BVwG W222 2244576-1

BVwGW222 2244576-111.1.2022

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W222.2244576.1.00

 

Spruch:

W222 2244576-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch seine Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangeh

öriger von Bangladesch, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Am Tag der Antragstellung wurde er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer niederschriftlichen Erstbefragung unterzogen.

Hierbei gab er zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er in Bangladesch wirtschaftliche Probleme habe und daher ins Ausland gereist sei. Er habe für die Reise nach Österreich hohe Schulden gemacht, welche er begleichen müsse.

Am XXXX wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er soweit wesentlich folgendes zu Protokoll (sprachliche Unzulänglichkeiten im Original):

„[…]

Noch vor Beginn des Parteiengehörs legt der Ast. mehrere Schriftstücke vor. (Diplom für Mechanik, Zertifikat der Partei, Ermittlungsbericht der Polizei und Anzeige datiert mit 21.06.2021) Diese werden kopiert und zum Akt genommen.

[…]

LA: Welches ist Ihre Muttersprache und welche Sprachen sprechen Sie noch?

VP: Meine Muttersprache ist Bengali, ich spreche ansonsten ein wenig Englisch.

LA: Wie verstehen Sie den Dolmetscher?

VP: Sehr gut.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja.

[…]

LA: Werden Sie im Asylverfahren durch einen Rechtsanwalt oder durch eine andere Person vertreten?

VP: Nein.

LA: Leiden Sie an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten oder benötigen Sie Medikamente?

VP: Nein.

[…]

LA: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

VP: Damals war ich durcheinander und habe nicht alle meine Gründe genannt.

Feststellung: Sie wurden bereits im Zuge der Erstbefragung zu Ihrer Identität und zu Ihren persönlichen Daten befragt.

LA: Entsprechen diese Angaben den Tatsachen oder haben Sie etwas zu berichtigen?

VP: Die Angaben, die ich dort gemacht habe entsprechen denn Tatsachen und sind richtig.

LA: Sie haben in der Erstbefragung angegeben, dass Sie über mehrere Länder gereist sind.

LA: Warum haben Sie nicht bereits in Griechenland oder Ungarn einen Asylantrag gestellt? Dies sind sichere Länder.

VP: Ich weiß nicht, wie ich dort leben soll. Es ist sehr schwierig dort zu leben. Mein Zielland war Österreich, weil ich hier arbeiten möchte. Ich habe von den Leuten gehört, dass Österreich ein sicheres Land in Europa ist.

LA: Traten Sie in Österreich und/oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU jemals unter falschen Personalien in Erscheinung? Falls ja, wann und wo bzw. unter welchen Personalien?

VP: Nein.

LA: Haben Sie außer Ihren Eltern und den 5 Brüdern weitere Verwandte in Bangladesch?

VP: Ja, ich habe weitere Verwandte in Bangladesch. Nachgefragt gebe ich an, 5 Onkel und 1 Tante mütterlicherseits und 1 Onkel und 3 Tanten väterlicherseits.

LA: Wie geht es Ihren Verwandten wirtschaftlich/finanziell?

VP: Denen geht es gut, sie gehören zur Mittelschicht.

LA. Wie geht es Ihren Familienangehörigen (Eltern, Geschwister) in Bangladesch wirtschaftlich/finanziell?

VP: Diesen geht es auch gut, sie gehören auch zur Mittelschicht. Nachgefragt gebe ich

an, dass die Familie eine eigene Landwirtschaft betreibt. 2 Brüder arbeiten in einer

Autowerkstadt, die anderen Brüder in der Landwirtschaft.

LA: Wie haben Sie Ihre Reise finanziert? Wie viel Geld haben Sie ausgegeben und woher hatten Sie das Geld?

VP: Die Reise nach Österreich kostete insgesamt ca. € 12.000.-. Das Geld stammt von einem Grundstücksverkauf.

LA: Wie haben Sie selbst Ihren Lebensunterhalt in Bangladesch bestritten?

VP: Ich habe Kindern Nachhilfeunterricht gegeben.

LA: Wie viel Geld haben Sie monatlich verdient?

VP: Ca. € 120.- pro Monat. Das Einkommen hat gereicht.

LA. Wo haben Sie die Nachhilfe gegeben und wann war dort Ihr letzter Arbeitstag?

VP: Der letzte Arbeitstag war im Oktober 2017 in XXXX . Die Nachhilfe hat in Privathäusern stattgefunden.

LA: Wovon haben Sie nach dem Oktober 2017 gelebt, was haben Sie gearbeitet?

VP: Ich war weiterhin in XXXX .

LA: Die Frage wird wiederholt.

VP: Ich war 2 Monate zuhause bei den Eltern. Danach bin ich nach Dhaka gereist.

LA: Was haben Sie in Dhaka gemacht?

VP: Dort habe ich 1 Jahr in XXXX gearbeitet. Danach war ich arbeitslos.

LA: Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt bestritten?

VP: Ich habe Geld gespart, davon habe ich gelebt.

LA: Hatten Sie ein eigenes Haus oder eine Wohnung?

VP: Ich habe bei meiner Familie in einem eigenen Haus gelebt. Es war ein großes Haus mit 6 Zimmern, plus Küche, Bad, WC. Das Grundstück hatte ca. 1.500 m²

LA: Wo haben Sie in Dhaka gewohnt?

VP: Ich habe in MIRPOR in einer Mietwohnung zusammen mit meinem Freund gewohnt.

LA: Haben Sie familiäre Beziehungen in Österreich bzw. in einem anderen EU-Land?

VP: Nein.

LA: Beantworten sie die nachstehenden Fragen mit „ja“ oder „nein“. Sie haben später noch die Gelegenheit, sich ausführlich zu diesen Fragen zu äußern:

LA: Sind Sie vorbestraft oder waren sie in Ihrem Heimatland inhaftiert oder hatten Sie Probleme mit den Behörden in der Heimat.

VP: Ich bin nicht vorbestraft und war nicht inhaftiert. Ich hatte Probleme mit Behörden.

LA: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, etc.

VP: Ja.

LA: Sind oder waren Sie politisch tätig.

VP: Ja.

LA: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei.

VP: Ja.

LA: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses bzw. Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme.

VP: Ja.

LA: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)

VP: Nein.

LA: Nahmen Sie in Ihrem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil.

VP: Nein.

LA: Sie haben nunmehr die Möglichkeit, Ihre Beweggründe für das Verlassen Ihrer Heimat zu schildern. Bitte schildern Sie möglichst lebensnahe, also konkret und mit sämtlichen Details, sodass auch unbeteiligte Personen Ihre Darstellung nachvollziehen können.

VP: Im Jänner 2018 war eine Veranstaltung meiner Partei XXXX . Es gab eine Geburtstagsfeier unserer Partei, der 39 Jahrestag unserer Partei. Es waren etwa 500 bis 600 Personen beim XXXX anwesend. Die Polizei hat uns gestoppt. Es gab einen Streit mit der Polizei. Dabei wurden einige Leute der Partei und auch einige Polizisten verletzt. Es gab eine Anzeige.

LA: Was ist weiter geschehen?

VP: Die Polizei hat uns beschuldigt, dass einige Leute unserer Partei illegal Waffen besessen hätten. Ich bin auch einer der Beschuldigten, ich hatte jedoch auch keine Waffe.

LA: Was ist weiter bei dieser Veranstaltung geschehen?

VP: Es wurden 2 unserer Leute verhaftet. Die verletzten Parteimitglieder sind ins Krankenhaus gebracht worden, ich bin auch dorthin geflüchtet.

Die Polizei hat 2 Mal beim Haus meiner Tante nach mir gesucht. Das war in XXXX . Danach bin ich nach Dhaka gereist.

LA: Gab es in Dhaka irgendwelche Probleme?

VP: Nein in Dhaka gab es keine Probleme.

LA: Wie lange waren Sie in Dhaka?

VP: Ich war dort 1 ½ Jahre aufhältig.

LA: Gab es bei der Ausreise nach Dubai am Flughafen irgendwelche Probleme?

VP: Nein, ich konnte ungehindert ausreisen.

LA: Haben Sie persönlich jemanden verletzt?

VP: Nein, ich habe niemanden verletzt. Ich war am Geschehen nicht beteiligt.

LA: Seit wann sind Sie Mitglied dieser Partei?

VP: Seit 2017.

LA: Welche Funktion hatten Sie in dieser Partei?

VP: Ich war ein organisatorischer Sekretär, habe mitgearbeitet bei der Organisation von Veranstaltungen. Ich habe keine Ansprachen und auch keine Reden gehalten.

LA: Möchten Sie noch etwas anführen?

VP: Meine Gegner haben 2-mal mein Haus attackiert.

LA: Wann war dies?

VP: Im Juni 2018 und nochmals später im Jahr 2018

LA: Was ist dort geschehen?

VP: Ich weiß es nicht genau, ich war damals nicht zuhause, sondern in Dhaka.

LA: Haben Sie alles vorgetragen oder möchten Sie noch etwas angeben?

VP: Das ist alles.

LA: Was war schlussendlich der ausschlaggebende Grund, das ausschlaggebende Ereignis für Ihre Ausreise im Oktober 2020?

VP: Ich habe wegen meiner Probleme meine Heimat verlassen. Wenn die Polizei mich findet, dann bringen sie mich um.

LA: Haben sie somit sämtliche Gründe die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert.

VP: Ja. Ich habe alles geschildert.

LA: Was würden Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten und sich zum Beispiel in einer anderen Gegend oder größeren Stadt z.b. Dhaka niederlassen.

VP: Die Polizei wird mich verhaften, sie würde mich finden.

LA: Befürchten Sie irgendwelche staatliche Sanktionen bei einer Rückkehr?

VP: Ja. Die Polizei bringt mich um.

LA: Sind Sie, falls notwendig, mit amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung Ihrer Anonymität, eventuell unter Beiziehung der Österreichischen Botschaft und eines Vertrauensanwaltes/Vertrauensperson einverstanden.

VP: Ja.

LA: Vorhalt: In der Erstbefragung haben Sie lediglich wirtschaftliche Gründe angeführt. Es ist der Behörde weder nachvollziehbar noch glaubhaft, dass Sie diese Gründe erst jetzt anführen. Was sagen Sie dazu?

VP: Damals war ich durcheinander, ich weiß es nicht.

LA: Sie haben einige Schriftstücke vorgelegt. Hatten Sie diese schon bei der Einreise mit?

VP: Ich habe diese per Mail am 17.04.2021 von meinem Bruder bekommen.

LA: Wie ist Ihr Bruder an die Anzeige gekommen?

VP: Hochrangige BNP Mitglieder haben dies organisiert und meiner Mutter gegeben.

LA: Nennen Sie die Namen dieser Mitglieder der BNP.

VP: XXXX . Mein Bruder ist mit diesem befreundet und auch Mitglied der BNP. Er kannte diesen. Nachgefragt gebe ich an, dass XXXX der Generalsekretär der BNP in XXXX war.

LA: Sind die angegebenen wirtschaftlichen Gründe aufrecht?

VP: Diese halte ich auch aufrecht.

LA: Habe ich Sie nun richtig verstanden? Sie möchten ausschließlich wegen der angeführten wirtschaftlichen Probleme und der nunmehr vorgetragenen Probleme wegen der Veranstaltung im Jänner 2018 hier in Österreich bleiben?

VP: Ja, dies sind die alleinigen Gründe meines Asylantrages.

LA: Ihnen wurde bereits am 20.04.2021 die Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 AsylG und die VAO § 52a BFA-VG nachweislich zugestellt und Ihnen damit mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung zu treffen. Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

VP: Ich will nicht zurück in meine Heimat.

Anmerkung: Ihnen wurden am 25.06.2021 die Länderfeststellungen zu Bangladesch ausgefolgt.

Haben Sie dazu eine schriftliche Stellungnahme vorbereitet oder möchten Sie nunmehr dazu eine Stellungnahme abgeben?

VP: Ich habe das nicht gelesen. Ich weiß nicht, was da drinnen steht.

LA: Wollen Sie abschließend noch etwas anführen was Ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: Ich möchte keinesfalls nach Hause.

LA: Sie haben bereits am 06.05.2021 ein Rückkehrberatungsgespräch erhalten. Wollen Sie freiwillig in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren?

VP: Nein.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:

LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung über das Video System einwandfrei verstanden und hat Ihnen dieser alles rückübersetzt?

VP: Ja.

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Ich habe keine Einwände, es wurde alles richtig und vollständig protokolliert.

LA: Wünschen Sie die Ausfolgung einer Kopie der Niederschrift?

VP: Ja. (Anm.: Dem ASt. wird eine schriftliche Ausfertigung dieser Niederschrift ausgefolgt)

Anmerkung: Die Verfahrenspartei wird über den weiteren Verlauf des Verfahrens aufgeklärt.

LA: Frage an Ast und Dolmetscher nach der Qualität der Bild- und Tonübertragung?

Antwort: Alle anwesenden Personen bestätigten eine gute und brauchbare Qualität während der gesamten Einvernahme über das Videosystem.

LA: Bestätigen Sie nunmehr durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und die erfolgte Rückübersetzung!

VP: Ich bestätige mit meiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Niederschrift. Weiters bestätige ich die Rückgabe der vorgelegten Schriftstücke.“

Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch ab (Spruchpunkt II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt V.) und setzte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das BFA hinsichtlich der konkreten Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes und zur Situation im Falle der Rückkehr unter anderem aus:

„Es ist plausibel nachvollziehbar und widerspruchsfrei, dass Sie Ihren Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen haben, um in Europa ein besseres Leben zu haben und um hier eine Arbeit zu finden.

Im Zuge Ihrer Erstbefragung XXXX gaben Sie befragt zu Ihren Ausreisegründen an, dass Sie wirtschaftliche Probleme in Bangladesch hätten und daher ins Ausland gereist seien. Sie hätten hiermit alle ihre Gründe und die dazugehörigen Ereignisse angegeben, warum Sie nach Österreich gereist sind. Sie hätten keine weiteren Gründe einer Asylantragstellung.

Befragt nach Befürchtungen bei einer Rückkehr in Ihre Heimat, gaben Sie an, dass Sie für die Reise nach Österreich hohe Schulden gemacht hätten. Diese müssten Sie begleichen.

Befragt, ob Ihnen bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, oder die Todesstrafe drohe, oder Sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätten, gaben Sie an: Keine. Sie gaben an, für Ihre Reise € 12.000.- aufgebracht zu haben.

Im Zuge des Parteiengehörs am XXXX führten Sie hingegen zusammengefasst folgendes aus:

Befragt, ob Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht haben und Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert wurden, gaben Sie an, dass Sie damals durcheinander gewesen wären und nicht alle Ihre Gründe genannt hätten.

[…]

Außer Ihren Eltern und 5 Brüdern hätten Sie noch 5 Onkel und 1 Tante mütterlicherseits und 1 Onkel und 3 Tanten väterlicherseits in Ihrer Heimat. Denen gehe es wirtschaftlich/finanziell gut, diese würden zur Mittelschicht gehören.

Ihren Eltern und 5 Brüdern gehe es auch gut, sie würden auch zur Mittelschicht gehören. Nachgefragt gaben Sie an, dass die Familie eine eigene Landwirtschaft betreibt. 2 Brüder würden in einer Autowerkstadt arbeiten, die anderen Brüder in der Landwirtschaft.

Sie selbst hätten Ihren Lebensunterhalt in Bangladesch mit Nachhilfeunterricht für Kinder bestritten und ca. € 120.- pro Monat verdient. Das Einkommen habe gereicht.

[…]

Sie hätten keine familiären Beziehungen in Österreich bzw. in einem anderen EU-Land.

Sie seien in Ihrem Heimatland nicht vorbestraft und nie inhaftiert gewesen. Sie hätten Probleme mit Behörden gehabt. Gegen Sie bestünden aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, etc.

Sie seien politisch tätig gewesen und Mitglied einer politischen Partei.

Sie hätten in Ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses bzw. Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit Probleme gehabt.

Sie hätten keine gröberen Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.) gehabt.

Sie hätten in Ihrem Heimatland nie an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen.

Nachdem Sie aufgefordert wurden, Ihre Beweggründe für das Verlassen Ihrer Heimat zu schildern, gaben Sie an, dass es im Jänner 2018 eine Veranstaltung Ihrer Partei XXXX VICTORIA gegeben habe. Es habe eine Geburtstagsfeier ihrer Partei gegeben, der 39 Jahrestag ihrer Partei. Es seien etwa 500 bis 600 Personen beim XXXX anwesend gewesen. Die Polizei habe sie gestoppt. Es habe einen Streit mit der Polizei gegeben. Dabei seien einige Leute der Partei und auch einige Polizisten verletzt worden. Es habe eine Anzeige gegeben.

Befragt, was weiter geschehen sei, gaben Sie an, die Polizei habe sie beschuldigt, dass einige Leute ihrer Partei illegal Waffen besessen hätten. Sie seien auch einer der Beschuldigten, Sie hätten jedoch auch keine Waffe gehabt.

Nachgefragt, was weiter bei dieser Veranstaltung geschehen ist, gaben Sie an, dass 2 ihrer

Leute verhaftet worden seien. Die verletzten Parteimitglieder seien ins Krankenhaus gebracht worden, Sie seien auch dorthin geflüchtet. Die Polizei habe 2 Mal beim Haus Ihrer Tante nach Ihnen gesucht. Das sei in XXXX gewesen. Danach seien Sie nach Dhaka gereist.

Befragt, ob es in Dhaka irgendwelche Probleme gab, führten Sie aus, Nein, in Dhaka gab es keine Probleme.

Nachgefragt, wie lange Sie in Dhaka waren, gaben Sie an, dass Sie dort 1 ½ Jahre aufhältig gewesen seien.

Nachgefragt, ob es bei der Ausreise nach Dubai am Flughafen irgendwelche Probleme gegeben habe, gaben Sie an, nein, Sie hätten ungehindert ausreisen können.

Befragt, ob Sie persönlich jemanden verletzt haben, gaben Sie an, Nein, Sie hätten niemanden verletzt. Sie seien am Geschehen nicht beteiligt gewesen.

Nachgefragt gaben Sie an, dass Sie seit 2017 Mitglied dieser Partei seien.

Nach Ihrer Funktion in dieser Partei befragt, gaben Sie an, dass Sie ein organisatorischer Sekretär gewesen seien, hätten mitgearbeitet bei der Organisation von Veranstaltungen. Sie hätten keine Ansprachen und auch keine Reden gehalten.

Befragt, ob Sie noch etwas anführen möchten, gaben Sie an, dass Ihre Gegner 2-mal Ihr Haus attackiert hätten

Nachgefragt gaben Sie an, dies sei im Juni 2018 und nochmals später im Jahr 2018 gewesen

Nachgefragt, was dort geschehen sei, gaben Sie an, dass Sie es nicht genau wüssten, Sie seien damals nicht zuhause, sondern in Dhaka gewesen.

Das sei alles.

Befragt, was schlussendlich der ausschlaggebende Grund, das ausschlaggebende Ereignis für Ihre Ausreise im Oktober 2020 war, gaben Sie an, dass Sie wegen Ihrer Ihre Heimat verlassen hätten. Wenn die Polizei Sie finde, dann würde diese Sie umbringen.

Sie hätten somit sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert.

Befragt, was Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten und sich zum Beispiel in einer anderen Gegend oder größeren Stadt z.b. Dhaka niederlassen, gaben Sie an, dass die Polizei Sie verhaften würde, sie würden Sie finden.

Befragt ob Sie Sie irgendwelche staatliche Sanktionen bei einer Rückkehr befürchten, gaben Sie an, Ja. Die Polizei bringe Sie um.

[…]

Befragt durch den Referenten, ob dieser Sie nun richtig verstanden habe, dass Sie ausschließlich wegen der angeführten wirtschaftlichen Probleme und der nunmehr vorgetragenen Probleme wegen der Veranstaltung im Jänner 2018 hier in Österreich bleiben möchten, gaben Sie an, Ja, dies seien die alleinigen Gründe Ihres Asylantrages.

[…]

Zu Ihren Ausführungen hinsichtlich der Teilnahme an einer Veranstaltung im Jänner 2018, der Ausreise aus Bangladesch im Oktober 2020 und den vorgelegten Kopien (Zertifikat der Partei, Ermittlungsbericht der Polizei und Anzeigen datiert mit 21.06.2021) und daraus befürchteten polizeilichen Verfolgung in Ihrem Herkunftsstaat wird Ihnen aus nachstehenden Gründen kein Glauben geschenkt.

1. Es ist der Behörde Ihre Aussage in der Einvernahme weder nachvollziehbar noch glaubhaft, dass Sie bei der Erstbefragung „durcheinander“ gewesen seien, zumal Sie zu Beginn der Erstbefragung über Ihre Mitwirkungsplicht belehrt und aufgefordert wurden, alle Angaben wahrheitsgemäß auszuführen, insbesondere Ihre Ausreisgründe vollständig zu nennen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung würde wohl jede Person die tatsächlichen Fluchtgründe bei erster Gelegenheit nennen, um entsprechenden Schutz vor Verfolgung zu erlangen. So führten Sie lediglich aus, dass Sie wirtschaftliche Probleme in Bangladesch hatten und deshalb ins Ausland gereist seien. Es gebe keine konkreten Hinweise gibt, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe oder Sie mit irgendwelchen staatlichen Sanktionen zu rechnen hätten.

