VwGH 2011/04/0189

VwGH2011/04/018922.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Grünstäudl und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Lins KG in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 29. August 2011, Zlen. UVS-1-649/E10-2010, UVS-1-650/E10-2010, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem nur insoweit angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 29. August 2011 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Sch. Tankstellen GmbH zu verantworten, dass die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23. Dezember 2004 genehmigte Betriebsanlage (Tankstelle) unbefugt geändert worden sei, indem in der Zeit vom 31. Jänner bis 3. Februar 2009 westlich des bereits bestehenden ca. 2.600 m2 großen Zufahrts- bzw. Parkbereiches ein weiterer ca. 700 m2 großer Parkplatz ohne die dafür erforderliche ergänzende gewerbebehördliche Betriebsanlagenbewilligung aufgeschüttet und somit errichtet worden sei. Die Genehmigungspflicht der Maßnahme ergebe sich daraus, dass durch das Benützen der Fläche mit LKW eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit des Grundwassers sowie eine Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs im Bereich der K.-Straße aufgrund des erhöhten LKW-Verkehrsaufkommens möglich seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 erster Fall Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden) verhängt wurde.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Weiteren die Feststellungen zugrunde, der Rechtsvorgängerin der Sch. Tankstellen GmbH seien zuletzt Betriebsanlagenänderungsgenehmigungen für die Änderung der bestehenden Tankstelle ("Sch. I") durch Errichtung und Betrieb eines Abstell- und Umkehrplatzes für LKW auf der Liegenschaft Grundstück Nr. 941/1 KG H. (mit einer Fläche von 4.349 m2) und - mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23. Dezember 2004 - für die Errichtung und den Betrieb von zwei zusätzlichen LKW-Tankspuren einschließlich der Errichtung eines Containergebäudes und der erforderlichen Treibstofftanks auf der Liegenschaft Grundstück Nr. 941/1 KG H. ("Sch. II") erteilt worden.

Die im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren gegenständliche Parkplatzfläche auf dem Grundstück Nr. 941/5 KG H. sei 20 x 25 m groß und grenze unmittelbar an das Grundstück Nr. 941/1 KG H., auf welchem sich die Betriebsanlage der Sch. Tankstellen GmbH ("Sch. II") befinde. Absperrungen irgendwelcher Art seien zur Tatzeit nicht vorhanden gewesen. Die Parkplatzfläche sei auf dem Grundstück Nr. 941/5 so situiert, dass sie sich exakt in Verlängerung der Parkplatzfläche der Betriebsanlage der Sch. Tankstellen GmbH befinde; die Länge der Parkplatzfläche ende etwa dort, wo die befestigte Parkplatzfläche an der Westgrenze des Grundstückes Nr. 941/1 ende. In der Natur stellten sich die Fläche der Tankstelle auf dem Grundstück Nr. 941/1 und die verfahrensgegenständliche Parkplatzfläche als eine durchgehende Fläche in der Größe von ca. 5.050 m2 dar; die Flächen seien lediglich am Belag zu unterscheiden.

G.W., der Eigentümer des Grundstückes Nr. 941/5 KG H., sei auch Eigentümer des Grundstückes Nr. 941/1 KG H. Auf dem Grundstück Nr. 941/1 habe die Sch. Tankstellen GmbH aufgrund eines Baurechtes die Tankstelle errichtet. Die verfahrensgegenständliche Parkfläche sei von LKW-Fahrern zum Abstellen ihrer LKW benutzt worden, wobei G.W. keine Besitzstörungsklage gegen die LKW-Fahrer eingebracht habe. Die LKW seien meist über Nacht abgestellt worden.

Für die Errichtung des zusätzlichen Parkplatzes sei nach dem Abschieben der Humusschicht ein Vlies eingebracht worden; darauf sei ein ca. 90 cm starker Frostkoffer geschüttet und eingewalzt worden. Der Beschwerdeführer habe bei der Errichtung der verfahrensgegenständlichen Parkfläche mitgearbeitet, indem er mit einer Walze die Schüttung verdichtet habe. Anfangs sei auf dem gegenständlichen Parkplatz ein Schild mit der Aufschrift "Parken ausnahmslos für Kunden von Sch." angebracht gewesen; ein Schild "Einfahrt Sch." sei an der Grenze zwischen dem Betriebsgelände der Tankstelle und dem verfahrensgegenständlichen Parkplatz gestanden.

