AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:I421.2192533.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch: Migrantinnenverein St. Marx gegen den Bescheid der BFA, Regionaldirektion XXXX vom 07.03.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.04.2021 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein nigeranischer Staatsangehöriger, stellte am 27.09.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass er homosexuell sei und daher in Nigeria nicht sicher sei und um sein Leben fürchte, weil er schon einmal ernsthafte Probleme mit seiner Gemeinschaft in Lagos gehabt hätte, seine sexuelle Orientierung in Nigeria nicht akzeptiert werde und homosexuelle Menschen getötet werden.
2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion XXXX , am 05.01.2018 gab der Beschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass er aufgrund seiner Homosexualität seit 2016 Probleme mit seinen Nachbarn gehabt hätte und diese ihn 2016 bedroht hätten. Dabei seien der Beschwerdeführer und sein Freund zweimal geschlagen worden, einmal sei in der Nacht das Fenster zerschlagen worden, um herauszufinden, mit wem der Beschwerdeführer zusammen sei und was er mit seinen Freunden mache, jedes Mal sei er und seine Freunde bedroht worden, im Falle des Erwischens verbrennt zu werden und zwei Mal seien die Reifen zerstochen worden. Er habe das Land verlassen, weil er homosexuell sei und es keine Freiheit gebe. Wenn man als Homosexueller erwischt werden würde, könne man aufgrund eines Gesetzes für 14 Jahre inhaftiert werden.
3. Mit dem Bescheid vom 07.03.2018, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung Migrantinnenverein St. Marx vollumfänglich die mit 09.04.2018 datierte Beschwerde. Im Wesentlichen wurde nochmals wiederholt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Homosexualität bedroht werde, und die Beschwerde damit begründet, dass die Meinung der belangten Behörde, für den Beschwerdeführer bestünde keine persönliche Bedrohung, obwohl er sich offensichtlich in einer ausweglosen Situation befinde, nicht nachvollziehbar sei. Der Beweiswürdigung fehle ein erkennbarer Begründungswert. Es sei nicht nachvollziehbar, warum das BFA keine nähere Beurteilung zu den Befürchtungen des Beschwerdeführers durchgeführt hätte. Die gegen den Beschwerdeführer bestehende Verfolgungsgefahr hätte als glaubwürdig anerkannt werden müssen. Hinsichtlich der Situation in Nigeria und des Asylverfahrens des Beschwerdeführers werde auf die katastrophale Sicherheitslage und die fehlende Existenzmöglichkeit des Beschwerdeführers hingewiesen. Die heimatlichen Behörden seien dem Beschwerdeführer gegenüber schutzunfähig. Durch die Berichtslage und die Staatendokumentation ergebe sich die Gefährdung für Rückkehrer nach Nigeria die entsprechend einer homosexuellen Neigung leben. Diese zu verheimliche bzw. nicht auszuleben sei nicht möglich und im Lichte der europäischen Judikatur auch nicht zumutbar. Der Beschwerdeführer bezeichne sich als homosexuell und auch aus seinem Gehabe und Vorbringen erscheine dies äußerst glaubwürdig. Es möge zwar im Länderinformationsblatt (LIB) stehen, dass innerstaatliche Fluchtalternative in Nigeria besteht, dies sei aber in der Praxis nicht so einfach, weil es starke Stammesrivalitäten innerhalb Nigerias gebe und man mit Sicherheit diskriminiert werde, wenn man nicht vom lokalen Stamm sei. Auch habe ein durchschnittlicher Rückkehrer oder eine Person, die abgeschoben werde, mit Sicherheit nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung, um Mietkosten für 2 Jahre im Voraus zu bezahlen und würden auch die Vorschläge für mögliche Einkommensquellen in der Realität verloren gehen. Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens hätte das BFA feststellen müssen, dass der Beschwerdeführer bereits große Anstrengungen hinsichtlich seiner Integration unternommen habe. Das Vorbringen entspreche der Wahrheit, sei glaubwürdig, gründlich substantiiert, in sich konsistent und durch die Länderberichte belegt. Dem Beschwerdeführer drohe in seiner Heimat Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und es wäre ihm daher Flüchtlingseigenschaft zuzusprechen gewesen. Allenfalls wäre aufgrund der realistischen Gefahr, dass der Beschwerdeführer bei einer Abschiebung in eine existenzbedrohende Lage geraten würde, subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen, oder aufgrund seiner Integration eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären gewesen.
5. Mit Schriftsatz vom 12.04.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 16.04.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
6. Am 08.04.2021 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung beim Bundesverwaltungsgericht statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, stammt aus Nigeria und wurde in Benin City, Edo State geboren. Er gehört der Volksgruppe Benin/Edo an, bekennt sich zum christlichen Glaubens und gehört der Pfingstgemeinde an. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist in Benin City aufgewachsen. Wo der Beschwerdeführer in den Jahren vor seiner Ausreise genau gelebt hatte, konnte nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer reiste im September 2017 illegal mit dem Flugzeug aus Nigeria aus. Am 27.09.2017 stellte er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Seit 27.09.2017 ist der Beschwerdeführer durchgehend im Bundesgebiet melderechtlich mit Hauptwohnsitz erfasst.
Der Beschwerdeführer besuchte 6 Jahre die Grundschule in Benin City, war 6 Jahre in einer Mittelschule in Benin City und 3 weitere Jahre in einer Schule, in der er Schneidern lernte. Nach der Modeschule hat der Beschwerdeführer in Lagos in Victoria Island ein Geschäft betrieben, in welchem er Kleider anfertigte und damit seinen Lebensunterhalt verdienen konnte. Beim Verlassen von Nigeria gab er dieses an einen Lehrling weiter.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020. Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen der staatlichen Grundversorgung. Der Beschwerdeführer geht keiner Erwerbstätigkeit nach, verkauft lediglich die Augustin-Straßenzeitung beim XXXX an der XXXX .
Der Beschwerdeführer weist nur geringe Deutschkenntnisse auf und besucht seit 06.04.2021 einen 12-wöchigen Deutschkurs. Der Beschwerdeführer geht in die Kirche, ins Fitnessstudio und ins Aufnahmestudio für Tonaufnahmen. Der Beschwerdeführer hat keine Verwandte in Österreich.
Eine Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt nicht vor.
In seinem Herkunftsstaat verfügt der Beschwerdeführer über Cousins, Nichten und Neffen, wobei kein Kontakt zu ihnen besteht. Seine Mutter und sein Vater sind bereits verstorben. Der Beschwerdeführer hat noch eine Schwester, welche nicht mehr in Nigeria lebt und einen Onkel.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer gab als Fluchtgrund an aufgrund seiner Homosexualität in Nigeria bedroht zu werden. Es konnte im Verfahren mangels Glaubwürdigkeit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer homosexuell ist, aufgrund seiner sexuellen Orientierung im Herkunftsstaat verfolgt worden wäre und sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb von Nigeria befindet.
Der Beschwerdeführer führt derzeit in Österreich keine homosexuelle oder heterosexuelle Beziehung.
Dem Beschwerdeführer droht in Nigeria keine Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund seiner Gesinnung und ist in seinem Herkunftsland nicht gefährdet, aus solchen Gründen verfolgt zu werden.
Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner realen Gefahr der Folter, einer unmenschlichen Bestrafung oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt sein. Im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria droht dem Beschwerdeführer nicht die Gefahr, durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt in seinem Herkunftsstaat in seiner körperlichen Integrität verletzt zu werden.
Es gibt zudem keinerlei Hinweise darauf, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre (wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft) und er in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde. Er ist in der Lage, in Nigeria eine einfache Unterkunft zu nehmen bzw. aufgrund seiner Schulausbildung und Ausbildung in der Modeschule am Erwerbsleben teilzunehmen.
1.3. Zur individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers in Nigeria:
Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art 2, Art 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht. Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
1.4. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria
Hinsichtlich der aktuellen Lage in Nigeria sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 07.03.2018 getroffenen Feststellungen insofern Änderungen eingetreten, als die belangte Behörde noch das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Nigeria vom 07.08.2017 zitiert hat und die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes auf dem aktuellen "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Nigeria vom 23.11.2020 basieren.