2. Zu den vorgelegten Schriftstücken ist festzuhalten, dass Sie selbst ausführten, diese bereits am 17.04.2021, also einen Tag nach Asylantragstellung von Ihrem Bruder erhalten zu haben. Aufgrund der Datierung der Schreiben mit 21.06.2021 erscheint dies der Behörde nur möglich, wenn es sich um gefälschte Schriftstücke handelt.

3. Es erscheint der Behörde auch nicht nachvollziehbar und auch nicht glaubhaft, dass im Jänner 2018 gegen Sie eine Anzeige erstattet worden wäre, zumal das Ausstellungsdatum der Anzeige der 21.06.2021 lautet. Hätte es tatsächlich damals eine Anzeige gegen Ihre Person gegeben, dann würde wohl ein anderes, viel früheres Ausstellungsdatum vorhanden sein. Es erscheint der Behörde weiters nicht nachvollziehbar, dass eine Anzeige erst nach 1 ½ Jahren, und dies unmittelbar vor einer Einvernahme vor der Behörde erlassen würde.

4. Dass Sie von der Polizei diesbezüglich gesucht würden erscheint der Behörde weiters nicht glaubhaft, zumal Sie sich über 1 ½ Jahre völlig unbehelligt in Dhaka aufhalten konnten und sogar problemlos mit Ihrem Reisepass am Flughafen das Land verlassen konnten. Hätte tatsächlich ein Haftbefehl oder eine Anzeige wegen illegalem Waffenbesitz gegen Sie bestanden, dann hätten die Behörden Sie spätestens am Flughafen bei Ihrer Ausreise festnehmen können.

5. Im Zuge der Erstbefragung gaben Sie an, dass Sie für die Finanzierung der Reise hohe Schulden gemacht hätten, welche Sie begleichen müssten. Hingegen gaben Sie völlig widersprüchlich in der Einvernahme an, dass ein Grundstück zur Finanzierung verkauft worden sei.

6. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass Sie selbst ausführten, dass Sie an keinen gewalttätigen Auseinandersetzzungen teilgenommen haben und auch im Jänner 2018 bei dieser Veranstaltung nicht am Geschehen beteiligt gewesen sind.

Zu den vorgelegten Fotos der Schreiben wird insbesondere auf oben angeführte Länderfeststellungen Punkt 22. Verwiesen, aus denen auszugsweise hervorgeht:

Echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privatpersonen und Firmen sind problemlos gegen Zahlung erhältlich (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 17.12.2018). Die Fälschung von Personenstandsurkunden ist eigentlich nicht notwendig, da jegliche Art von Standesfall sehr einfach (nach-)beurkundet werden kann. Beglaubigungen durch das Außenministerium erfolgen in der Regel ohne weitere Prüfung der Dokumente. Ihre Aussagekraft bezüglich Echtheit oder inhaltlicher Richtigkeit steht daher infrage (AA 21.6.2020).

Verfälschungen, Fälschungen und Handel mit jeder Art von Dokumenten sind weit verbreitet und mittels persönlicher Beziehungen oder Bestechung ohne größeren Aufwand zu beschaffen (AA 21.6.2020). Es ist üblich und oft nicht anders möglich, Dokumente über einen Agenten oder "Mittelsmann" zu erwerben. Diese Praxis stellt sich ebenfalls betrugsanfällig dar (DFAT 22.8.2019). Grundsätzlich werden alle Arten von Dokumenten gefälscht: Reisepässe, Geburts- und Heiratsurkunden, Schul- und Universitätszeugnisse (ÖB 9.2020). Es handelt sich nach lokaler Anschauung um Kavaliersdelikte, die strafrechtlich ungenügend verfolgt werden (AA 21.6.2020). Auch ist Schritt zur Erlangung von Dokumenten mit der Zahlung von Bestechungsgeldern verbunden (DFAT 22.8.2019). Die Überprüfungspraxis ist schwierig, da es kaum Kooperation der Behörden in Bangladesch gibt. Außerdem verfügen die wenigsten Dokumente über ein einheitliches Layout (ÖB 9.2020).

Die Behörde geht daher davon aus, dass Sie sich die vorgelegten Schriftstücke erst nach Antragstellung XXXX haben ausstellen lassen und es sich dabei um Fälschungen handelt.

[…]

Da Ihnen - wie bereits angeführt - im Herkunftsstaat keine Verfolgung droht, Sie weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen, auf Ihre Person bezogenen „außergewöhnlichen Umstand“ glaubhaft behaupteten oder bescheinigten und Sie dort über Anknüpfungspunkte verfügen, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

Sie gaben zusammengefasst nicht glaubhaft an, Bangladesch aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen Ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen Ihrer politischen Überzeugung verlassen zu haben.

Die von Ihnen ebenfalls angegebenen Ausreisegründe (wirtschaftliche Probleme) begründen keinesfalls einen Anspruch auf internationalen Schutz oder Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten.

Andere Umstände brachten Sie nicht vor und ergaben sich auch nicht.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass Ihnen zu den Ausführungen über Ihre Ausreisegründe im Zusammenhang mit einer politischen Veranstaltung im Jänner 2018 aus vorhin angeführten Gründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen war.

Die Behörde geht daher davon aus, dass Ihre Motivation zur Ausreise – wie in der Erstbefragung von Ihnen ausgeführt - in rein wirtschaftlichen Gründen zu finden ist, welche keinesfalls zu Asylgewährung oder subsidiären Schutz führen kann.

Im konkreten Fall handelt es sich bei Ihnen um einen arbeitsfähigen und voll handlungsfähigen Mann, wodurch auch die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Ebenso leben noch Ihre Eltern und Ihre Geschwister in Bangladesch. Sie selbst bezeichneten Ihre Familie der Mittelschicht zugehörig. Es kann somit auch angenommen werden, dass Sie durch Ihre Angehörigen Unterstützung erlangen können.

Ebenfalls kann in Hinblick auf die oa. unbedenkliche Länderfeststellung ausgeschlossen werden, dass Ihnen in Ihrem Herkunftsstaat die Lebensgrundlage gänzlich entzogen ist. Es ist sowohl die Grundversorgung als auch die medizinische Versorgung in Bangladesch gewährleistet.

Ebenfalls ist festzuhalten, dass Sie sich die Reise nach Europa leisten und Ihren eigenen Angaben zufolge € 12.000.- aufbringen konnten.

Einerseits Sie sind ein mobiler, gesunder und arbeitsfähiger Mensch und andererseits kommen Sie aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist.

Sie sind auch keinem Personenkreis angehörig, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf seine individuelle Versorgungslage qualifiziert Schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Sie absolvierten auch die Grundschule (10 Jahre) und haben als Nachhilfelehrer gearbeitet. Sie können in Bangladesch dieser Tätigkeit wieder nachgehen, als auch jedweder Arbeit nachgehen, insbesondere können Sie im familieneigenen Landwirtschaftsbetrieb mitarbeiten.

Aufgrund dieses Umstandes und den Informationen in den Länderinformationsblättern zu Ihrem Herkunftsstaat Bangladesch geht das Bundesamt davon aus, dass auch Sie in der Lage sein werden, in Ihrer Heimat ein adäquates Leben führen zu können.

Die Feststellung zu den Erwerbsmöglichkeiten in Ihrem Herkunftsland wurde anhand Ihrer eigenen Angaben und der Länderfeststellungen getroffen.

Es konnte somit unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Bangladesch dort der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wären.

Es bestehen auch keine anderen Hinweise darauf, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten. In Bangladesch besteht nicht eine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt einer Gefährdung ausgesetzt wäre. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, gibt es in Bangladesch keine Bürgerkriegssituation und es herrscht keine Hungersnot.“

 

Der Beschwerdeführer erhob am 19.07.2021 fristgerecht Beschwerde. Er gab im Wesentlichen an, dass es seitens des Bundesamtes ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren gegeben habe, woraus in Folge eine mangelhafte Beweiswürdigung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung resultierte.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei mit den Länderfeststellungen zu Bangladesch übereinstimmend und sei der Beschwerdeführer bereit gewesen, weiter an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken. Der Beschwerdeführer habe seinen Fluchtgrund ausführlich darlegt. So habe er nachvollziehbar sein Fluchtvorbringen sowie den Kausalverlauf beschrieben. Er habe nachvollziehbar angegeben, dass er seine Heimat verlassen habe, da er Angst vor einer Verfolgung aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der Partei XXXX habe. Bei der Feier des 39. Jahrestages der Partei sei es zu Zwischenfällen zwischen Mitgliedern der Partei und der Polizei gekommen, weshalb seither nach ihm gesucht werde. Der Beschwerdeführer werde von den Sicherheitsbehörden in seiner Heimat gesucht, weshalb staatliche Verfolgung vorliege. Im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers wäre er einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschrechtverletzungen ausgesetzt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein männlicher volljähriger Staatsangehöriger von Bangladesch, wurde in der Stadt XXXX geboren und ist dort aufgewachsen, bekennt sich zum muslimischen Glauben, spricht Bengali als Muttersprache und gehört der Volksgruppe der Bengalen an. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Verwandten oder Familienangehörigen. Der Beschwerdeführer hat neben seinen Eltern fünf Brüder und weitere Verwandte in Bangladesch. Seinen Familienangehörigen geht es in Bangladesch wirtschaftlich gut, diese haben ein Haus und gehören zur Mittelschicht und betreibt die Familie unter anderem eine eigene Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie und unterstützt ihn diese.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine zehnjährige Schulbildung und war in Bangladesch in XXXX als Nachhilfelehrer tätig. Der Beschwerdeführer hat in Bangladesch € 120,- pro Monat verdient. Mit dem Einkommen ist er ausgekommen. Der Beschwerdeführer hat auch ein Jahr in Dhaka in XXXX gearbeitet. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer hat XXXX im Bundesgebiet einen Asylantrag gestellt. Der Beschwerdeführer konnte ohne Probleme legal mit dem Flugzeug aus Bangladesch ausreisen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer die deutsche Sprache beherrscht, einer regelmäßigen, legalen Beschäftigung nachgeht, sich sozial engagiert oder in Österreich Freunde gefunden hat. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aus den von ihm genannten Gründen verlassen hat. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Bangladesch politisch tätig war. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Mitglied der Partei XXXX ist und dass der Beschwerdeführer aufgrund von Zusammenstößen von der Polizei mit Mitgliedern der Partei zum 39. Jahrestag XXXX von den staatlichen Behörden gesucht und verfolgt wird. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Bangladesch einer Verfolgung von staatlicher oder privater Seite unterliegt.

Den Länderberichten im Kapitel Dokumente folgend kann festgestellt werden, dass in Bangladesch echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privatpersonen und Firmen problemlos gegen Zahlung erhältlich sind. (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 17.12.2018) Verfälschungen, Fälschungen und Handel mit jeder Art von Dokumenten sind in Bangladesch weit verbreitet und mittels persönlicher Beziehungen oder Bestechung ohne größeren Aufwand zu beschaffen. (AA 21.6.2020)

Es handelt sich bei den vorgelegten Dokumenten um Fälschungen bzw. Dokumente unwahren Inhalts.

Der Beschwerdeführer gehört keiner vom Coronavirus SARS-CoV-2 besonders betroffenen Risikogruppe wie ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für einen schweren Verlauf ab etwa 50–60 Jahren; 86 % der in Deutschland an COVID-19 Verstorbenen waren 70 Jahre alt oder älter [Altersmedian: 82 Jahre]), adipöse (BMI >30) und stark adipöse (BMI >35) Menschen, Menschen mit Down-Syndrom (Trisomie 21) oder Personen mit bestimmten Vorerkrankungen ([ohne Rangfolge] des Herz-Kreislauf-Systems [z. B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck], chronische Lungenerkrankungen [z. B. COPD], chronische Nieren- und Lebererkrankungen, psychiatrische Erkrankungen [z. B. Demenz], Patienten mit Diabetes mellitus [Zuckerkrankheit], Patienten mit einer Krebserkrankung, Patienten mit geschwächtem Immunsystem [z. B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht oder durch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr beeinflussen und herabsetzen können, wie z. B. Cortison]) an (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html ; abgerufen am 17.11.2021).

Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Bangladesch wird Folgendes festgestellt:

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursacht. Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurden bisher 1.572.948 Fälle von mit diesem Coronavirus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 27.928 diesbezügliche Todesfälle bestätigt (https://coronavirus.jhu.edu/map.html , abgerufen am 18.11.2021).

COVID-19:

Letzte Änderung: 08.06.2021

Der Regierung wird vorgeworfen, dass die Vorbereitung auf die Viruserkrankung im Inland inadäquat gewesen sind. COVID-19-Testungen waren zunächst nur in der Hauptstadt Dhaka möglich gewesen. Anfang April 2020 nahmen Diagnostikeinrichtungen am Rajshahi Medical College und am Cox's Bazar Medical College ihre Tätigkeiten auf und testen seitdem Bewohner ihrer jeweiligen Regionen auf eine Infektion mit COVID-19. Mit Ende März 2020 erließ die Regierung weitreichende Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Das Transportwesen, Einkaufsmöglichkeiten, behördliche Dienste und anderes wurden auf das nötigste reduziert. Von den erlassenen Kontakt- und Arbeitsbeschränkungen ist ein Großteil der bangladeschischen Bevölkerung betroffen. Viele stehen dadurch vor unmittelbar existenzbedrohenden finanziellen Risiken. Viele Großaufträge beispielsweise im Bereich der Textilindustrie wurden zurückgezogen. Diese Maßnahmen bedeuteten einen Wegfall der Einkommensgrundlage von 4,1 Millionen Textilarbeitern, die zu den Geringverdienern in Bangladesch zählen. Einige Textilfabriken stellten jedoch ihre Produktion teilweise auf die Herstellung von Atemschutzmasken und Schutzanzügen um. Lokale Initiativen von einkommensstärkeren Personen versuchen, die Grundversorgung von einkommensschwächeren Familien durch die Verteilung von Lebensmitteln in den jeweiligen Anwohnergebieten aufrecht zu erhalten. Auch die Regierung hat erste staatliche Entlastungsprogramme in die Wege geleitet. Darunter Programme zur finanziellen Unterstützung der in der Landwirtschaft Tätigen oder für Personen, die in extremer Armut leben (GIZ 11.2020; vgl. ÖB 9.2020). Im Zuge der COVID-Krise 2020 verloren nach Schätzungen der Bangladesh Economic Association etwa 36 Millionen Menschen während des Lockdowns ihre Arbeit, 25 Millionen rutschen zurück in die absolute Armut (ÖB 9.2020).

Die bangladeschische Regierung hat im April 2020 Hilfspakete mit einem Volumen in Höhe von 12 Milliarden USD beschlossen. Die Konjunkturmaßnahmen zielen unter anderem auf eine Stützung von für die Wirtschaft bedeutende Industriezweige wie die Textil- und Bekleidungsherstellung sowie den Agrar- und Nahrungsmittelsektor ab (GTAI 21.9.2020a). Der durch die Regierung verhängte umfassende Lockdown war de facto jedoch immer brüchig und wurde einmal mehr und einmal weniger eingehalten. Am 30.5.2020 wurde der Lockdown wieder aufgehoben, da eine weiter Fortsetzung wirtschaftlich nicht mehr vertretbar war (ÖB 9.2020).

Das ohnehin schwache Gesundheitssystem Bangladeschs ist mit der Pandemie völlig überlastet (ÖB 9.2020). Angesichts der historisch niedrigen Ausgaben für die öffentliche Gesundheitsversorgung im Land erwiesen sich die Einrichtungen als unzureichend, schlecht vorbereitet und schlecht ausgerüstet, um die Krise zu bewältigen (AI 7.4.2021). Die Versorgung von Covid-19-Patienten stößt an ihre Grenzen. Landesweit sind etwas mehr als knapp 1.000 Intensivbetten verfügbar. Davon sind 400 für die Behandlung von Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen ausgerüstet. Während es in der Hauptstadt Dhaka 400 Intensivbetten gibt, stehen in 47 der insgesamt 64 Verwaltungsbezirke überhaupt keine zur Verfügung (GTAI 21.9.2020b).

Eine weitere Problemstellung für das Land stellen die zahlreichen Rückkehrer aus den Ländern des Nahen Ostens aufgrund des mit COVID verbundenen weltweiten Wirtschaftsabschwungs dar. Viele bringen so das Virus auf ihrem Heimweg mit ins Land. Da viele Migranten aus Bangladesch im Nahen Osten im Zuge der COVID-Krise ihre Arbeit verloren haben und ausgewiesen wurden, ist in den kommenden Jahren mit einem vermehrten Aufkommen von AsylwerberInnen aus Bangladesch in (West-)Europa zu rechnen (ÖB 9.2020).

COVID-19 erhöht Risiken im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Gewalt und setzen Frauen und Kinder zusätzlichen Bedrohungen aus (iMMAP 3.2021).

Die Behörden gehen gegen Journalisten und Medien vor, die kritisch über die Reaktion der Regierung auf die COVID-19-Pandemie berichten (HRW 20.5.2021; vgl. AI 19.5.2021). Kritische Journalisten sehen sich systematischen Verleumdungsklagen ausgesetzt (ÖB 9.2020). Eine Überwachung von Personen, die "Gerüchte" über die Covid-19-Pandemie verbreiten könnten, wird verstärkt, die Medienzensur verschärft (HRW 20.5.2021).

Nachdem die Zahl der Neuinfektionen im April 2021 Tagen stark angestiegen, wurden die Anfang April 2021 eingeführten Abriegelungsmaßnahmen, die auch die Schließung von Geschäften beinhaltet, aufgrund der sich verschlechternden Situation weiter verschärft (BAMF 12.4.2021).

Das Außenministerium des Landes bestätigt Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Massenimpfprogrammes wegen einem Fehlen an den dafür notwendigen Impfstoff-Dosen. Bisher hat Bangladesch erst 7 Millionen Dosen (darüber hinaus schenkte Indien 3,2 Millionen Dosen separat) einer vertraglich mit Indien vereinbarten Menge von 30 Millionen Dosen des vom Serum Institute of India hergestellten Oxford AstraZeneca-Impfstoffs erhalten (AnAg 22.5.2021).

Um eine Übertragung von den als ansteckender eingestuften Varianten des COVID-19-Virus aus Indien zu verhindern, wurden Flüge abgesagt und Grenzen geschlossen (TG 5.5.2021).

Quellen:

- AnAg – Anadolu Agency (22.5.2021): Bangladesh extends border lockdown with India, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/bangladesh-extends-border-lockdown-with-india/2251062 , Zugriff 25.5.2021

- AI – Amnesty International (19.5.2021): Bangladesh: Rozina Islam must not be punished for her journalistic work, Zugriff 19.5.2021

- https://www.ecoi.net/de/dokument/2051859.html , Zugriff 1.6.2021

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html , Zugriff 18.5.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (12.4.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/EN/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw15-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=4 , Zugriff 17.5.2021

- GIZ – Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2020a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/ , Zugriff 17.5.2021

- GTAI - Germany Trade and Invest (21.9.2020a): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/covid-19-massnahmen-der-regierung-260866 , Zugriff 5.11.2020

- GTAI - Germany Trade and Invest [Deutschland] (21.9.2020b): Covid-19: Gesundheitswesen in Bangladesch: https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/bangladeschs-wirtschaft-behauptet-sich-trotz-coronakrise-260868 , Zugriff 5.11.2020

- HRW – Human Rights Watch: Bangladesh (20.5.2021): Arrest of Journalist Investigating Corruption, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052025.html , Zugriff 1.6.2021

- iMMAP – Information Management and Mine Action Programs (Autor), veröffentlicht von ReliefWeb (3.2021): COVID-19 Situation Analysis , https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/iMMAP_COVID-19_Bangladesh_Analysis%20Report_032021.pdf , Zugriff 17.5.2021ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,

- https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- TG – The Guardian (5.5.2021): India’s neighbours close borders as Covid wave spreads across region, https://www.theguardian.com/world/2021/may/05/indias-neighbours-close-borders-as-covid-wave-spreads-across-region , Zugriff 25.5.2021

Politische Lage:

Letzte Änderung: 08.06.2021

Bangladesch ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 11.2019a). Die Unabhängigkeit und der Übergang zur Demokratie brachten ein Einparteiensystem, mehrere Militärputsche (1975 und 1982), zwei Übergangsregierungen, Ausnahmezustände und Machtkämpfe zwischen den beiden großen Parteien, der Bangladesh Nationalist Party (BNP) und der Awami-Liga (AL). Die beiden Parteien regieren Bangladesch seit 1991 abwechselnd (OMCT 7.2019).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch. Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 9.2020). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 direkt gewählten Abgeordneten (ÖB 9.2020) sowie zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 30.3.2021; vgl. GIZ 11.2019a). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der BNP und der AL als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 9.2020).

Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien AL und BNP bestimmt (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020, BS 29.4.2020). Klientelismus und Korruption sowie mafiöse Strukturen sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 21.6.2020). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit um die Führung des Landes konkurriert haben. Unterstützt werden die beiden Parteien von einem kleinen Kreis von Beratern (FH 3.3.2021). Wie in der Region üblich, geht es bei politischen Parteien weniger um Ideologie, als um einzelne Persönlichkeiten und deren Netzwerke, die im Falle eines Wahlsieges auch finanziell profitieren, in dem sie mit wichtigen Staatsposten versorgt werden (ÖB 9.2020).

Bei den Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen überragenden Sieg (ÖB 9.2020) mit 96 Prozent der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitzen (Guardian 30.12.2018; vgl. DT 27.1.2019, DW 14.2.2019). Diese waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei das Wahlergebnis angefochten hatte und nun nicht mehr im Parlament vertreten ist. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a). Die rivalisierenden Parteien AL und BNP dominieren die Politik und schränken die politischen Handlungsmöglichkeiten für diejenigen ein, die parteiinterne Strukturen oder Hierarchien in Frage stellen oder alternative Parteien oder politische Gruppierungen gründen wollen, Animositäten zwischen den Parteispitzen von AL und BNP die sich bis in die Kader der unteren Ebenen ziehen, haben zu andauernder politischer Gewalt beigetragen (FH 3.3.2021).

Da die Politik in Bangladesch generell extrem korrupt ist, sind die Grenzen zwischen begründeter Strafverfolgung und politisch motivierter Verfolgung fließend. Sicherheitskräfte sind in jüngster Vergangenheit sowohl bei Demonstrationen von Anhängern der beiden Großparteien, als auch bei islamistischen oder gewerkschaftlichen Protesten mit Brutalität vorgegangen. Im Zuge des Wahlkampfes Ende 2018 wurden gegen Anhänger und KandidatInnen der oppositionellen BNP durch die Sicherheitsbehörden falsche Anzeigen verfasst (ÖB 9.2020).

Mehrere Menschenrechtsgruppen haben seit Anfang 2018 einen dramatischen Anstieg von fingierten Klagen gegen Gegner der Regierungspartei festgestellt. Unter den Verhafteten befinden sich prominente Führer des Oppositionsbündnisses (FIDH 29.12.2018). Die BNP-Vorsitzende, Khaleda Zia, war von März 2018 bis März 2020 aufgrund von Korruptionsvorwürfen im Gefängnis (AA 21.6.2020; vgl. NAU 25.3.2020). Seit diese auf freiem Fuß ist, sind praktisch keine Aktivitäten der BNP mehr wahrnehmbar (ÖB 9.2020).

Nachdem die oppositionelle BNP nunmehr nicht existent ist und im politischen Prozess kaum bis gar keine Rolle mehr spielt, ist eine Verfolgung, bzw. Unterdrückung ihrer AnhängerInnen aus Sicht der Regierung offenbar nicht mehr nötig. Anzumerken ist, dass seit März 2020 das politische Geschehen vollständig von der COVID-Krise überlagert wird (ÖB 9.2020; vgl. HRW 13.1.2021).

Von einer staatlichen Überwachung der politischen Opposition ist auszugehen (ÖB 9.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029402/country_report_2020_BGD.pdf , Zugriff 10.11.2020

- DT – Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3 by-polls, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway , Zugriff 10.11.2020

- DW – Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555 , Zugriff 10.11.2020

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 28.5.2021)

- FIDH - International Federation for Human Rights (29.12.2018): Joint statement on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in , Zugriff 10.11.2020

- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (11.2019a): Bangladesch – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/ , Zugriff 10.11.2020

- OMCT – World Organisation Against Torture (7.2019): Cycle of Fear - Combating Impunity for Torture and Strengthening the Rule of Law in Bangladesh, https://www.omct.org/files/2019/07/25475/cycleoffear_bangladesh_report_omct.pdf , Zugriff 1.6.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html , Zugriff 28.5.2021

- HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 11.11.2020

- NAU – Schweizer Nachrichtenportal (25.3.2020): Bangladeschs Oppositionsführerin Zia aus Haft entlassen, https://www.nau.ch/politik/international/bangladeschs-oppositionsfuhrerin-zia-aus-haft-entlassen-65684195 , Zugriff 10.11.2020

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,

- https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 28.5.2021

Sicherheitslage:

Letzte Änderung: 08.06.2021

Die Sicherheitslage in Bangladesch ist volatil und kann sich kurzfristig deutlich verschlechtern (EDA 27.5.201; vgl. DFAT 22.8.2019). Zwischen religiösen beziehungsweise ethnischen Gemeinschaften bestehen latente Spannungen, die sich teilweise ohne grosse Vorwarnung in lokalen, gewaltsamen Zusammenstössen entladen können (EDA 27.5.2021). Terroristische Anschläge islamistischer Extremistengruppen verfügen über ein Gefährdungspotential gegenüber dem Staat (DFAT 22.8.2019). 2017 kam es im Land zu mehreren Selbstmordattentaten (SATP 26.5.2021a). Der "Islamische Staat" ruft zu weiteren Attentaten auf (BMEIA 27.5.2021).

Die Regierungen Bangladeschs stehen vor der Herausforderung, mit extremistischen islamistischen Gruppen umzugehen, die Gewalt gegen eine Vielzahl von staatlichen und zivilen Zielen planen oder ausführen können. Von den Behörden wurde auf solche Angriffe stets robust reagiert. Wichtige militante Gruppen wurden verboten und Hunderte von Kämpfern verhaftet. Menschenrechtsgruppen berichten, dass Sicherheitsoperationen gegen militante Gruppen zu einer hohen Zahl von außergerichtlichen Tötungen führen (DFAT 22.8.2019).

Es wird davon ausgegangen, dass Operationen gegen terroristische Gruppen, zusammen mit der sich allmählich verbessernden Koordination der Regierung bei der Terrorismusbekämpfung, die Fähigkeiten militanter Gruppen verringert haben. Trotzdem kann das Risiko weiterer Anschläge nicht ausgeschlossen werden (DFAT 22.8.2019). Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Das South Asia Terrorism Portal (SATP) verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2019 insgesamt 99 Vorfälle terrorismusrelevanter Gewalt im Land. Im Jahr 2020 wurden 88 solcher Vorfälle, bis zum 26.5.2021 wurden insgesamt 35 Vorfälle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 28.5.2021b).

Bangladesch hat seine Ansprüche an den Seegrenzen zu Myanmar und Indien an den Internationalen Seegerichtshof herangetragen; der Besuch des indischen Premierministers Singh im September 2011 in Bangladesch führte zur Unterzeichnung eines Protokolls zum Landgrenzenabkommen zwischen Indien und Bangladesch von 1974, das die Beilegung langjähriger Grenzstreitigkeiten über nicht abgegrenzte Gebiete und den Austausch von territorialen Enklaven vorsah, aber nie umgesetzt wurde (CIA 4.5.2021). An der Grenze zu Indien kommt es immer wieder zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzsicherungsorganen. Regelmäßig werden dabei Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren oder sich im Nahbereich der Grenze befinden (DT 22.12.2020).

Der inter-ethnische Konflikt in Myanmar wirkt sich auf Bangladesch aus. Er hat politische und soziale Spannungen, insbesondere aufgrund der Ankunft von rund einer Million Rohingya-Flüchtlingen seit August 2017 verstärkt (EDA 27.5.2021; vgl. CIA 4.5.2021). Die Rohingya werden von den Behörden Bangladeschs als zusätzlichen Sicherheitsbedrohung in Cox's Bazar mit möglichen Auswirkungen auf kommunale Gewalt, Menschenschmuggel, Drogen- und Menschenhandel und einhergehenden möglichen Radikalisierungen wahrgenommen (DFAT 22.8.2019). Durch die myanmarischen Grenzbehörden wurde eine 200 km langer Drahtsperranlage, der illegale Grenzübertritte und Spannungen durch die militärische Aufrüstung entlang der Grenze verhindern soll, errichtet (CIA 24.5.2021).

Potential für Bedrohungen mit Bezug auf die Sicherheitslage haben ebeno politisch motivierte Gewalt (insbesondere im Vorfeld von Wahlen) (DFAT 22.8.2019). Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere der Awami League (AL) und der Bangladesh Nationalist Party (BNP), ist für den größten Teil der Gewalt im Land verantwortlich. Die Animositäten zwischen den beiden Parteien sowie zwischen den Kadern der unteren Ebenen haben zu andauernder politischer Gewalt beigetragen (HRW 13.1.2021; vgl. ACLED 9.11.2018). Die regierende AL hat ihre politische Macht durch anhaltende Schikanen gegenüber der Opposition und den als mit ihr verbündet wahrgenommenen Personen sowie gegenüber kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft gefestigt (FH 3.3.2021). Beide Parteien sind – gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018). Im Jahr 2020 wurden 73 Tote und 2.883 Verletzte aufgrund politischer Gewalt sowie 2.339 Verletzte bei innerparteilichen Zusammenstößen registriert. Gewaltsame politische Proteste und wahlbezogene Gewalt hielten auch 2020 an (HRW 13.1.2021; vgl. ODHIKAR 25.1.2021).

Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere der Opposition, Islamisten, Studenten) geht in vielen Fällen nach wie vor Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene "Studentenorganisationen". Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 21.6.2020).

Es kommt zu Fällen krimineller Gewalt, sowie zu sporadische Zusammenstößen in den Chittagong Hill Tracts (CHT) zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern wegen Landbesitz und -nutzung (DFAT 22.8.2019). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden und sich in gewalttätige Auseinandersetzungen entladen (UKFCO 27.5.2021; vgl. AA 28.7.2020, AI 1.4.2021). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie etwa Racheakte oder Landraub, Grund für solche Vorfälle sind (AA 21.6.2020).

Die Schutzfähigkeit staatlicher Behörden ist grundsätzlich gering. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber (ÖB 9.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland [Deutschland] (28.7.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292 , Zugriff 9.11.2020

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018): The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/ , Zugriff 5.11.2020

- AI – Amnesty International (1.4.2021): Bangladesh authorities must conduct prompt, thorough, impartial, and independent investigations into the death of protesters and respect people’s right to peaceful assembly, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048271.html , Zugriff 27.4.2021

- BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres [Österreich] (27.5.2021) (Unverändert gültig seit: 26.05.2021): Bangladesch (Volksrepublik Bangladesch) – Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/ , Zugriff 27.5.2021

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (24.5.2021): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/ , Zugriff 28.5.2021

- DT – DhakaTribune (22.12.2020): Bangladesh sees highest border deaths in 10 years, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/2020/12/22/bangladesh-sees-highest-border-deaths-in-10-years , Zugriff 25.5.2021

- EDA - Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (27.05.2021) (publiziert am 14.08.2020): Bangladesch, Spezifische regionale Risiken, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/bangladesch/reisehinweise-fuerbangladesch.html#par_textimage , Zugriff 27.5.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 19.5.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html , Zugriff 28.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,

- https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf , Zugriff 28.5.2021

- SATP – South Asia Terrorism Portal (26.5.2021a): Yearly Suicide Attacks, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/suicide-attacks/bangladesh , Zugriff 28.5.2021

- SATP – South Asia Terrorism Portal (26.5.2021b): Data Sheet – Bangladesh, Yearly Sucide Attacks, Advance Search 2000 - 2021, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh , Zugriff 28.5.2021

- UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office [UK] (27.5.2021) (erstellt am: 24.5.2021): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, Political violence, Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security , Zugriff 27.5.2021

Rechtsschutz / Justizwesen:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Politisierung der Justiz und der Druck auf sie halten an (FH 3.3.2021). Seit die Awami-Liga (AL) im Jahr 2009 an die Macht kam, hat die von ihr geführte Regierung begonnen, erheblichen Einfluss auf die Justiz auszuüben (FIDH 25.1.2021). Vorwürfe des politischen Drucks auf Richter sind üblich, ebenso wie der Vorwurf, dass unqualifizierte AL-Loyalisten in Gerichtspositionen berufen werden (FH 3.3.2021). Wie die meisten Beobachter übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 8.2019). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom Dezember 2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 29.12.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der Regierungspartei werden regelmäßig aus "politischer Rücksichtnahme" zurückgezogen (FH 3.3.2021).

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court). Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Die erstinstanzlichen Gerichte bestehen aus "Magistrates", die der Exekutive zuzurechnen sind, sowie Session und District Judges, die der Judikative angehören. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen alle übrigen Gerichte, einschließlich des High Court, binden. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 9.2020).

Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden. Dennoch wird diese Unabhängigkeit der Justiz durch Überlastung, überlange Verfahrensdauern, Korruption und politische Einflussnahme behindert (ÖB 9.2020). Die Einflussnahme der Regierungspartei auf Parlament und Justiz haben deren Unabhängigkeit inzwischen weitgehend beseitigt (AA 21.6.2020).

Auf Grundlage des "Public Safety Act", des „Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", “Women and Children Repression Prevention Act" sowie des "Special Powers Act" wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen – es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Speedy Trial Tribunals haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Personen zu Tode verurteilt (ÖB 9.2020).

Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden (ÖB 9.2020). In ländlichen Gebieten kommt es zu Verurteilungen durch unbefugte Dorfälteste oder Geistliche nach traditionellem, islamischem "Scharia Recht". Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 9.2020). Nicht immer greifen die Behörden ein (AA 21.6.2020). Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch (ÖB 9.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 5.8.2020

- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 19.5.2021

- FIDH -International Federation for Human Rights (Autor), ODHIKAR (Autor) (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020 Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf , Zugriff 19.5.2021

- FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (29.12.2018): Joint statement on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in , Zugriff 3.4.2020

- ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

 

Sicherheitsbehörden:

Letzte Änderung: 08.06.2021

Das Militär hat sich seit der Unabhängigkeit mehrfach in die Politik eingemischt (DFAT 22.8.2019) und ist für die Landesverteidigung zuständig, jedoch auch für einige Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit verantwortlich (USDOS 30.3.2021). Nach einem gescheiterten Putschversuch im Jahr 2012 hat die Awami League (AL) Berichten zufolge das Militär von Regierungskritikern, Anhängern der Oppositionsparteien und Offizieren mit engen Kontakten zum pakistanischen Militär gesäubert. Die Regierung hat Berichten zufolge auch die Gehälter erhöht, mehr hochrangige Positionen geschaffen, hochrangigen Offizieren wertvolles Land zugewiesen und dem Militär erlaubt, seine Kontrolle über die Chittagong Hill Tracts (CHT) und die dort lebenden indigene Bevölkerung zu konsolidieren (DFAT 22.8.2019). Die Streitkräfte sind gegenwärtig mit UN-Einsätzen sowie lukrativen Wirtschaftsverflechtungen ruhig gestellt (AA 21.6.2020). Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium (USDOS 30.3.2021).

Die Sicherheitskräfte, die die nationale Polizei, den Grenzschutz und Antiterroreinheiten wie das Rapid Action Battalion umfassen, halten die innere und die Grenzsicherheit aufrecht. Zivilen Behörden behielten eine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 30.3.2021).

Die Polizei von Bangladesch ist die wichtigste Strafverfolgungsbehörde des Landes und spielt eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung im Land. Der Innenminister ist für das Ressort zuständig (DFAT 22.8.2019; vgl. USDOS 30.3.2021)

Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 21.6.2020). Die Regierung unternimmt Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern (ÖB 9.2020). Trotz dieser Bemühungen kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch und unangebrachter Gewaltanwendung von Sicherheitskräften, insbesondere durch die Rapid Action Batallions (RAPs), die in weiterer Folge ungestraft bleiben (ÖB 9.2020).

Es gibt Hinweise auf willkürliche Festnahmen durch die Polizeikräfte, obwohl dies gesetzlich verboten ist, sowie auf willkürliche Nutzung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen. Die Festnahme ohne Angabe von Gründen ist für bis zu 30 Tagen zur Verhinderung von Taten, die die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden, erlaubt. Die Arretierten haben kein Recht auf einen Verteidiger. Die hauptsächlich Betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben. Nach wie vor problematisch ist auch die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Gegenwärtig geht man von über zwei Millionen ausständigen Zivil- und Strafverfahren aus (ÖB 9.2020).

Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung (ÖB 9.2020).

Rapid Action Batallions (RABs): Es gibt etwa 15 RABs mit insgesamt ca. 9.000 Mann, die ebenfalls dem Innenministerium unterstellt sind. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen. Die RABs sind hauptsächlich in urbanen Zentren stationiert, rekrutieren sich hauptsächlich aus Polizei und Armee, sind gut ausgebildet und mit moderner Ausrüstung versehen (ÖB 9.2020). Ihnen werden schwere Menschenrechtsverstöße wie z.B. außergerichtliche Tötungen zugeschrieben (AA 21.6.2020). Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt. Sie werden auch bei Demonstrationen eingesetzt, wobei exzessive Gewalt, Gummigeschosse aber auch scharfe Munition gegen Demonstranten zum Einsatz kam, welche wiederholt Todesopfer forderten. Es kam trotz zahlreicher Verhaftungen noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen gegen Mitglieder der RABs (ÖB 9.2020).

Bangladesh Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leicht bewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB 9.2020).

Border Guard Bangladesh (BGB) – ehem. Bangladesh RiflesRifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Home Ministry [Innenministrium], wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BGB ist auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB 9.2020).

Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" [Zug] mit jeweils 32 Personen geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sog. Town Defence Parties (ÖB 9.2020).

Special Branch of Police (SB): Sie ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 21.6.2020).

Die Sicherheitskräfte lassen Personen weiterhin routinemäßig „verschwinden“ (AI 30.1.2020). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, sodass diese straflos bleiben. Auch im Falle einer Beschwerde herrscht weitestgehend Straffreiheit. Wenn allerdings die Medien Polizeiversagen öffentlich anprangern, werden durch die politische Ebene die zuständigen Polizisten oft bestraft (AA 21.6.2020). Die Regierung streitet weiterhin das Verschwindenlassen von Personen und andere Verstöße durch Sicherheitskräfte, sowie außergerichtliche Tötungen ab (ODHIKAR 25.1.2021). Die Sicherheitskräfte versuchen, unrechtmäßige Tötungen zu vertuschen, indem sie behaupteten, dass es bei einem Schusswechsel oder im Kreuzfeuer zu Todesfällen gekommen ist. Hunderte Menschen wurden angeblich in solchen "Kreuzfeuern" getötet (ODHIKAR 25.1.2021).

Die Sicherheitskräfte exekutieren nahezu ungestraft außergerichtliche Tötungen. Nach der Tötung eines pensionierten Militäroffiziers, sahen sich die Behörden jedoch gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, und die Zahl der "Opfer von Kreuzfeuern, Schießereien oder Begegnungsgefechten" - Euphemismen für außergerichtliche Tötungen - ging in einem hohen Ausmaß zurück. Dieser Faktor deutet darauf hin, dass die Behörden diesen Tötungen jederzeit ein Ende setzen können (HRW 13.1.2021).

Die Professionalität variiert innerhalb der Polizei. Das nationale System der Polizeiarbeit kann effektiv sein und die Polizei hat oftmals ihre Fähigkeiten unter Beweis gestellt, Verdächtige im ganzen Land aufzuspüren. Politische und bürokratische Einmischung stellen jedoch große Hindernisse für die Effizienz der Polizei dar. Mit der Regentschaft betraut, haben sowohl Awami League (AL) als auch die Bangladesh Nationalist Party (BNP) die Polizei benutzt, um oppositionelle Kräfte zu untergraben. Viele Politiker haben das stark bürokratisch geprägte Polizeiystem für die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen missbraucht. Während leitende Beamte relativ gut ausgebildet und gut bezahlt werden und wichtige Positionen innerhalb der Bürokratie einnehmen, sind die unteren Ränge oftmal schlecht bezahlt, nur in einem geringen Maß ausgebildet und mangelhaft ausgestattet. Die niedrigen Gehälter ermutigen einige Polizisten, ihr Einkommen durch die Forderung von Bestechungsgeldern von Bürgern aufzubessern. Das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Polizei und den Sicherheitsdiensten hält viele Bürger des Landes davon ab, sich an die staatlichen Stellen zu wenden, um Hilfe zu suchen oder kriminelle Vorfälle zu melden. Ermittlungen zu polizeilichem Fehlverhalten sind intern und es mangelt ihnen im Allgemeinen an Transparenz und Glaubwürdigkeit. Es wird davon ausgegangen, dass die meisten Bangladeschis, insbesondere diejenigen mit Verbindungen zu Oppositionsparteien, eine Zusammenarbeit mit der Polizei vermeiden (DFAT 22.8.2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html , Zugriff 19.5.2021

- AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/document/2023864.html , Zugriff 12.11.2020

- DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf , Zugriff 19.5.2021

- HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 9.11.2020

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,

- https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf , Zugriff 19.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 19.5.2021

Folter und unmenschliche Behandlung:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung durch die Verfassung und Gesetze verboten sind, gibt es weiterhin Vorwürfe von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und Geheimdienste (USDOS 30.3.2021). Im Fokus der Kritik bezüglich Folter wie auch extralegaler Tötungen stehen dabei insbesondere die Angehörigen der Rapid Action Bataillons (RAB) (ÖB 9.2020; vgl. USDOS 30.3.2021, ODHIKAR 25.1.2021, OMTC 7.2019). Die Zahl der Todesopfer soll laut Angaben diverser NGOs in die Hunderte gehen, die meisten davon im Zuge von vorgeblichen Feuergefechten, bei denen es sich jedoch zumeist um Hinrichtungen handelt (ÖB 9.2020). Die Behörden gehen entsprechenden Anzeigen nur selten nach (USDOS 30.3.2021). Das Gesetz zur Verhinderung von Folter und Tod in Gewahrsam (Torture and Custodial Death Prevention Act) aus dem Jahr 2013 wird aufgrund mangelnden politischen Willens und Unkenntnis der Strafvollzugsbehörden unzureichend umgesetzt (ODHIKAR 25.1.2021; vgl. USDOS 30.3.2021). Missbrauch durch staatliche Akteure bleibt weitgehend straflos (USDOS 30.3.2021; vgl. AHRC 10.12.2020).

Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während dieser Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschenrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Sicherheitsbehörden wenden Drohungen, Schläge und verschiedenste Foltermethoden, manchmal Vergewaltigungen und andere sexuelle Übergriffe an, um Informationen von mutmaßlichen Aufständischen und Oppositionellen zu erlangen (USDOS 30.3.2021). Zahlreiche Fälle von Folter und unmenschlicher Behandlung erscheinen politisch motiviert (ÖB 9.2020), Sicherheitskräfte sollen Methoden von Folter - gelegentlich mit Todesfolge - anwenden, um Schmiergelder oder Geständnisse zu erpressen und Informationen von mutmaßlichen Militanten und Mitgliedern politischer Oppositionsparteien zu erhalten (USDOS 30.3.2021). Auch auch vulnerable Gruppen sind von Folter betroffen (OMCT 14.8.2019).

Sicherheitskräfte begehen ungestraft Verschleppungen, außergerichtliche Tötungen und Folter (AHRC 10.12.2020). Im Jahr 2020 wurden mutmaßlich 19 Personen zu Tode gefoltert. 17 Tötungen erfolgten durch die Polizei, eine durch Kräfte der RAB und eine von den Gefängnisbehörden. Etwa 225 Personen wurden 2020 in Bangladesch außergerichtlich getötet, zwei Personen waren Frauen (ODHIKAR 25.1.2021; vgl AI 7.4.2021), mindestens 45 Rohingya-Flüchtlinge wurden 2020 meist bei Einsätzen im Rahmen des "Kriegs gegen Drogen", einer 2018 gestarteten Regierungskampagne, offenbar von Angehörigen verschiedener Strafverfolgungsbehörden außergerichtlich hingerichtet (AI 7.4.2021; vgl. ODHIKAR 25.1.2021).

Von Jänner bis Dezember 2020 wurden landesweit 31 Personen verschleppt. Sechs von ihnen wurden bisher tot aufgefunden, 22 tauchten wieder auf, der Verbleib der restlichen Personen ist unklar (ODHIKAR 25.1.2021). Die meisten Opfer des Verschwindenlassens wurden als Oppositionsführer und Dissidenten identifiziert (TDPA 2.1.2021). Es wird behauptet, dass staatliche Sicherheitskräfte in diese Verschleppungen involviert sind, in einigen Fällen wurden Beweise dafür sichergestellt. Auch gibt es Vorwürfe, dass Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden ihre eigene Identität verheimlichten und Menschen unter der Identität anderer Kräfte oder Behörden verschleppen (ODHIKAR 25.1.2021).

Die Regierung verfolgt Andersdenkende mit dem Digital Security Act-2018 (DSA), dem Special Powers Act-1974 und anderen Gesetzen (AHRC 10.12.2020) und ignoriert wichtige Empfehlungen der Vereinten Nationen und anderer Organisationen, bzw. weist zurück. Insbesondere im Hinblick auf das harte Durchgreifen gegen die freie Meinungsäußerung unter dem DSA und den zunehmenden Fällen von Verschleppungen und Tötungen (HRW 13.1.2021).

Trotz internationaler Verpflichtungen hat Bangladesch bisher keine Schritte zur Etablierung eines effektiven Opfer- und Zeugenschutzes getätigt und auch keine Prozeduren eingeleitet, die es Opfern ermöglicht, ihr Beschwerderecht ohne Angst vor Vergeltung wahrzunehmen. Folteropfer und deren Familien werden nach Anzeigen gegen Sicherheitsbeamte häufig bedroht und in vielen Fällen wird ihnen Geld angeboten, damit sie die Beschwerde zurückziehen. In den wenigen Fällen, die vor Gericht gelangen, sind die Opfer mit einem dysfunktionalen und parteiischem Justizsystem konfrontiert (OMCT 26.6.2018). Laut einer Studie der Organisation "The Death Penalty Project" seien selbst Richter in Bangladesch größtenteils der Ansicht, dass Folter ein legitimes Mittel sein könne, um zu Geständnissen zu gelangen. Lediglich in Einzelfällen kommt es aber zu Verurteilungen nach bewiesener Folter (AA 21.6.2020). Maßnahmen zur Verfolgung von Folter und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen sind als gering zu bezeichnen (OMCT 7.2019).

Trotzdem fällte im September 2020 ein Gericht in Dhaka erstmals ein Urteil nach dem "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" (Gesetz zur Verhinderung von Folter und Gefangenentod) und verurteilte drei Polizeibeamte zu lebenslanger Haft und zwei weitere zu sieben Jahren Gefängnis wegen Todesfolge in Gewahrsam eines Festgenommenen im Jahre 2014 (USDOS 30.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 5.8.2020

- AHRC – Asian Human Rights Commission (Autor), HRW – Human Rights Watch (Autor), FIDH – International Federation for Human Rights (Autor), OMCT – World Organisation Against Torture (Autor), AFAD - Asian Federation Against Involuntary Disappearances; et al. (Autor)(10.12.2020): International Community: Stand against Authoritarian Rule in Bangladesh, http://www.humanrights.asia/news/ahrc-news/AHRC-JST-013-2020/ , Zugriff 15.6.2021

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html , Zugriff 19.5.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html , Zugriff 19.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- ODHIKAR - Banglad. Menschenrechtsorganisation (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf , Zugriff 19.5.2021

- OMCT – World Organisation Against Torture (14.8.2019): Bangladesh: Human rights groups urge government to implement recommendations on torture and other abuses after damning UN review, https://www.omct.org/press-releases/urgent-interventions/bangladesh/2019/08/d25471/ , Zugriff 2.4.2020

- OMCT – World Organisation Against Torture (7.2019): Cycle of Fear - Combating Impunity for Torture and Strengthening the Rule of Law in Bangladesh, https://www.omct.org/files/2019/07/25475/cycleoffear_bangladesh_report_omct.pdf , Zugriff 1.6.2021

- OMCT – World Organisation Against Torture (26.6.2018): Bangladesh: Torture prevails due to deeply rooted culture of impunity, https://www.omct.org/statements/bangladesh/2018/06/d24943/ , Zugriff 2.4.2020

- TDPA – The daily Prothom Alo (2.1.2021): https://www.prothomalo.com/bangladesh/crime/ , ডিবির তদন্তে বেরিয়ে এল, ব্যবসায়ীকে তুলে নিয়েছিল র্যাব [Die DB-Untersuchung kam heraus, der Geschäftsmann wurde vom RAB abgeholt], Zugriff 19.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 19.5.2021

Korruption:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 21.6.2020; vgl. ODHIKAR 25.1.2021, LIFOS 25.2.2019), die Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung werden durch die politische Umsetzung geschwächt. Endemische Korruption und Kriminalität, schwache Rechtsstaatlichkeit, begrenzte bürokratische Transparenz und politische Polarisierung haben lange Zeit die staatliche Rechenschaftspflicht untergraben (FH 3.3.2021). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2020 den 146. Rang unter 180 Staaten (vgl. 2019: 146/180) (TI 28.1.2021; vgl. TI 23.1.2020).

Das Strafgesetzbuch von 1860 verbietet es Beamten, Bestechungsgelder anzunehmen [Absatz 161, 165] oder Beihilfe zur Bestechung zu leisten [Absatz 165 A] (TI 1.2019), doch die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv um. Beamte verüben häufig ungestraft korrupte Praktiken (UDOS 30.3.2021). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden, die Polizei sowie die Rechtspflege genannt. NGOs und Militär genießen den besten Ruf (AA 21.6.2020).

Aufgrund der weit verbreiteten Korruption in Justiz und Polizei ist es eine nahe liegende Vermutung, dass es auch zu ungerechtfertigten Anschuldigungen kommt, nicht notwendiger Weise auf staatliches Betreiben, sondern von Privatpersonen mit wirtschaftlichen oder persönlichen Motiven (ÖB 9.2020).

Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen. Wohlhabenden oder in den großen Parteien verankerten Personen stehen die Möglichkeiten des ineffizienten und korrupten Justizsystems offen. Das Ausmaß der Korruption stellt jedoch sicher, dass auch Opfer staatlicher Verfolgung davon profitieren können. Waren es während der Zeit des Ausnahmezustandes vor allem Angehörige der beiden politisch dominanten Parteien, die einer intensiven Antikorruptionskampagne durch Justiz und Polizei ausgesetzt wurden, sind seit den neuerlich von der Regierungspartei gewonnen Wahlen vom Dezember 2018 nun vornehmlich Angehörige der Oppositionsparteien gefährdet (ÖB 9.2020).

Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC). Diese wird jedoch als "eher zahnloser Papiertiger" sowie "reines Aushängeschild" beurteilt (ÖB 9.2020). Die ACC darf der Korruption verdächtigte Beamte nur mit Erlaubnis der Regierung anklagen. Faktisch ist die "Anti Corruption Commission" machtlos (AA 21.6.2020; vgl. ODHIKAR 25.1.2021). Die Regierung nutzt die ACC für politisch motivierte Strafverfolgung oppositioneller Kräfte, während regierungsnahe Angeklagte freigesprochen werden (ODHIKAR 25.1.2021).

Die Regierung hat Schritte unternommen, um die weit verbreitete Polizeikorruption durch den weiteren Ausbau des Community-Policing-Programmes und durch Schulungen zu beheben (USDOS 30.3.2021).

Die Medien des Landes und die Zivilgesellschaft sehen sich mit restriktiven Maßnahmen konfrontiert und sind daher immer weniger in der Lage, die Korruption der Regierung aufzudecken (FH 3.3.2021). Nur wenige Fälle von Korruption werden öffentlich, weil durch die Regierung größere Anstrengungen zur Verhinderung des Durchickern von Korruptionsgeschichten erfolgen, als gegen die Korruption vorzugehen (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [(Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 19.5.2021

- LIFOS – Center för landinformation och landanalys inom migrationsområdet [Schweden] (25.2.2019): Bangladesh falska handlingar, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458189/1226_1551169348_190225550.pdf , Zugriff 19.5.2021

- ND – Naya diganta (1.5.2020): https://www.dailynayadiganta.com/last-page/499177/ , Zugriff 19.5.2021

- ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf , Zugriff 19.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- TDM – The daily Manabzamin (3.4.2020): ভিজিডির ১৩৮ বস্তা সরকারি চাল আ.লীগ নেতার বাড়িতে [138 Säcke Reis der VGD-Regierung im Haus des A-League-Führers], https://www.mzamin.com/article.php?mzamin=220308 , Zugriff 19.5.2021

- TI – Transparency International (28.1.2021): Corruption Perceptions Index 2020, https://www.transparency.org/en/cpi/2020/index/bgd , Zugriff 19.5.2021

- TI – Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019, https://www.transparency.org/files/content/pages/2019_CPI_Report_EN.pdf , Zugriff 10.11.2020

- TI – Transparency International (1.2019): Korruptionsvermeidung in der Bekleidungsindustrie: Szenarien aus Bangladesch, https://www.transparency.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/2019/Broschuere_Undress_Corruption_Fassung_2019.pdf , Zugriff 10.11.2020

- TI – Transparency International (29.1.2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/en/cpi/2018/results/bgd , Zugriff 10.11.2020

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 19.5.2021

NGOs und Menschenrechtsaktivisten:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Bangladesch verfügt über eine große, seit den 1970er Jahren wachsende Zahl an regierungsunabhängigen Menschenrechtsorganisationen (ÖB 9.2020). Die meisten NGOs können uneingeschränkt arbeiten (FH 3.3.2021). NGOs können ihre Erkenntnisse veröffentlichen, jedoch sind Regierungsvertreter diesbezüglich nur selten interessiert oder kooperativ (USDOS 30.3.2021).

Die Schwerpunkte dieser Organisationen liegen eher im Bereich des sozialen Engagements, insbesondere der Bildungsarbeit und Gesundheitsversorgung der armen Landbevölkerung. Weit entwickelt sind auch Mikrokreditinstitutionen, deren Hauptzielgruppe der weibliche Teil der armen Bevölkerungsschichten ist. NGOs spielen ebenso eine wichtige Rolle für die Durchsetzung der Grundrechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen (ÖB 9.2020).

Menschenrechts-NGOs in Bangladesch üben oft harsche Kritik an der Regierung, sehen sich aber nicht generell mit staatlichen Repressionen konfrontiert. Die Situation hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. NGOs, die in den Bereichen Menschenrechten, gute Regierungsführung oder Demokratie tätig sind, sehen sich allerdings nach wie vor umfassenden staatlichen Kontrollen und Restriktionen ausgesetzt, bzw. werden in bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten teilweise stark behindert (ÖB 9.2020). Einschüchterungsversuche und einzelne Übergriffe auf Menschenrechtsverteidiger lassen Menschenrechtsorganisationen nur sehr vorsichtig vorgehen. Der Druck auf die Zivilgesellschaft durch die Regierung ist hoch (AA 21.6.2020). Menschenrechtsgruppen praktizieren Selbstzensur und Bedrohungen von Extremisten sowie eine zunehmend autoritär agierende Regierungspartei führten zu einer verminderten Stärke der Zivilgesellschaft (USDOS 30.3.2021).

Alle aktiven NGOs müssen beim Ministry of Social Welfare registriert sein. Sowohl lokale als auch internationale Organisationen, die zu sensiblen Themen wie Menschenrechte, indigene Bevölkerung, Rohingya Flüchtlinge oder Arbeitsrecht arbeiten, sehen sich mit formellen und informellen Restriktionen konfrontiert (USDOS 30.3.2021). Durch eine Straffung der Regularien für die Annahme von Projektgeldern und Spenden aus dem Ausland wird die Arbeit vieler NGOs durch zusätzlichen bürokratischem Aufwand enorm erschwert (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020, USDOS 30.3.2021, FH 3.3.2021), insbesondere für NGOs, die sich kritisch gegenüber dem Staat oder der Regierung äußern (USDOS 11.3.2020). Die NGO Affairs Bureau, die für die Registrierung der NGOs und die Genehmigung der Projektanträge zuständig ist, lässt regierungskritische Menschenrechtsprojekte nur mit Einschränkungen zu. Viele Menschenrechtsorganisationen lassen sich den jeweiligen politischen Lagern zuordnen. Partikularinteressen und Rivalitäten spielen im Verhältnis der Menschenrechtsverteidiger untereinander eine Rolle (AA 21.6.2020). Im September 2019 verbot die Regierung zwei NGOs ihre Tätigkeiten in den Rohingya-Flüchtlingslagern, nachdem diese angeblich eine Anti-Patriotismus-Kampagne in Myanmar unterstützt hatten. Druck und Einschüchterung durch islamistische Gruppen schränken auch die Aktivitäten von NGOs zu LGBTI-Themen und religiösen Minderheitengruppen ein (FH 3.3.2021).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- AI - Amnesty International (13.12.2018): Rights at stake in Bangladesh on Human Rights Day, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454524.html , Zugriff 16.11.2020

- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 18.5.2021

- ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,

- https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 18.5.2021

Ombudsmann:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Das Gesetz sieht die Institution eines Ombudsmannes vor, es wurde jedoch noch keiner ernannt (USDOS 30.3.2021). Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission – ACC). Diese wird jedoch als ein "eher zahnloser Papiertiger" sowie "reines Aushängeschild" beurteilt (ÖB 9.2020).

Quellen:

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,

- https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 17.5.2021

Wehrdienst und Rekrutierungen:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Bangladesch verfügt über eine Berufsarmee und hat seit seiner Unabhängigkeit keinen verpflichtenden Wehrdienst (ÖB 9.2020; vgl. DFAT 22.8.2019). Die bangladeschische Armee besteht aus circa 260.000 aktiven Soldaten und circa 472.000 Reservisten (AA 21.6.2020).

Bangladeschische Staatsangehörige können im Alter von 16 bis 19 Jahren einen freiwilligen Militärdienst ableisten, sofern der Abschluss der 10. Schulstufe nachgewiesen wird (AA 21.6.2020). Personen unter 18 Jahren kommen nicht zu Kampfeinsätzen (ÖB 9.2020). Seit dem Jahr 2013 können auch Frauen Wehrdienst leisten (AA 21.6.2020).

Deserteuren droht im Kriegsfall nach den Vorschriften des bangladeschischen Armeegesetzes ("Army Act 1952") die Todesstrafe. Die Beherbergung von Deserteuren kann ein strafrechtlich relevantes Vergehen darstellen, das nach § 136 des Strafgesetzbuches 1860 geahndet werden kann (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020).

Es gibt keine Hinweise auf Zwangsrekrutierung (ÖB 9.2020) bzw. einer Verpflichtung von Kindersoldaten (AA 21.6.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 5.8.2020

- DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf , Zugriff 18.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,

- https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

Allgemeine Menschenrechtslage:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Menschenrechte werden nach der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert (AA 21.6.2020). Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 9.2020; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum "High Court" offen. Die „National Human Rights Commission“ wurde im Dezember 2007 unter dem „National Human Rights Commission Ordinance“ von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 9.2020). Die Verwirklichung der in der Verfassung garantierten Rechte ist nicht ausreichend (AA 21.6.2020).

Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 11.2019a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen sowie Folter (USDOS 30.3.2021). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2.000 Mitglieder der RABs (Rapid Action Battalion (RAB), Spezialkräfte für u.a. den Antiterrorkampf wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keinen diesbezüglichen Verurteilungen wegen diverser Vergehen (ÖB 9.2020).

Menschenrechtsverletzungen beinhalten weiters harte und lebensbedrohende Haftbedingungen, politische Gefangene, willkürliche oder rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre, Zensur, Sperrung von Websites und strafrechtliche Verleumdung; erhebliche Behinderungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wie beispielsweise restriktive Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Beschränkungen der Aktivitäten von NGOs; erhebliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit; Einschränkungen der politischen Partizipation, da Wahlen nicht als frei oder fair empfunden werden; Korruption, Menschenhandel; Gewalt gegen Frauen, Kinder, Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender- und Intersexuelle (LGBTI) und Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Aktivitäten; Einschränkungen für unabhängige Gewerkschaften und der Arbeitnehmerrechte sowie die Anwendung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (USDOS 30.3.2021).

Die Regierung von Bangladesch ignoriert Empfehlungen im Hinblick auf glaubwürdige Berichte zu Wahlbetrug, hartem Vorgehen gegen die Redefreiheit, Folterpraktiken von Sicherheitskräften und zunehmenden Fällen von erzwungenem Verschwinden und Tötungen. Die Regierung von Bangladesch versäumt es, einen angeforderten Folgebericht zur Überprüfung ihrer Praktiken durch den Ausschuss gegen Folter vorzulegen (HRW 13.1.2021).

Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und es werden Maßnahmen ergriffen, um diese Bestimmungen wirksamer durchzusetzen. Nichtsdestotrotz stellt eine wissenschaftliche Studie vom Mai 2020 fest, dass 2,2 Millionen Strafverfahren gegen Menschen mit Behinderungen anhängig sind. So wird resümiert, dass Menschen mit Behinderungen "die am meisten gefährdeten unter den Gefährdeten" sind. Über Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und andere Minderheiten, insbesondere im privaten Bereich, wird berichtet (USDOS 30.3.2021).

Die Regierung nutzt weiterhin den Digital Security Act (DSA) 2018, um das Recht auf freie Meinungsäußerung zu unterdrücken. Trotz wiederholter Aufrufe der Zivilgesellschaft und Menschenrechtsorganisationen, die umstrittenen und strafenden Bestimmungen des DSA aufzuheben, wurde das Gesetz nicht abgeändert. Offiziellen Statistiken zufolge wurden zwischen Januar und Dezember 2020 mehr als 900 Fälle unter dem DSA eingereicht. Etwa 1.000 Personen wurden angeklagt und 353 inhaftiert (AI 7.4.2021).