Der Beschwerdeführer sei im Tatzeitraum sowohl gewerberechtlicher als auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der Sch. Tankstellen GmbH gewesen, die im Tatzeitraum die "hier in Rede stehende Betriebsanlage betrieben" habe.

Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung unter anderem vorgebracht, den verfahrensgegenständlichen Parkplatz habe nicht die Sch. Tankstellen GmbH, sondern der Grundeigentümer G.W. errichtet, der auch die notwendigen Erdbewegungen in Auftrag gegeben habe. G.W. habe den Parkplatz für sich selbst und nicht für die Tankstelle errichtet. Die Sch. Tankstellen GmbH habe weder Kunden noch sonstige Personen angewiesen, informiert oder aufgefordert, die nicht zur Betriebsanlage gehörenden Grundflächen des Grundstücks Nr. 941/5 in irgendeiner Art und Weise zu benutzen.

Beweiswürdigend ging die belangte Behörde unter Hinweis auf die Lage des verfahrensgegenständlichen Parkplatzes, die Art dessen Ausgestaltung und dessen Nutzung und aufgrund der weiteren festgestellten Umständen davon aus, dass mit der verfahrensgegenständlichen Parkfläche der angrenzende Parkplatz der Tankstelle erweitert worden sei.

Die in einem weiteren Verfahren vor der belangten Behörde getätigten Angaben von G.W., er nutze die in Rede stehende Fläche für eigene Zwecke, insbesondere werde sie für Testfahrten für die in einiger Entfernung liegende Autowerkstatt seines Sohnes genutzt, erachtete die belangte Behörde als unglaubwürdig, insbesondere weil bei Kontrollen keine abgestellten PKW festgestellt worden seien. Die weitere Aussage von G.W., der Umstand, dass sein Parkplatz zum Abstellen von LKW benutzt werde, störe ihn nicht und er habe bisher keine Besitzstörungsklage eingereicht, widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, wenn man davon ausgehe, dass G.W. den Parkplatz tatsächlich für eigene Zwecke nutzen wolle.

Insgesamt maß die belangte Behörde den Behauptungen von G.W. sowie des Beschwerdeführers keine Glaubwürdigkeit zu, wobei sie auf den "Hintergrund" hinwies, dass ein "Bewilligungsverfahren nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung bzw ein Genehmigungsverfahren nach der Gewerbeordnung umgangen werden sollte".

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde unter Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen im Wesentlichen aus, durch die mit der verfahrensgegenständlichen Parkfläche vorgenommene Erweiterung des Parkplatzes der Tankstelle der Sch. Tankstellen GmbH sei - ohne erforderliche Genehmigung - eine bewilligungspflichtige Änderung der genehmigten Betriebsanlage im Sinn des § 81 Abs. 1 GewO 1994 erfolgt, weil nach allgemeinem menschlichem Erfahrungsgut eine zusätzliche Parkplatzfläche grundsätzlich geeignet sei, die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 erwähnten Gefährdungen usw. hervorzurufen; im vorliegenden Fall sei bei einer solchen Betrachtung durch die Größe der Fläche und durch das Befahren der Fläche mit LKW eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit des Grundwassers ebenso möglich wie eine Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs im Bereich der K.-Straße aufgrund des erhöhten LKW-Verkehrsaufkommens.

Schließlich traf die belangte Behörde Ausführungen zu der von ihr vorgenommenen Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 (in der in Hinblick auf den Tatzeitraum anzuwendenden Fassung des BGBl. I Nr. 42/2008) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu EUR 3.600,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81 f GewO 1994).

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsstätte, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g GewO 1994 angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

2.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Nichtbestrafung bei Nichterfüllung eines verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes" verletzt und bringt in seiner Beschwerde dazu wiederum im Wesentlichen vor, der verfahrensgegenständliche Parkplatz sei nicht durch den Beschwerdeführer, sondern im Auftrag des Eigentümers des Grundstückes Nr. 941/5 der KG H., G.W. errichtet worden. Dieser habe diesen Parkplatz "für sich selbst und keinesfalls für die Tankstelle errichtet".