Die aktuelle Situation im Herkunftsstaat (Stand 23.11.2020) des Beschwerdeführers stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:
1.4.1. Sicherheitslage
Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete oder -parteien (AA 16.1.2020). Im Wesentlichen lassen sich mehrere Konfliktherde unterscheiden: Jener von Boko Haram im Nordosten; jener zwischen Hirten und Bauern im Middle-Belt (AA 16.1.2020; vgl. FH 4.3.2020); sowie Spannungen im Nigerdelta (AA 16.1.2020; vgl. EASO 11.2018a) und Gewalt im Bundesstaat Zamfara (EASO 11.2018a; vgl. Garda 23.6.2020). Außerdem gibt es im Südosten zwischen der Regierung und Igbo-Gruppen, die für ein unabhängiges Biafra eintreten (EASO 11.2018a; vgl. AA 16.1.2020), sowie zwischen Armee und dem Islamic Movement in Nigeria (IMN) Spannungen (EASO 11.2018a) bzw. kommt es seit Jänner 2018 zu regelmäßigen Protesten des IMN in Abuja und anderen Städten, die das Potential haben, in Gewalt zu münden (UKFCDO 26.9.2020). Beim Konflikt im Nordosten handelt es sich um eine grenzüberschreitende jihadistische Insurgenz. Im „Middlebelt“ kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen um knapper werdende Ressourcen zwischen Hirten und Bauern. Bei den Auseinandersetzungen im Nigerdelta geht es sowohl um Konflikte zwischen regionalen militanten Gruppen einerseits und der Staatsgewalt andererseits, als auch um Rivalitäten zwischen unterschiedlichen lokalen Gemeinschaften. Im Südosten handelt es sich (noch) um vergleichsweise beschränkte Konflikte zwischen einzelnen sezessionistischen Bewegungen und der Staatsgewalt. Die Lage im Südosten des Landes („Biafra“) bleibt jedoch latent konfliktanfällig. Die separatistische Gruppe Indigenous People of Biafra (IPOB) ist allerdings derzeit in Nigeria nicht sehr aktiv (AA 16.1.2020).
Die Kriminalitätsrate in Nigeria ist sehr hoch, die allgemeine Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Jahren laufend verschlechtert. In Nigeria können in allen Regionen unvorhersehbare lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe der Konflikte sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Insbesondere die Bundesstaaten Zamfara, westl. Taraba und der östl. Teil von Nassarawa, das nördliche Sokoto und die Bundesstaaten Plateau, Kaduna, Benue, Niger und Kebbi sind derzeit von bewaffneten Auseinandersetzungen bzw. innerethnischen Konflikten betroffen. Weiterhin bestimmen immer wieder gewalttätige Konflikte zwischen nomadisierenden Viehzüchtern und sesshaften Farmern sowie gut organisierten Banden die Sicherheitslage. Demonstrationen und Proteste sind insbesondere in Abuja und Lagos, aber auch anderen großen Städten möglich und können zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen. Im Juli/August 2019 forderten diese in Abuja auch wiederholt Todesopfer (AA 8.10.2020).
Anfang Oktober 2020 führte eine massive Protestwelle zur Auflösung der Spezialeinheit SARS am 11.10.2020 (Guardian 11.10.2020). Die Einheit wurde in SWAT (Special Weapons and Tactics Team) umbenannt und seine Beamten sollen einer zusätzlichen Ausbildung unterzogen werden. Die Protestwelle hielt jedoch an (DS 16.10.2020). Mit Stand 26.10.2020 war das Ausmaß der Ausschreitungen stark angestiegen. Es kam zu Gewalt und Plünderungen sowie zur Zerstörung von Geschäften und Einkaufszentren. Dabei waren bis zu diesem Zeitpunkt 69 Menschen ums Leben gekommen - hauptsächlich Zivilisten, aber auch Polizeibeamte und Soldaten (BBC News 26.10.2020).
In den nordöstlichen Landesteilen werden fortlaufend terroristische Gewaltakte, wie Angriffe und Sprengstoffanschläge von militanten Gruppen auf Sicherheitskräfte, Märkte, Schulen, Kirchen und Moscheen verübt (AA 8.10.2020).
In der Zeitspanne September 2019 bis September 2020 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (3.085), Kaduna (894), Zamfara (858), und Katsina (644). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer niedrigen Zahl hervor: Gombe (3), Kebbi (4), Kano (6), Jigawa (15) (CFR 2020).
1.4.2. Relevante Bevölkerungsgruppen
Homosexuelle
Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind – unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Personen – sowohl nach säkularem Recht (AA 16.1.2020; vgl. GIZ 9.2020b) als auch nach Scharia-Recht (Körperstrafen bis hin zum Tod durch Steinigung in besonderen Fällen) strafbar (AA 16.1.2020; vgl. ÖB 10.2019). § 214 des Strafgesetzbuchs sieht 14 Jahre Haft für gleichgeschlechtliche Beziehungen vor (ÖB 10.2019). Der im Jänner 2014 verabschiedete Same Sex Marriage Prohibition Act (SSMPA) sieht zudem vor, dass homosexuelle Paare, die heiraten oder öffentlich ihre Zuneigung zeigen, mit Haft bestraft werden können. Das Gesetz sieht bis zu 14 Jahre Haft für Eheschließungen und zivilrechtliche Partnerschaften zwischen zwei Frauen oder zwei Männern vor (ÖB 10.2019; vgl. USDOS 11.3.2020, GIZ 9.2020b). Wer seine Liebesbeziehung zu einem Menschen des gleichen Geschlechts direkt oder indirekt öffentlich zeigt, soll dem Gesetz zufolge mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden können (ÖB 10.2019). Die gleiche Strafe ist für die Gründung und Unterstützung von Clubs, Organisationen oder anderen Einrichtungen für Schwule und Lesben vorgesehen (ÖB 10.2019; vgl. AA 16.1.2020). In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, wo das islamische Recht in Kraft ist, können homosexuelle Handlungen mit Haft, Stockschlägen oder Tod durch Steinigung bestraft werden. Im Jahr 2019 wurden von Scharia-Gerichten keine solchen Urteile verhängt. In den vergangenen Jahren kam es zu Verurteilungen zu Stockschlägen (USDOS 11.3.2020).
Insgesamt gibt es keine systematische staatliche Verfolgung oder aktive Überwachung von Angehörigen sexueller Minderheiten (STDOK 15.9.2020; vgl. ÖB 10.2019, EMB A 9./10.2019). Die Rechtsänderung durch den SSMPA hat bisher nicht zu einer flächendeckenden verschärften Strafverfolgung geführt (AA 16.1.2020). Es gibt nach keinem der betroffenen Gesetze Haftbefehle wegen Homosexualität. Über- oder Zugriffe durch die Polizei erfolgen zufällig oder nach Hinweisen. Es gibt nahezu keine Anklagen unter den spezifisch gegen Angehörige sexueller Minderheiten anwendbaren Gesetzen und noch weniger Verurteilungen. Die Anwendung von Strafgesetz und Scharia gestaltet sich schwierig, denn es gilt der Nachweis gleichgeschlechtlichen Sexualverkehrs. Auch unter dem SSMPA gab es kaum Anklagen. Üblicherweise verlaufen Gerichtsfälle unter diesen Gesetzen im Sand. Allerdings werden manchmal andere Vergehen vorgeschoben, um eine Verurteilung zu vereinfachen. Zudem schafft die Existenz der spezifisch auf sexuelle Minderheiten anwendbaren Gesetze die Basis dafür, dass Personen von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren drangsaliert, bedroht oder erpresst werden können. Verhaftungen wiederum ziehen kaum jemals Anklagen nach sich, sondern dienen in erster Linie der Erpressung (STDOK 15.9.2020).
Im August 2018 wurden 57 Personen bei einer Hotelparty in Lagos verhaftet, wo die Polizei „homosexuelle Aktivitäten“ feststellte. Ende 2019 lief das Verfahren noch (USDOS 11.3.2020). Ein Richter hat am 27.10.2020 den Fall abgewiesen, in dem 47 Männer [Anm.: Gleicher Fall, immer wieder leicht abweichende Angaben zur Verhafteten / Angeklagten] wegen der Erfüllung eines Straftatbestands der nigerianischen Anti-Homosexuellen-Gesetzgebung vor Gericht standen. Konkreter Grund für die Abweisung sei das Nichterscheinen der Staatsanwaltschaft vor Gericht gewesen, sowie deren Unfähigkeit, Zeugen zu benennen (BAMF 2.11.2020; vgl. NYT 27.10.2020). Nach nigerianischem Recht könnte der Fall zu einem späteren Zeitpunkt wiederaufgenommen werden (BAMF 2.11.2020).
Gerade im Rahmen der Verabschiedung des SSMPA 2014 kam es zu einer Zunahme an Fällen von Belästigung und Drohung. Es wurde von zahlreichen Verhaftungen berichtetet (USDOS 11.3.2020; vgl. WHER 9./10.2019). Denn der SSMPA hat zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen geführt. Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt, sowie von der Bevölkerung gemobbt oder mittels Selbstjustiz verfolgt (GIZ 9.2020b). Das Gesetz dient dabei zur Rechtfertigung von Menschenrechtsverletzungen wie Folter, sexueller Gewalt, willkürlicher Haft, Erpressung von Geld sowie Verletzung von Prozessrechten (USDOS 11.3.2020).