Bangladesch ist nach wie vor ein wichtiger Zubringer wie auch Transitpunkt für Opfer von Menschenhandel. Jährlich werden Zehntausende Menschen in Bangladesch Opfer von Menschenhandel. Frauen und Kinder werden sowohl in Übersee als auch innerhalb des Landes zum Zweck der häuslichen Knechtschaft und sexuellen Ausbeutung gehandelt, während Männer vor allem zum Zweck der Arbeit im Ausland gehandelt werden. Ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahr 2013 bietet den Opfern Schutz und verschärft die Strafen für die Menschenhändler, doch die Durchsetzung ist nach wie vor unzureichend (FH 3.3.2021). Internationale Organisationen behaupten, dass einige Grenzschutz-, Militär- und Polizeibeamte an der Erleichterung des Handels mit Rohingya-Frauen und -Kindern beteiligt sind. Formen der Unterstützung von Menschenhandel reichen dabei von "Wegschauen" über Annahme von Bestechungsgeldern für den Zugang der Händler zu Rohingya in den Lagern, bis hin zur direkten Beteiligung am Handel (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, 7. April 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html , Zugriff am 18.5.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 18.5.2021

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2019a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat , Zugriff 18.5.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html , Zugriff 18.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh, http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN , Zugriff 11.11.2020

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 18.5.2021

Meinungs- und Pressefreiheit:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die laut Verfassung garantierte Meinungs- und Pressefreiheit wird von der Regierung nicht immer respektiert und es gibt deutliche Einschränkungen (USDOS 30.3.2021). Die Regierung nutzt weiterhin repressive Gesetze, um die Meinungsfreiheit in unangemessener Weise einzuschränken und Journalisten und Menschenrechtsverteidiger gezielt zu verfolgen und zu schikanieren (AI 7.4.2021). Seit Jahren ist zu beobachten, dass die zunehmend autoritär handelnde Regierung diese Rechte zur eigenen Machtsicherung zunehmend verletzt (AA 21.6.2020).

Bangladesch verfügt über eine lebhafte Medienlandschaft, vor allem im Bereich der Printpresse. Der einzige terrestrische staatliche TV-Sender (BTV) sowie das staatliche Radio berichten hauptsächlich aus Sicht der jeweiligen Regierung (ÖB 9.2020). Die unabhängigen Medien sind aktiv und drücken eine Vielzahl von Ansichten aus, sind allerdings Druck seitens der Regierung ausgesetzt, wenn sie diese kritisieren. Aus Angst vor Belästigung und Repressalien zensieren sich Journalisten auch selbst (USDOS 30.3.2021).

Die Verfassung setzt Kritik an der Verfassung mit Verhetzung gleich. Die Strafe für Verhetzung reicht von drei Jahren bis zu lebenslanger Haft (USDOS 30.3.2021). Auch Hassreden sind verboten, die Regierung hat aber aufgrund der fehlenden Definition im Gesetz einen breiten Interpretationsspielraum (ÖB 9.2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Die Regierung kann die Redefreiheit einschränken, wenn sie als gegen die Sicherheit des Staates gerichtet, gegen freundschaftliche Beziehungen mit ausländischen Staaten, gegen die öffentliche Ordnung, Anstand oder Moral oder wegen Missachtung des Gerichts, Verleumdung oder Anstiftung zu einer Straftat erachtet wird (USDOS 30.3.2021).

Am 8. Oktober 2018 trat mit dem "Digital Security Act" (DSA) ein Gesetz in Kraft (ODHIKAR 8.8.2019). Die Behörden nutzten das DSA-Gesetz zunehmend, um Aktivisten, Journalisten und andere, die der Regierung und ihrer politischen Führung kritisch gegenüberstanden, zu schikanieren und auf unbestimmte Zeit in Haft zu nehmen (HRW 13.1.2021). Im Jahr 2020 wurden mindestens zehn Redakteure nationaler und regionaler Tageszeitungen und Online-Nachrichtenplattformen aufgrund der DSA angeklagt, nachdem sie kritisch über führende Vertreter der Regierungspartei Awami League berichtet hatten (AI 8.10.2020). Auf Basis des Information and Communication Technology Act (ICT-Act) wurden offiziellen Statistiken zufolge zwischen Januar und Dezember 2020 mehr als 900 Fälle unter dem DSA eingereicht. Fast 1.000 Personen wurden angeklagt und 353 inhaftiert. Mindestens 247 Journalisten waren Berichten zufolge Angriffen, Schikanen und Einschüchterungen ausgesetzt, sowohl von staatlichen Stellen als auch von Personen, die mit der Regierung nahe stehen (AI 7.4.2021). 2019 wurden insgesamt 42 Personen nach dem DSA-Act verhaftet, sechs Personen wurden wegen Vergehen im Zusammenhang mit dem ICT-Act festgenommen (ODHIKAR 8.2.2020; vgl. FH 2020).

Journalisten werden im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Themen wie Verbrechen während des Krieges von 1971 und Wahlunregelmäßigkeiten während der Parlamentswahlen 2018 und der Kommunalwahlen 2019 verhaftet und/oder Ziel von Angriffen die mitunter zum Tode führen (FH 3.3.2021; vgl. FIDH 9.1.2019). In den letzten Jahren wurden wiederholt Blogger, die für ihre säkulare oder anti-islamische Haltung bekannt waren, von Extremisten getötet. Es mehren sich zuletzt wieder Medienberichte über angegriffene oder verschwundene Journalisten (ÖB 9.2020; vgl. FH 3.3.2021). Darüber hinaus gehen die Behörden gegen Journalisten und Medien vor, die kritisch über die Reaktion der Regierung auf die COVID-19-Pandemie berichten. So verhaften die Behörden im Mai 2020 mehrer Personen und klagten weitere wegen "Verbreitung von Gerüchten und Fehlinformationen auf Facebook" an, weil sie die Reaktion der Regierung auf die Pandemie kritisieren. Eine Überwachung von Personen, die "Gerüchte" über die Covid-19-Pandemie verbreiten könnten, wird verstärkt, die Medienzensur verschärft (HRW 20.5.2021; vgl. AI 19.5.2021). Der "Official Secrecy Act" verbietet Journalisten das Sammeln von Informationen von staatlichen Quellen. Kritische Journalisten sehen sich systematischen Verleumdungsklagen ausgesetzt (ÖB 9.2020).

Die "Bangladesh Telocommunication Regulatory Commission" (BTRC) ist mit der Regulierung der Telekommunikation beauftragt, beschränkt den Internetzugang und filtert Internetinhalte. Anfang April 2020 blockierte die BRTC den Radio Free Asia-Ableger BenarNews, nachdem der Sender über ein durchgesickertes UN-Memo berichtet hatte, in dem gewarnt wurde, dass eine hohe Anzahl von Bangladescher an COVID-19 sterben könnten, wenn die Regierung keine geeigneten Maßnahmen ergreift. Während der Zugang im Mai 2020 teilweise wiederhergestellt wurde, stellen Beobachter fest, dass die BenarNews-Website bis zum Jahresende gelegentlich blockiert wurde (USDOS 30.3.2021).

Im Laufe des Jahres 2020 schränkte die Regierung den 3G- und 4G-Mobilfunk-Internetdienst in den Rohingya-Flüchtlingslagern aus "Sicherheitsgründen" ein und wies die Mobilfunkanbieter an, keine SIM-Karten mehr an Rohingya-Flüchtlinge zu verkaufen (USDOS 30.3.2021).

Neben den Sicherheitskräften stellen auch Parteiaktivisten und islamisch-fundamentalistische Gruppen eine potenzielle Gefahrenquelle für Medienvertreter dar (ÖB 9.2020). Ein Klima der Straflosigkeit ist die Norm. Dutzende Blogger sind weiterhin untergetaucht oder im Exil (FH 3.3.2021). Im Jahr 2020 wurden 74 Journalisten körperlich verletzt, 31 angegriffen, 28 attackiert, 17 bedroht, sieben verhaftet, einer gefoltert, drei entführt, vier belästigt und 70 Journalisten bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit verklagt (ODHIKAR 25.1.2021).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 5.8.2020

- AI – Amnesty International (19.5.2021): Bangladesh: Rozina Islam must not be punished for her journalistic work, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051859.html , Zugriff 1.6.2021

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesch 2020, 7. April 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048838.html Zugriff 16.6.2021

- AI – Amnesty International (8.10.2020): Bangladesh: Escalating attacks on the media must stop, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2020/10/bangladesh-escalating-attacks-on-the-media-must-stop/ , Zugriff 16.6.2021

- Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 18.5.2021

- FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 1.4.2020

- FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019): Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in , Zugriff 6.3.2019

- HRW – Human Rights Watch (20.5.2021): Bangladesh: Arrest of Journalist Investigating Corruption, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052025.html , Zugriff 1.6.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html , Zugriff 18.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf , Zugriff 17.5.2021

- ODHIKAR (8.2.2020): Bangladesh, Annual Human Rights Report on Bangladesh 2019, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019_eng.pdf , Zugriff 3.4.2020

- ODHIKAR (8.8.2019): Annual Human Rights Report on Bangladesh 2018, http://odhikar.org/wp-content/uploads/2019/08/Annual-HR-Report-2018_Engl.pdf , Zugriff 17.9.2019

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 18.5.2020

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Verfassung garantiert, von der Regierung für oppositionelle politische Parteien jedoch eingeschränkt (FH 3.3.2021; vgl. USDOS 30.3.2021). Seit Jahren ist jedoch zu beobachten, dass die zunehmend autoritär handelnde Regierung diese Rechte zur eigenen Machtsicherung verstärkt verletzt. Proteste und Demonstrationen müssen vorab genehmigt werden. Die Regierung hat das Recht Versammlungen von mehr als vier Personen zu verbieten (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 21.6.2020).

Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2018 wurden vermehrt unter dem Vorwand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gemäß § 144 Strafprozessgesetz Demonstrationen der Opposition durch Aufhebung der Versammlungsfreiheit verboten. Die Regierung beendete in der Vergangenheit verbotene Versammlungen auch gewaltsam (AA 21.6.2020). Bei politischen Versammlungen oder Demonstrationen kann es zu gewalttätigen Übergriffen seitens rivalisierender Parteiaktivisten oder der Sicherheitskräfte kommen (ÖB 9.2020). 2020 wurde das Recht auf Versammlungsfreiheit der Opposition und der Dissidenten weiter beschnitten. In diesem Zeitraum ging die Regierung weiter gegen Oppositionsführer und -aktivisten vor, unter anderem durch die Erhebung von Klagen und Verhaftungen (ODHIKAR 25.1.2021).

Im Jahr 2020 fanden viele Demonstrationen statt, obwohl die Behörden manchmal versuchten, Kundgebungen durch die Verhaftung von Parteiaktivisten zu verhindern. Während der COVID-19-Pandemie im April 2020 setzten sich die Arbeiter der Bekleidungsindustrie über die COVID-19-Abriegelungsbeschränkungen hinweg, um für Nachzahlungen und sicherere Arbeitsbedingungen zu protestieren (FH 3.3.2021).

Die Gründung von Gewerkschaften wurde aufgrund einer Gesetzesreform 2015 erleichtert, jedoch sehen sich Gewerkschaftsführer Entlassungen und körperlicher Einschüchterung ausgesetzt. Ebenso sehen sich Arbeitsrechtsorganisationen Belästigungen ausgesetzt. Beschwerden wegen unsicherer Arbeitsbedingungen, besonders in der Bekleidungsindustrie, führen immer wieder zu Protesten (FH 3.3.2021).

Die gewalttätigen Hartals (Streiks), die einst ein dominierender Teil der Politik waren, sind nicht mehr existent. Es gibt eine ausgeprägte Kultur des Klientelismus, die alle Parteien mit ihren jeweiligen Funktionsträgern verbindet, die sich unermüdlich für die Unterstützung der Parteiorganisation an der Basis einsetzen. Im Gegenzug erwarten sie einen Nutzen, sobald ihre Partei an die Macht kommt (BS 29.4.2020).

Die Mitgliedschaft in oder die Unterstützung einer Oppositionspartei führt nicht per se zu einer Verfolgung durch die Regierung (AA 21.6.2020). Kundgebungen wurden zuletzt zugelassen bzw. von den Sicherheitskräften nicht aufgelöst, da von ihnen offenbar keine nachhaltige Gefahr für die Regierung ausging. Sobald sich jedoch wieder eine Führungsfigur der Opposition etabliert, welche der regierenden Awami League gefährlich werden könnte, werden die Maßnahmen der Regierung wieder verschärft (ÖB 9.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029402/country_report_2020_BGD.pdf , Zugriff 9.11.2020

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, 3. März 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 18.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf , Zugriff 18.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 18.5.2021

Haftbedingungen:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Bedingungen in den staatlichen Haftanstalten bleiben hart und können bisweilen, wegen Überbelegung der Zellen und mangelhafter Sanitäranlagen, lebensbedrohlich sein (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 21.6.2020, ÖB 9.2020). Bis zu 200 Inhaftierte müssen auf ca. 40 m² zusammen leben. Dies führt zu Gewaltakten zwischen den Inhaftierten und es besteht zudem die Gefahr religiöser Radikalisierung (AA 21.6.2020). Die offizielle Gesamtkapazität aller 68 Gefängnisse in Bangladesch liegt etwa bei 42.450 Personen (WPB 3.2021). Im Dezember 2020 betrug die Gesamtanzahl der landesweit Inhaftierten 83.107 Personen (WPB 3.2021). Im Mai 2019 waren 81,3 Prozent aller Inhaftierten Untersuchungshäftlinge (WPB 3.2021), 3,9 Prozent der Häftlinge sind weiblich (WPB 3.2021). Die Haftanstalten des Landes waren zu etwa 196 Prozent der offiziellen Kapazität belegt, viele Gefangene sind gezwungen, in Schichten zu schlafen (WPB 3.2021; vgl. DFAT 22.8.2019).

Offiziellen Berichten zufolge versorgen nur elf Gefängnisärzte die 89.000 Insassen, was die Gefängnisse dazu veranlasst, Krankenschwester oder Apotheker für die medizinische Versorgung der Insassen einzusetzen (USDOS 30.3.2021).

Gefängnisinsassen sind oft mangelernährt und verstärkt Infektionskrankheiten ausgesetzt. Die medizinische Versorgung ist teilweise gegeben. Auch weibliche Gefangene werden von ausschließlich männlichen Ärzten untersucht (ÖB 9.2020). Gemäß der Menschenrechtsorganisation ODHIKAR sind im Jahr 2020 ingesamt 67 Personen in Haftanstalten verstorben (ODHIKAR 25.1.2021). Es wird berichtet, dass in einigen Fällen, in welchen festgenommene Personen in der Haft aufgrund von Folter umgekommen sind, dies als "Selbstmord" veröffentlicht wurde, um die Tat zu vertuschen (ODHIKAR 8.2.2020).

Obwohl das Gesetz eine gemeinsame Inhaftierung von jugendlichen und erwachsenen Straftätern verbietet, waren viele Minderjährige zusammen mit Erwachsenen inhaftiert (USDOS 30.3.2021; vgl. DFAT 22.8.2019). Trotz entsprechenden Gesetzen und Gerichtsurteilen wurden Kinder manchmal – gelegentlich zusammen mit ihren Müttern – inhaftiert. Die Behörden hielten weibliche und männliche Gefangene getrennt voneinander fest (USDOS 30.3.2021).

Die Bedingungen in den Gefängnissen, oft auch innerhalb eines Gefängniskomplexes, stellen sich zumeist sehr unterschiedlich dar. Das Gesetz erlaubt Personen, die von den Gefängnisbeamten als "sehr wichtige Personen" (VIP) bezeichnet werden, den Zugang zu "Abteilung A"-Gefängnissen mit besseren Lebensbedingungen und besserem Essen, häufigeren Besuchsrechten für die Familie und der Bereitstellung eines anderen Gefangenen ohne VIP-Status als Helfer in der Zelle. Andere Gefangene werden in Bereichen mit hohen Temperaturen, schlechter Belüftung und Überbelegung untergebracht (USDOS 30.3.2021). Oft werden Untersuchungshäftlinge mit verurteilten Gefangenen in einzelne Hafträume zusammengelegt (USDOS 30.3.2021).

Die Regierung von Bangladesch erlaubt keine Haftbesuche des "International Committee of the Red Cross" oder anderer Menschenrechtsorganisationen (ÖB 9.2020; vgl. DFAT 22.8.2019). Inspektionen werden durch Regierungsbehörden sowie NGOs, die der Regierungspartei nahe stehen, durchgeführt, jedoch werden keine Berichte veröffentlicht (DFAT 22.8.2019).

2020 wurden in den Gefängnissen und Jugendstrafanstalten weiterhin Menschenrechtsverletzungen begangen, darunter verschiedene Formen der Folter. Es wird berichtet, dass viele Menschen aufgrund des dysfunktionalen Strafrechtssystems in Bangladesch ohne Gerichtsverfahren inhaftiert werden. Vorwürfe verschiedener Unregelmäßigkeiten und Korruption wurden auch gegen Beamte und Angestellte fast aller Gefängnisse im Land erhoben (ODHIKAR 25.1.2021).

Das Gesetz ermöglicht es den Gefangenen, aus religiösen Gründen zu fasten, garantiert jedoch keinen Zugang zu Geistlichen oder religiösen Dienstleistungen. Nur vor der Vollstreckung der Todesstrafe sind die Gefängnisbehörden verpflichtet, Zugang zu einem Geistlichen zu ermöglichen (USDOS 12.5.2021). Als ab März 2020 die ersten COVID-19-Fälle im Land registrirt wurden, leiteten die Bundesbehörden eine Richtlinie ein, die von den Gefängnisbehörden verlangte, alle ankommenden Insassen auf Symptome zu untersuchen und sie in einer kurzen Quarantäne zu halten. Die Gefängnisdirektoren vor Ort verfügten jedoch über keine Kapazitäten, um COVID-19 infizierte Insassen zu isolieren (USDOS 30.3.2021).

Nach wie vor problematisch ist die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Nach den letzten verfügbaren Zahlen waren circa zwei Millionen Zivil- und Strafverfahren ausständig (ÖB 9.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf , Zugriff 18.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf , Zugriff 17.5.2021

- ODHIKAR (8.2.2020): Annual Human Rights Report 2019; Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019_eng.pdf , Zugriff 11.11.2020

- USDOS – US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051513.html , Zugriff 18.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 18.5.2021

- WPB – World Prison Brief (3.2021): World Prison Brief data: Bangladesh, https://www.prisonstudies.org/country/bangladesh , Zugriff 18.5.2021

Todesstrafe:

Letzte Änderung: 16.06.2021

In Bangladesch wurden seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen im Jahr 2001 mehrere hundert Personen hingerichtet (ÖB 9.2020). Die Anzahl der zum Tode verurteilten Häftlinge wird zwischen 1.000 und mehr als 1.800 angegeben (AI 4.2021; vgl. ÖB 9.2020). 2020 wurden in Bangladesch 218 Angeklagte zum Tode verurteilt (ODHIKAR 25.1.2021), davon 19 Frauen (AI 4.2021). Zwei Hinrichtung wurden 2020 exekutiert (ODHIKAR 25.1.2021; vgl. AI 4.2021). Im Jahr 2019 wurden rund 330 Todesurteile verhängt (2018: 229) (ODHIKAR 8.8.2019; vgl. AI 10.4.2019, ODHIKAR 8.2.2020) und zwei Hinrichtungen vollzogen (ODHIKAR 8.2.2020; vgl. AA 21.6.2020, ÖB 9.2020).

Bangladesch hat im Dezember 2012 in der UN-Vollversammlung gegen das weltweite Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe gestimmt. Der signifikante Anstieg der Todesurteile fällt zeitlich mit der Einführung der "Speedy Trial" Tribunals (auf Grundlage des "Disruption of Law and Order Offences Act" 2002) zusammen. Laut Angaben des "Ministry of Law" von Bangladesch sollen solche Tribunale in den ersten Jahren nach deren Einrichtung mehrere Hundert Todesurteile verhängt haben (ÖB 9.2020).

Für zahlreiche Straftatbestände ist die Todesstrafe vorgesehen, u.a. Mord, Vergewaltigung, Menschen- und Drogenhandel, Volksverhetzung und Hochverrat, aber auch für Falschmünzerei und Schmuggel. Der "Anti-Terrorism Act" von 2009 stellt weiterhin jegliche terroristische Aktivität unter Todesstrafe, ein Zusatzgesetz von 2012 auch deren Finanzierung (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020). Insbesondere aus einer weiten gesetzlichen Definition des Terrorismusbegriffs kann eine missbräuchliche Anwendung resultieren (AA 21.6.2020). Laut Angaben bangladeschischer NGOs bestehe aufgrund der weit verbreiteten Korruption ein hohes Risiko, dass Unschuldige zum Tode verurteilt werden (ÖB 9.2020). Verurteilungen in absentia sind zulässig und kommen vor (AA 21.6.2020).