In diesem Zusammenhang wendet sich die Beschwerde insbesondere gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung und führt dazu aus, die Angaben des Beschwerdeführers und des G.W. seien "sehr wohl glaubwürdig und nachvollziehbar". Dass die Parkfläche nicht abgesperrt werde und auch LKW geparkt würden, sei auf "gute nachbarschaftliche Verhältnisse zurückzuführen, wie auch die Mitarbeit bzw. Mithilfe des Beschwerdeführers bei der Errichtung der gegenständlichen Parkplatzfläche".

Das Grundstück Nr. 941/5 sei kein Bestandteil der Betriebsanlage der Sch. Tankstellen GmbH, welche keinerlei Berechtigung habe, dieses Grundstück zu nutzen. Die verfahrensgegenständliche Parkfläche sei daher "jedenfalls getrennt zum Areal der Tankstelle Sch. II als eigenständiges Objekt anzusehen"; dieser Umstand sei "auch aufgrund des unterschiedlichen Belages der Flächen zu erkennen".

2.2. Die belangte Behörde hat - wie oben wiedergegeben - der von der Beschwerde bekämpften Auffassung, mit der Errichtung der verfahrensgegenständlichen Parkfläche sei der angrenzende Parkplatz der Tankstelle der Sch. Tankstellen GmbH erweitert worden, beweiswürdigend die auch in der Beschwerde nicht bekämpften Umstände zugrunde gelegt, dass G.W. Eigentümer sowohl des Grundstückes Nr. 941/5 als auch des Grundstückes Nr. 941/1 KG H. ist, die verfahrensgegenständliche Parkfläche unmittelbar an die Parkplatzfläche der Betriebsanlage der Sch. Tankstellen GmbH angrenzt, von dieser nicht abgetrennt und lediglich mit einem anderen Belag ausgestattet ist und auch von LKW-Fahrern zum Abstellen ihrer LKW benutzt wurde.

Darüber hinaus hat die belangte Behörde ihrer Beweiswürdigung die ebenfalls vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Tatsachen zugrunde gelegt, dass dieser bei der Errichtung der verfahrensgegenständlichen Parkfläche selber mitgearbeitet hat und ursprünglich auf dem verfahrensgegenständlichen Parkplatz ein Schild mit der Aufschrift "Parken ausnahmslos für Kunden von Sch."

angebracht war. Ausgehend von diesen Umständen und aufgrund ihrer von den Angaben insbesondere des G.W. gewonnenen Eindrücke ist die belangte Behörde schließlich zu der Überzeugung gelangt, dessen Behauptungen wie auch jene des Beschwerdeführers stellten bloße Schutzbehauptungen zur Umgehung von naturschutzrechtlichen und gewerberechtlichen Bewilligungspflichten dar.

Mit dem unter 2.1. wiedergegebenen Vorbringen legt die Beschwerde nicht dar, weshalb diese von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung unschlüssig wäre, sodass sie keine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Mängel der Beweiswürdigung aufzeigt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. September 2011, Zl. 2010/04/0075, mwN).

3. Ausgehend von den somit unbedenklichen Feststellungen, dass mit der Errichtung der verfahrensgegenständlichen Parkfläche der angrenzende Parkplatz der Betriebsanlage der Sch. Tankstellen GmbH unter Mitwirkung deren Geschäftsführers erweitert wurde, ist auch die Auffassung der belangten Behörde, dass damit der Tatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 3 erster Fall GewO 1994 erfüllt sei, nicht zu beanstanden. Die vorliegende Änderung der Betriebsanlage wurde fallbezogen zu Recht der Sch. Tankstellen GmbH als Inhaberin des Betriebsstandortes und nicht etwa dem Liegenschaftseigentümer zugerechnet (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 § 366 Rz 57).

In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde zutreffend mit der ständigen hg. Rechtsprechung darauf abgestellt, ob die vorliegende Änderung einer genehmigten Betriebsanlage grundsätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 bezeichneten Beeinträchtigungen hervorzurufen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2006, Zl. 2004/04/0089, VwSlg. 16.902 A/2006, mwN).

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 22. November 2011

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