Seit der Verabschiedung des SSMPA ist die Zahl an Gewaltvorfällen gegen Homosexuelle leicht zurückgegangen. Zugleich nahmen Fälle von Erpressungen (TIERS 12.2019; vgl. LNGO C 9./10.2019), Eindringen in die Privatsphäre und willkürlichen Verhaftungen zu. Im Jahr 2019 ist es zu einer sprunghaften Zunahme von illegalen Anhaltungen und Durchsuchungen, zielgerichtetem Missbrauch sowie ungesetzlichen Verhaftungen gekommen (TIERS 12.2019). Aufgrund von Stigma und Tabu kommt es zu homophoben Vorfällen. Manchmal werden tatsächliche oder vermeintliche Angehörige sexueller Minderheiten gezielt in eine Falle gelockt. Vergehen reichen von Verhöhnungen über Entlassungen bis hin zu physischen Übergriffen (STDOK 15.9.2020). Die Zahl letzterer hat jedoch abgenommen (STDOK 15.9.2020; vgl. LNGO C 9./10.2019). Die überwiegende Mehrheit von Menschenrechtsverletzungen gegenüber Angehörigen sexueller Minderheiten geht von nicht-staatlichen Akteuren aus (STDOK 15.9.2020; vgl. EMB B 9./10.2019). Staatlicher Schutz ist diesbezüglich nicht zu erwarten (STDOK 15.9.2020; vgl. EMB B 9./10.2019, LNGO C 9./10.2019; WHER 9./10.2019). Zu Ermittlungen kommt es nicht. Dieses Phänomen betrifft aber nicht nur Angehörige sexueller Minderheiten, vielmehr ist der Standard der Polizei allgemein niedrig. Allerdings kommt es bei dieser Personengruppe mitunter sogar zur Nötigung oder Verhaftung des Opfers (STDOK 15.9.2020).
Eine andere Möglichkeit, Gerechtigkeit zu suchen, besteht in der Anrufung der National Human Rights Commission. Zwar bleibt der offizielle staatliche Diskurs bezüglich sexueller Minderheiten von Homophobie geprägt. Trotzdem gibt es in staatlichen Bereichen Anknüpfungspunkte – v.a. im Gesundheitsbereich und eben bei der Nationalen Menschenrechtskommission (NHRC). Positive Trends sind hier sichtbar im Bereich der Kooperation mit der NHRC und der Anerkennung von Menschenrechtsverletzungen durch diese Behörde (STDOK 15.9.2020).
Die Zustimmung der Bevölkerung zum SSMPA und anderen Strafmaßnahmen gegenüber sexuellen Minderheiten ist immer noch hoch, doch ist diese zugleich innerhalb weniger Jahre auch drastisch gesunken. Immer mehr Menschen sind zudem bereit, ein homosexuelles Familienmitglied zu akzeptieren. Mit vermehrter Toleranz sinkt die Radikalität der Homophobie. Allerdings ist die Gewaltschwelle in Nigeria generell niedrig. Während in den Medien eine negative Berichterstattung über sexuelle Minderheiten weiterhin vorherrscht, ist auch dort ein Trend zur Liberalisierung bemerkbar. Immer wieder kommt es nun zu sachlicher Berichterstattung, auch Filme zur Thematik wurden veröffentlicht (STDOK 15.9.2020).
Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem Zurschaustellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖB 10.2019; vgl. AA 16.1.2020). Es kann nach wie vor riskant sein, sich gegenüber der Familie als homosexuell zu outen. Es kann zum Verstoßen, zum Einsperren, zu Gewalt oder zur Zuführung zu einer „Konversionstherapie“ („conversion therapy“) kommen. Allerdings sinkt die Ablehnung homosexueller Familienmitglieder und gleichzeitig steigt deren Akzeptanz (STDOK 15.9.2020).
In mehreren Großstädten können Angehörige und Communities sexueller Minderheiten freier leben. Zudem gibt es dort ein größeres Ausmaß an möglicher Unterstützung. Der maßgebliche Vorteil ist die Anonymität. Diese sinkt naturgemäß im ländlichen Raum – aber auch in den Slums der Großstädte. Es gibt aber auch konträre Meinungen, wonach nämlich die Gesellschaft in bestimmten ländlichen Gebieten toleranter sei, als in der Stadt. Die meisten dokumentierten Fälle von Menschenrechtsverletzungen betreffen Städte. Dies kann aber freilich auch damit zu tun haben, dass dort Vorfälle eher gemeldet und dokumentiert werden (STDOK 15.9.2020).
Die Community wird nicht überwacht (EMB A 9./10.2019). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv oder sucht gezielt nach Homosexuellen (EMB B 9./10.2019; vgl. WHER 9./10.2019). Sie verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen (EMB A 9./10.2019; vgl EMB B 9./10.2019; LNGO C 9./10.2019; LHRL 9./10.2019). Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer „Kaution“ wieder frei (LNGO C 9./10.2019; vgl. LHRL 9./10.2019).
Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen. Kurzfristig hatten einige Organisationen den Eindruck, von der Bildfläche verschwinden zu müssen. Das taten sie teilweise kurz, und als nichts passierte, tauchten sie wieder auf. Derzeit sieht man eine Professionalisierung bei den Organisationen. Zusammengefasst hatte das Gesetz kurz Auswirkungen auf NGOs, diese ist jedoch vorübergegangen. Eine Bedrohung ist allerdings immer noch spürbar (EMB B 9./10.2019). Homosexuellen-NGOs arbeiten weiter, die Netzwerke sind sogar ausgebaut und sichtbarer geworden. Die Zahl an Organisationen hat sich nahezu verdreifacht. Nur in seltenen – dokumentierten – Ausnahmefällen kam es zu staatlichen Maßnahmen gegen NGOs. Fördergelder werden weiterhin gezahlt und sind nach Angaben einer Quelle sogar gestiegen (STDOK 15.9.2020). Der SSMPA hat neben einer Steigerung der Belästigungen von Homosexuellen auch zu einer erhöhten Sichtbarkeit der homosexuellen Community geführt, und zu dem Bewusstsein in der Bevölkerung, das Homosexualität in Nigeria existiert (WHER 9./10.2019).
Lokale NGOs sammeln Informationen zu Menschenrechtsverletzungen an Angehörigen sexueller Minderheiten. Ein Beispiel für eine umfangreiche Datensammlung dieser Art stellt der jährlich aktualisierte Menschenrechtsbericht von TIERs und kooperierenden NGOs dar. Einige NGOs betreiben Hotlines bzw. stellen Telefonnummern für Notfälle zur Verfügung. Die meisten Quellen gehen davon aus, dass etwa in Polizeigewahrsam geratene Personen wissen, wen sie zur Unterstützung anrufen können. Die Unterstützung wird in erster Linie zwecks Kautionszahlung („bail out“) geleistet (STDOK 15.9.2020).
Einige Anwälte und Vereinigungen stellen Angehörigen sexueller Minderheiten Rechtshilfe zur Verfügung. Diese kommt u.a. beim sogenannten „bail out“ aus dem Polizeigewahrsam zu tragen. Gelangt ein Fall tatsächlich vor Gericht, kommt es üblicherweise zur (juristischen) Intervention von NGOs (STDOK 15.9.2020). Verschiedene NGOs bieten Angehörigen sexueller Minderheiten rechtliche Beratung und Schulungen in Meinungsbildung, Medienarbeit und Bewusstseinsbildung in Bezug auf HIV an (USDOS 11.3.2020). Gemäß zweier Quellen organisieren die Menschenrechtsgruppen im Bereich MSM und WSW (das ist das Gros der männlichen und weiblichen Angehörige sexueller Minderheiten) nach Anruf Anwälte, die im Falle einer Verhaftung tätig werden. Diese Gruppen kooperieren fallweise miteinander (NJA 9/10.2019; vgl. EMB B 9/10.2019). Manchmal werden solche Organisationen auch direkt seitens der Polizei kontaktiert (EMB B 9/10.2019). Die Organisation WHER organisiert bei betroffenen WSW eine Freilassung auf Kaution (WHER 9/10.2019).
Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche – im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen – unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen „Kaution“ freizukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Allerdings gibt es nicht sehr viele Anwälte, die in diesem Bereich arbeiten wollen, da sie sich nicht exponieren wollen (NJA 9./10.2019) Homosexuellen-Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte stehen miteinander in Kontakt (LHRL 9./10.2019). Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und Zufluchtsmöglichkeiten an (USDOS 11.3.2020). Es gibt einige Safe Houses aber die Finanzierung derselben ist nicht ausreichend (LNGO D 9/10.2019). Die NGO WHER betreibt etwa ein Safe House für Frauen, die beispielsweise durch Familie oder Polizei einem unmittelbaren Sicherheitsrisiko ausgesetzt sind (WHER 9/10.2019).
Netzwerke sexueller Minderheiten sind v.a. in großen Städten präsent und aktiv. Vormals gab es im ländlichen Bereich wenn, dann aus dem Gesundheitsbereich heraus aktive Organisationen. Nunmehr versuchen einige städtische Netzwerke ihre Arbeit auch auf ländliche Gegenden auszudehnen. Insgesamt hat sich die Reichweite der Netzwerke in den letzten Jahren verbessert. Sprachgrenzen und Infrastruktur stellen allerdings Barrieren dar. In den meisten Fällen wissen Angehörige sexueller Minderheiten, wen bzw. welche Organisation sie bei Bedarf kontaktieren können (STDOK 15.9.2020). Es gibt jedoch auch viele Fälle, in denen die Betroffenen nicht wissen, an wen sie sich wenden können (NJA 9./10.2019). Nach Angaben einer anderen Quelle sind die Homosexuellen-NGOs den Betroffenen üblicherweise zumindest in größeren Städten wie Lagos bekannt, in ländlichen Gegenden allerdings oftmals nicht. Dort wissen Betroffene nicht, an wen sie sich im Fall einer Verhaftung wenden können (EMB B 9./10.2019). Angehörige sexueller Minderheiten können sich durch einen Umzug in eine (andere) Stadt oder einen anderen Stadtteil aus einer direkten Risikolage befreien. Netzwerke und NGOs der Community unterstützen Personen bei diesem Schritt. In einigen Städten gibt es auch von NGOs organisierte Notquartiere (safe house / shelter). Es kommt mitunter auch zu „Zuweisungen“ bedrohter Personen von einer Stadt in eine andere (STDOK 15.9.2020).
