampfkesselanlage ergebe sich aus dem Schlachtbetrieb. Diese sei zur Produktion des Dampfes zur Entborstung der Schweine unbedingt erforderlich. Damit sei aber die Dampfkesselanlage untrennbarer Bestandteil der gesamten Brühanlage zur Herstellung des Heißwassers und solcherart vom gewerbebehördlichen Konsens umfasst.

Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang festgehalten, im Genehmigungsbescheid vom 6. August 1984 fände sich die Betriebsbeschreibung, dass die Schweine nach dem Brühvorgang in die Enthaarungsmaschine gelangten, weiters sei in der Verhandlungsschrift ein Brühbottich erwähnt. Dass aus diesen Anhaltspunkten aber keine Genehmigung der Dampfkesselanlage abgeleitet werden kann, ergibt sich schon aus der oben angeführten hg. Rechtsprechung zur notwendigen Präzisierung der Betriebsbeschreibung (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 3. September 2008, Zl. 2008/04/0085, mwN).

3.4. Zur York-Kühlanlage:

Zum Vorbringen, der Genehmigungsbescheid vom 30. April 1998 erlaube dem Beschwerdeführer mehrere Varianten der Errichtung der Kühlanlage, ist der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, Zl. 2009/04/0154, zu verweisen, in dem dieser Auffassung nicht gefolgt wurde.

Zum Vorbringen, aus der geänderten Situierung der Kühlanlage sei eine Genehmigungspflicht nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 nicht abzuleiten, genügt es wiederum auf die obzitierte hg. Rechtsprechung hinzuweisen, wonach darauf abzustellen ist, ob die vorliegende Änderung einer genehmigten Betriebsanlage grundsätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 bezeichneten Beeinträchtigungen hervorzurufen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 22. November 2011, Zl. 2011/04/0189, mwN).

3.5. Zum Lärmschutzwall:

Zu diesem Vorwurf bringt die Beschwerde im Wesentlichen vor, der Beschwerdeführer habe bei der Errichtung des Lärmschutzwalles lediglich vom Konsens im Umfang des nicht errichteten Teilstückes keinen Gebrauch gemacht.

Damit übersieht die Beschwerde, dass die konsensgemäße Errichtung des Lärmschutzwalles aus Gründen des Schallschutzes Bedeutung hat (auch hiezu ist auf das zitierte hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, Zl. 2009/04/0154, zu verweisen). Insofern ist die Auffassung der belangten Behörde, die geänderte Ausführung des Lärmschutzwalles sei grundsätzlich geeignet, die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 bezeichneten Beeinträchtigungen hervorzurufen, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Zum Vorbringen, der Spruch des zweitangefochtenen Bescheides sei unbestimmt, weil er dem Beschwerdeführer nicht das von der Behörde geforderte Tun erkennen ließe, ist festzuhalten, dass der Spruch im Hinblick auf die alleine maßgebliche Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ausreichend konkretisiert ist, um den Beschwerdeführer in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. zum Erfordernis einer genauen Tatumschreibung nach § 44a Z. 1 VStG etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2011, Zl. 2011/02/0281, mwN).

4. Da sich aus diesen Erwägungen die Beschwerden als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. April 2012

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