Zum Tode Verurteilte haben automatisch das Recht auf Berufung beim "High Court" sowie anschließend auf ein Gnadengesuch an den Präsidenten. Hinrichtungen werden nur nach Ausschöpfung aller Instanzen vorgenommen (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020). Todesurteile werden i. d. R. durch den Obersten Gerichtshof in lange Haftstrafen umgewandelt. Unterinstanzlich verurteilte Todeskandidaten müssen grundsätzlich mit jahrelangen Wartezeiten rechnen, bis ihr Fall endgültig entschieden ist, es sei denn, es besteht ein politisches bzw. öffentliches Interesse an einem schnellen Verfahren (AA 21.6.2020).

Gesellschaftlich besteht eine durchaus breite Unterstützung für die Todesstrafe, besonders im Zusammenhang mit Terrorismus und Kriegsverbrechern. Eine Reihe ehemaliger Richter gab ferner laut einer Studie der Organisation "The Death Penalty Project" an, dass lebenslange Haft keine Alternative zur Todesstrafe biete, da ungewiss sei, ob die Verurteilten beim nächsten Regierungswechsel nicht freigelassen würden (AA 21.6.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- AI – Amnesty International (4.2021): Death Sentences and Executions 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2049793/ACT5037602021ENGLISH.PDF , Zugriff 17.5.2021

- AI – Amnesty International (4.2020): Amnesty International Global Report: Death Sentences and Executions 2020, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5018472020ENGLISH.PDF , Zugriff 13.11.2020

- AI – Amnesty International (10.4.2019): Amnesty International Global Report: Death Sentences and Executions 2018, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5098702019ENGLISH.PDF , Zugriff 11.11.2020

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,

- https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf , Zugriff 17.5.2021

- ODHIKAR (8.2.2020): Annual Human Rights Report 2019; Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019_eng.pdf , Zugriff 11.11.2020

- ODHIKAR (8.8.2019): Annual Human Rights Report on Bangladesh 2018, http://odhikar.org/wp-content/uploads/2019/08/Annual-HR-Report-2018_Engl.pdf , Zugriff 11.11.2020

Religionsfreiheit:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion, betont aber auch das säkulare Prinzip (USDOS 12.5.2021) und verbietet religiös begründete politische Parteien. Die Jamaat-i-Islami (JI)-Partei wurde aufgrund ihrer offen islamistischen Charta von der Teilnahme an den Wahlen 2014 und 2018 ausgeschlossen, auch wenn einige JI-Mitglieder als Unabhängige kandidierten (FH 3.3.2021).

Die Gesetzgebung verbietet Diskriminierung und schafft Gleichberechtigung für alle Religionen. Etwa 89 Prozent der Bevölkerung ist sunnitischen Glaubens, zehn Prozent werden dem Hinduismus zugerechnet. Darüber hinaus gibt es Christen, Theravada-Hinayana Buddhisten, kleine Gruppen schiitischer Moslems, Bahais, Animisten, Ahmadis, Agnostiker und Atheisten. Viele Anhänger religiöser Minderheiten sind gleichzeitig Vertreter ethnischer Minderheiten und konzentrieren sich in den Chittagong Hill Tracts (CHT) und in den nördlichen Distrikten des Landes (USDOS 12.5.2021; vgl. CIA 24.5.2021).

Traditionell gilt Bangladesch als ein religiös tolerantes, islamisches Land. Regierung und bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens setzen sich in der Regel für das friedliche Zusammenleben der Religionen ein. In den letzten Jahren sehen sich die religiösen Minderheiten allerdings zunehmendem Druck und gewalttätigen Übergriffen durch islamisch-fundamentalistische Gruppen ausgesetzt. Die Polizei scheint nicht in der Lage zu sein, die religiösen Minderheiten effektiv vor Übergriffen zu schützen. In den letzten Jahren wurden auch verstärkt (teils) tödliche Angriffe auf Vertreter nicht-muslimischer Gruppen verübt, zu denen sich der Islamische Staat (IS) bekannte (ÖB 9.2020).

Die Regierung ist bemüht, Übergriffe auf religiöse Minderheiten zu unterbinden. So werden religiöse Umzüge, Feste und Gotteshäuser durch Sicherheitskräfte geschützt (ÖB 9.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Wo es zu Übergriffen kommt, ist nicht generell von einem rein religiösen Hintergrund auszugehen. Oft sind es auch Übergriffe krimineller Banden, denen wirtschaftliche oder soziale Motive zugrunde liegen. Vor allem in den ländlichen Regionen steigen aber die Zahlen der religiös motivierten Übergriffe auf Nicht-Muslime. Ein effektiver Schutz für Angehörige von Minderheiten scheint hier nicht zu bestehen (ÖB 9.2020). Medienberichten zufolge sollen mehreren hundert, teils mehrere tausend Anhänger der oppositionellen BPN nahestehende Organisation Hefazat-e-Islam Häuser der hinduistischen Gemeinschaft im Dorf Noagaon im Distrikt Sunamganj im Nordosten Bangladeschs angegriffen und diese geplündert und zerstört haben. Dem Überfall vorausgegangen ist eine Nachricht eines hinduistischen Mannes des betroffenen Dorfes in den sozialen Medien, indem er Kritik an einer führenden Persönlichkeit der fundamentalistischen Organisation geübt hat, die eine stärkere Einhaltung islamischer Prinzipien fordert (BAMF 22.3.2021; vgl. OD 2021).

Das Strafgesetz stellt Äußerungen oder Taten, die religiöse Gefühle verletzen, unter Strafe. Das Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis zu zwei Jahren Haft. Das Gesetz erlaubt auch die Beschlagnahmung sämtlicher Kopien einer Zeitung, deren Inhalt Feindseligkeit und Hass zwischen den Bürgern hervorrufen, oder religiöse Überzeugungen verunglimpfen könnte (USDOS 12.5.2021).

Obwohl religiöse Minderheiten das Recht auf freie Religionsausübung haben, kommt es zu sozialer Diskriminierung, Belästigungen, Strafverfolgung wegen Missionierung und manchmal zu gewalttätigen Übergriffen auf Gebetshäuser. Minderheitengruppen - darunter Hindus, Christen, Buddhisten sowie schiitische und Ahmadiyyas sind mit Schikanen und Gewalt konfrontiert (FH 3.3.2021). Extremistisch-islamische Gruppen, insbesondere Jamaatul Mujahedin Bangladesh (JMB), Jamaat-e-Islami, Hefazat-e-Islami (Beschützer des Islam) und Jamaat-e-Ahle Sunnat gehen aktiv gegen religiöse Minderheiten vor und konzentrieren sich auf ehemalige Muslime (OD 2021; vgl. ACN 2018).

Die "Hindu American Foundation" hält 2015 in einem Bericht fest, dass es sowohl eine sichtbare als auch eine versteckte Art der Diskriminierung von Hindus in Bangladesch gibt. Eine lange Geschichte von Unterdrückung und Gewalt hat zu einer dramatischen Reduktion des hinduistischen Bevölkerungsanteils geführt. Heutige Schätzungen gehen von einem Bevölkerungsanteil von acht bis neun Prozent, im Vergleich zu 23 Prozent im Jahr 1971 aus. Landenteignung ("land grabbing") und Umsiedlung waren/sind wohl eine der Hauptursachen für eine Abwanderung von Hindus (ÖB 9.2020) in das Nachbarland Indien, die seit Jahrzehnten erfolgt (AA 21.6.2020).

Religionswechsel sowie Austritt aus dem Islam, ebenso wie die Missionierung, sind gesetzlich erlaubt, aber in weiten Teilen der Gesellschaft verpönt – mit der Folge, dass Religionswechsel bzw. -austritt mit gesellschaftlicher bzw. familiärer Ächtung belegt sind (AA 21.6.2020). Wer säkulare oder nicht konforme Anschauungen hat, kann sich gesellschaftlicher Verachtung und Angriffen von islamistischen Hardliner-Gruppen ausgesetzt sehen (FH 3.3.2021). Besonders auf dem Land sehen sich religiöse Minderheiten Schikanen von konservativen Muslimen ausgesetzt. 2019 kam es zu tätlichen Angriffen auf Ahmadis, sowie zu Fällen von Vandalismus gegen buddhistische Tempel und christliche Kirchen (AA 21.6.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 5.8.2020

- ACN – Aid to the Church in Need (2018): http://religionsfreiheit.kirche-in-not.ch/laenderwahl/asien-ozeanien/bangladesch-2018.html , Zugriff 1.6.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (22.3.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw12-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=4 , Zugriff 1.6.2021

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (24.5.2021): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/ , Zugriff 28.5.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 17.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- OD – Open Doors (2021): LÄNDERPROFIL BANGLADESCH, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/bangladesch , Zugriff 1.6.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051513.html , Zugriff 18.5.2021

Ethnische Minderheiten:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die bengalische Bevölkerungsgruppe macht mindestens 98 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, 1,1 Prozent sind andere ethnische Gruppen. Die Regierung von Bangladesch erkennt 27 ethnische Gruppen an (CIA 4.5.2021). Artikel 28 der Verfassung schützt Bürger vor jeglicher Art der Diskriminierung durch den Staat aufgrund von Religion, Rasse/Ethnie, Kaste, Geschlecht oder Geburtsort (MoLJP 2010). Eine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung existiert nicht. Es bestehen keine gezielten und systematischen staatlichen Repressionen aufgrund von Ethnie oder Nationalität, allerdings sind Repressionen staatlicher Organe gegen Einzelpersonen zu verzeichnen (AA 21.6.2020).

Indigene ethnische Minderheiten wie Vedas, Haridschaner, Kayaputras, Dalits, Rishis, Mundas, Garos, Menschen aus den Plantagengemeinschaften, Bihari und andere ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen wie etwa SexarbeiterInnen, Angehörige der LGBTIQ Gemeinschaft, Bede, Bonojibi, Putzfrauen und Straßenkehrer sind bisher nicht genügend als Zielgruppen von Unterstützungsmaßnahmen erfasst worden, um diese in Anspruch nehmen zu können (UNEGEEW 5.2020).

Religiöse und ethnische Minderheiten überschneiden sich häufig und leben weitgehend regional konzentriert in den Chittagong Hill Tracts und im Nordosten (ÖB 9.2020). Für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten dürften innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten kaum vorhanden sein. Indiz dafür ist auch die verstärkte Auswanderung religiöser Minderheiten Richtung Indien (ÖB 9.2020).

In Bangladesch halten sich bis zu einer Million Flüchtlinge aus Myanmar, Mitglieder der Volksgruppe der Rohingya, auf (HRW 14.1.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (4.5.2021): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/#people-and-society , Zugriff 17.5.2021

- HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 11.11.2020

- MoLPJ - Ministry of Law, Justice and Parliamentary Affairs, Legislative and Parliamentary Affairs Division [Bangladesch] (2010): The Constitution of the People‘s Republic of Bangladesh - Art. 28 Discrimination on grounds of religion, etc, http://bdlaws.minlaw.gov.bd/sections_detail.php?id=367§ions_id=24576 , Zugriff 9.11.2020

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,

- https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- UNEGEEW – United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women (5.2020): COVID-19 Bangladesh Rapid Gender Analysis, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030043/RGA+Bangladesh.Final_.May2020.pdf , Zugriff 4.11.2020

Relevante Bevölkerungsgruppen / Bewegungsfreiheit:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Freiheit, sich im Land zu bewegen, ist relativ unbeschränkt (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021, AA 21.6.2020). Ausgenommen davon sind jedoch zwei sensiblen Gebiete: die Chittagong Hill Tracts (CHT) und die Rohingya-Lagern in Cox's Bazar (USDOS 30.3.2021). Auch wurden im Zuge der Eindämmung der COVID-19-Pandemie durch die Regierung einige Bewegungseinschränkungen angeordnet, deren Umfang und Dauer begrenzt sind (FH 3.3.2021).

Grundsätzlich respektiert die Regierung die Rechte der inländischen und ausländischen Bewegungsfreiheit, Emigration und Rückkehr von Bürgern, mit Ausnahme der zwei sensiblen Regionen Chittagong Hill Tracts und Cox’s Bazar. Die Regierung hat 2015 Restriktionen für ausländische Reisende in diese Gebiete, in denen viele nichtregistrierte Rohingyas außerhalb der zwei offiziellen Flüchtlingscamps in den Städten und Dörfern leben, angekündigt, allerdings war die Art der Umsetzung zum damaligen Zeitpunkt noch unklar (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020).

Es liegen keine Einschränkungen hinsichtlich der Ein- oder Ausreise vor (ÖB 9.2020; vgl. FH 3.3.2021; AA 21.6.2020). Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe, die für wenige Monate gültig sind, ausgestellt. Generell kommt es zu teils enormen Verzögerungen bei der Reisepassausstellung (ÖB 9.2020). Ein Ausreiseverbot besteht für Personen, welche verdächtigt werden, an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 beteiligt gewesen zu sein (ÖB 9.2020).

Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner, um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahren brauchen keinen gesetzlichen Vertreter, um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formular (ÖB 9.2020).

Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister besteht nicht (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020). Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Städte. Es handelt sich hierbei teilweise um Klimaflüchtlinge, deren Lebensgrundlage entzogen wurde und teilweise um Arbeitssuchende, die hoffen, insbesondere in der Textilindustrie Anstellung zu finden. Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und aufgrund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten gewisse Grenzen (AA 21.6.2020).

Für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten dürften innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten kaum vorhanden sein. Indiz dafür ist auch die verstärkte Auswanderung religiöser Minderheiten Richtung Indien. Aufgrund des Bevölkerungsreichtums und der nur schwach ausgeprägten staatlichen Strukturen dürfte allerdings insbesondere für Opfer lokaler politischer motivierter Verfolgung das Ausweichen in andere Landesteile eine plausible Alternative sein (ÖB 9.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom House: Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 17.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 17.5.2021

IDPs und Flüchtlinge:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Zahl der intern vertriebenen Personen (IDPs) in den Chittagong Hill Tracts (CHT) bleibt umstritten. Im Jahr 2000 schätzte eine Arbeitsgruppe der Regierung sie auf 500.000, was sowohl nicht-indigene als auch indigene Personen einschloss. Die CHT-Kommission schätzte kürzlich, dass sich etwas mehr als 90.000 indigene IDPs in den CHT aufhalten. Durch die Regierung wurde versprochen, ausstehende Landstreitigkeiten in den CHT zu lösen, um die Rückkehr der IDPs zu erleichtern und die verbleibenden Militärlager zu schließen. Die Kommission berichtet, dass die Behörden mehrere indigene Familien vertrieben haben, um Grenzschutzlager und Erholungseinrichtungen der Armee zu errichten. Gemeindeführer behaupten, dass indigene Personen mit weit verbreiteten Verletzungen ihrer Rechte durch Siedler konfrontiert sind, die manchmal von Sicherheitskräften unterstützt werden. Auch bleibt die eingesetzte Taskforce für IDPs aufgrund eines Streits über die Klassifizierung von Siedlern als IDPs arbeitsunfähig. Im Laufe des Jahres 2020 wurden keine Landstreitigkeiten beigelegt (USDOS 30.3.2021).

Intern vertriebenen Biharis leben immer noch in Lagern, in denen sie keinen Zugang zur Grundversorgung haben (IDMC 4.2020). Politische und religiöse Gewalt führt in mehreren Landesteilen Bangladeschs zu lokalen Vertreibungen (IDMC 4.2020).

In Bangladesch halten sich 860.000 bis zu einer Million Flüchtlinge aus der Volksgruppe der Rohingya auf (ÖB 9.2020; vgl. EK 22.10.2020, HRW 13.1.2021). Etwa 270.000 von ihnen leben in den Dörfern und Städten um Cox’s Bazar, seit sie ab den 1990er-Jahren aus Myanmar geflüchtet sind (FH 2020; vgl. ÖB 9.2020, AA 21.6.2020). Die Regierung gewährt den Rohingya mangels Beitritt zur Genfer Flüchtlingskonvention kein Asyl und stuft sie als illegale Wirtschaftsflüchtlinge ein. Von ihnen leben 33.000 in den zwei offiziellen Flüchtlingslagern Kutupalong und Nqayapara als registrierte, offizielle Flüchtlinge (ÖB 9.2020).

Die überwiegende Mehrheit der Rohingya verfügt über keinen offiziellen Flüchtlingsstatus und leidet unter einem völligen Mangel an Zugang zu medizinischer Versorgung, Beschäftigung und Bildung und ist erheblichen Schikanen ausgesetzt (FH 3.3.2021). Im Jahre 2017 setzte durch Unruhen in Myanmar eine neue Flüchtlingswelle Richtung Bangladesch ein (ÖB 9.2020). Bangladesch hat seine völkerrechtlichen Verpflichtungen, keine Rückführungen zu erzwingen, und ließ gestrandete Flüchtlinge, die von anderen Ländern zurückgewiesen wurden, an Land (HRW 13.1.2021).

Aufgrund der bestehenden Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gegen Rohingyas in Myanmar war eine sichere und freiwillige Rückkehr in ihr Herkunftsland bisher nicht möglich (ÖB 9.2020). Dennoch beharrt die Regierung von Bangladesch weiterhin darauf, dass die Lager nur vorübergehend seien und behinderte Verbesserungen der Infrastruktur, insbesondere in Bezug auf Unterkünfte und Bildung. Die Regierung kooperiert und unterstützt UNHCR und andere humanitäre Organisationen nur mangelhaft, nicht zu allen betroffenen, hilfesuchenden Personen wird der Zugang gestattet (ÖB 9.2020). UNHCR und das Welternährungsprogramm weisen weiters darauf hin, dass Unterernährung besonders bei Kindern in Flüchtlingslagern verbreitet ist (ÖB 9.2020). Die Grundversorgung wird durch die bangladeschische Regierung sowie von UN-Organisationen und NGOs gesichert (AA 21.6.2020).

Die Gefahr von Seuchen und Epidemien ist aufgrund der beengten Verhältnisse hoch. Es gibt nur unzureichend Möglichkeiten im Bildungsbereich und die Menschen leben in einem quasi rechtsfreien Raum. Vor allem Frauen und Kinder, die den Großteil der letzten Fluchtwelle ausmachen, befinden sich in großer Gefahr, u.a. sexueller und körperlicher Gewalt, Zwangsheirat, Kinderarbeit, Organ- und Menschenhandel zum Opfer zu fallen (AA 21.6.2020). Die bangladeschische Stammbevölkerung fühlt sich in den Kernflüchtlingszonen durch die große Zahl von Rohingyas zunehmend be- und verdrängt (u.a. Sinken des lokalen Lohnniveaus), was nunmehr häufiger zu Repressalien durch die Bevölkerung – aber auch seitens bangladeschischer offizieller Stellen – führt und das allgemeine Klima verschlechtert (ÖB 9.2020; vgl. IDMC 4.2020). Spannungen mit der bangladeschischen Bevölkerung nehmen zu. Verwicklungen in illegale Tätigkeiten wie Drogenschmuggel und Menschenhandel sowie der rasante Preisanstieg und Druck auf die Löhne haben eine zunehmende Diskriminierung von Rohingyas im gesamten Land zur Folge. Islamismus breitet sich über informelle Koranschulen in den Lagern aus (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020).

Durch die Behörden wurden unter Berufung auf den Ausbruch der COVID-19-Pandemie im April 2020 mehr als 300 gestrandete Flüchtlinge aus Myanmar auf der Insel Bhasan Char, einer Schlickinsel vor der Küste Bangladeschs verlegt und unter Quarantäne gestellt (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021, HRW 13.1.2021), obwohl die Bewohnbarkeit der Insel ernsthaft infrage gestellt wird (HRW 14.1.2020; vgl. FH 3.3.2021, TS 21.10.2019, HRW 14.3.2019). Internationale Medien berichten, dass die Behörden Anfang Dezember 2020 weitere rund 1.650 Rohingya-Flüchtlinge nach Bhasan Char umgesiedelt haben und die Umsiedlung weiterer 1.800 Flüchtlinge aus Myanmar geplant sind (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021), obwohl Menschenrechtsgruppen und die Vereinten Nationen diese Entscheidung verurteilen (FH 3.3.2021). Menschenrechtsgruppen melden, dass die Rohingya-Flüchtlinge, die seit September auf die Insel Bhasan Char umgesiedelt wurden, keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und angemessenen sanitären Einrichtungen haben. Von der Insel wird berichtet, dass den Flüchtlingen die Bewegungsfreiheit verweigert wird und sie keinen Zugang zu nachhaltigem Lebensunterhalt oder Bildung haben. Internationale Medien berichten über Fälle von sexuellem Missbrauch von Rohingya-Flüchtlingen durch die Sicherheitskräfte (USDOS 30.3.2021).