Grundsätzlich ist weibliche Homosexualität weniger stark tabuisiert als männliche. WSW sind in geringerem Ausmaß von Verhaftungen und Menschenrechtsverletzungen bedroht und betroffen. Allerdings sind ihre Netzwerke schwächer. Mitunter kommt es zu Vergewaltigungen und anderen Formen von Gewalt. Manche Frauen werden von ihren Familien eingesperrt oder zwangsweise zu „Therapien“ gezwungen (STDOK 15.9.2020). Die Situation von homosexuellen Frauen ist einerseits besser als jene von homosexuellen Männern, da von einem Teil der Männer Homosexualität bei Frauen eher toleriert wird, andererseits sind Frauen in Nigeria generell mit Schwierigkeiten konfrontiert. Für homosexuelle Frauen ist es schwer denkbar, sich gegenüber Familie oder Freunden zu outen. Frauen – wie Männer – heiraten manchmal als Deckmantel für ihre Homosexualität, z.B. eine homosexuelle Frau einen homosexuellen Mann, um sozialen Normen zu genügen. Der SSMPA gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Im Strafrecht (penal code) und Scharia-Recht des Nordens sowie im Strafrecht (criminal code) im Süden gibt es eigene Passagen, die sich mit weiblicher Homosexualität befassen (WHER 9./10.2019).
Homosexuelle versuchen aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen und weit verbreiteter Vorbehalte in der Bevölkerung, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen (AA 16.1.2020). Generell gehen viele Nigerianer mit ihrer Sexualität nicht offen um. Das gesellschaftliche Umfeld führt zur Geheimhaltung gleichgeschlechtlicher Beziehungen. Zahlreiche Angehörige sexueller Minderheiten sind „normal“ verheiratet. Dies dient einerseits der Verschleierung, andererseits dem Entsprechen sozialer Normen (STDOK 15.9.2020).
Sichtbarkeit im Auftreten und im Verhalten stellt einen Risikofaktor dar. Dies betrifft insbesondere Männer, die sich feminin geben, doch auch Frauen, die diesbezüglich gegen gesellschaftliche Normen verstoßen, können betroffen sein. Das gemeinsame Wohnen alleine stellt für gleichgeschlechtliche Personen kein Problem dar, dies ist in Nigeria – von der Wohnung bis hin zum Hotelzimmer – aus Kostengründen nicht unüblich. Der Einfluss des Alters oder des Familienstandes auf die Frage des persönlichen Risikos von Angehörigen sexueller Minderheiten ist unklar. Einen maßgeblichen Einfluss hat hingegen der sozio-ökonomische Status einer Person. Mit zunehmender Finanzkraft, Bildung und Vernetzung – also mit zunehmenden Privilegien – sinkt das Risiko gegen Null. Hauptrisikogruppe sind hingegen jene Personen, deren Alltag in einem Umfeld mit niedrigem sozialen und ökonomischem Status verankert ist (STDOK 15.9.2020).
1.4.3. Bewegungsfreiheit
Die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land sowie Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Allerdings schränken Sicherheitsbeamte die Bewegungsfreiheit durch Ausgangssperren ein, vor allem in Gebieten, in denen es Terroranschläge oder ethnisch motivierte Gewalt gibt. Dies betrifft aufgrund der Operationen gegen Boko Haram und ISIS-WA v.a. die Bundesstaaten Adamawa, Borno und Yobe. Auch in anderen Bundesstaaten kommt es in Reaktion auf gewaltsame Auseinandersetzungen in ländlichen Regionen mitunter zu Ausgangssperren. Bei Operationen von Sicherheitskräften in Städten und an Hauptverkehrsstraßen werden gelegentlich Checkpoints eingerichtet. Zahlreiche von Militär und Polizei betriebene Checkpoints bleiben aufrecht (USDOS 11.3.2020).
Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen (USDOS 11.3.2020). Grundsätzlich besteht in den meisten Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung, Repressionen Dritter sowie Fällen massiver regionaler Instabilität durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen (AA 16.1.2020). Prinzipiell sollte es einer Person, die von nicht-staatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Natürlich müssen die jeweiligen persönlichen Umstände beachtet werden (UKHO 3.2019).
In den vergangenen Jahrzehnten hat durch Wanderungsbewegungen und interethnische Ehen eine fortgesetzte Durchmischung der Wohnbevölkerung auch der „Kern“-Staaten der drei Hauptethnien (Hausa-Fulani, Yoruba, Igbo) stattgefunden. So ist insbesondere eine starke Nord-Süd-Wanderung feststellbar, wodurch Metropolen wie Lagos heute weitgehend durchmischt sind. Es bestehen daher innerstaatliche Fluchtalternativen (ÖB 10.2019). Ein innerstaatlicher Umzug kann allerdings mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn sich Einzelpersonen an einen Ort begeben, an dem keine Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder der Dorfgemeinschaft leben. Angesichts der Wirtschaftslage, ethnischem Ressentiment und der Bedeutung großfamiliärer Bindungen in der Gesellschaft ist es für viele Menschen schwer, an Orten ohne ein bestehendes soziales Netz erfolgreich Fuß zu fassen. Für alleinstehende Frauen besteht zudem die Gefahr, bei einem Umzug in die Großstadt von der eigenen Großfamilie keine wirtschaftliche Unterstützung mehr zu erhalten (AA 16.1.2020).
Bundesstaats- und Lokalregierungen diskriminieren regelmäßig ethnische Gruppen, die in ihrem Gebiet nicht einheimisch sind. Dies nötigt gelegentlich Personen dazu, in jene Regionen zurückzukehren, aus denen ihre ethnische Gruppe abstammt, obwohl sie dort über keine familiäre Bindung mehr verfügen (USDOS 11.3.2020).
Für Überlandfahrten stehen mehrere Busunternehmen zur Verfügung, so z.B. ABC Transport, Cross Country Limited, Chisco und GUO Transport. Die Busse bieten Komfort, sind sicher, fahren planmäßig und kommen i.d.R. pünktlich am Zielort an. Die nigerianische Eisenbahn gilt als preisgünstiges, aber unzuverlässiges Transportmittel. Günstige Inlandflüge zwischen den Städten werden von mehreren nigerianischen Fluggesellschaften angeboten. Um innerhalb einer der Städte Nigerias von einem Ort zum anderen zu gelangen, stehen Taxis, Minibusse, Dreirad, die Keke und Motorradtaxis, die Okada genannt werden, zur Verfügung (GIZ 9.2020d).
Anfang September 2020 wurde die Phase 3 der Restriktionen im Zusammenhang mit der Coronakrise in Kraft gesetzt. Die Ausgangssperre gilt im ganzen Land nun von Mitternacht bis 4 Uhr. Meetings bis zu maximal 50 Personen sind gestattet. In Lagos dürfen Restaurants, Klubs und Kirchen etc. unter bestimmten Auflagen öffnen (WKO 25.9.2020).
1.4.4. Grundversorgung
Nigeria ist die größte Volkswirtschaft Afrikas. Die Erdölproduktion ist der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Aufgrund des weltweiten Verfalls der Erdölpreise rutschte Nigeria 2016 jedoch in eine schwere Rezession, die bis zum zweiten Quartal 2017 andauerte (GIZ 6.2020). 2018 wuchs die nigerianische Wirtschaft erstmals wieder um 1,9 Prozent (GIZ 6.2020; vgl. AA 24.5.2019c). Getragen wurde das Wachstum vor allem durch die positive Entwicklung von Teilen des Nicht-Öl-Sektors (Landwirtschaft, Industrie, Gewerbe). Seit 2020 ist die nigerianische Wirtschaft aufgrund des erneuten Verfalls des Rohölpreises sowie der massiven wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie wieder geschwächt. Wie hoch der wirtschaftliche Schaden sein wird, ist bislang noch nicht abschätzbar (GIZ 6.2020). Für 2020 wird aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf Nigeria und der drastisch gesunkenen Erdölpreise mit einer Schrumpfung des nigerianischen BIP um 4,4 % gerechnet. In der 2. Jahreshälfte 2020 ist jedoch ein Wiederanziehen der Konjunktur feststellbar und für 2021 wird ein Wachstum von 2,2 % erwartet (WKO 14.9.2020).
Etwa 80 Prozent der Gesamteinnahmen Nigerias stammen aus der Öl- und Gasförderung (AA 16.1.2019). Neben Erdöl verfügt das Land über z.B. Zinn, Eisen-, Blei- und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine, Phosphat – gesamtwirtschaftlich jedoch von geringer Bedeutung (GIZ 6.2020). Von Bedeutung sind hingegen der (informelle) Handel und die Landwirtschaft, welche dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bieten (AA 16.1.2020). Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) machte 2016 ca. 20 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Industrielle Entwicklung wird durch die unzureichende Infrastruktur (Energie und Transport) behindert (GIZ 6.2020). Vor allem im Bereich Stromversorgung und Transport ist die Infrastruktur weiterhin mangelhaft und gilt als ein Haupthindernis für die wirtschaftliche Entwicklung (AA 24.5.2019c).
Über 60 Prozent (AA 24.5.2019c) bzw. nach anderen Angaben über 70 Prozent (GIZ 6.2020) der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt. Der Agrarsektor wird durch die Regierung stark gefördert. Dadurch hat etwa der Anteil an Großfarmen zugenommen (GIZ 6.2020; vgl. AA 24.5.2019c). Die unterentwickelte Landwirtschaft ist jedoch nicht in der Lage, den inländischen Nahrungsmittelbedarf zu decken (AA 24.5.2019c). Einerseits ist das Land nicht autark, sondern auf Importe – v.a. von Reis – angewiesen. Andererseits verrotten bis zu 40 Prozent der Ernten wegen fehlender Transportmöglichkeiten (ÖB 10.2019). Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt von kleinen Anbauflächen – in der Regel in Subsistenzwirtschaft (AA 24.5.2019c).
Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertreibungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere die nordöstlichen Bundesstaaten nicht aus. In Ernährungszentren nahe der nördlichen Grenze werden bis zu 25 Prozent der unter fünfjährigen Kinder wegen starker Unterernährung behandelt. Insgesamt hat sich der Prozentsatz an Unterernährung in den nördlichen Staaten im Vergleich zu 2015 verbessert und liegt nun unter der Alarmschwelle von 10 Prozent. Gemäß Schätzungen von UNICEF unterliegen aber weiterhin zwei Millionen Kinder unter fünf Jahren in Nordnigeria einem hohen Risiko von schwerer akuter Unterernährung (ÖB 10.2019). Im Jahr 2019 benötigten von der Gesamtbevölkerung von 13,4 Millionen Menschen, die in den Staaten Borno, Adamawa und Yobe leben, schätzungsweise 7,1 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Davon sind schätzungsweise 80 Prozent Frauen und Kinder (IOM 17.3.2020).
Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt (BS 2020; vgl. GIZ 9.2020b). 87 Millionen Nigerianer (40 Prozent der Bevölkerung) leben in absoluter Armut, d.h. sie haben weniger als 1 US-Dollar pro Tag zur Verfügung (GIZ 6.2020). 48 Prozent der Bevölkerung Nigerias bzw. 94 Millionen Menschen leben in extremer Armut mit einem Durchschnittseinkommen von unter 1,90 US-Dollar pro Tag (ÖB 10.2019). Die Armut ist in den ländlichen Gebieten größer als in den städtischen Ballungsgebieten (GIZ 9.2020b). Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene als auch auf lokaler Ebene. Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 6.2020).
Die Arbeitslosigkeit ist hoch, bei den Jugendlichen im Alter von 15 bis 35 wird sie auf über 50 Prozent geschätzt (GIZ 9.2020b). Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Geschätzt wird sie auf 20 bis 45 Prozent – in erster Linie unter 30-jährige – mit großen regionalen Unterschieden. Die Chancen, einen sicheren Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst, staatsnahen Betrieben oder Banken zu finden, sind gering, außer man verfügt über eine europäische Ausbildung und vor allem über Beziehungen (ÖB 10.2019). Verschiedene Programme auf Ebene der Bundesstaaten aber auch der Zentralregierung zielen auf die Steigerung der Jugendbeschäftigung ab (ÖB 10.2019; vgl. BS 2020).
Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als "self-employed" suchen. Die Massenverelendung nimmt seit Jahren bedrohliche Ausmaße an (GIZ 9.2020b). Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit. Eine immer noch geringe Anzahl von Nigerianern (acht Millionen) ist im Pensionssystem (Contributory Pension Scheme) registriert (BS 2020).
Die Großfamilie unterstützt in der Regel beschäftigungslose Angehörige (ÖB 10.2019). Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen (BS 2020). Allgemein kann festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2019).
Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Mietkosten, Zugang zu medizinischer Versorgung und Lebensmittelpreise variieren nicht nur von Bundesstaat zu Bundesstaat, sondern auch regional/ethnisch innerhalb jedes Teilstaates (ÖB 10.2019).
Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für „peppersoup“, „garri“ oder „pounded yam“, für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglichkeit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch „mini-farming“ eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als „bushmeat“ gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun „grasscutter“ (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als „bushmeat“ gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und „grasscutter“ finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖB 10.2019).
1.4.5. Rückkehr
Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die allgemein herrschende Situation in Nigeria stellt keine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK dar. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2019).
Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 16.1.2020). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations (JROs) gemeinsam mit FRONTEX (ÖB 10.2019). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 16.1.2020).
Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 16.1.2020). Die Erfahrungen mit den JROs seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2019). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 16.1.2020) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2019) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 16.1.2020; vgl. ÖB 10.2019). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2019).
Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im „Decree 33“ nicht zu befürchten (AA 16.1.2020). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets „overstay“ angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2019).
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. die Angebote nicht bekannt sind oder eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen haben im Herbst 2018 in Lagos, Abuja und Benin City Migrationsberatungszentren der GIZ ihren Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 16.1.2020).
1.4.6. COVID-19 in Nigeria:
(https://covid19.who.int/region/afro/country/ng/ )
Basierend auf den Daten der WHO (Stand: 06.05.2021) ergeben sich seit 3.01.2020 165.273 bestätigte COVID-19 Fälle mit 2.063 Verstorbene.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 27.09.2017 und der belangten Behörde am 05.01.2018, in den bekämpften Bescheid datiert mit 07.03.2018, in den Beschwerdeschriftsatz datiert mit 09.04.2018 und in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Nigeria (Stand Gesamtaktualisierung 23.11.2020). Besonders berücksichtigt wurde auch die Einvernahme des Beschwerdeführers durch den erkennenden Richter in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 08.04.2021. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters, des Zentralen Fremdenregisters, des Betreuungsinformationssystems über die Grundversorgung und des Strafregisters eingeholt, weiters auch ein Sozialversicherungsdatenauszug. Zudem wurde Einsicht in das Dashboard der WHO zur COVID-19-Situation in Nigeria genommen.
2.3. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Volljährigkeit, zum Familienstand, zur Staatsangehörigkeit und zur Religionszugehörigkeit ergeben sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll 27.09. 2017, AS 17), der belangten Behörde (Protokoll 05.01. 2018, AS 51) als auch vor dem erkennenden Gericht (Protokoll 08.04.2021, S 4 ff).
In Ermangelung der Vorlage eines identitätszeugenden Dokumentes konnte seine Identität nicht festgestellt werden.
Die Angaben hinsichtlich seiner Schulausbildung basieren auf den übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll 05.01.2018, AS 51) sowie vor dem erkennenden Gericht (Protokoll 08.04.2021, S 4). Auch schilderte der Beschwerdeführer sowohl in der niederschriftlichen Einvernahme als auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung glaubhaft, dass er ein Geschäft betrieben hatte und von diesen Einnahmen leben konnte (Protokoll 05.01.2018, AS 52; Protokoll 08.04.2021, S 5).
Bezüglich des Wohnsitzes des Beschwerdeführers in Nigeria in den letzten Jahren vor seiner Ausreise konnten aufgrund Widersprüchlichkeiten des Beschwerdeführers keine genauen Angaben gemacht werden. So gab der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde an, zuletzt mit seinem Onkel in der XXXX , einem Viertel in Benin City, gelebt zu haben (Protokoll 05.01.2018, AS 52). Auf die Frage, wie lange er in Lagos gelebt habe, antwortete der Beschwerdeführer etwa neun Jahre. Er habe dort alleine gelebt und gab überraschenderweise an, dass er direkt von Lagos ausgereist sei. Realitätsfremd war hierbei, dass er aber nicht wusste, in welchem Teil er in Lagos gelebt habe, dies obwohl er neun Jahre dort gewesen sein sollte (Protokoll 05.01.2018, AS 52, 68). Bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab er schließlich an, dass er nach den Prüfungen in der Modeschule in Lagos geblieben sei (Protokoll 08.04.2021, S 5). Aufgrund dieser Widersprüche konnte das Gericht nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, wo sich der Beschwerdeführer tatsächlich in den letzten Jahren vor seiner Ausreise aufhielt.
Hinsichtlich seiner Reiseroute aus Nigeria ist auszuführen, dass den Angaben des Beschwerdeführers kein Glauben zu schenken war. Zum einen erwähnte der Beschwerdeführer vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, dass er im September 2017 mit dem Flugzeug aus Lagos in ein unbekanntes Land illegal mit dem Reisepass von einem Freund ausgereist sei und dann zu Fuß einige Tage weiter und dann mit einem Zug mehrere Stunden und mit der Bahn in das Lager nach Traiskirchen (Protokoll 27.09.2017, AS 19). Entgegen dieser Aussage gab der Beschwerdeführer bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung überraschenderweise erstmals an, dass er von Lagos nach Paris geflogen sein. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer Paris bzw. Frankreich zuvor weder vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes noch vor der belangten Behörde mit einem Wort erwähnt hat, lässt das Gericht an der Glaubwürdigkeit zweifeln und ist in keiner Weise nachvollziehbar. Darüber hinaus widersprach sich der Beschwerdeführer auch dahingehend, als er zuerst vermeinte, er habe sehr wohl gewusst, dass er nach Paris fliege, kurze Zeit später jedoch befragt zu seiner Reiseroute erklärte, dass er erst gewusst habe in Frankreich zu sein, als er gelandet sei, weil auf den Schildern „Frankreich“ gestanden sei. In Lagos habe er noch nicht gewusst, dass er nach Frankreich fliege (Protokoll 08.04.2021, S 6 ff) Da sich der Beschwerdeführer in wichtigen Passagen widerspricht, waren seine Angaben in sich nicht schlüssig.
Anzumerken ist, dass der Beschwerdeführer in Frankreich keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Wenn man davon ausginge, dass der Beschwerdeführer Nigeria tatsächlich aus einem asylrelevanten Grund verlassen hätte, dann wäre die logische Schlussfolgerung gewesen, dass er unmittelbar in Frankreich einen diesbezüglichen Antrag gestellt hätte.
Der Beschwerdeführer schilderte unglaubwürdig, dass er am Busbahnhof jemanden kennengelernt habe, den er gefragt haben sollte, ob er ihn ein Ticket kaufen würde und schließlich von diesem ein Ticket bekommen hätte ohne ihm ein Geld dafür zu geben. Dies, als auch die Ausführung des Beschwerdeführers, er habe in Innsbruck einer fremden Frau ein Ticket für den öffentlichen Verkehr bezahlt, erschien dem Gericht weder plausibel noch nachvollziehbar und liegt außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung.
Das Datum der Asylantragstellung ergibt sich aus dem Erstbefragungsprotokoll (Protokoll 27.09.2017, AS 17). In Zusammenhang mit der melderechtlichen Erfassung des Beschwerdeführers bleibt auf einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister zu seiner Person zu verweisen.
Obgleich der Beschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht angab, dass es ihm körperlich nicht besonders gut ginge, er bei seinem letzten Arztbesuch keine Medikamente, aber Übungen gegen seine Rückenschmerzen bekommen habe (Protokoll vom 08.04.2021, S 4), führte er damals vor der belangten Behörde an, gesund zu sein (Protokoll vom 05.01.2018, AS 50). Da der Beschwerdeführer zudem selbst bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung erklärte, an keinen chronischen Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen zu leiden und sich aus dem Akt keinerlei sonstige Hinweise ergaben, die an seinem Gesundheitszustand zweifeln ließen, war daher die Feststellung zu treffen, dass er gesund und arbeitsfähig ist.
Dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, ergibt sich aus einem Sozialversicherungsdatenauszug zu seiner Person, der Umstand, dass er Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, aus einem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers vor dem erkennenden Gericht (Protokoll 08.04.2021, S 12).
Die Feststellungen bezüglich seiner geringen Deutschkenntnisse basieren auf den eigenen Wahrnehmungen des erkennenden Gerichtes während der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Dass der Beschwerdeführer erst seit 06.04.2021 einen Deutschkurs besucht, war der Beilage ./D zu entnehmen.
Übereinstimmend gab der Beschwerdeführer sowohl vor dem erkennenden Gericht (Protokoll 08.04.2021, S 5, 11) als auch vor der belangten Behörde (Protokoll 05.01.2018, AS 66) an, dass seine Mutter und sein Vater schon verstorben sind und er in seinem Herkunftsland noch über Cousinen, Nichten und Neffen verfügt.
Der Beschwerdeführer hat sowohl bei der niederschriftlichen Einvernahme, als auch bei der Beschwerdeverhandlung zu Protokoll gegeben, dass er noch einen Onkel und eine Schwester hat (Protokoll 05.01.2018, AS 51; Protokoll 08.04.2021, S 5). In beiden Einvernahmen gab er auch zweifelsfrei an, dass seine Schwester noch lebe, aber nicht mehr in Nigeria sei. Jedoch widerspricht sich der Beschwerdeführer bei den Erzählungen bezüglich seines Onkels. So führte er bei der Befragung durch die belangte Behörde an, dass er zuletzt bei seinem Onkel gelebt habe, dieser ein Haus in Benin City gehabt habe und ein Reisender sei (Protokoll 05.01.2018, AS 52), wohingegen er im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vermeinte, dass der Onkel nie in Nigeria gewesen sei und nur ein bis zweimal nach Nigeria kam (Protokoll 08.04.2021, S 10).
Im Zusammenhang zum Nichtvorliegen einer Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht bleibt festzuhalten, dass er - wie bereits ausgeführt – keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und nur geringe Deutschkenntnisse aufweist. Der Umstand, dass er nach seinen Angaben vor dem erkennenden Gericht ins Fitnessstudio und in die Kirche geht und mit einem nigerianischen Freund Tonaufnahmen in einem Aufnahmestudio macht, genügen für das Bejahen einer Integration nicht, zumal der Beschwerdeführer sonst über keine sozialen oder sonstigen Anknüpfungspunkte oder maßgeblichen privaten Beziehungen in Österreich verfügt. Dies, obwohl er sich nun schon mehr als drei Jahre in Österreich aufhält.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers lässt sich dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich vom 07.04.2021 entnehmen.
2.4. Zu den Fluchtgründen:
Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.
Nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung muss sich das Bundesverwaltungsgericht den beweiswürdigenden Erwägungen des BFA anschließen und dahingehend zustimmen, dass aufgrund widersprüchlicher Angaben und nicht plausibler Ausführungen das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht der Wahrheit entspricht, sondern der Beschwerdeführer vielmehr versuchte sich eine Fluchtgeschichte zu konstruieren.
Zur generellen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers gilt es vorab bereits auf die zahlreichen widersprüchlichen Angaben hinsichtlich seiner Bedrohungssituation und Verfolgungsgefahr zu verweisen. So schilderte der Beschwerdeführer anfangs bei seiner niederschriftlichen Einvernahme bei der belangten Behörde, befragt zum Vorfall, als er das erste Mal bedroht wurde, dass dies 2016 zwischen Jänner und Februar war und dabei seien sie manches Mal mit vielen Leuten gekommen, manches Mal hätten sie sich verkleidet, um zu ihnen zu kommen und hätten versucht ihre Freunde zu werden, um sie besser kennenzulernen. Es sei eine große Bedrohung für sie gewesen. Der Beschwerdeführer und sein Freund seien zweimal geschlagen worden. Sie hätten in der Nacht einmal das Fenster zerschlagen um herauszufinden, mit wem er zusammen sei und was sie machen würden (Protokoll 05.01.2018, AS 54).
Später in der Einvernahme vermeinte der Beschwerdeführer zum Vorfall, wann die Nachbarn ihn bezüglich seiner Homosexualität erstmals angesprochen hätten und wie das abgelaufen sei, dass nichts passiert sei und zwei Nachbarn zu ihm gekommen seien und gesagt hätten, dass sie die Leute nicht mögen würden, mit denen der Beschwerdeführer zusammen sei. Wenn das richtig sei, was sie denken, dann müssten sie das büßen. Die weitere Aussage des Beschwerdeführers, dass dies 2016 in der ersten Jännerwoche stattgefunden habe und die erste Einmischung oder Schwierigkeit - nämlich das Zerschlagen der Fensterscheibe - erst sechs oder sieben Monate nach dem Gespräch gewesen sei, widerspricht sich nicht nur zur obigen geschilderten Zeitangabe, sondern bringt auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers mit sich. Der Umstand, dass es nach dem ersten Gespräch mit den Nachbarn erst über ein halbes Jahr später zum Vorfall mit der Fensterscheibe gekommen sein sollte, dies obwohl der Beschwerdeführer nach dem Gespräch nichts an seiner Lebensweise geändert haben sollte, verdeutlicht einmal mehr, dass keine glaubhafte Bedrohung vorlag.
Wesentlich erscheint in diesem Zusammenhang auch, dass der Beschwerdeführer im Zuge der ersten niederschriftlichen Einvernahme noch berichtet hat einmal mit zwei Freunden drinnen gewesen zu sein und währenddessen sie im Haus gewesen seien, seien die Reifen aufgestochen worden, der Beschwerdeführer später dann aber überraschenderweise erzählte, dass zweimal die Reifen zerstochen worden seien, einmal 2016, einmal 2017 (Protokoll 05.01.2018, AS 54, 61). Allerdings gab er vor dem erkennenden Gericht wiederum an, dass einmal die Reifen des Freundes zerstochen worden seien und er einmal geschlagen worden sei und er glaube, dass es 2017 gewesen sei (Protokoll 08.04.2021, S 13).
Da die ganze Erzählung des Beschwerdeführers nur aus vagen, sich widersprechenden Angaben besteht und diese in sich nicht schlüssig sind, konnte dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein Glauben geschenkt werden.
Obgleich der Beschwerdeführer größtenteils über die Bedrohung seiner Nachbarn sprach, gab er schließlich, auf die Frage, warum er nicht an einem anderen Ort gezogen sei, an, dass es nicht wegen seiner Nachbarn sei, es sei wegen Afrika.
Schließlich scheint es aufgrund der persönlichen Unglaubwürdigkeit nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer tatsächlich homosexuell ist, sondern diese sexuelle Orientierung nur angegeben hat, um in Österreich ein besseres Leben haben zu können mit mehr Freiheiten und Möglichkeiten. In diesem Zusammenhang hat er nämlich am Ende der mündlichen Verhandlung abschließend lediglich angegeben, dass er, wenn er die Gelegenheit bekommen würde, in Österreich Software und Hardware studieren möchte, Deutsch lernen und eine Kunstgalerie aufmachen würde, jedoch kein Wort bezüglich seiner sexuellen Orientierung gesagt (Protokoll 08.04.2021, S 13). Dass sich der Beschwerdeführer in keiner Beziehung befindet, gab er selbst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu Protokoll (Protokoll 08.04.2021, S 4).
Nicht in der allgemeinen Lebenserfahrung liegt, dass sich der Beschwerdeführer bereits mit acht Jahren zu Männern hingezogen gefühlt haben sollte. Übereinstimmend gab der Beschwerdeführer sowohl in der Einvernahme vor der belangten Behörde (Protokoll 05.01.2018, AS 55 f) als auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, dass er bereits eine dreijährige Beziehung mit einer jungen Frau führte. Befragt dazu, warum die Beziehung geendet habe, gab der Beschwerdeführer unter anderem an, dass sie möglicherweise herausgefunden habe, dass er nicht so sehr an Frauen interessiert sei und korrigierte sich, dass er ihr die Homosexualität bereits gesagt hätte, als er sie kennengelernt habe. Weder plausibel noch nachvollziehbar ist dabei, warum sie dann die Beziehung aufgelöst haben sollte, weil sie herausgefunden haben sollte, dass er nicht so an Frauen interessiert sei, obwohl sie schon von Anfang an gewusst habe sollte, dass er homosexuell ist.
Des Weiteren konnte der Beschwerdeführer befragt über seinen angeblichen Freund XXXX nur folgendes erzählen: „Er ist eine nette Person, klug und liebenswert und auch ruhig (..) Sonst kann ich nichts erzählen.“ Auch dann, als die belangte Behörde nachfragte, wie er aussieht oder ob er besondere Kennzeichen hat, gab er lediglich an, dass er keine besonderen Kennzeichen habe. Er sei XXXX und XXXX groß. Dass der Beschwerdeführer nicht mehr über seinen Freund sagen und keine konkreten Angaben machen konnte, dies obwohl er angab, dass die Beziehung zwei Jahre gedauert habe, spricht gegen seine Glaubwürdigkeit. Schließlich gab der Beschwerdeführer nun bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, nur etwa ein Jahr lang in dieser Beziehung gewesen zu sein. Der Beschwerdeführer konnte die Beziehung nur vage schildern und das Gericht nicht davon überzeugen, weshalb erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Angaben bestehen.
Im Zuge der Beschwerdeverhandlung brachte der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er weder in Wien noch in Nigeria einschlägige Lokale für Homosexuelle oder Bisexuelle besuche (Protokoll 08.04.2021, S 12), im Zuge der Einvernahme bei der belangten Behörde gab er an, nicht zu wissen, ob es in Nigeria spezielle Organisationen oder Lokale für Homosexuelle gibt (Protokoll 05.01.2018, AS 57). Der Beschwerdeführer war nicht in der Lage dem erkennenden Gericht oder der belangten Behörde konkrete Angaben über von ihm relevierte Erlebnisse zu machen.
Schließlich ist zum Vorbringen noch zu erwähnen, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde am Ende ergänzte, dass er zu den Befürchtungen im Falle einer Rückkehr mit Gefängnis nicht meine, dass er inhaftiert werde, sondern „es ein umgebrachter Traum für die Freiheit, die ich als Homosexueller haben möchte, sein kann, wenn ich mein Leben nicht so führen kann wie ich möchte (Protokoll 05.01.2018, AS 66).
Das Bundesverwaltungsgericht kam daher zum Entschluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.
2.5. Zur individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden, arbeitsfähigen Mann. Der Beschwerdeführer konnte nicht substantiiert vorbringen, warum er nicht nach Nigeria in seinen Heimatort zurückkehren, wieder seiner damaligen Beschäftigung nachgehen und sich damit eine Existenzgrundlage aufbauen könnte. Da der Beschwerdeführer auch schon vorher in Lagos gelebt hat und sich selbständig seinen Lebensunterhalt verdienen konnte, ist ihm dies auch nach seiner Rückkehr wieder zumutbar. Er ist nie von der Polizei festgenommen worden (Protokoll 08.04.2021, S 13).
Letztlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde.
2.6. Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ für Nigeria vom 23.11.2020 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Bericht fußt sowohl auf Berichten verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche dargestellt wird, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die Feststellungen zu den aktuell bestätigten COVID-19-Fällen samt Verstorbenen entstammen mit Stand 06.05.2021 dem Dashboard der Website der WHO.
Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung brachte das erkennende Gericht die im Akt liegenden Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat in das gegenständliche Verfahren ein. Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist von drei Wochen zur schriftlichen Stellungnahme zu den vom Richter dargelegten Feststellungen gegeben, welcher der Beschwerdeführer jedoch ungenützt verstreichen ließ.
Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegen, sodass die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte nicht in Zweifel zu ziehen waren. Wenn der Beschwerdeführer zu seinem Herkunftsstaat Nigeria ausführt, dass es starke Stammesrivalitäten geben und es nicht so einfach sei sich anderorts auf dem Lande niederzulassen, da man mit Sicherheit diskriminiert werde, ist anzumerken, dass Metropolen wie Lagos heute weitgehend durchmischt sind und daher innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen (siehe Punkt II. 1.4.3). Dessen ungeachtet erweist dieses Vorbringen im Zusammenhang mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers auch keinerlei Entscheidungsrelevanz.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch. A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art 1 Absch. A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Absch. A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (VwGH 15.03.2001, 99/20/0036; 15.03.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Der Beschwerdeführer brachte vor, Nigeria verlassen zu haben, da er aufgrund seiner angeblichen Homosexualität der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt sei. Allerdings konnte der Beschwerdeführer - wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.4. dargelegt - nicht glaubhaft machen, dass er tatsächlich einer aktuellen asylrelevanten Verfolgungsgefahr in Nigeria aufgrund Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, hier Homosexueller, ausgesetzt ist. Es konnte weder die behauptete homosexuelle Orientierung des Beschwerdeführers noch eine begründete Furcht vor einer Verfolgung festgestellt werden.
Die Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Homosexuellen ist aufgrund der äußeren Umstände objektiv betrachtet nicht nachvollziehbar und somit nicht wohlbegründet im Sinne der GFK ist. Der Beschwerdeführer befindet sich nicht aus wohlbegründeter Furcht, verfolgt zu werden, außerhalb Nigerias.
Grundsätzlich könnte die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Verfolgung wegen seiner sexuellen Orientierung als Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe „Homosexuelle“ angesehen werden (EuGH 7.11.2013, C-199/12 ua, X, Y und Z). Art 10 Abs 1 lit d der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13.12.2011 (Statusrichtlinie) definiert, dass eine Gruppe insbesondere dann als eine bestimmte soziale Gruppe gilt, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Je nach den Gegebenheiten im Herkunftsland kann als eine bestimmte soziale Gruppe auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet. Als sexuelle Orientierung dürfen keine Handlungen verstanden werden, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten als strafbar gelten. Geschlechtsbezogene Aspekte, einschließlich der geschlechtlichen Identität, werden zum Zweck der Bestimmung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der Ermittlung eines Merkmals einer solchen Gruppe angemessen berücksichtigt. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 07.11.2013, C-199/12 bis C 201/12 , insbesondere festgehalten, dass Art 9 Abs 1 in Verbindung mit Art 9 Abs 2 lit c der Statusrichtlinie dahingehend auszulegen ist, dass in einer bloßen Unterstrafestellung homosexueller Handlungen als solche keine Verfolgungshandlung zu erblicken ist.
Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass dem Beschwerdeführer unter der hypothetischen Annahme, dass sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu werten gewesen wäre, auch kein Asyl zu gewähren wäre:
Im Falle einer tatsächlichen lokalen Verfolgung durch die Nachbarn, wäre es dem Beschwerdeführer gemäß § 11 AsylG 2005 auch zumutbar gewesen, innerhalb Nigerias Schutz vor der von ihm behaupteten Gefahr zu suchen, da nicht nachvollziehbar ist, wie seine Nachbarn ihn überall in Nigeria hätten finden können. Insofern ist auszuführen, dass es dem Beschwerdeführer bereits gelungen ist, sich vor Verfolgung und Bedrohung durch die Nachbarn zu schützen, als er nach eigenen Angaben nach Verlassen des Hauses noch etwa neun Monate in derselben Stadt gelebt haben sollte. Diesbezüglich ist auch nochmal auf die Feststellungen in Punkt 1.4.3. zu verweisen, wo erfasst wurde, dass es einer Person, die von nicht-staatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein sollte, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen.
Insoweit im Rahmen der Beschwerde vorgebracht wird, dass es aufgrund der starken Stammesrivalitäten innerhalb von Nigeria nicht so einfach sei sich anderorts auf dem Lande niederzulassen, da man mit Sicherheit diskriminiert werde, so man nicht vom lokalen Stamm abstamme, so ist dem der Umstand entgegen zu halten, dass im Rahmen des Verfahrens keinerlei Hinweise hinsichtlich einer Diskriminierung des Beschwerdeführers wegen seines Stamm aufgetreten sind.
Wie in den Feststellungen schon ausgeführt geht aus dem Länderinformationsblatt folgendes hervor:
Der im Jänner 2014 verabschiedete Same Sex Marriage Prohibition Act (SSMPA) sieht vor, dass homosexuelle Paare, die heiraten oder öffentlich ihre Zuneigung zeigen, mit Haft bestraft werden können. Insgesamt gibt es jedoch keine systematische staatliche Verfolgung oder aktive Überwachung von Angehörigen sexueller Minderheiten (STDOK 15.9.2020; vgl. ÖB 10.2019, EMB A 9./10.2019). Die Rechtsänderung durch den SSMPA hat bisher nicht zu einer flächendeckenden verschärften Strafverfolgung geführt (AA 16.1.2020). Es gibt nach keinem der betroffenen Gesetze Haftbefehle wegen Homosexualität. Zwar bleibt der offizielle staatliche Diskurs bezüglich sexueller Minderheiten von Homophobie geprägt. Trotzdem gibt es in staatlichen Bereichen Anknüpfungspunkte – v.a. im Gesundheitsbereich und eben bei der Nationalen Menschenrechtskommission (NHRC). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv oder sucht gezielt nach Homosexuellen NGOs bieten Angehörigen sexueller Minderheiten rechtliche Beratung und Schulungen in Meinungsbildung, Medienarbeit und Bewusstseinsbildung in Bezug auf HIV an (USDOS 11.3.2020). Netzwerke sexueller Minderheiten sind v.a. in großen Städten präsent und aktiv.
Aufgrund dieser Ausführungen ist anzunehmen, dass dem Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr nach Nigeria trotz der Unterstrafstellung im SSMPA keine Verfolgungsgefahr droht und es ihm allenfalls zumutbar wäre auf die Unterstützung von NGO’s zurückzugreifen.
Die Schilderungen des Beschwerdeführers, dass der Grund für die Ausreise die Bedrohung durch seine Nachbarn sei, sind zum einen nicht glaubhaft und stehen zum anderen in keinem zeitlichen kausalen Zusammenhang zur tatsächlichen Ausreise, weil der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben nach Verlassen des Hauses noch etwa neun Monate in Lagos ohne Bedrohung und Verfolgung gelebt haben sollte.
Darüber hinaus konnte der Beschwerdeführer das Bundesverwaltungsgericht auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht von einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung bei der Rückkehr nach Nigeria überzeugen, zumal der Beschwerdeführer zu Protokoll gab, nicht wieder in seinem Herkunftsstaat leben zu können, weil er das Leben hier kennengelernt habe und gesehen habe, welche Freiheiten und welche Möglichkeiten hier vorhanden sind. Damit konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft erklären, dass er einer Situation in Nigeria aus dem Weg gehen möchte, die potenziell eine Verfolgungsgefahr darstellen könnte, sondern äußerte lediglich den Wunsch nach einem besseren Leben in Österreich.
Eine darüberhinausgehende Verfolgung wurde weder von Seiten des Beschwerdeführers behauptet, noch war eine solche für das Bundesverwaltungsgericht erkennbar.
Daher ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Nigeria keine Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und der Ausspruch in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.
3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides): 3.2.1. Rechtslage
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).
Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen - 18 - werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Dem Beschwerdeführer droht in Nigeria - wie bereits unter Punkt II.2.4. dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.
Außerdem besteht allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausführt, dass die allgemeine Sicherheitslage schlecht sei, reicht dies nicht aus, um die reale Gefahr aufzuzeigen, dass er in die konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung bzw. des Todes kommen würde.
Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikel 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Artikel 3 EMRK vergleiche VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig und hat nach eigenen Angaben in Nigeria eine 12-jährige Schuldausbildung sowie die Modeschule abgeschlossen. Der Beschwerdeführer hat selbständig ein Geschäft geführt und damit seinen Lebensunterhalt verdienen können. Selbst wenn der Beschwerdeführer in Nigeria über keinen Familienverband verfügt, der ihm eine nötige Sicherheit bieten könnte, ist kein Grund ersichtlich, weshalb er seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr aufgrund seiner Ausbildung nicht durch eine Aufnahme einer Tätigkeit bestreiten könnte. Außerdem verfügt der Beschwerdeführer auch in Österreich nicht über ein soziales Netzwerk, nur über geringe Deutschkenntnisse und ist wirtschaftlich auch nicht bessergestellt. Es ist dem Beschwerdeführer darüber hinaus auch unbenommen, gegebenenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der zuvor genannten Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der erstinstanzliche Ausspruch in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.
In Zusammenhang mit der COVID-19-Situation gilt noch anzumerken, dass es sich um eine weltweite Pandemie handelt, somit sowohl Österreich als auch Nigeria davon betroffen ist. Selbst unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie erweist sich das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs einer allfälligen Erkrankung für den Beschwerdeführer als gesunden, jungen Menschen ohne Zugehörigkeit zur COVID-19-Risikogruppe als sehr gering.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abzuweisen war
3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides): 3.3.1. Rechtslage
Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, d.h. auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen. Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides): 3.4.1. Rechtslage
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall
Wie oben ausgeführt, war ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) nicht zu erteilen. Es gilt nun zu prüfen, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:
Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Familienleben in Österreich und hat er ein solches auch nicht behauptet.
Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, - 22 - EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von drei Jahren und XXXX Monaten kann davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens überwiegt und keine besondere Aufenthaltsverfestigung vorliegt. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Abgesehen vom Verkauf der Zeitung AUGUSTIN, dem Besuch im Fitnessstudio, der Kirche oder dem Aufnahmestudio für Tonaufnahmen wurden keinerlei integrative Bemühungen in sprachlicher, beruflicher oder kultureller Hinsicht vorgebracht. In sprachlicher Hinsicht ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer laut Beilage ./D erst seit 06.04.2021 einen Deutschkurs besucht, dies obwohl er bereits am 07.03.2018 eine negative Entscheidung bekommen hatte und sich seither um seine sprachliche Integration bemühen hätte können. Zudem konnte sich der Beschwerdeführer bis jetzt noch kein soziales Netzwerk in Österreich aufbauen, ist nicht Mitglied in einem Verein oder verfügt über sonstige Anknüpfungspunkte in Österreich.
Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Nigeria keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellen würde.
Dabei vermag auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers seine persönlichen Interessen nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.
Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG abzuweisen war.
3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides): 3.5.1. Rechtslage
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.
Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).
Da - wie oben angeführt - keine Gründe für die Zuerkennung von internationalem Schutz hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten vorliegen, ist im Sinne der oben zitierten, auch nach dem Erkenntnis VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, weiterhin beachtlichen Judikatur eine neuerliche Prüfung eines Abschiebehindernisses aus Gründen der ernsthaften Gefahr der Todesstrafe, unmenschlichen Strafe oder Behandlung und der Gefahr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen bewaffneten Konflikt persönlich zu Schaden zu kommen, nicht mehr neu zu prüfen. Da die nach § 50 Abs. 1 FPG vorzunehmende Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung über die von der Prüfung des subsidiären Schutzes erfassten Bereiche hinausgeht, ist in diesem Zusammenhang auch zu prüfen, ob die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeutet, weil sonstige ernste Schäden aufgrund allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsstaat dem Beschwerdeführer drohen, etwa, dass der Beschwerdeführer dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht decken kann. Diese - bislang im Rahmen der Prüfung des subsidiären Schutzes vorgenommene Prüfung - ist im Sinne des Erkenntnisses VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, nunmehr in diesem Rahmen vorzunehmen, wobei die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu gegenständlicher Fragestellung ungeachtet des Erkenntnisses VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, anzuwenden ist. Daher ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).
Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass der noch junge Beschwerdeführer arbeitsfähig und gesund ist und über eine 12-Jährige Schulbildung sowie über eine Ausbildung in der Modeschule als auch über Berufserfahrung verfügt. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer deshalb bei seiner Rückkehr nach Nigeria jedenfalls in der Lage sein wird, einen zumindest bescheidenen Lebensunterhalt zu verdienen. Auch hat der Beschwerdeführer keine exzeptionellen Umstände vorgebracht, die darauf schließen ließen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria einer Art. 3 EMRK widersprechenden Situation ausgesetzt werden könnte, weil Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer in Nigeria über keinen familiären Rückhalt verfügt, genügt nicht für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, zumal in dieser auch in Österreich fehlt und er sich in Nigeria schon in den Jahren vor seiner Ausreise selbständig erhalten hat können. Es fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände. Damit erfolgte die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria zurecht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen war
3.6. Zur Festlegung für die Frist zur freiwilligen Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom BFA vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörigen bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Derartige „besondere Umstände“ wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen, sodass die Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
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