Die "Bangladesh Citizenship (Temporary Provisions) Order" aus 1972 regelt die Staatsangehörigkeitsfrage seit der Unabhängigkeit des Landes. Laut Artikel 2 gilt jeder als bangladeschischer Staatsangehöriger, der in diesem Territorium geboren wurde, oder dessen Vater oder Großvater dort geboren wurde, und der am 25. März 1971 und später dort seinen ordentlichen Wohnsitz und Aufenthalt hatte. Inwieweit dies auch für in Bangladesch geborene Kinder von Flüchtlingen gelten soll, ist jedoch unklar und wird in den Medien ab Einsetzen der jüngsten Rohingya-Flüchtlingswelle 2017 regelmäßig thematisiert (ÖB 9.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029402/country_report_2020_BGD.pdf , Zugriff 5.11.2020

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html , Zugriff 17.5.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html , Zugriff 17.5.2021

- HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 9.11.2020

- HRW – Human Rights Watch (14.3.2019): For Rohingya, Bangladesh’s Bhasan Char "Will Be Like a Prison", https://www.hrw.org/news/2019/03/15/rohingya-bangladeshs-bhasan-char-will-be-prison , Zugriff 9.11.2020

- IDMC – Internal Displacement Monitoring Centre (ehemals: Global IDP Project) (4.2020): Bangladesh; Displacement associated with Conflict and Violence; Figure Analysis – GRID 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2028996/GRID+2020+%E2%80%93+Conflict+Figure+Analysis+%E2%80%93+BANGLADESH.pdf , Zugriff 17.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- EK – Europäische Kommission (Autor), UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (Autor), USDOS – US Department of State (Autor), Government of the United Kingdom (Autor), veröffentlicht von ReliefWeb (22.10.2020): Conference on Sustaining Support for the Rohingya Refugee Response; 22 October 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2039427/Rohingya_Conference_Background.pdf , Zugriff 15.6.2021

- TS – Tagesschau.de (21.10.2019): Rohingya sollen umgesiedelt werden, https://www.tagesschau.de/ausland/rohingya-umsiedlung-insel-101.html , Zugriff 12.11.2020

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 17.5.2021

Grundversorgung und Wirtschaft:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 21.6.2020). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 11,3 Prozent der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar (DB 1.10.2019). Im Zuge der COVID-Krise 2020 verschärfte sich die Situation. Gemäß Schätzungen der Bangladesh Economic Association verloren etwa 36 Millionen Menschen während des Lockdowns ihre Arbeit, 25 Millionen rutschen zurück in die absolute Armut (ÖB 9.2020). Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene (DB 1.10.2019).

Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund sechs Prozent gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen (CIA 4.5.2021). Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung (GIZ 3.2020b; vgl. CIA 24.5.2021). Die Verarbeitung von Produkten der Landwirtschaft und die Textilindustrie sind die wichtigsten Zweige des industriellen Sektors (GIZ 3.2020b), auf den 2017 geschätzt 29,3 Prozent des BIP gefallen sind. Der Export von Kleidungsstücken macht ca. 80 Prozent aller Exporte aus. Der Dienstleistungssektor erwirtschaftete 2017 mehr als die Hälfte des BIP (CIA 4.5.2021).

Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Etwa zehn Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das „Bureau of Manpower, Employment and Training“ (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen (z.B. "BRAC", "Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees", "Bangladesh Migrant Centre", "Bangladesh Women Migrants Association"). Dachverband ist das "Bangladesh Migration Development Forum" (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 21.6.2020).

Pro Jahr verlassen schätzungsweise bis zu 500.000 Personen Bangladesch zur legalen Beschäftigung im Ausland (hauptsächlich in Indien, Pakistan, Malaysia, Jordanien und den Golfstaaten) (ÖB 9.2020). Der Anteil an der bangladeschischen gesamtwirtschaftlichen Leistung der durch Geldüberweisungen von Arbeitsmigranten nach Bangladesch geleistet wird, beträgt mehr als 10 Prozent (GIZ 3.2020b). Das entspricht etwa 13 - 16 Mrd. USD (ÖB 9.2020; vgl. GIZ 3.2020b, CIA 24.5.2021).

Die offizielle Arbeitslosenrate lag 2019 gem. Weltbank bei lediglich 4,2 Prozent jedoch mit verdeckter, weit verbreiteter massiver Unterbeschäftigung. Im Zuge der COVID-Krise 2020 verloren nach Schätzungen der Bangladesh Economic Association allerdings ca. 36 Mio. Menschen während des Lockdown ihre Arbeit. Darüber hinaus mussten zehntausende Bangladeshi, die im Ausland beschäftigt waren, in ihre Heimat zurückkehren, nachdem sie ihre Arbeitsplätze verloren hatten. Vor allem in der Landwirtschaft (19 Prozent des BIP und mehr als 65 Prozent der Beschäftigten) ist Subsistenzwirtschaft ausgeprägt. Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es lediglich im staatlichen Bereich, sowie bei größeren Unternehmen. 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Von ca. 70 Millionen Beschäftigten sind nur rund zwei Mio. gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften sind stark politisiert oder von einzelnen Führern oder Unternehmen abhängig. Ein Streikrecht gibt es in Bangladesch nicht. Staatlichen Angestellten, Mitgliedern der Sicherheitskräfte, sowie staatlichen und privaten Lehrern ist die Bildung von Gewerkschaften oder der Beitritt zu solchen, aufgrund deren starker Politisierung, explizit verboten (ÖB 9.2020).

Die Bevölkerung Bangladeschs erfährt seit einigen Jahren einen erhöhten Verteilungs- und Chancenkonflikt, aufgrund des Bevölkerungswachstums bei gleichzeitig abnehmenden Landressourcen und fehlenden Alternativen zur Landarbeit, sowie erhöhtem Druck durch Extremwetterereignisse und anderen Konsequenzen des Klimawandels. Die Slums der Städte wachsen, wenn auch im Vergleich zu anderen Ländern mit ähnlichen Bedingungen etwas langsamer. Ebenso konkurriert die Bevölkerung mit einem höheren Bildungsabschluss um Universitätsplätze und besser bezahlte Arbeitsplätze. Die Lebenshaltungskosten in den Städten steigen und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität in den ländlichen Gebieten und kleineren Städten ist oft lückenhaft bzw. ist ein Anschluss an öffentliche Versorgungsnetzwerke noch nicht vollzogen. Die Strukturen werden zusätzlich temporär belastet, wenn Saisonarbeiter für einige Zeit in die Städte ziehen und dort Arbeitsplätze und Unterkünfte suchen. Die nötige Infrastruktur wird in vielen Gebieten ausgebaut, allerdings kann das Tempo dieses Ausbaus noch nicht mit der Bevölkerungsdynamik mithalten. Aktuell sind ungefähr 60 Prozent aller Haushalte an das staatliche Stromnetz angeschlossen (GIZ 3.2020b). Für ca. 85 Prozent der Bevölkerung, die im informellen Sektor arbeiten, gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung, sei es durch ein System der Kranken-, Unfall-, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung (ÖB 9.2020).

Die Menschen sind auf die Versorgung durch ihre Familie und ihre Ersparnisse angewiesen. Staatlicherseits gibt es Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen. Außerdem gibt es ein ebenfalls extrem ineffizientes System der Nahrungsmittelausgabe mittels Rationskarten. Oft werden die für Arme vorgesehenen preisgestützten Lebensmittel aber illegal zu Marktpreisen verkauft (ÖB 9.2020).

Mikrokreditinstitute bieten Gruppen und Individuen ohne Zugang zum herkömmlichen Finanzsystem die Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen (GIZ 3.2020b). Das bekannteste davon ist die Grameen Bank, die 1976 in Bangladesch durch den späteren Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus gegründet wurde. Die Grameen Bank, deren Konzept von zahlreichen weiteren Institutionen aufgegriffen und auch in anderen Ländern umgesetzt wurde, gewährt Kredite ohne die banküblichen materiellen Sicherheiten und setzt stattdessen vor allem auf die soziale Komponente, um die Rückzahlung zu gewährleisten. Die Kreditnehmerinnen, die kaum unternehmerische Erfahrung und zumeist einen sehr niedrigen Bildungsstand haben, sollen auch langfristig beraten und unterstützt werden, um ein realistisches Konzept entwickeln und erfolgreich umsetzen zu können – so zumindest ist es vorgesehen. Bei seriösen Programmen sind auch Schulungen über Grundlagen der Unternehmensführung enthalten (finanzielle Alphabetisierung) (IP 6.3.2018).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (24.5.2021): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/#economy , Zugriff 27.5.2021

- DB – Deutsche Botschaft Dhaka (1.10.2019): Die bangladeschische Wirtschaft, https://dhaka.diplo.de/bd-de/themen/wirtschaft/-/2251288 , Zugriff 5.11.2020

- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Bangladesch – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/bangladesch/wirtschaft-entwicklung , Zugriff 17.5.2021

- IP – Idealism Prevails (6.3.2018): Mikrokredite: Kann Armut durch Unternehmertum überwunden werden?, https://www.idealismprevails.at/mikrokredite-kann-armut-durch-unternehmertum-ueberwunden-werden , Zugriff 11.11.2020

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

Sozialbeihilfen:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht (AA 21.6.2020). Aufgrund des Fehlens eines staatlichen Sozialversicherungssystems muss allgemein auf Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Absicherung alter und behinderter Menschen oder eine Mitversicherung von Kindern (ÖB 9.2020). Nicht staatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs findet statt (AA 21.6.2020), kann aber in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020). Das Gesetz sieht Menschen mit Beeinträchtigungen als eine vorrangige Gruppe für staatlich unterstützte Dienstleistungen vor. Die Regierung hat offizielle Maßnahmen ergriffen, um gegen die Verantwortlichen für Gewalt und Missbrauch von Menschen mit Behinderungen zu ermitteln (USDOS 30.3.2021).

Eine Alterspension in der Höhe von monatlich 500 Taka [ca. 5 Euro] wird an Männer über 65 und Frauen über 62 Jahren mit Wohnsitz in Bangladesch ausgezahlt, wobei nur ein Familienmitglied eine Pension beziehen kann. Eine Behindertenpension beträgt monatlich 700 Taka [ca. 7 Euro], wobei die Bezugsberechtigung durch eine Kommission festgestellt wird. Im Falle einer Krankheit wird das Gehalt zu 100 Prozent für insgesamt 14 Tage jährlich ausbezahlt. Mütter erhalten den Durchschnitt ihres Gehalts der letzten drei Monate vor der Ankündigung der Schwangerschaft für den Zeitraum von acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt, für insgesamt zwei Lebendgeburten, ausbezahlt; ab der dritten Geburt ist keine Unterstützung vorgesehen. Bei temporärer Behinderung nach einem Arbeitsunfall werden 100 Prozent des Gehaltes für zwei Monate, danach 2/3 für die nächsten zwei Monate, danach die Hälfte des Gehaltes bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren bezahlt. Bei permanenter Behinderung in Folge eines Arbeitsunfalles wird ein Fixbetrag von 125.000 Taka [ca. 1.220 Euro] bezahlt. Es gibt keine staatliche Arbeitslosenunterstützung, Unternehmen müssen eine Kündigungsabfindung in der Höhe von 30 Tagesgehältern pro Jahr Firmenzugehörigkeit bezahlen (USSSA 3.2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 17.5.2021

- USSSA – U.S. Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 – Bangladesh, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/bangladesh.pdf , Zugriff 5.11.2020

Medizinische Versorgung:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Bereitstellung der Gesundheitsfürsorge liegt im Verantwortungsbereich der Regierung (DFAT 22.8.2019). Eine gesetzliche Krankenversicherung existiert nicht. Stattdessen gilt die Grundversorgung in der Regel als kostenlos, d.h. staatlich finanziert (GIZ 8.2020d).

Die medizinische Versorgung in Bangladesch entspricht nicht europäischen Standards und ist vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch nicht damit vergleichbar. Die Ausstattung der örtlichen Krankenhäuser ist ungenügend (AA 28.7.2020; vgl. DFAT 22.8.2019, AA 21.6.2020). Wegen des Mangels an medizinischen Personal und Rettungsfahrzeugen kann bei Unfällen nicht mit schneller Hilfe gerechnet werden (AA 28.7.2020; vgl. ÖB 9.2020). Medizinische Einrichtungen in Bangladesch sind äußerst selten und von schlechter Qualität (ÖB 9.2020; vgl. DFAT 22.8.2019). Die Krankenhäuser verfügen insgesamt nur über rund 1.000 Intensivstationsbetten (GTAI 21.9.2020b). Davon sind lediglich 400 für die Behandlung von Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen ausgerüstet (GTAI 21.9.2020b). Während in der Hauptstadt Dhaka 400 Intensivbetten zu Verfügung stehen, sind in 47 der insgesamt 64 Verwaltungsbezirke überhaupt keine Intensivbetten vorhanden (GTAI 21.9.2020b). Es herrscht ein eklatanter Mangel an medizinischen Personal. Schätzungsweise lediglich 12 Prozent aller schweren Krankheitsfälle erreichen das staatliche Gesundheitssystem (ÖB 9.2020). In der Praxis stellen der Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) einen erheblichen Teil der Gesundheitsdienste zur Verfügung (DFAT 22.8.2019).

Die COVID-19-Pandemie stellte eine enorme Belastung für das Gesundheitssystem des Landes dar. Angesichts der historisch niedrigen Ausgaben für die öffentliche Gesundheitsversorgung im Land erwiesen sich die Einrichtungen als unzureichend, schlecht vorbereitet und schlecht ausgerüstet, um die Krise zu bewältigen (AI 7.4.2021). Die Versorgung von Covid-19-Patienten stößt an ihre Grenzen (GTAI 21.9.2020b).

Durch die Coronakrise gerät das seit Jahrzehnten unterfinanzierte staatliche Gesundheitswesen in Bangladesch enorm unter Druck (GTAI 21.9.2020b), der Mangel an verfügbaren und zugänglichen kritischen Gesundheitsdiensten führte zu einer großen öffentlichen Gesundheitskrise im ganzen Land. Viele öffentliche und private Krankenhäuser wiesen Patienten mit COVID-19-Symptomen aus Angst vor einer Infektion ab, obwohl Kapazitäten zur Verfügung standen. Diese Praxis führte zum Tod von Hunderten von Menschen (AI 7.4.2021).

In Dhaka bestehen wenige moderne kommerzielle Großkliniken, die Behandlungen nach internationalem Ausstattungsstand und eine gesicherte medizinische Versorgung anbieten. Die Behandlung in diesen Krankenhäusern ist den zahlungsfähigen Patienten vorbehalten (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020). Ferner bestehen private Arztpraxen, deren Inhaber häufig im Ausland ausgebildet wurden. Wohlhabende Bangladeschis und westliche Ausländer ziehen bei Erkrankungen häufig das regionale Ausland vor (AA 21.6.2020). Lokale Kliniken gibt es auf Gemeinde- oder Dorfebene. Diese Einrichtungen unterstützen größere Distrikt- oder Zentralkrankenhäuser (DFAT 22.8.2019). Obwohl eine rudimentäre, kostenlose medizinische Versorgung durch staatliche Gesundheitsstationen verfügbar sein soll (AA 21.6.2020), berichten Patienten, dass sie im Allgemeinen für einen Zugang zu medizinischen Leistungen zahlen müssen. Die Beratungsgebühren sind oft exorbitant und für die Armen unerschwinglich. Ärzte neigen Berichten zufolge auch dazu, ihre Kunden "übermäßig zu behandeln" und unnötige Tests anzuordnen, um ihr Einkommen zu erhöhen (DFAT 22.8.2019). So ist der Großteil der armen Landbevölkerung auf Selbsthilfe oder private Hilfsinitiativen angewiesen (ÖB 9.2020).

Bangladesch produziert preisgünstige Medikamente (Generika) für den lokalen Markt sowie für den Export. Der heimische Markt wird weitgehend von den lokalen Produzenten bedient. Die Versorgung mit Medikamenten ist aber auch durch Importmöglichkeiten gewährleistet (AA 21.6.2020).

Ärztlichen Auskünften zufolge sind, im Gegensatz zu ambulanten Behandlungen, längerfristige psychologische und psychiatrische Behandlungen und Betreuungen in Bangladesch nur schwer zu gewährleisten (AA 21.6.2020) und stellen sich unzureichend dar (USDOS 30.3.2021). Nach Erfahrungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind diese Behandlungen sehr teuer. In ländlichen Gebieten sind sie nicht möglich (AA 21.6.2020). Vor allem NGOs und Entwicklungshilfeinstitutionen sind um Verbesserungen der medizinischen Versorgung bemüht, z.B. durch Impfprogramme für Kinder gegen weit verbreitete Krankheiten wie Tuberkulose. Bangladesch hat nur eine niedrige Rate an HIV/Aids-Infizierten, gilt aber als potenziell stark gefährdetes Land (ÖB 9.2020).

Ein staatliches Sozial- und Krankenversicherungssystem existiert, bis auf geringe Beihilfen zum Existenzminimum an Senioren, nicht (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020). So muss allgemein auf die Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden (ÖB 9.2020). Das Arbeitsrecht 2006 sieht vor, dass Firmen mit mindestens 300 Arbeitnehmern vor Ort medizinische Einrichtungen bereit stellen sollten. Der Arbeitnehmer zahlt keine Prämie, die gesamten Kosten werden vom Arbeitgeber getragen (USSSA 3.2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland [Deutschland] (28.7.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292 , Zugriff 9.11.2020

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html , Zugriff 18.5.2021

- DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf , Zugriff 12.11.2020

- GIZ – Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2020d): Bangladesch, Gesellschaft, https://www.liportal.de/bangladesch/gesellschaft/#c4074 , Zugriff 17.5.2021

- GTAI - Germany Trade and Invest [Deutschland] (21.9.2020b): Covid-19: Gesundheitswesen in Bangladesch: https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/bangladeschs-wirtschaft-behauptet-sich-trotz-coronakrise-260868 , Zugriff 5.11.2020

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff am 17.5.2021

- USSSA – U.S. Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 – Bangladesh, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/bangladesh.pdf , Zugriff 5.11.2020

Rückkehr:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 21.6.2020) und es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 21.6.2020). Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können sie allerdings auch nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Problematisch ist, dass "erfolglose Rückkehrer" von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden. Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für ihre eventuelle Rückkehr, auch wenn es keine Hinweise auf eine systematische Verfolgung gibt. Politisch motivierte Gewalt beschränkt sich in den meisten Fällen auf Einschüchterungen. Während des Ausnahmezustandes verweigerte die Regierung jedoch temporär einigen Parteiführern die Wiedereinreise nach Bangladesch. Durch den neuerlichen Wahlsieg der Regierungspartei 2018 hat sich das repressive Klima im Land merklich verschlechtert (ÖB 9.2020).

Auch ergeben sich im Zusammenhang wegen des mit COVID verbundenen weltweiten Wirtschaftsabschwungs und einer damit einhergehenden Rücksendung vieler tausender ArbeiterInnen in ihre Heimat Probleme für das Land. Auf Grund der beengten Lebens- und Arbeitsverhältnisse in ihren Gastländern sind diese ArbeiterInnen besonders vom Virus betroffen und bringen das Virus auf ihrem Heimweg mit nach Hause (ÖB 9.2020). Berichten zufolge verhafteten die Regierungsbehörden zwischen Juli und September [2020] zwischen 250 und 370 rückkehrende Wanderarbeiter aus Südostasien und dem Nahen Osten unter dem Vorwurf, "das Ansehen (Bangladeschs) beschädigt zu haben" (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 30.9.2020). Anfang Oktober wurde durch das Oberste Gericht eine Polizeistation in Dhaka angewiesen, vor Gericht die rechtlichen Grund für die Inhaftierung der Migranten zu erklären. Etwa 80 der inhaftierte Arbeitsmigranten wurden im Oktober 2020 gegen Kaution freigelassen (USDOS 30.3.2021).

Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt. Der "International Organization for Migration" (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten "General Diary" gebeten. Nach IOM-Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 21.6.2020). Bei oppositioneller Betätigung kommt es darauf an, ob die lokal oder sachlich zuständigen Behörden von Regierung oder Opposition kontrolliert werden. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber. Dies gilt auch im Falle falscher Anzeigen bzw. sonstiger Verfolgung von Anhängern der politischen Opposition (ÖB 9.2020).

IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren und ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt (AA 21.6.2020).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 3.11.2020

- AI – Amnesty International (30.9.2020): Bangladesh detains more migrant workers; Second UA: 131/20 [ASA 13/3140/2020], https://www.ecoi.net/en/file/local/2038373/ASA1331402020ENGLISH.pdf , Zugriff 17.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 17.5.2021

Staatsbürgerschaft:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister gibt es in Bangladesch nicht. Auch ein gesetzlich geregeltes Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit ist inexistent. In der Praxis richtet die Botschaft Anfragen an das bangladeschische Außenministerium, welches diese an die zuständigen regionalen Passport Offices weiterleiten sollte. Rückmeldungen treffen jedoch erfahrungsgemäß nicht ein. Die "Bangladesh Citizenship (Temporary Provisions) Order" aus 1972 regelt die Staatsangehörigkeitsfrage seit der Unabhängigkeit des Landes (ÖB 9.2020).

Laut Artikel 2 gilt jeder als bangladeschischer Staatsangehöriger, der in diesem Territorium geboren wurde, oder dessen Vater oder Großvater dort geboren wurde, und der am 25. März 1971 und später dort seinen ordentlichen Wohnsitz und Aufenthalt hatte (ÖB 9.2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Ist die Nationalität der Eltern unbekannt, und das Kind wurde auf bangladeschischem Territorium geboren, oder wenn ihre Väter oder Großväter in den Gebieten geboren wurden, die jetzt Teil des Landes sind, wird ebenfalls die bangladeschische Staatsbürgerschaft übertragen (USDOS 30.3.2021).

Inwieweit dies auch für in Bangladesch geborene Kinder von Flüchtlingen gelten soll, ist jedoch unklar und wird in den Medien ab Einsetzen der jüngsten Rohingya-Flüchtlingswelle 2017 regelmäßig thematisiert (ÖB 9.2020). Doch werden durch die Regierung derzeit keine Staatbürgerschaftsregistrierungen an Kinder von Rohingya-Flüchtlingen, die in Cox's Bazar geboren wurden, durchgeführt (USDOS 30.3.2021).

Der oberste Gerichtshof stellte im Jahr 2008 fest, dass in Bangladesch geborene Biharis bangladeschische Staatsangehörige sind, sie Anspruch auf Ausstellung von Identitätspapieren haben und ihnen das Wahlrecht zusteht (AA 21.6.2020).

Laut "Bangladesch Citizenship (Temporary Provisions) Rules" aus 1978 kann die Regierung die Staatsangehörigkeit auf Antrag an ausländische Frauen verleihen, die mit bangladeschischen Staatsangehörigen verheiratet sind und seit mindestens zwei Jahren in Bangladesch wohnhaft sind (ÖB 9.2020).

Eine Geburtsregistrierung ist erforderlich, um einen nationalen Personalausweis oder Reisepass zu erhalten (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 28.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html , Zugriff 17.5.2021

Dokumente:

Letzte Änderung: 16.06.2021

Echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privatpersonen und Firmen sind problemlos gegen Zahlung erhältlich (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 17.12.2018). Die Fälschung von Personenstandsurkunden ist eigentlich nicht notwendig, da jegliche Art von Standesfall sehr einfach (nach-)beurkundet werden kann. Beglaubigungen durch das Außenministerium erfolgen in der Regel ohne weitere Prüfung der Dokumente. Ihre Aussagekraft bezüglich Echtheit oder inhaltlicher Richtigkeit steht daher infrage (AA 21.6.2020).

Verfälschungen, Fälschungen und Handel mit jeder Art von Dokumenten sind weit verbreitet und mittels persönlicher Beziehungen oder Bestechung ohne größeren Aufwand zu beschaffen (AA 21.6.2020). Es ist üblich und oft nicht anders möglich, Dokumente über einen Agenten oder "Mittelsmann" zu erwerben. Diese Praxis stellt sich ebenfalls betrugsanfällig dar (DFAT 22.8.2019). Grundsätzlich werden alle Arten von Dokumenten gefälscht: Reisepässe, Geburts- und Heiratsurkunden, Schul- und Universitätszeugnisse (ÖB 9.2020). Es handelt sich nach lokaler Anschauung um Kavaliersdelikte, die strafrechtlich ungenügend verfolgt werden (AA 21.6.2020). Auch ist die Erlangung von Dokumenten mit der Zahlung von Bestechungsgeldern verbunden (DFAT 22.8.2019). Die Überprüfungspraxis ist schwierig, da es kaum Kooperation der Behörden in Bangladesch gibt. Außerdem verfügen die wenigsten Dokumente über ein einheitliches Layout (ÖB 9.2020).

Mit der Einführung des maschinenlesbaren Reisepasses sind Fälle von Passmanipulationen deutlich zurückgegangen. Von allen Passantragstellern werden Fingerabdrücke genommen (AA 21.6.2020; vgl. DFAT 22.8.2020).

Bei sonstigen Dokumenten, hauptsächlich Personenstandsurkunden, werden häufig Abweichungen der Bezeichnung der Behörde in Stempeln, Siegeln und Briefkopf, bei Unterschriften und Formpapier (AA 21.6.2020), sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressenangabe und Aktenzeichen festgestellt (ÖB 9.2020). In vielen Asylfällen legen Antragsteller die übersetzten Abschriften angeblicher justizieller Dokumente wie z.B. "First Information Report", "Charge Sheet" oder Haftbefehl vor (AA 21.6.2020). Beliebt ist die Anfertigung falscher oder unvollständiger Übersetzungen (ÖB 9.2020).

Nachdem erfahrungsgemäß in Bangladesch ein hoher Grad an Fälschungen besteht, ist davon auszugehen, dass die auch bis zu einem gewissen Ausmaß für FIRs zutrifft (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020).

Eine Echtheit von Dokumenten kann mit wenigen Einschränkungen überprüft werden, da ausgestellte Dokumente von der zuständigen Behörde als Original mittels Amtsstempel und Unterfertigung beglaubigt werden. Aufgrund von Gegenzeichnungsprozessen und der Tatsache, dass alle Dokumente mittels einer Datenbank geprüft werden können, sind Fälschungen von Polizei- oder Gerichtsdokumenten erschwert. Ein Fehlen von Amtsstempel und Unterschrift legt den Schluss nahe, dass es sich bei dem entsprechenden Dokument um eine Fälschung handeln könnte (ÖB 17.12.2018). Da Dokumente politischer Parteien nicht die Sicherheitsmerkmale anderer Dokumente enthalten, sind auch diese anfällig für Fälschungen (DFAT 22.8.2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020

- DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf , Zugriff 12.11.2020

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf , Zugriff 28.5.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (17.12.2018): Anfragebeantwortung

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt und in der Beschwerde. Die Feststellungen bezüglich der Staats- und Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers sowie der Herkunft des Beschwerdeführers aus Bangladesch ergeben sich aus seinen insoweit glaubhaften und unbestrittenen Angaben in den bisherigen Befragungen sowie seinen Kenntnissen der Sprache Bengali. Die Feststellungen zu seiner Schulbildung, seiner Berufstätigkeit als Nachhilfelehrer und Arbeiter in XXXX , seinem Familienstand und seines familiären Umfeldes stützen sich auf seine insoweit schlüssigen und stringenten Angaben. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

Die Feststellungen zur Lebenssituation des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und seinem Gesundheitszustand ergeben sich im Wesentlichen aus seinen dahingehend nachvollziehbaren Angaben in der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem Bundesamt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafrechtlich unbescholten ist, resultiert aus dem Strafregisterauszug vom 17.11.2021.

Soweit der Beschwerdeführer Umstände vorbringt, wonach eine konkrete Gefährdung betreffend seine Person in Bangladesch bestünde, ist das Vorbringen aufgrund folgender Erwägungen nicht glaubhaft:

Schon das Bundesamt kam in seiner Beweiswürdigung zu dem richtigen Ergebnis, dass der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen nur vage und widersprüchlich hat darlegen können, sodass ihm die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden musste.

Zu seinen Fluchtgründen bei der Erstbefragung XXXX befragt, gab der Beschwerdeführer lediglich an, aus wirtschaftlichen Gründen Bangladesch verlassen und sonst keine weiteren Gründe einer Asylantragstellung zu haben. Die Frage, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe verneinte dieser. Auf die Frage, was er bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, gab dieser an: „Ich habe für die Reise nach Österreich hohe Schulden gemacht. Diese muss ich begleichen.“ In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am XXXX gab der BF hingegen an, dass es seinen Verwandten wirtschaftlich/finanziell gut gehen würden und seine Familie und Verwandten im Herkunftsstaat Arbeit hätten, Grundstücke und Häuser, sowie eine Landwirtschaft besitzen würden und die Schlepperkosten von einem Grundstücksverkauf stammen würden.

Darauf hinzuweisen ist, dass der BF sich u.a. einen Monat in Dubai, einen Monat in der Türkei, 15 Tage in Griechenland, 15 Tage in Albanien aufgehalten hat ohne jedoch einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am XXXX gab dieser auf diesbezügliche Frage u.a. an, dass sein Zielland Österreich gewesen sei, da er hier arbeiten möchte.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am XXXX steigerte der BF sein Fluchtvorbringen dahingehend, dass er Probleme mit den Behörden aufgrund seiner politischen Tätigkeit gehabt habe. Er habe im Jänner 2018 eine Veranstaltung seiner Partei XXXX besucht. Es sei der 39. Jahrestag der Partei gewesen und sein etwa 500 bis 600 Personen bei der Veranstaltung anwesend gewesen. Die Polizei habe die Veranstaltung gestoppt und habe es daraufhin Streit mit der Polizei gegeben. Dabei seien einige Leute der Partei und auch einige Polizisten verletzt worden. Es habe Anzeigen gegeben. Befragt, was weiter geschehen sei, gab der Beschwerdeführer an, die Polizei habe die Parteigänger beschuldigt, dass einige Leute der Partei illegal Waffen besessen hätten. Auch der Beschwerdeführer sei beschuldigt worden eine Waffe geführt zu haben, was dieser bestreitet. In weiterer Folge wurden zwei Parteimitglieder verhaftet und sei der Beschwerdeführer geflohen und sei dieser von der Polizei gesucht worden und habe die Polizei den Beschwerdeführer auch zwei Mal im Jahr 20218 im Haus seiner Tante gesucht.

Sämtliche Aussagen zur politischen Aktivitäten und dem Polizeieinsatz blieben vage und oberflächlich. Der Beschwerdeführer hat das Motiv der Polizei bei der Parteiveranstaltung einzuschreiten nicht dargelegt. Der Beschwerdeführer hat keine Aussage über seine genauen Aufgaben und Tätigkeiten in der Partei getroffen und hat er die Partei, für die er angebliche tätig war nicht detailliert beschrieben. Sollte der Beschwerdeführer als organisatorischer Sekretär politisch aktiv gewesen sein, müsste er zumindest die politischen Ziele der Partei und die diesbezüglichen Aktivitäten konkret darlegen und benennen können. Richtig sind deshalb die Ausführungen des Bundesamtes, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers vollkommen konstruiert scheint, da dieser keine hinreichenden Angaben über seine politischen Aktivitäten und über die Vorfälle machen konnte. Zudem steigerte er sein Vorbringen wieder und gab an, dass ihn nicht nur die Polizei gesucht habe, sondern auch „seine Gegner“ zwei Mal sein Haus attackiert hätten. Bis zu diesem Zeitpunkt war nur von der Verfolgung durch die Polizei die Rede und nicht von privaten Dritten bzw. verneinte er ausdrücklich die Frage, ob er gröbere Probleme mit Privatpersonen gehabt habe. Auf Rückfrage, was genau geschehen sei, konnte der Beschwerdeführer keine Aussage treffen, da er zu diesem Zeitpunkt in Dhaka gewesen sei.

Der Beschwerdeführe gab auch an, während der 1 ½ Jahre Aufenthalt in Dhaka keine Probleme gehabt zu haben. Dies und die legale problemfreie Ausreise via Flugzeug nach Dubai spricht jedenfalls nicht für eine staatliche Verfolgung des Beschwerdeführers. Hätte tatsächlich ein Haftbefehl oder eine Anzeige wegen illegalem Waffenbesitz gegen den Beschwerdeführer bestanden, dann hätten die Behörden den Beschwerdeführer spätestens am Flughafen bei seiner Ausreise festnehmen können.

Wie das Bundesamt ebenfalls zutreffend erkannte, ist die Aussage des Beschwerdeführers, dass dieser bei der Erstbefragung „durcheinander“ gewesen sei und deshalb nicht die politische und staatliche Verfolgung erwähnt habe, nicht glaubhaft.

Die Angaben des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit den vorgelegten Dokumenten sind auch widersprüchlich wie das Bundesamt richtig ausführte. Der Beschwerdeführer gab an, von seinem Bruder, die vorgelegten Schriftstücke am 17.04.2021 erhalten zu haben. Manche Schreiben sind jedoch mit 21.06.2021, datiert, weshalb es sich bei den vorgelegten Schriftstücken um ge- oder verfälschte Schriftstücke handelt. Es ist nicht glaubhaft, dass die Anzeige vom Jänner 2018 erst am 21.06.2021 ausgestellt wurde, da der Beschwerdeführer auch angibt, dass ihm Polizisten bereits 2018 mehrfach bei seiner Tante gesucht haben sollen. Hätte es tatsächlich damals eine Anzeige gegen den Beschwerdeführer gegeben, dann würde wohl ein anderes, viel früheres Ausstellungsdatum vorhanden sein.

Auch das vorgelegte Diplom XXXX steht im Wiederspruch zum Fluchtvorbringen, da den Aussagen des Beschwerdeführers folgend, dieser in der Ausstellungsperiode des Diploms des XXXX XXXX im Juli 2019 in Dhaka im Rahmen seines 1 ½ jährigen Aufenthalts dort gewesen sein müsste.

Insgesamt betrachtet haben sich in den Aussagen des Beschwerdeführers so viele Widersprüche und Ungereimtheiten ergeben, sodass einzig und allein der Schluss gezogen werden kann, dass sein Vorbringen betreffend eine konkrete ihn selbst betreffende Verfolgungsgefahr nicht den Tatsachen entspricht.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden arbeitsfähigen, jungen und voll handlungsfähigen Mann, wodurch auch die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann.

Dass der Beschwerdeführer mit Blick auf sein Alter und das Fehlen physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 angehört, ergibt sich aus seinen Angaben und den allgemein zugänglichen, wissenschaftsbasierten Informationen von WHO und CDC, der Covid-19-Risikogruppe-Verordnung (BGBl. II 2020/203) sowie der Homepage des deutschen Robert-Koch-Instituts (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html ; abgerufen am 17.11.2021), der aktuellen Überwachung der weltweiten Lage durch diese Organisationen sowie aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html ; https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/ ; https://coronavirus.jhu.edu/map.html ; https://covid19.who.int/ ; abgerufen am 17.11.2021).

Es ist demnach auch keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit dafür zutage getreten, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Bangladesch eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde.

Die Feststellungen zur aktuellen allgemeinen Lage in Bangladesch gründen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen (Version 4 des COI-CMS des Länderinformationsblattes zu Bangladesch vom 16.6.2021). Der Beschwerdeführer ist den Länderfeststellungen des Bundesamtes weder im Zuge der Einvernahmen noch in der Beschwerdeschrift ausreichen konkret entgegengetreten. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Bangladesch zugrunde gelegt wurden. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte, wonach sich die allgemeine Lage zwischenzeitig in einer Weise verändert hätte, die von Amts wegen wahrzunehmen gewesen wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A:

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).

Für eine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr – Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung – bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse, sondern erfordert eine Prognose (vgl. VwGH 16.02.2000, 99/01/0397). Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (vgl. VwGH 16.06.1994, 94/19/0183).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Umstände, die individuell und konkret den Beschwerdeführer betreffen und auf eine konkrete Verfolgung des Beschwerdeführers hindeuten könnten, konnten nicht festgestellt werden. Demzufolge ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine asylrelevante Verfolgungsgefahr. So kommt es aber nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgründen immer auf die konkrete Situation des jeweiligen Asylwerbers, nicht aber auf die allgemeinen politischen Verhältnisse an. Es bestehen auch keine ausreichenden Hinweise dafür, dass sich aus der allgemeinen Situation allein etwas für den Beschwerdeführer gewinnen ließe, zumal keine ausreichenden Anhaltspunkte bestehen, dass der Beschwerdeführer schon allein auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu fürchten habe. Wenngleich nicht verkannt wird, dass es in Bangladesch zu Menschenrechtsverletzungen kommen kann, ist hierbei auch die Anzahl der dort lebenden Personen in Betracht zu ziehen (164,7 Millionen Einwohner), womit sich aber die Anzahl der berichteten Übergriffe relativiert, sodass auch unter Berücksichtigung dieser Berichte über Menschenrechtsverletzungen keine asylrelevante Verfolgungsgefahr betreffend den Beschwerdeführer auf Grund der allgemeinen Situation allein mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erkannt werden kann.

Doch selbst wenn man vom Vorbringen des Beschwerdeführers ausgeht, welches nicht festgestellt werden konnte, ergibt sich aus den vom Bundesamt herangezogenen und nicht ausreichend konkret bestrittenen Feststellungen zur allgemeinen Situation zudem, dass es dem Beschwerdeführer möglich wäre, etwaigen Repressionen auszuweichen, zumal sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers jedenfalls nicht ergibt, dass er selbst eine exponierte Persönlichkeit wäre, die landesweit gesucht würde. Dies ergibt sich jedenfalls auch aus dem längeren Aufenthalt und Berufstätigkeit in Dhaka und der unbehelligten legalen Ausreise des Beschwerdeführers mit dem Flugzeug.

Es wäre alternativ von einer innerstaatlichen Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) auszugehen, da sich nämlich aus den Feststellungen des Bundesamtes ergibt, dass selbst bei strafrechtlicher Verfolgung ein unbehelligtes Leben in ländlichen Gebieten in anderen Teilen Bangladesch, möglich ist, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss, bekannte Persönlichkeiten durch einen Umzug einer Verfolgung zwar nicht entgehen können, wohl aber weniger bekannte Personen wie der Beschwerdeführer. Eine staatliche Verfolgung konnte jedenfalls nicht festgestellt werden.

Da es nach den vom Bundesamt herangezogenen Feststellungen Existenzmöglichkeiten für den Beschwerdeführer außerhalb seiner engeren Heimat gibt, ist es ihm zumutbar, sich in einen anderen Teil Bangladesch zu begeben. Dafür, dass es ihm problemlos möglich ist, in viele Teile seines Heimatlandes zu reisen, ohne in seine engere Heimat zurückkehren zu müssen, besteht für Bangladesch keinerlei Zweifel. Es sind sohin die Voraussetzungen für das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative gegeben, weswegen auch aus diesem Grunde weder die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten noch die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Betracht kommt (vgl. VwGH 24.01.2008, 2006/19/0985).

Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, ist die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des „real risk“, wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

Wie die Beweiswürdigung ergeben hat, ist das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer ihn selbst betreffenden Verfolgungsgefahr zur Gänze unglaubwürdig, weshalb auf Grund des konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers auch keinerlei Bedrohung im Sinne des § 8 AsylG 2005 erkannt werden kann.

Zudem ist auch im gegebenen Zusammenhang alternativ die innerstaatliche Fluchtalternative einschlägig, sodass auf die bereits oben zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides getätigten und auch hier einschlägigen diesbezüglichen Ausführungen verwiesen wird. Es kommt daher auch aus dem Grunde des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative die Zuerkennung des Status eine subsidiär Schutzberechtigten nicht in Betracht.

Aus der allgemeinen Situation allein ergeben sich aber auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 8 AsylG 2005 bedroht wäre. Der Beschwerdeführer ist ein junger, gesunder selbsterhaltungsfähiger Mann, mit einer Schulbildung und Berufserfahrung. Er hat im Herkunftsland eine große Familie, welche Arbeit, Immobilien, Grundstücke und eine Landwirtschaft hat. Diese gehört sogar nach Angaben des Beschwerdeführers zur Mittelschicht und geht es der Familie des Beschwerdeführers wirtschaftlich gut. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie und wird er von dieser unterstützt.

Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, der zufolge die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, der in Bangladesch aufgewachsen ist, im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geriete. Der Beschwerdeführer ist ein arbeitsfähiger, junger Mann mit Schulbildung und Arbeitserfahrung, sodass es ihm zumutbar ist, sich in seiner Heimat den notwendigen Unterhalt zu sichern. Er verfügt zudem in seiner Heimat über soziale Anknüpfungspunkte (Familie und weiter Verwandte), weshalb auch von daher nicht angenommen werden kann, der Beschwerdeführer geriete im Falle einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage. Schwierige Lebensumstände genügen für eine Schutzgewährung im Sinne des § 8 AsylG 2005 nicht.

Da sohin keine Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer im Heimatland im Sinne des § 8 AsylG 2005 bedroht wäre, ist die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochene Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt III., IV. und V. und VI. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit April 2021 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Bangladesch kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) erreicht wird.

Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 [518]; EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar2 [1996] Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marck, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstige nahen Angehörigen in Österreich. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens.

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon zehn Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit April 2021 im Bundesgebiet. Bereits aufgrund dieses sehr kurzen Aufenthaltszeitraumes kann von keiner sonderlichen Integrationsverfestigung im Bundesgebiet ausgegangen werden, zumal der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass der Aufenthalt des Asylwerbers im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte (VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479). Dieser Aufenthalt wird zudem dadurch relativiert, dass er bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war, was dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein musste.

Ausgeprägte private und persönliche Interessen hat er im Verfahren nicht dargetan. Der Beschwerdeführer verfügt über keine Deutschkenntnisse, hat keine familiären oder privaten Bindungen in Österreich und zeigte auch sonst keine Integrationsbemühungen. Es ist davon auszugehen, dass im Fall des Beschwerdeführers – wenn überhaupt – nur ein geringer Grad an Integration erreicht worden ist. Die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort seine Familienangehörigen, nämlich seine Eltern, seine Geschwister und weitere Verwandte und Freunde, leben, zu denen er regelmäßigen Kontakt pflegt. Der Beschwerdeführer beherrscht jedenfalls Bengali, somit die Sprache seines Herkunftsstaates.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Daher ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig.

Daher sind auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 nicht gegeben.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. oder 13. ZPMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 22.11.2006, 2005/20/0406 und viele andere).

Zu B:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte